Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

den Geboten des Orakels abhängt, und so vielfach
Apollinischen Cultus schützt und fördert 1? Dies Tra-
gen des Tripus bedeutet nach andern sichern Sagen
nichts als eine Verpflanzung des Apollodienstes 2. Wo-
hin trägt aber Herakles den Dreifuß? Nach Erzäh-
lung der Arkader brachte er ihn nach Pheneos, wurde
aber genöthigt, ihn dem Gotte bald wieder zuzustellen 3.
Da sollte nemlich der Heros auf dem Zuge nach Elis
dem Apollon Pythios einen Tempel erbaut haben 4, der
indeß schwerlich älter war als die Dorische Wanderung.
Die Gründung dieses Heiligthums, als von Pytho ab-
hängig, drückte also die Sage unter dem Bilde eines
überbrachten Tripus aus; der Ueberbringer war He-
rakles. -- Aber wichtiger ist es hier, daß nach Böo-
tischer Erzählung -- die man freilich nur aus Münzen
erräth 5 -- Herakles den Dreifuß nach Theben -- und
wohin sonst als in das Ismenion? -- brachte. An
das Ismenion schließen sich ja so viele Dreifuß-Sagen
und Gebräuche an, indem die Ureinwohner des Lan-
des, die Thebageneis, deren als Tribut sandten, von
Zeit zu Zeit einer von da nach Dodona gebracht wer-
den mußte u. s. w. So wird denn auch diese Mythe
ursprünglich das Verwandtschaftsverhältniß des Is-
menions zum Tempel von Pytho bezeichnen: und als
dieses Verhältnisses Vermittler Herakles aufstellen.


1 Daher seine Arbeiten auch in den Metopen des Delph. Tem-
pels, Eurip. Jon 196. 239.
2 S. die Sage von Tripodiskos
Paus. 1, 43, 7. vgl. oben S. 12. Amalthea S. 131.
3 Plut.
de sera num. vind. 12. p. 245.
4 Er setzt dort
Bildsäulen von Demonesischem Orichalk. S. die Stellen oben S.
200, 2. 230, 1. vgl. Kallim. Frgm. 75, 5 B.
5 S. Visc.
PioCl. T. 7. iv. b. n. 11. Mionnet Descr. T. 2. p. 109. n. 94.
und Planches 53, 4. Pouquev. Voy. T. 4. p. 208. Auch bei
Lord Northwick sah ich eine solche Münze.

den Geboten des Orakels abhaͤngt, und ſo vielfach
Apolliniſchen Cultus ſchuͤtzt und foͤrdert 1? Dies Tra-
gen des Tripus bedeutet nach andern ſichern Sagen
nichts als eine Verpflanzung des Apollodienſtes 2. Wo-
hin traͤgt aber Herakles den Dreifuß? Nach Erzaͤh-
lung der Arkader brachte er ihn nach Pheneos, wurde
aber genoͤthigt, ihn dem Gotte bald wieder zuzuſtellen 3.
Da ſollte nemlich der Heros auf dem Zuge nach Elis
dem Apollon Pythios einen Tempel erbaut haben 4, der
indeß ſchwerlich aͤlter war als die Doriſche Wanderung.
Die Gruͤndung dieſes Heiligthums, als von Pytho ab-
haͤngig, druͤckte alſo die Sage unter dem Bilde eines
uͤberbrachten Tripus aus; der Ueberbringer war He-
rakles. — Aber wichtiger iſt es hier, daß nach Boͤo-
tiſcher Erzaͤhlung — die man freilich nur aus Muͤnzen
erraͤth 5 — Herakles den Dreifuß nach Theben — und
wohin ſonſt als in das Ismenion? — brachte. An
das Ismenion ſchließen ſich ja ſo viele Dreifuß-Sagen
und Gebraͤuche an, indem die Ureinwohner des Lan-
des, die Thebageneis, deren als Tribut ſandten, von
Zeit zu Zeit einer von da nach Dodona gebracht wer-
den mußte u. ſ. w. So wird denn auch dieſe Mythe
urſpruͤnglich das Verwandtſchaftsverhaͤltniß des Is-
menions zum Tempel von Pytho bezeichnen: und als
dieſes Verhaͤltniſſes Vermittler Herakles aufſtellen.


