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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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schen Dichtung (sagt' er) wäre mir Dein Ge¬
danke leicht gekommen, aber in der Wirklich¬
keit hab' ich keine List!"-- "O Schalk!" sagte
sie. So früh und so lang' er nur durfte, sagte
er Du, weil er das Herz kannte, besonders das
weibliche. -- Bald darauf, als sie noch offen¬
herziger gegen einander gewesen waren, sagte
sie: "bleibt Sie unschuldig bei Ihnen, so ha¬
ben Sie niemand beleidigt und niemand hat
verlohren; bleibt Sie es nicht, so war Sie es
entweder nicht, oder sie verdiente die Probe
und Strafe, getäuscht zu werden." -- "Ja,
das ist göttlich -- das gehört in den herrlichen
Trauerspieler kurz vor dem Ende" sagt' er,
wollte sich aber nicht darüber erklären.

Jetzt kam Ziel und Mittelpunkt in die wil¬
den Kreise seines Treibens. Er zerlegte kalt
Albano's Briefe der Liebe in große und kleine
Buchstaben, bloß um sie pünktlich nachzuma¬
chen; daher fand einmal Albano bei Rabetten
seine Handschrift ohne seine Gedanken. Er
fragte Rabetten alle kleine Verhältnisse Al¬
bano's ab, um seine Rolle bis ins Kleinste
auszuarbeiten; und eben so las er alle italie¬

ſchen Dichtung (ſagt' er) wäre mir Dein Ge¬
danke leicht gekommen, aber in der Wirklich¬
keit hab' ich keine Liſt!“— „O Schalk!“ ſagte
ſie. So früh und ſo lang' er nur durfte, ſagte
er Du, weil er das Herz kannte, beſonders das
weibliche. — Bald darauf, als ſie noch offen¬
herziger gegen einander geweſen waren, ſagte
ſie: „bleibt Sie unſchuldig bei Ihnen, ſo ha¬
ben Sie niemand beleidigt und niemand hat
verlohren; bleibt Sie es nicht, ſo war Sie es
entweder nicht, oder ſie verdiente die Probe
und Strafe, getäuſcht zu werden.“ — „Ja,
das iſt göttlich — das gehört in den herrlichen
Trauerſpieler kurz vor dem Ende“ ſagt' er,
wollte ſich aber nicht darüber erklären.

Jetzt kam Ziel und Mittelpunkt in die wil¬
den Kreiſe ſeines Treibens. Er zerlegte kalt
Albano's Briefe der Liebe in große und kleine
Buchſtaben, bloß um ſie pünktlich nachzuma¬
chen; daher fand einmal Albano bei Rabetten
ſeine Handſchrift ohne ſeine Gedanken. Er
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auszuarbeiten; und eben ſo las er alle italie¬

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[364/0376] ſchen Dichtung (ſagt' er) wäre mir Dein Ge¬ danke leicht gekommen, aber in der Wirklich¬ keit hab' ich keine Liſt!“— „O Schalk!“ ſagte ſie. So früh und ſo lang' er nur durfte, ſagte er Du, weil er das Herz kannte, beſonders das weibliche. — Bald darauf, als ſie noch offen¬ herziger gegen einander geweſen waren, ſagte ſie: „bleibt Sie unſchuldig bei Ihnen, ſo ha¬ ben Sie niemand beleidigt und niemand hat verlohren; bleibt Sie es nicht, ſo war Sie es entweder nicht, oder ſie verdiente die Probe und Strafe, getäuſcht zu werden.“ — „Ja, das iſt göttlich — das gehört in den herrlichen Trauerſpieler kurz vor dem Ende“ ſagt' er, wollte ſich aber nicht darüber erklären. Jetzt kam Ziel und Mittelpunkt in die wil¬ den Kreiſe ſeines Treibens. Er zerlegte kalt Albano's Briefe der Liebe in große und kleine Buchſtaben, bloß um ſie pünktlich nachzuma¬ chen; daher fand einmal Albano bei Rabetten ſeine Handſchrift ohne ſeine Gedanken. Er fragte Rabetten alle kleine Verhältniſſe Al¬ bano's ab, um ſeine Rolle bis ins Kleinſte auszuarbeiten; und eben ſo las er alle italie¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/376>, abgerufen am 31.10.2024.