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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Der Wiesenbau.
Andere Wiesen müssen einen Ersatz für das erhalten, was ihnen, insbesondere durch
eine zweimalige Schur, jährlich genommen wird, wenn sie nicht in ihrer Fruchtbar-
keit abnehmen sollen. Diese Düngung aber braucht nur schwach zu seyn im Verhält-
nisse dessen, was sie an Düngungsmaterial reproduziren, und wenn der Acker beim
Getreidebau weniger an Düngungsmaterial hergiebt, als er erfordert und consumirt,
so geben gedüngte Wiesen schon durch ihren Mehrertrag nach der Düngung wenigstens
das Doppelte wieder von dem, was man ihnen gegeben hatte. Es leidet also keinen
Zweifel, daß man den Dünger nicht sicherer vermehren könne, als wenn man den
Wiesen Dünger giebt, und Düngung der Wiesen machte die volle Ausdüngung des
Ackers da möglich, wo sie ohne jene unmöglich war. Warum findet man aber, da dies
von den Verständigen so allgemein anerkannt ist, die Düngung der Wiesen in den
meisten Gegenden so selten? -- Der erste Vorschuß ist mehrentheils zu schwierig;
denn wenn gleich der Wiesendünger der Düngermasse sicher und vielfacher zurück
kommt, so geschieht dies doch nicht im ersten Jahre, sondern nur nach einer Reihe
von sechs bis sieben Jahren. So lange und noch länger hält seine Wirkung aus. Es
ist ein Kapital, welches in diesem Zeitraume drei-, vier- und mehrfach verstärkt
wird, aber es muß angelegt werden können, und dies scheint manchen, ohne ihren
Acker zu entkräften, unmöglich.

§. 338.

Man kann sich zur Düngung der Wiesen derselben Düngungsmittel bedienen,Düngungs-
mittel.

die man auf dem Acker gebraucht; doch sind ihnen einige vorzüglich gewidmet.

Der lange frische Stallmist wird den Wiesen zuweilen, jedoch nicht häufig, ge-
geben. Er muß vor Winter oder im ersten Frühjahre aufgefahren und gestreuet wer-
den, damit seine auflöslichen Theile von dem Regenwasser ausgezogen und der Wiese
mitgetheilt werden. Er findet daher nur auf trocknern Wiesen statt, welche um diese
Jahreszeit das Aufbringen desselben erlauben. Man rechet dann gewöhnlich bei
trockener Witterung das unzersetzte Stroh wieder ab, und bedient sich desselben zur
neuen Unterstreuung.

Häufiger ist zerfallener Dünger, und besonders derjenige, welcher auf dem
Viehhofe und auf Wegen, mit Erde vermengt, zusammengeschaufelt wird, für die
Wiesen gebräuchlich. Dieser ist nämlich wegen der Unkrautsaamen, die er enthält,
für den Acker minder geeignet. Hierzu kommen allerlei andere Abfälle und Unrath,

Der Wieſenbau.
Andere Wieſen muͤſſen einen Erſatz fuͤr das erhalten, was ihnen, insbeſondere durch
eine zweimalige Schur, jaͤhrlich genommen wird, wenn ſie nicht in ihrer Fruchtbar-
keit abnehmen ſollen. Dieſe Duͤngung aber braucht nur ſchwach zu ſeyn im Verhaͤlt-
niſſe deſſen, was ſie an Duͤngungsmaterial reproduziren, und wenn der Acker beim
Getreidebau weniger an Duͤngungsmaterial hergiebt, als er erfordert und conſumirt,
ſo geben geduͤngte Wieſen ſchon durch ihren Mehrertrag nach der Duͤngung wenigſtens
das Doppelte wieder von dem, was man ihnen gegeben hatte. Es leidet alſo keinen
Zweifel, daß man den Duͤnger nicht ſicherer vermehren koͤnne, als wenn man den
Wieſen Duͤnger giebt, und Duͤngung der Wieſen machte die volle Ausduͤngung des
Ackers da moͤglich, wo ſie ohne jene unmoͤglich war. Warum findet man aber, da dies
von den Verſtaͤndigen ſo allgemein anerkannt iſt, die Duͤngung der Wieſen in den
meiſten Gegenden ſo ſelten? — Der erſte Vorſchuß iſt mehrentheils zu ſchwierig;
denn wenn gleich der Wieſenduͤnger der Duͤngermaſſe ſicher und vielfacher zuruͤck
kommt, ſo geſchieht dies doch nicht im erſten Jahre, ſondern nur nach einer Reihe
von ſechs bis ſieben Jahren. So lange und noch laͤnger haͤlt ſeine Wirkung aus. Es
iſt ein Kapital, welches in dieſem Zeitraume drei-, vier- und mehrfach verſtaͤrkt
wird, aber es muß angelegt werden koͤnnen, und dies ſcheint manchen, ohne ihren
Acker zu entkraͤften, unmoͤglich.

