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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Dritter Abschnitt.
nichtwirklich gestorben, oder nicht wirklich auferstan-
den sei.

Der Rationalismus hat sich vorwiegend der ersteren
Annahme zugewendet. Die kurze Zeit, welche Jesus am
Kreuze hieng, zusammengenommen mit der sonst bekann-
ten Langsamkeit des Kreuzestodes, die ungewisse Beschaf-
fenheit und Wirkung des Lanzenstichs (welchen wir nicht
einmal für historisch halten konnten), schienen die Wirk-
lichkeit des Todes zweifelhaft zu machen. Dass die Voll-
strecker der Kreuzigung, wie die Jünger selbst, keinem
solchen Zweifel Raum geben, würde sich ausser der all-
gemeinen Schwierigkeit, tiefe Ohnmachten und synkoptische
Erstarrungen vom wirklichen Tode zu unterscheiden, aus
dem niedrigen Stande der medicinischen Kenntnisse in je-
ner Zeit erklären; wogegen wenigstens Ein Beispiel, dass
ein vom Kreuz Abgenommener wieder genas, ein erfolg-
tes Wiederaufleben auch bei Jesu denkbar zu machen
schien. Dieses Beispiel findet sich bei Josephus, welcher
berichtet, dass von drei gekreuzigten Bekannten, die er
von Titus losgebeten habe, nach der Abnahme vom Kreuze
zwei gestorben, einer aber mit dem Leben davongekom-
men sei. 1). Wie lange diese Leute am Kreuz gehangen
hatten, bemerkt Josephus nicht; doch da er sie mit sei-
ner Expedition nach Thekoa in der Art in Verbindung
bringt, dass er sie bei seiner Rückkehr von da erblickt

1) Joseph. vita, 75: pemphtheis de upo Titou Kaisaros sun Kerealio
kai khiliois ippeusin eis komen tina Lekoan legomenen, pros ka-
tanoesin, ei topos epitedeios esi kharaka dexasthai, os ekeithen
uposrephon eidon pollous aikhmalotous anesauromenous, kai treis
gnorisas sunetheis moi genometous, elgesa ten psukhen, kai meta
dakruon proselthon Tito eipon. O d euthus ekeleusen kathai-
rethektas autous therapeias epimelesates tukhein. kai oi men duo
teleutosin therapeuomenoi, o de tritos ezesen. Aus dieser Stelle
argumentirt besonders Paulus, ex. Handb. 3, b, S. 786, und
im Anhang, S. 929 ff.

Dritter Abschnitt.
nichtwirklich gestorben, oder nicht wirklich auferstan-
den sei.

Der Rationalismus hat sich vorwiegend der ersteren
Annahme zugewendet. Die kurze Zeit, welche Jesus am
Kreuze hieng, zusammengenommen mit der sonst bekann-
ten Langsamkeit des Kreuzestodes, die ungewisse Beschaf-
fenheit und Wirkung des Lanzenstichs (welchen wir nicht
einmal für historisch halten konnten), schienen die Wirk-
lichkeit des Todes zweifelhaft zu machen. Daſs die Voll-
strecker der Kreuzigung, wie die Jünger selbst, keinem
solchen Zweifel Raum geben, würde sich ausser der all-
gemeinen Schwierigkeit, tiefe Ohnmachten und synkoptische
Erstarrungen vom wirklichen Tode zu unterscheiden, aus
dem niedrigen Stande der medicinischen Kenntnisse in je-
ner Zeit erklären; wogegen wenigstens Ein Beispiel, daſs
ein vom Kreuz Abgenommener wieder genas, ein erfolg-
tes Wiederaufleben auch bei Jesu denkbar zu machen
schien. Dieses Beispiel findet sich bei Josephus, welcher
berichtet, daſs von drei gekreuzigten Bekannten, die er
von Titus losgebeten habe, nach der Abnahme vom Kreuze
zwei gestorben, einer aber mit dem Leben davongekom-
men sei. 1). Wie lange diese Leute am Kreuz gehangen
hatten, bemerkt Josephus nicht; doch da er sie mit sei-
ner Expedition nach Thekoa in der Art in Verbindung
bringt, daſs er sie bei seiner Rückkehr von da erblickt

