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Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793.

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Phyteuma.

5. Die Blume befindet sich eben so, wie Phyteuma spica-
tum,
in drey verschiedenen Zuständen. Im ersten ist die Krone
noch geschlossen, und der oberste mit kurzen Haaren dicht über-
zogene Theil des Griffels wird von den an ihm anliegenden An-
theren bestäubt. Derselbe ist blaßblau; nachdem er aber bestäubt
worden ist, sieht er fleischfarben aus, weil der Staub diese Farbe
hat. Der Ring, in welchen die Staubgesäße in der Mitte zu-
sammengewachsen sind, befördert die Bestäubung des obersten
Theils des Griffels, indem er verursacht, daß die Antheren dicht
auf demselben anliegen, welches ohne seine Beyhülfe nicht ge-
schehen würde, da die Filamente sehr dünne sind. Nachdem die
Antheren ihren Staub auf den obersten Theil des Griffels abge-
setzt haben, so werden sie weiß, und breiten sich von einander.
Hierauf fängt der zweyte Zustand der Blume an, indem die
Krone sich öffnet, und der Griffel sich ansehnlich verlängert. Letz-
teres ist schon deswegen nöthig, weil der oberste Theil des Grif-
fels, wenn er zwischen den Antheren bliebe, von einem in dem
Winkel derselben sitzenden Regentropfen leicht seines Staubes be-
raubt, oder der Staub verdorben werden würde. In den drit-
ten Zustand kömmt die Blume alsdenn, wann sich der oberste
Theil des Griffels nach und nach in zwey Lappen theilet, deren
innere Seite, als das eigentliche Stigma, weiß und mit Haaren
überzogen ist.

Daß nun die Befruchtung der Blume bloß durch Insekten
geschieht, und zwar so, daß dieselben den Staub der jüngeren
oder im zweyten Zustande befindlichen Blumen auf das Stigma
der älteren oder im dritten Zustande befindlichen Blumen schlep-
pen, davon kann man sich durch die Erfahrung leicht überzeugen.
Man stelle nemlich einen vom Felde mitgebrachten mit Blumen-
knäufen versehenen Stengel, nachdem man vorher alle aufge-
brochene Blumen weggeschnitten hat, in einem Zimmer, wo
keine Insekten sind, ins Wasser. Nach einigen Tagen wird man
finden, daß verschiedene von den hier aufgebrochenen Blumen sich
im dritten Zustande befinden, zugleich aber, daß der oberste Theil
des Griffels noch seinen ganzen Staubvorrath hat, daß hingegen
auf dem weißen Stigma kein Körnchen des fleischfarbnen Stau-
bes befindlich ist. Besieht man hingegen ältere Blumen, welche
man bey schönem Wetter auf dem Felde gefunden hat: so wird
man den obersten Theil des Griffels ohne Staub, das Stigma
hingegen bestäubt finden.

Was ich an solchen in meinem Hause aufgeblüheten Blumen
bemerkt habe, habe ich heute, da ich dieses zum Druck abschreibe,
(am 21. Oktober) auf dem Felde an der Campanula rotundifolia
bemerkt. Ich ging nemlich spatzieren, und fand in der Heide
noch einige Blumen dieser Art. Sie befanden sich im dritten Zu-
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Phyteuma. Rondeletia. Portlandia.
stande, und hatten ein völlig geöffnetes Stigma. Der oberste
Theil des Griffels hatte noch seinen ganzen Staubvorrath, und
auf dem Stigma war nicht Ein Körnchen Staubes. Die Ursache
hievon ist leicht einzusehen. Bey der jetzigen Jahreszeit fliegen
keine Insekten mehr, oder nur noch sehr wenige auf Nahrung aus.
Folglich sind diese Blumen von keinem Insekt besucht worden.
Also konnte der oberste Theil des Griffels seinen Staub nicht ver-
lieren, und das Stigma keinen Staub erhalten.