§. 338.

Man kann ſich zur Duͤngung der Wieſen derſelben Duͤngungsmittel bedienen,Duͤngungs-
mittel.

die man auf dem Acker gebraucht; doch ſind ihnen einige vorzuͤglich gewidmet.

Der lange friſche Stallmiſt wird den Wieſen zuweilen, jedoch nicht haͤufig, ge-
geben. Er muß vor Winter oder im erſten Fruͤhjahre aufgefahren und geſtreuet wer-
den, damit ſeine aufloͤslichen Theile von dem Regenwaſſer ausgezogen und der Wieſe
mitgetheilt werden. Er findet daher nur auf trocknern Wieſen ſtatt, welche um dieſe
Jahreszeit das Aufbringen deſſelben erlauben. Man rechet dann gewoͤhnlich bei
trockener Witterung das unzerſetzte Stroh wieder ab, und bedient ſich deſſelben zur
neuen Unterſtreuung.

Haͤufiger iſt zerfallener Duͤnger, und beſonders derjenige, welcher auf dem
Viehhofe und auf Wegen, mit Erde vermengt, zuſammengeſchaufelt wird, fuͤr die
Wieſen gebraͤuchlich. Dieſer iſt naͤmlich wegen der Unkrautſaamen, die er enthaͤlt,
fuͤr den Acker minder geeignet. Hierzu kommen allerlei andere Abfaͤlle und Unrath,

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[247/0269] Der Wieſenbau. Andere Wieſen muͤſſen einen Erſatz fuͤr das erhalten, was ihnen, insbeſondere durch eine zweimalige Schur, jaͤhrlich genommen wird, wenn ſie nicht in ihrer Fruchtbar- keit abnehmen ſollen. Dieſe Duͤngung aber braucht nur ſchwach zu ſeyn im Verhaͤlt- niſſe deſſen, was ſie an Duͤngungsmaterial reproduziren, und wenn der Acker beim Getreidebau weniger an Duͤngungsmaterial hergiebt, als er erfordert und conſumirt, ſo geben geduͤngte Wieſen ſchon durch ihren Mehrertrag nach der Duͤngung wenigſtens das Doppelte wieder von dem, was man ihnen gegeben hatte. Es leidet alſo keinen Zweifel, daß man den Duͤnger nicht ſicherer vermehren koͤnne, als wenn man den Wieſen Duͤnger giebt, und Duͤngung der Wieſen machte die volle Ausduͤngung des Ackers da moͤglich, wo ſie ohne jene unmoͤglich war. Warum findet man aber, da dies von den Verſtaͤndigen ſo allgemein anerkannt iſt, die Duͤngung der Wieſen in den meiſten Gegenden ſo ſelten? — Der erſte Vorſchuß iſt mehrentheils zu ſchwierig; denn wenn gleich der Wieſenduͤnger der Duͤngermaſſe ſicher und vielfacher zuruͤck kommt, ſo geſchieht dies doch nicht im erſten Jahre, ſondern nur nach einer Reihe von ſechs bis ſieben Jahren. So lange und noch laͤnger haͤlt ſeine Wirkung aus. Es iſt ein Kapital, welches in dieſem Zeitraume drei-, vier- und mehrfach verſtaͤrkt wird, aber es muß angelegt werden koͤnnen, und dies ſcheint manchen, ohne ihren Acker zu entkraͤften, unmoͤglich. §. 338. Man kann ſich zur Duͤngung der Wieſen derſelben Duͤngungsmittel bedienen, die man auf dem Acker gebraucht; doch ſind ihnen einige vorzuͤglich gewidmet. Duͤngungs- mittel. Der lange friſche Stallmiſt wird den Wieſen zuweilen, jedoch nicht haͤufig, ge- geben. Er muß vor Winter oder im erſten Fruͤhjahre aufgefahren und geſtreuet wer- den, damit ſeine aufloͤslichen Theile von dem Regenwaſſer ausgezogen und der Wieſe mitgetheilt werden. Er findet daher nur auf trocknern Wieſen ſtatt, welche um dieſe Jahreszeit das Aufbringen deſſelben erlauben. Man rechet dann gewoͤhnlich bei trockener Witterung das unzerſetzte Stroh wieder ab, und bedient ſich deſſelben zur neuen Unterſtreuung. Haͤufiger iſt zerfallener Duͤnger, und beſonders derjenige, welcher auf dem Viehhofe und auf Wegen, mit Erde vermengt, zuſammengeſchaufelt wird, fuͤr die Wieſen gebraͤuchlich. Dieſer iſt naͤmlich wegen der Unkrautſaamen, die er enthaͤlt, fuͤr den Acker minder geeignet. Hierzu kommen allerlei andere Abfaͤlle und Unrath,

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/269>, abgerufen am 30.04.2024.