Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.Zweytes Buch. Sie floh: ihr folgte Pan, auf ungebahnten We- gen; Aus voller Urne rauscht' ihr Ladons Fluth entgegen; Kein Weg war offen, zu entgehn. Hier, wo zum erstenmal die bangen Füsse ruhten, Hier, Schwestern! rief sie, eilt, mir hülfreich beyzustehn! Und sprang verzweiflend in die Fluthen. Gleich blieb ihr leichter Fuß an trägen Wurzeln han- gen; Der schlanke Leib ward Schilf, als Pan, sie zu umfan- gen, Um ihn die braunen Arme wand. Nun spielte Zephyrs Hauch in ungewohnten Rohren: Sie taumeln, sanftbewegt, und flistern um den Strand Jhm schwache Seufzer in die Ohren. Wie sinnreich machen uns, o Liebe! deine Lehren! Pan hörte diesen Laut und wünscht', ihn stets zu hören, Auch wann der müde Wind entschlief. Er fügte Halm an Halm, die er verschieden wählte, Von Rohr zu Rohr alsdenn mit schnellen Lippen lief, Und sie durch sanften Hauch beseelte. Pan E 5
Zweytes Buch. Sie floh: ihr folgte Pan, auf ungebahnten We- gen; Aus voller Urne rauſcht’ ihr Ladons Fluth entgegen; Kein Weg war offen, zu entgehn. Hier, wo zum erſtenmal die bangen Fuͤſſe ruhten, Hier, Schweſtern! rief ſie, eilt, mir huͤlfreich beyzuſtehn! Und ſprang verzweiflend in die Fluthen. Gleich blieb ihr leichter Fuß an traͤgen Wurzeln han- gen; Der ſchlanke Leib ward Schilf, als Pan, ſie zu umfan- gen, Um ihn die braunen Arme wand. Nun ſpielte Zephyrs Hauch in ungewohnten Rohren: Sie taumeln, ſanftbewegt, und fliſtern um den Strand Jhm ſchwache Seufzer in die Ohren. Wie ſinnreich machen uns, o Liebe! deine Lehren! Pan hoͤrte dieſen Laut und wuͤnſcht’, ihn ſtets zu hoͤren, Auch wann der muͤde Wind entſchlief. Er fuͤgte Halm an Halm, die er verſchieden waͤhlte, Von Rohr zu Rohr alsdenn mit ſchnellen Lippen lief, Und ſie durch ſanften Hauch beſeelte. Pan E 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0087" n="73"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweytes Buch.</hi> </fw><lb/> <lg n="7"> <l><hi rendition="#in">S</hi>ie floh: ihr folgte Pan, auf ungebahnten We-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">gen;</hi> </l><lb/> <l>Aus voller Urne rauſcht’ ihr Ladons Fluth entgegen;</l><lb/> <l>Kein Weg war offen, zu entgehn.</l><lb/> <l>Hier, wo zum erſtenmal die bangen Fuͤſſe ruhten,</l><lb/> <l>Hier, Schweſtern! rief ſie, eilt, mir huͤlfreich beyzuſtehn!</l><lb/> <l>Und ſprang verzweiflend in die Fluthen.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l><hi rendition="#in">G</hi>leich blieb ihr leichter Fuß an traͤgen Wurzeln han-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">gen;</hi> </l><lb/> <l>Der ſchlanke Leib ward Schilf, als Pan, ſie zu umfan-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">gen,</hi> </l><lb/> <l>Um ihn die braunen Arme wand.</l><lb/> <l>Nun ſpielte Zephyrs Hauch in ungewohnten Rohren:</l><lb/> <l>Sie taumeln, ſanftbewegt, und fliſtern um den Strand</l><lb/> <l>Jhm ſchwache Seufzer in die Ohren.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l><hi rendition="#in">W</hi>ie ſinnreich machen uns, o Liebe! deine Lehren!</l><lb/> <l>Pan hoͤrte dieſen Laut und wuͤnſcht’, ihn ſtets zu hoͤren,</l><lb/> <l>Auch wann der muͤde Wind entſchlief.</l><lb/> <l>Er fuͤgte Halm an Halm, die er verſchieden waͤhlte,</l><lb/> <l>Von Rohr zu Rohr alsdenn mit ſchnellen Lippen lief,</l><lb/> <l>Und ſie durch ſanften Hauch beſeelte.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">E 5</fw> <fw place="bottom" type="catch">Pan</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [73/0087]
Zweytes Buch.
Sie floh: ihr folgte Pan, auf ungebahnten We-
gen;
Aus voller Urne rauſcht’ ihr Ladons Fluth entgegen;
Kein Weg war offen, zu entgehn.
Hier, wo zum erſtenmal die bangen Fuͤſſe ruhten,
Hier, Schweſtern! rief ſie, eilt, mir huͤlfreich beyzuſtehn!
Und ſprang verzweiflend in die Fluthen.
Gleich blieb ihr leichter Fuß an traͤgen Wurzeln han-
gen;
Der ſchlanke Leib ward Schilf, als Pan, ſie zu umfan-
gen,
Um ihn die braunen Arme wand.
Nun ſpielte Zephyrs Hauch in ungewohnten Rohren:
Sie taumeln, ſanftbewegt, und fliſtern um den Strand
Jhm ſchwache Seufzer in die Ohren.
Wie ſinnreich machen uns, o Liebe! deine Lehren!
Pan hoͤrte dieſen Laut und wuͤnſcht’, ihn ſtets zu hoͤren,
Auch wann der muͤde Wind entſchlief.
Er fuͤgte Halm an Halm, die er verſchieden waͤhlte,
Von Rohr zu Rohr alsdenn mit ſchnellen Lippen lief,
Und ſie durch ſanften Hauch beſeelte.
Pan
E 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/87 |
Zitationshilfe: | Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/87>, abgerufen am 17.06.2024. |