Da nun die bey diesem Phyteuma getroffne Anstalt, daß
die Staubgefäße in der Mitte zusammengewachsen sind, dazu
dienet, daß der Saft vor dem Regen geschützt werde, keineswe-
ges aber dazu, daß derselbe nicht verdünste, indem die Zwischen-
räume der Filamente zwar klein genug sind, um keinen Regen-
tropfen durchzulassen, aber nicht so klein, daß sie das Verdünsten
des Safts sollten verhindern können: so folgt aus der nahen Ver-
wandtschaft dieser Blume mit der Campanula, was ich oben be-
hauptet habe, daß die Valveln der letzteren keinesweges, wie
Linne oder einer von seinen Schülern geglaubt hat, die Ver-
dünstung des Safts verhindern sollen.

Rondeletia.

Rondeletia odorata. Jacqu. Amer. p. 59.

1. Die Saftdrüse muß man bey dem Fruchtknoten suchen.

2. Den Saft wird man im Grunde der Kronenröhre finden.

3. Die Saftdecke ist der dicke Rand, weicher die Oeffnung
der Kronenröhre umgiebt. Derselbe macht diese Oeffnung enger,
und verhindert, daß Regentropfen, welche an dem Kronensaum
haften, in die Kronenröhre hineinfließen.

4. Der Kronensaum ist mennigfarben, die Saftdecke aber
pomeranzenfarben, also zugleich das Saftmaal. Auch hat die
Blume einen sehr angenehmen Veilchengeruch.

Portlandia.

Portlandia grandiflora. Jacqu. Amer. p. 62.

1. Die Saftdrüse muß oben am Fruchtknoten befindlich seyn,
woselbst, oder im Grunde der Kronenröhre man auch

2. den Saft finden wird.

3. Der Grund der Kronenröhre wird durch die an der Basis
haarichten Filamente und den Griffel gänzlich vor dem Regen ver-
schlossen.

4. Die Blume riecht bey Tage gar nicht, hingegen des Nachts
duftet sie einen höchst angenehmen und erquickenden Geruch aus.
Sie ist folglich eine Nachtblume. Damit sie nun von den Nacht-
insekten schon von weitem leicht bemerkt werde, so ist sie 1) außer-

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Phyteuma.

5. Die Blume befindet ſich eben ſo, wie Phyteuma ſpica-
tum,
in drey verſchiedenen Zuſtaͤnden. Im erſten iſt die Krone
noch geſchloſſen, und der oberſte mit kurzen Haaren dicht uͤber-
zogene Theil des Griffels wird von den an ihm anliegenden An-
theren beſtaͤubt. Derſelbe iſt blaßblau; nachdem er aber beſtaͤubt
worden iſt, ſieht er fleiſchfarben aus, weil der Staub dieſe Farbe
hat. Der Ring, in welchen die Staubgeſaͤße in der Mitte zu-
ſammengewachſen ſind, befoͤrdert die Beſtaͤubung des oberſten
Theils des Griffels, indem er verurſacht, daß die Antheren dicht
auf demſelben anliegen, welches ohne ſeine Beyhuͤlfe nicht ge-
ſchehen wuͤrde, da die Filamente ſehr duͤnne ſind. Nachdem die
Antheren ihren Staub auf den oberſten Theil des Griffels abge-
ſetzt haben, ſo werden ſie weiß, und breiten ſich von einander.
Hierauf faͤngt der zweyte Zuſtand der Blume an, indem die
Krone ſich oͤffnet, und der Griffel ſich anſehnlich verlaͤngert. Letz-
teres iſt ſchon deswegen noͤthig, weil der oberſte Theil des Grif-
fels, wenn er zwiſchen den Antheren bliebe, von einem in dem
Winkel derſelben ſitzenden Regentropfen leicht ſeines Staubes be-
raubt, oder der Staub verdorben werden wuͤrde. In den drit-
ten Zuſtand koͤmmt die Blume alsdenn, wann ſich der oberſte
Theil des Griffels nach und nach in zwey Lappen theilet, deren
innere Seite, als das eigentliche Stigma, weiß und mit Haaren
uͤberzogen iſt.

