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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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lig schwergerüstet; die Rüstung der zweyten war weniger
vollständig, noch weniger die der dritten: die vierte hatte
nach Livius gar keine Schirmwaffen: die fünfte war nur
mit Schleudern und Wurfspießen bewaffnet. Die welche
weniger als die kleinste Vermögenssumme der fünsten
Klasse besaßen, dienten nicht. Damit war zu Polybius
Zeit, wo die politische Bedeutung der Klassen und Centu-
rien schon längst erloschen war, aber doch das Vermögen
bey der Einmusterung noch immer in gewissem Maaß zur
Regel diente, eine wesentliche Veränderung vorgegangen:
denn damals war jeder bis zum Vermögen von 400 De-
naren herab conscriptionspflichtig, und diese Aermeren
dienten unter den Veliten. Die deren steuerpflichtige
Habe weniger als diese Summe betrug, waren noch frey
vom Landdienst, aber sie wurden für die Flotte ausgeho-
ben: es scheint beydes als Matrosen, wenigstens Rude-
rer, und als Marinesoldaten. Die Ausschließung der
sechsten Klasse vom Kriegsdienst war übrigens mehr Ent-
waffnung als Befreyung. Befugt war der Staat ihren
Dienst zu fordern, wenn er ihnen Waffen gab 36).


36) Bey Gellius XVI. c. 10. ist eine merkwürdige, aber
doch unbefriedigende Stelle über die Proletarier. Er schein-
sie auf das Vermögen zwischen 1500 und 375 Assen zu be-
schränken: es ist aber nicht glaublich daß die Zahl deren
Vermögen in diesen Raum fällt se bedeutend gewesen seyn
sollte daß man ihr einen eignen Nahmen, denen aber, die
zwischen 12500 und 1500 Asse geschätzt wurden keinen sol-
chen gegeben hätte. Es ist vielmehr wahrscheinlicher daß
alle von der sechsten Klasse, die nicht capite censi waren,
Proletarier genannt wurden.

lig ſchwergeruͤſtet; die Ruͤſtung der zweyten war weniger
vollſtaͤndig, noch weniger die der dritten: die vierte hatte
nach Livius gar keine Schirmwaffen: die fuͤnfte war nur
mit Schleudern und Wurfſpießen bewaffnet. Die welche
weniger als die kleinſte Vermoͤgensſumme der fuͤnſten
Klaſſe beſaßen, dienten nicht. Damit war zu Polybius
Zeit, wo die politiſche Bedeutung der Klaſſen und Centu-
rien ſchon laͤngſt erloſchen war, aber doch das Vermoͤgen
bey der Einmuſterung noch immer in gewiſſem Maaß zur
Regel diente, eine weſentliche Veraͤnderung vorgegangen:
denn damals war jeder bis zum Vermoͤgen von 400 De-
naren herab conſcriptionspflichtig, und dieſe Aermeren
dienten unter den Veliten. Die deren ſteuerpflichtige
Habe weniger als dieſe Summe betrug, waren noch frey
vom Landdienſt, aber ſie wurden fuͤr die Flotte ausgeho-
ben: es ſcheint beydes als Matroſen, wenigſtens Rude-
rer, und als Marineſoldaten. Die Ausſchließung der
ſechſten Klaſſe vom Kriegsdienſt war uͤbrigens mehr Ent-
waffnung als Befreyung. Befugt war der Staat ihren
Dienſt zu fordern, wenn er ihnen Waffen gab 36).


36) Bey Gellius XVI. c. 10. iſt eine merkwuͤrdige, aber
doch unbefriedigende Stelle uͤber die Proletarier. Er ſchein-
ſie auf das Vermoͤgen zwiſchen 1500 und 375 Aſſen zu be-
ſchraͤnken: es iſt aber nicht glaublich daß die Zahl deren
Vermoͤgen in dieſen Raum faͤllt ſe bedeutend geweſen ſeyn
ſollte daß man ihr einen eignen Nahmen, denen aber, die
zwiſchen 12500 und 1500 Aſſe geſchaͤtzt wurden keinen ſol-
chen gegeben haͤtte. Es iſt vielmehr wahrſcheinlicher daß
alle von der ſechſten Klaſſe, die nicht capite censi waren,
Proletarier genannt wurden.
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[267/0289] lig ſchwergeruͤſtet; die Ruͤſtung der zweyten war weniger vollſtaͤndig, noch weniger die der dritten: die vierte hatte nach Livius gar keine Schirmwaffen: die fuͤnfte war nur mit Schleudern und Wurfſpießen bewaffnet. Die welche weniger als die kleinſte Vermoͤgensſumme der fuͤnſten Klaſſe beſaßen, dienten nicht. Damit war zu Polybius Zeit, wo die politiſche Bedeutung der Klaſſen und Centu- rien ſchon laͤngſt erloſchen war, aber doch das Vermoͤgen bey der Einmuſterung noch immer in gewiſſem Maaß zur Regel diente, eine weſentliche Veraͤnderung vorgegangen: denn damals war jeder bis zum Vermoͤgen von 400 De- naren herab conſcriptionspflichtig, und dieſe Aermeren dienten unter den Veliten. Die deren ſteuerpflichtige Habe weniger als dieſe Summe betrug, waren noch frey vom Landdienſt, aber ſie wurden fuͤr die Flotte ausgeho- ben: es ſcheint beydes als Matroſen, wenigſtens Rude- rer, und als Marineſoldaten. Die Ausſchließung der ſechſten Klaſſe vom Kriegsdienſt war uͤbrigens mehr Ent- waffnung als Befreyung. Befugt war der Staat ihren Dienſt zu fordern, wenn er ihnen Waffen gab 36). 36) Bey Gellius XVI. c. 10. iſt eine merkwuͤrdige, aber doch unbefriedigende Stelle uͤber die Proletarier. Er ſchein- ſie auf das Vermoͤgen zwiſchen 1500 und 375 Aſſen zu be- ſchraͤnken: es iſt aber nicht glaublich daß die Zahl deren Vermoͤgen in dieſen Raum faͤllt ſe bedeutend geweſen ſeyn ſollte daß man ihr einen eignen Nahmen, denen aber, die zwiſchen 12500 und 1500 Aſſe geſchaͤtzt wurden keinen ſol- chen gegeben haͤtte. Es iſt vielmehr wahrſcheinlicher daß alle von der ſechſten Klaſſe, die nicht capite censi waren, Proletarier genannt wurden.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/289>, abgerufen am 26.04.2024.