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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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und Wissenschaften auseinander gelegt, wodurch an die Stelle der Alles wissenden und thuenden Staatspriester die Dichter, Philosophen, Künstler, Geschichtschreiber, Astronomen, Mathematiker, Aerzte, Naturforscher u. s. f. des Volkes traten und die schönere menschliche Kunst und Wissenschaft, das Menschen- und Volksleben emporblühte. Im Verhältniss zu den Griechen haben in gewissem beschränkten Sinne die Römer keine Mysterien, keine Kunst und keine Wissenschaft, nur das blutige Schwert und das kalte Recht, den geregelten und grundsätzlich betriebenen Krieg (Process) nach Aussen und im Innern. Die Germanen aber sind über die Griechen hinausgegangen und haben an der Schwelle der freien und allgemeinen christlichen Kirche die religiösen Mysterienanstalten zertrümmert und abgelegt; Eine Menschheit mit Einer Kirche und Einem Staate ist das ideale germanische Lebensziel.

Der maurerischen Meisterweihe liegt die Darstellung des letzten Viertheils der scheinbaren Sonnenbahn, des sterbenden und wiedererstehenden Sonnengottes zu Grunde und der neu aufzunehmende Meister ist der Darsteller, gleichsam ein astronomisches Symbol. Der neu aufzunehmende Meister soll ein Bild der Sonne in der Herbsttag- und Nachtgleiche und in der Wintersonnenwende sein und diesem Grundbild entsprechend sind die Gebräuche der Meisteraufnahme gestaltet und auch zu deuten:

1. Das Einführen des zum Meister zu befördernden, zu erhebenden Gesellen in die schwarz behangene und dunkle Meisterloge geschieht in Frankreich und nach dem rectifieirten schottischen Systeme rückwärts, um das Zurückweichen der Sonne, um ihr Versinken in das dunkele Wintergrab zu bezeichnen.1) Wird dem rückwärts aufgestellten Gesellen unmittelbar nach seiner Ankunft in der Loge die weisse oder lichte Sehürze abgerissen, soll auch dieses nur andeuten, dass jetzt in der Herbsttag- und Nachtgleiche die Sonne ihre erleuchtende und erwärmende Kraft ganz verliere. Auf den sterbenden Sonnengott

1) Clavel, histoire pittoresque de la Francmaconnerie, avec 25 gravures representant les receptions et ceremonies maconniques decrites dans le texte, Paris 1843; Berchtold-Beaupre, Isis ou L'initiatioin maconnique, Fribourg en Suisse 1859, S. 34.

und Wissenschaften auseinander gelegt, wodurch an die Stelle der Alles wissenden und thuenden Staatspriester die Dichter, Philosophen, Künstler, Geschichtschreiber, Astronomen, Mathematiker, Aerzte, Naturforscher u. s. f. des Volkes traten und die schönere menschliche Kunst und Wissenschaft, das Menschen- und Volksleben emporblühte. Im Verhältniss zu den Griechen haben in gewissem beschränkten Sinne die Römer keine Mysterien, keine Kunst und keine Wissenschaft, nur das blutige Schwert und das kalte Recht, den geregelten und grundsätzlich betriebenen Krieg (Process) nach Aussen und im Innern. Die Germanen aber sind über die Griechen hinausgegangen und haben an der Schwelle der freien und allgemeinen christlichen Kirche die religiösen Mysterienanstalten zertrümmert und abgelegt; Eine Menschheit mit Einer Kirche und Einem Staate ist das ideale germanische Lebensziel.

Der maurerischen Meisterweihe liegt die Darstellung des letzten Viertheils der scheinbaren Sonnenbahn, des sterbenden und wiedererstehenden Sonnengottes zu Grunde und der neu aufzunehmende Meister ist der Darsteller, gleichsam ein astronomisches Symbol. Der neu aufzunehmende Meister soll ein Bild der Sonne in der Herbsttag- und Nachtgleiche und in der Wintersonnenwende sein und diesem Grundbild entsprechend sind die Gebräuche der Meisteraufnahme gestaltet und auch zu deuten:

1. Das Einführen des zum Meister zu befördernden, zu erhebenden Gesellen in die schwarz behangene und dunkle Meisterloge geschieht in Frankreich und nach dem rectifieirten schottischen Systeme rückwärts, um das Zurückweichen der Sonne, um ihr Versinken in das dunkele Wintergrab zu bezeichnen.1) Wird dem rückwärts aufgestellten Gesellen unmittelbar nach seiner Ankunft in der Loge die weisse oder lichte Sehürze abgerissen, soll auch dieses nur andeuten, dass jetzt in der Herbsttag- und Nachtgleiche die Sonne ihre erleuchtende und erwärmende Kraft ganz verliere. Auf den sterbenden Sonnengott

1) Clavel, histoire pittoresque de la Francmaçonnerie, avec 25 gravures représentant les réceptions et cérémonies maçonniques decrites dans le texte, Paris 1843; Berchtold-Beaupré, Isis ou L’initiatioin maçonnique, Fribourg en Suisse 1859, S. 34.
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 Der maurerischen Meisterweihe liegt die Darstellung des letzten Viertheils der scheinbaren Sonnenbahn, des sterbenden und wiedererstehenden Sonnengottes zu Grunde und der neu aufzunehmende Meister ist der Darsteller, gleichsam ein astronomisches Symbol. Der neu aufzunehmende Meister soll ein Bild der Sonne in der Herbsttag- und Nachtgleiche und in der Wintersonnenwende sein und diesem Grundbild entsprechend sind die Gebräuche der Meisteraufnahme gestaltet und auch zu deuten:</p>
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[755/0775] und Wissenschaften auseinander gelegt, wodurch an die Stelle der Alles wissenden und thuenden Staatspriester die Dichter, Philosophen, Künstler, Geschichtschreiber, Astronomen, Mathematiker, Aerzte, Naturforscher u. s. f. des Volkes traten und die schönere menschliche Kunst und Wissenschaft, das Menschen- und Volksleben emporblühte. Im Verhältniss zu den Griechen haben in gewissem beschränkten Sinne die Römer keine Mysterien, keine Kunst und keine Wissenschaft, nur das blutige Schwert und das kalte Recht, den geregelten und grundsätzlich betriebenen Krieg (Process) nach Aussen und im Innern. Die Germanen aber sind über die Griechen hinausgegangen und haben an der Schwelle der freien und allgemeinen christlichen Kirche die religiösen Mysterienanstalten zertrümmert und abgelegt; Eine Menschheit mit Einer Kirche und Einem Staate ist das ideale germanische Lebensziel. Der maurerischen Meisterweihe liegt die Darstellung des letzten Viertheils der scheinbaren Sonnenbahn, des sterbenden und wiedererstehenden Sonnengottes zu Grunde und der neu aufzunehmende Meister ist der Darsteller, gleichsam ein astronomisches Symbol. Der neu aufzunehmende Meister soll ein Bild der Sonne in der Herbsttag- und Nachtgleiche und in der Wintersonnenwende sein und diesem Grundbild entsprechend sind die Gebräuche der Meisteraufnahme gestaltet und auch zu deuten: 1. Das Einführen des zum Meister zu befördernden, zu erhebenden Gesellen in die schwarz behangene und dunkle Meisterloge geschieht in Frankreich und nach dem rectifieirten schottischen Systeme rückwärts, um das Zurückweichen der Sonne, um ihr Versinken in das dunkele Wintergrab zu bezeichnen. 1) Wird dem rückwärts aufgestellten Gesellen unmittelbar nach seiner Ankunft in der Loge die weisse oder lichte Sehürze abgerissen, soll auch dieses nur andeuten, dass jetzt in der Herbsttag- und Nachtgleiche die Sonne ihre erleuchtende und erwärmende Kraft ganz verliere. Auf den sterbenden Sonnengott 1) Clavel, histoire pittoresque de la Francmaçonnerie, avec 25 gravures représentant les réceptions et cérémonies maçonniques decrites dans le texte, Paris 1843; Berchtold-Beaupré, Isis ou L’initiatioin maçonnique, Fribourg en Suisse 1859, S. 34.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 755. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/775>, abgerufen am 26.04.2024.