Daß nun die Befruchtung der Blume bloß durch Inſekten
geſchieht, und zwar ſo, daß dieſelben den Staub der juͤngeren
oder im zweyten Zuſtande befindlichen Blumen auf das Stigma
der aͤlteren oder im dritten Zuſtande befindlichen Blumen ſchlep-
pen, davon kann man ſich durch die Erfahrung leicht uͤberzeugen.
Man ſtelle nemlich einen vom Felde mitgebrachten mit Blumen-
knaͤufen verſehenen Stengel, nachdem man vorher alle aufge-
brochene Blumen weggeſchnitten hat, in einem Zimmer, wo
keine Inſekten ſind, ins Waſſer. Nach einigen Tagen wird man
finden, daß verſchiedene von den hier aufgebrochenen Blumen ſich
im dritten Zuſtande befinden, zugleich aber, daß der oberſte Theil
des Griffels noch ſeinen ganzen Staubvorrath hat, daß hingegen
auf dem weißen Stigma kein Koͤrnchen des fleiſchfarbnen Stau-
bes befindlich iſt. Beſieht man hingegen aͤltere Blumen, welche
man bey ſchoͤnem Wetter auf dem Felde gefunden hat: ſo wird
man den oberſten Theil des Griffels ohne Staub, das Stigma
hingegen beſtaͤubt finden.

Was ich an ſolchen in meinem Hauſe aufgebluͤheten Blumen
bemerkt habe, habe ich heute, da ich dieſes zum Druck abſchreibe,
(am 21. Oktober) auf dem Felde an der Campanula rotundifolia
bemerkt. Ich ging nemlich ſpatzieren, und fand in der Heide
noch einige Blumen dieſer Art. Sie befanden ſich im dritten Zu-
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Phyteuma. Rondeletia. Portlandia.
ſtande, und hatten ein voͤllig geoͤffnetes Stigma. Der oberſte
Theil des Griffels hatte noch ſeinen ganzen Staubvorrath, und
auf dem Stigma war nicht Ein Koͤrnchen Staubes. Die Urſache
hievon iſt leicht einzuſehen. Bey der jetzigen Jahreszeit fliegen
keine Inſekten mehr, oder nur noch ſehr wenige auf Nahrung aus.
Folglich ſind dieſe Blumen von keinem Inſekt beſucht worden.
Alſo konnte der oberſte Theil des Griffels ſeinen Staub nicht ver-
lieren, und das Stigma keinen Staub erhalten.

Da nun die bey dieſem Phyteuma getroffne Anſtalt, daß
die Staubgefaͤße in der Mitte zuſammengewachſen ſind, dazu
dienet, daß der Saft vor dem Regen geſchuͤtzt werde, keineswe-
ges aber dazu, daß derſelbe nicht verduͤnſte, indem die Zwiſchen-
raͤume der Filamente zwar klein genug ſind, um keinen Regen-
tropfen durchzulaſſen, aber nicht ſo klein, daß ſie das Verduͤnſten
des Safts ſollten verhindern koͤnnen: ſo folgt aus der nahen Ver-
wandtſchaft dieſer Blume mit der Campanula, was ich oben be-
hauptet habe, daß die Valveln der letzteren keinesweges, wie
Linné oder einer von ſeinen Schuͤlern geglaubt hat, die Ver-
duͤnſtung des Safts verhindern ſollen.

Rondeletia.

Rondeletia odorata. Jacqu. Amer. p. 59.

1. Die Saftdruͤſe muß man bey dem Fruchtknoten ſuchen.

2. Den Saft wird man im Grunde der Kronenroͤhre finden.

3. Die Saftdecke iſt der dicke Rand, weicher die Oeffnung
der Kronenroͤhre umgiebt. Derſelbe macht dieſe Oeffnung enger,
und verhindert, daß Regentropfen, welche an dem Kronenſaum
haften, in die Kronenroͤhre hineinfließen.