1 Daher ſeine Arbeiten auch in den Metopen des Delph. Tem-
pels, Eurip. Jon 196. 239.
2 S. die Sage von Tripodiskos
Pauſ. 1, 43, 7. vgl. oben S. 12. Amalthea S. 131.
3 Plut.
de sera num. vind. 12. p. 245.
4 Er ſetzt dort
Bildſaͤulen von Demoneſiſchem Orichalk. S. die Stellen oben S.
200, 2. 230, 1. vgl. Kallim. Frgm. 75, 5 B.
5 S. Visc.
PioCl. T. 7. iv. b. n. 11. Mionnet Descr. T. 2. p. 109. n. 94.
und Planches 53, 4. Pouquev. Voy. T. 4. p. 208. Auch bei
Lord Northwick ſah ich eine ſolche Muͤnze.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0462" n="432"/>
den Geboten des Orakels abha&#x0364;ngt, und &#x017F;o vielfach<lb/>
Apollini&#x017F;chen Cultus &#x017F;chu&#x0364;tzt und fo&#x0364;rdert <note place="foot" n="1">Daher &#x017F;eine Arbeiten auch in den Metopen des Delph. Tem-<lb/>
pels, Eurip. Jon 196. 239.</note>? Dies Tra-<lb/>
gen des Tripus bedeutet nach andern &#x017F;ichern Sagen<lb/>
nichts als eine Verpflanzung des Apollodien&#x017F;tes <note place="foot" n="2">S. die Sage von Tripodiskos<lb/>
Pau&#x017F;. 1, 43, 7. vgl. oben S. 12. Amalthea S. 131.</note>. Wo-<lb/>
hin tra&#x0364;gt aber Herakles den Dreifuß? Nach Erza&#x0364;h-<lb/>
lung der Arkader brachte er ihn nach Pheneos, wurde<lb/>
aber geno&#x0364;thigt, ihn dem Gotte bald wieder zuzu&#x017F;tellen <note place="foot" n="3">Plut.<lb/><hi rendition="#aq">de sera num. vind. 12. p.</hi> 245.</note>.<lb/>
Da &#x017F;ollte nemlich der Heros auf dem Zuge nach Elis<lb/>
dem Apollon Pythios einen Tempel erbaut haben <note place="foot" n="4">Er &#x017F;etzt dort<lb/>
Bild&#x017F;a&#x0364;ulen von Demone&#x017F;i&#x017F;chem Orichalk. S. die Stellen oben S.<lb/>
200, 2. 230, 1. vgl. Kallim. Frgm. 75, 5 B.</note>, der<lb/>
indeß &#x017F;chwerlich a&#x0364;lter war als die Dori&#x017F;che Wanderung.<lb/>
Die Gru&#x0364;ndung die&#x017F;es Heiligthums, als von Pytho ab-<lb/>
ha&#x0364;ngig, dru&#x0364;ckte al&#x017F;o die Sage unter dem Bilde eines<lb/>
u&#x0364;berbrachten Tripus aus; der Ueberbringer war He-<lb/>
rakles. &#x2014; Aber wichtiger i&#x017F;t es hier, daß nach Bo&#x0364;o-<lb/>
ti&#x017F;cher Erza&#x0364;hlung &#x2014; die man freilich nur aus Mu&#x0364;nzen<lb/>
erra&#x0364;th <note place="foot" n="5">S. Visc.<lb/><hi rendition="#aq">PioCl. T. 7. iv. b. n.</hi> 11. Mionnet <hi rendition="#aq">Descr. T. 2. p. 109. n.</hi> 94.<lb/>
und <hi rendition="#aq">Planches</hi> 53, 4. Pouquev. <hi rendition="#aq">Voy. T. 4. p.</hi> 208. Auch bei<lb/>
Lord Northwick &#x017F;ah ich eine &#x017F;olche Mu&#x0364;nze.</note> &#x2014; Herakles den Dreifuß nach Theben &#x2014; und<lb/>
wohin &#x017F;on&#x017F;t als in das Ismenion? &#x2014; brachte. An<lb/>