1) Joseph. vita, 75: πεμφϑεὶς δὲ ὑπὸ Τίτου Καίσαρος σὺν Κερεαλίῳ
καὶ χιλίοις ἱππεῦσιν εἰς κώμην τινὰ Λεκώαν λεγομένην, πρὸς κα-
τανόησιν, εἰ τόπος ἐπιτήδειός ἐςι χάρακα δέξασϑαι, ὡς ἐκεῖϑεν
ὑποςρέφων εἶδον πολλοὺς αἰχμαλώτους ἀνεςαυρωμένους, καὶ τρεῖς
γνωρίσας συνήϑεις μοι γενομέτους, ἤλγησα τὴν ψυχὴν, καὶ μετὰ
δακρύων προσελϑὼν Τίτῳ εἰπον. Ὁ δ̕ εὐϑὺς ἐκέλευσεν καϑαι-
ρεϑέκτας αὐτοὺς ϑεραπείας ἐπιμελεςάτης τυχεῖν. καὶ οἱ μὲν δύο
τελευτῶσιν ϑεραπευόμενοι, ὁ δὲ τρίτος ἔζησεν. Aus dieser Stelle
argumentirt besonders Paulus, ex. Handb. 3, b, S. 786, und
im Anhang, S. 929 ff.
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[648/0667] Dritter Abschnitt. nichtwirklich gestorben, oder nicht wirklich auferstan- den sei. Der Rationalismus hat sich vorwiegend der ersteren Annahme zugewendet. Die kurze Zeit, welche Jesus am Kreuze hieng, zusammengenommen mit der sonst bekann- ten Langsamkeit des Kreuzestodes, die ungewisse Beschaf- fenheit und Wirkung des Lanzenstichs (welchen wir nicht einmal für historisch halten konnten), schienen die Wirk- lichkeit des Todes zweifelhaft zu machen. Daſs die Voll- strecker der Kreuzigung, wie die Jünger selbst, keinem solchen Zweifel Raum geben, würde sich ausser der all- gemeinen Schwierigkeit, tiefe Ohnmachten und synkoptische Erstarrungen vom wirklichen Tode zu unterscheiden, aus dem niedrigen Stande der medicinischen Kenntnisse in je- ner Zeit erklären; wogegen wenigstens Ein Beispiel, daſs ein vom Kreuz Abgenommener wieder genas, ein erfolg- tes Wiederaufleben auch bei Jesu denkbar zu machen schien. Dieses Beispiel findet sich bei Josephus, welcher berichtet, daſs von drei gekreuzigten Bekannten, die er von Titus losgebeten habe, nach der Abnahme vom Kreuze zwei gestorben, einer aber mit dem Leben davongekom- men sei. 1). Wie lange diese Leute am Kreuz gehangen hatten, bemerkt Josephus nicht; doch da er sie mit sei- ner Expedition nach Thekoa in der Art in Verbindung bringt, daſs er sie bei seiner Rückkehr von da erblickt 1) Joseph. vita, 75: πεμφϑεὶς δὲ ὑπὸ Τίτου Καίσαρος σὺν Κερεαλίῳ καὶ χιλίοις ἱππεῦσιν εἰς κώμην τινὰ Λεκώαν λεγομένην, πρὸς κα- τανόησιν, εἰ τόπος ἐπιτήδειός ἐςι χάρακα δέξασϑαι, ὡς ἐκεῖϑεν ὑποςρέφων εἶδον πολλοὺς αἰχμαλώτους ἀνεςαυρωμένους, καὶ τρεῖς γνωρίσας συνήϑεις μοι γενομέτους, ἤλγησα τὴν ψυχὴν, καὶ μετὰ δακρύων προσελϑὼν Τίτῳ εἰπον. Ὁ δ̕ εὐϑὺς ἐκέλευσεν καϑαι- ρεϑέκτας αὐτοὺς ϑεραπείας ἐπιμελεςάτης τυχεῖν. καὶ οἱ μὲν δύο τελευτῶσιν ϑεραπευόμενοι, ὁ δὲ τρίτος ἔζησεν. Aus dieser Stelle argumentirt besonders Paulus, ex. Handb. 3, b, S. 786, und im Anhang, S. 929 ff.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 648. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/667>, abgerufen am 01.11.2024.