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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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§. 201. Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Anwendung. (Forts.)
im Gange, so wird durch dessen Anfang (gerade wie bey
der Klagverjährung) nur der Zeitpunkt bestimmt, von
welchem an die zwey Menschenalter aufwärts zu berech-
nen sind (v).

3) Die mala fides, die hier in der That nicht vorkom-
men kann, so daß die im canonischen Recht allgemein aus-
gedrückte Vorschrift ihrer Beachtung hier ohne Anwendung
bleibt. Denn mala fides ist das Bewußtseyn eines wirk-
lich vorhandenen Unrechts. Ist nun die Unrechtmäßigkeit des
Besitzes erweislich, so muß dessen Entstehung bekannt seyn,
in welchem Fall er nicht ein unvordenklicher seyn kann.
Außerdem aber kann wohl aus Äußerungen des Besitzers,
der sich über die Natur seines Besitzes täuscht, hervorge-
hen, daß er ihn für einen unrechtmäßigen hält; eine solche
Meynung aber begründet die mala fides nicht (w).

Die zweifelhafteste Frage ist die, ob der Gegenbeweis
auch auf die den zwey letzten Menschenaltern vorherge-
hende Zeit gerichtet werden darf. Darauf wird eine befriedi-
gende Antwort erst möglich seyn, nachdem die eigenthüm-
liche Wirkung der unvordenklichen Zeit festgestellt seyn wird.

§. 201.
VI. Die Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Anwendung.
(Fortsetzung.)

Bestrittener als irgend eine andere Frage ist in der

(v) Thibaut S. 186. Pfeif-
fer
S. 24--26. Arndts S. 158.
(w) Thibaut S. 187. Pfeif-
fer
§ 7. -- Unrichtig ist die Mey-
nung von Neller p. 109.

§. 201. Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Anwendung. (Fortſ.)
im Gange, ſo wird durch deſſen Anfang (gerade wie bey
der Klagverjährung) nur der Zeitpunkt beſtimmt, von
welchem an die zwey Menſchenalter aufwärts zu berech-
nen ſind (v).

3) Die mala fides, die hier in der That nicht vorkom-
men kann, ſo daß die im canoniſchen Recht allgemein aus-
gedrückte Vorſchrift ihrer Beachtung hier ohne Anwendung
bleibt. Denn mala fides iſt das Bewußtſeyn eines wirk-
lich vorhandenen Unrechts. Iſt nun die Unrechtmäßigkeit des
Beſitzes erweislich, ſo muß deſſen Entſtehung bekannt ſeyn,
in welchem Fall er nicht ein unvordenklicher ſeyn kann.
Außerdem aber kann wohl aus Äußerungen des Beſitzers,
der ſich über die Natur ſeines Beſitzes täuſcht, hervorge-
hen, daß er ihn für einen unrechtmäßigen hält; eine ſolche
Meynung aber begründet die mala fides nicht (w).

Die zweifelhafteſte Frage iſt die, ob der Gegenbeweis
auch auf die den zwey letzten Menſchenaltern vorherge-
hende Zeit gerichtet werden darf. Darauf wird eine befriedi-
gende Antwort erſt möglich ſeyn, nachdem die eigenthüm-
liche Wirkung der unvordenklichen Zeit feſtgeſtellt ſeyn wird.

§. 201.
VI. Die Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Anwendung.
(Fortſetzung.)

Beſtrittener als irgend eine andere Frage iſt in der

(v) Thibaut S. 186. Pfeif-
fer
S. 24—26. Arndts S. 158.
(w) Thibaut S. 187. Pfeif-
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§ 7. — Unrichtig iſt die Mey-
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[527/0541] §. 201. Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Anwendung. (Fortſ.) im Gange, ſo wird durch deſſen Anfang (gerade wie bey der Klagverjährung) nur der Zeitpunkt beſtimmt, von welchem an die zwey Menſchenalter aufwärts zu berech- nen ſind (v). 3) Die mala fides, die hier in der That nicht vorkom- men kann, ſo daß die im canoniſchen Recht allgemein aus- gedrückte Vorſchrift ihrer Beachtung hier ohne Anwendung bleibt. Denn mala fides iſt das Bewußtſeyn eines wirk- lich vorhandenen Unrechts. Iſt nun die Unrechtmäßigkeit des Beſitzes erweislich, ſo muß deſſen Entſtehung bekannt ſeyn, in welchem Fall er nicht ein unvordenklicher ſeyn kann. Außerdem aber kann wohl aus Äußerungen des Beſitzers, der ſich über die Natur ſeines Beſitzes täuſcht, hervorge- hen, daß er ihn für einen unrechtmäßigen hält; eine ſolche Meynung aber begründet die mala fides nicht (w). Die zweifelhafteſte Frage iſt die, ob der Gegenbeweis auch auf die den zwey letzten Menſchenaltern vorherge- hende Zeit gerichtet werden darf. Darauf wird eine befriedi- gende Antwort erſt möglich ſeyn, nachdem die eigenthüm- liche Wirkung der unvordenklichen Zeit feſtgeſtellt ſeyn wird. §. 201. VI. Die Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Anwendung. (Fortſetzung.) Beſtrittener als irgend eine andere Frage iſt in der (v) Thibaut S. 186. Pfeif- fer S. 24—26. Arndts S. 158. (w) Thibaut S. 187. Pfeif- fer § 7. — Unrichtig iſt die Mey- nung von Neller p. 109.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 527. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/541>, abgerufen am 30.04.2024.