das Ismenion &#x017F;chließen &#x017F;ich ja &#x017F;o viele Dreifuß-Sagen<lb/>
und Gebra&#x0364;uche an, indem die Ureinwohner des Lan-<lb/>
des, die Thebageneis, deren als Tribut &#x017F;andten, von<lb/>
Zeit zu Zeit einer von da nach Dodona gebracht wer-<lb/>
den mußte u. &#x017F;. w. So wird denn auch die&#x017F;e Mythe<lb/>
ur&#x017F;pru&#x0364;nglich das Verwandt&#x017F;chaftsverha&#x0364;ltniß des Is-<lb/>
menions zum Tempel von Pytho bezeichnen: und als<lb/>
die&#x017F;es Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;es Vermittler Herakles auf&#x017F;tellen.</p>
            </div><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[432/0462] den Geboten des Orakels abhaͤngt, und ſo vielfach Apolliniſchen Cultus ſchuͤtzt und foͤrdert 1? Dies Tra- gen des Tripus bedeutet nach andern ſichern Sagen nichts als eine Verpflanzung des Apollodienſtes 2. Wo- hin traͤgt aber Herakles den Dreifuß? Nach Erzaͤh- lung der Arkader brachte er ihn nach Pheneos, wurde aber genoͤthigt, ihn dem Gotte bald wieder zuzuſtellen 3. Da ſollte nemlich der Heros auf dem Zuge nach Elis dem Apollon Pythios einen Tempel erbaut haben 4, der indeß ſchwerlich aͤlter war als die Doriſche Wanderung. Die Gruͤndung dieſes Heiligthums, als von Pytho ab- haͤngig, druͤckte alſo die Sage unter dem Bilde eines uͤberbrachten Tripus aus; der Ueberbringer war He- rakles. — Aber wichtiger iſt es hier, daß nach Boͤo- tiſcher Erzaͤhlung — die man freilich nur aus Muͤnzen erraͤth 5 — Herakles den Dreifuß nach Theben — und wohin ſonſt als in das Ismenion? — brachte. An das Ismenion ſchließen ſich ja ſo viele Dreifuß-Sagen und Gebraͤuche an, indem die Ureinwohner des Lan- des, die Thebageneis, deren als Tribut ſandten, von Zeit zu Zeit einer von da nach Dodona gebracht wer- den mußte u. ſ. w. So wird denn auch dieſe Mythe urſpruͤnglich das Verwandtſchaftsverhaͤltniß des Is- menions zum Tempel von Pytho bezeichnen: und als dieſes Verhaͤltniſſes Vermittler Herakles aufſtellen. 1 Daher ſeine Arbeiten auch in den Metopen des Delph. Tem- pels, Eurip. Jon 196. 239. 2 S. die Sage von Tripodiskos Pauſ. 1, 43, 7. vgl. oben S. 12. Amalthea S. 131. 3 Plut. de sera num. vind. 12. p. 245. 4 Er ſetzt dort Bildſaͤulen von Demoneſiſchem Orichalk. S. die Stellen oben S. 200, 2. 230, 1. vgl. Kallim. Frgm. 75, 5 B. 5 S. Visc. PioCl. T. 7. iv. b. n. 11. Mionnet Descr. T. 2. p. 109. n. 94. und Planches 53, 4. Pouquev. Voy. T. 4. p. 208. Auch bei Lord Northwick ſah ich eine ſolche Muͤnze.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/462
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/462>, abgerufen am 01.11.2024.