4. Der Kronenſaum iſt mennigfarben, die Saftdecke aber
pomeranzenfarben, alſo zugleich das Saftmaal. Auch hat die
Blume einen ſehr angenehmen Veilchengeruch.

Portlandia.

Portlandia grandiflora. Jacqu. Amer. p. 62.

1. Die Saftdruͤſe muß oben am Fruchtknoten befindlich ſeyn,
woſelbſt, oder im Grunde der Kronenroͤhre man auch

2. den Saft finden wird.

3. Der Grund der Kronenroͤhre wird durch die an der Baſis
haarichten Filamente und den Griffel gaͤnzlich vor dem Regen ver-
ſchloſſen.

4. Die Blume riecht bey Tage gar nicht, hingegen des Nachts
duftet ſie einen hoͤchſt angenehmen und erquickenden Geruch aus.
Sie iſt folglich eine Nachtblume. Damit ſie nun von den Nacht-
inſekten ſchon von weitem leicht bemerkt werde, ſo iſt ſie 1) außer-

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[[71]/0071] Phyteuma. Phyteuma. Rondeletia. Portlandia. 5. Die Blume befindet ſich eben ſo, wie Phyteuma ſpica- tum, in drey verſchiedenen Zuſtaͤnden. Im erſten iſt die Krone noch geſchloſſen, und der oberſte mit kurzen Haaren dicht uͤber- zogene Theil des Griffels wird von den an ihm anliegenden An- theren beſtaͤubt. Derſelbe iſt blaßblau; nachdem er aber beſtaͤubt worden iſt, ſieht er fleiſchfarben aus, weil der Staub dieſe Farbe hat. Der Ring, in welchen die Staubgeſaͤße in der Mitte zu- ſammengewachſen ſind, befoͤrdert die Beſtaͤubung des oberſten Theils des Griffels, indem er verurſacht, daß die Antheren dicht auf demſelben anliegen, welches ohne ſeine Beyhuͤlfe nicht ge- ſchehen wuͤrde, da die Filamente ſehr duͤnne ſind. Nachdem die Antheren ihren Staub auf den oberſten Theil des Griffels abge- ſetzt haben, ſo werden ſie weiß, und breiten ſich von einander. Hierauf faͤngt der zweyte Zuſtand der Blume an, indem die Krone ſich oͤffnet, und der Griffel ſich anſehnlich verlaͤngert. 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Rondeletia odorata. Jacqu. Amer. p. 59. 1. Die Saftdruͤſe muß man bey dem Fruchtknoten ſuchen. 2. Den Saft wird man im Grunde der Kronenroͤhre finden. 3. Die Saftdecke iſt der dicke Rand, weicher die Oeffnung der Kronenroͤhre umgiebt. Derſelbe macht dieſe Oeffnung enger, und verhindert, daß Regentropfen, welche an dem Kronenſaum haften, in die Kronenroͤhre hineinfließen. 4. Der Kronenſaum iſt mennigfarben, die Saftdecke aber pomeranzenfarben, alſo zugleich das Saftmaal. Auch hat die Blume einen ſehr angenehmen Veilchengeruch. Portlandia. Portlandia grandiflora. Jacqu. Amer. p. 62. 1. Die Saftdruͤſe muß oben am Fruchtknoten befindlich ſeyn, woſelbſt, oder im Grunde der Kronenroͤhre man auch 2. den Saft finden wird. 3. Der Grund der Kronenroͤhre wird durch die an der Baſis haarichten Filamente und den Griffel gaͤnzlich vor dem Regen ver- ſchloſſen. 4. Die Blume riecht bey Tage gar nicht, hingegen des Nachts duftet ſie einen hoͤchſt angenehmen und erquickenden Geruch aus. Sie iſt folglich eine Nachtblume. Damit ſie nun von den Nacht- inſekten ſchon von weitem leicht bemerkt werde, ſo iſt ſie 1) außer- H 2

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793, S. [71]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sprengel_blumen_1793/71>, abgerufen am 30.04.2024.