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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
daß die Praxis des K. Sächsischen Oberappellationsgerichts zu
Dresden mit der hier aufgestellten Lehre völlig übereinstimmt.
Diese Übereinstimmung erhellt aus den nachstehenden Regeln, die
in dem erwähnten Gerichtshof befolgt werden.

Decisive Sätze, welche in die Entscheidungsgründe aufgenom-
men worden sind, der Sache nach aber die nothwendige Unter-
lage der Entscheidung (also integrirende Theile derselben) bilden,
erlangen mit der Entscheidung Rechtskraft.

Sätze, die in den Rationen ausdrücklich zu Motivirung der
Abweisung aufgestellt worden sind, oder dem Zusammenhange
nach bei der Entscheidung stillschweigend vorausgesetzt seyn
müssen, gehen mit der Entscheidung selbst in Rechtskraft über.

Wegen der Entscheidungsgründe kann daher gegen das
Urthel appellirt werden, so lange oder so weit noch eine
Appellation gegen das Urthel zulässig ist.

§. 294.
Genauere Bestimmung des Inhalts. Rechtskraft der Gründe.
Preußisches Recht
.

Im Preußischen Prozeßrecht ist die Rechtskraft des Urtheils
in einigen so allgemein gefaßten Stellen anerkannt (a), daß dar-
aus die unzweifelhafte Absicht hervorgeht, nur den Bestand des
vorgefundenen gemeinen Rechts in diese Lehre aufzunehmen, und
ferner gelten zu lassen.

Was aber insbesondere die Rechtskraft der Gründe
betrifft, so findet sich eine Gesetzstelle, welche auf den

(a) A. G. O. Einleitung § 65. 66 und I. 16 § 1.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
daß die Praxis des K. Sächſiſchen Oberappellationsgerichts zu
Dresden mit der hier aufgeſtellten Lehre völlig übereinſtimmt.
Dieſe Übereinſtimmung erhellt aus den nachſtehenden Regeln, die
in dem erwähnten Gerichtshof befolgt werden.

Deciſive Sätze, welche in die Entſcheidungsgründe aufgenom-
men worden ſind, der Sache nach aber die nothwendige Unter-
lage der Entſcheidung (alſo integrirende Theile derſelben) bilden,
erlangen mit der Entſcheidung Rechtskraft.

Sätze, die in den Rationen ausdrücklich zu Motivirung der
Abweiſung aufgeſtellt worden ſind, oder dem Zuſammenhange
nach bei der Entſcheidung ſtillſchweigend vorausgeſetzt ſeyn
müſſen, gehen mit der Entſcheidung ſelbſt in Rechtskraft über.

Wegen der Entſcheidungsgründe kann daher gegen das
Urthel appellirt werden, ſo lange oder ſo weit noch eine
Appellation gegen das Urthel zuläſſig iſt.

§. 294.
Genauere Beſtimmung des Inhalts. Rechtskraft der Gründe.
Preußiſches Recht
.

Im Preußiſchen Prozeßrecht iſt die Rechtskraft des Urtheils
in einigen ſo allgemein gefaßten Stellen anerkannt (a), daß dar-
aus die unzweifelhafte Abſicht hervorgeht, nur den Beſtand des
vorgefundenen gemeinen Rechts in dieſe Lehre aufzunehmen, und
ferner gelten zu laſſen.

Was aber insbeſondere die Rechtskraft der Gründe
betrifft, ſo findet ſich eine Geſetzſtelle, welche auf den

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[394/0412] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. daß die Praxis des K. Sächſiſchen Oberappellationsgerichts zu Dresden mit der hier aufgeſtellten Lehre völlig übereinſtimmt. Dieſe Übereinſtimmung erhellt aus den nachſtehenden Regeln, die in dem erwähnten Gerichtshof befolgt werden. Deciſive Sätze, welche in die Entſcheidungsgründe aufgenom- men worden ſind, der Sache nach aber die nothwendige Unter- lage der Entſcheidung (alſo integrirende Theile derſelben) bilden, erlangen mit der Entſcheidung Rechtskraft. Sätze, die in den Rationen ausdrücklich zu Motivirung der Abweiſung aufgeſtellt worden ſind, oder dem Zuſammenhange nach bei der Entſcheidung ſtillſchweigend vorausgeſetzt ſeyn müſſen, gehen mit der Entſcheidung ſelbſt in Rechtskraft über. Wegen der Entſcheidungsgründe kann daher gegen das Urthel appellirt werden, ſo lange oder ſo weit noch eine Appellation gegen das Urthel zuläſſig iſt. §. 294. Genauere Beſtimmung des Inhalts. Rechtskraft der Gründe. Preußiſches Recht. Im Preußiſchen Prozeßrecht iſt die Rechtskraft des Urtheils in einigen ſo allgemein gefaßten Stellen anerkannt (a), daß dar- aus die unzweifelhafte Abſicht hervorgeht, nur den Beſtand des vorgefundenen gemeinen Rechts in dieſe Lehre aufzunehmen, und ferner gelten zu laſſen. Was aber insbeſondere die Rechtskraft der Gründe betrifft, ſo findet ſich eine Geſetzſtelle, welche auf den (a) A. G. O. Einleitung § 65. 66 und I. 16 § 1.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/412>, abgerufen am 26.04.2024.