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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875.

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Siebentes Buch.
Statshoheit und Statsgewalt (Souveränetät), ihre
Gliederung. Statsdienst und Statsamt.


Erstes Capitel.
Der Begriff der Statsgewalt (Souveränetät).

Der Stat ist die Verkörperung und Personification der
Volksmacht. Indem man sich diese Volksmacht in ihrer höch-
sten Würde und ihrer gröszten Gewalt denkt, spricht man
von Souveränetät.

Der Name der Souveränetät ist zuerst in Frankreich auf-
gekommen und der Begriff der Souveränetät wurde zuerst von
der französischen Wissenschaft ausgebildet. Bodin hat den-
selben zum Grundbegriff des Statsrechts erhoben. Seither
hat das Wort und der Begriff einen sehr groszen Einflusz ge-
übt auf die ganze neuere Entwicklung der modernen Stats-
Verfassung und der gesammten neueren Politik.

Im Mittelalter wurde der Ausdruck "Souverainete" (su-
prema potestas) noch in einem weiteren Sinne gebraucht.
Jede Behörde, welche in oberster Instanz den Entscheid gab,
so dasz eine Berufung an eine höhere Autorität nicht mög-
lich war, hiesz eine "souveräne" Behörde. Die obersten

Bluntschli, allgemeine Statslehre. 36
Siebentes Buch.
Statshoheit und Statsgewalt (Souveränetät), ihre
Gliederung. Statsdienst und Statsamt.


Erstes Capitel.
Der Begriff der Statsgewalt (Souveränetät).

Der Stat ist die Verkörperung und Personification der
Volksmacht. Indem man sich diese Volksmacht in ihrer höch-
sten Würde und ihrer gröszten Gewalt denkt, spricht man
von Souveränetät.

Der Name der Souveränetät ist zuerst in Frankreich auf-
gekommen und der Begriff der Souveränetät wurde zuerst von
der französischen Wissenschaft ausgebildet. Bodin hat den-
selben zum Grundbegriff des Statsrechts erhoben. Seither
hat das Wort und der Begriff einen sehr groszen Einflusz ge-
übt auf die ganze neuere Entwicklung der modernen Stats-
Verfassung und der gesammten neueren Politik.

Im Mittelalter wurde der Ausdruck „Souveraineté“ (su-
prema potestas) noch in einem weiteren Sinne gebraucht.
Jede Behörde, welche in oberster Instanz den Entscheid gab,
so dasz eine Berufung an eine höhere Autorität nicht mög-
lich war, hiesz eine „souveräne“ Behörde. Die obersten

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[[561]/0579] Siebentes Buch. Statshoheit und Statsgewalt (Souveränetät), ihre Gliederung. Statsdienst und Statsamt. Erstes Capitel. Der Begriff der Statsgewalt (Souveränetät). Der Stat ist die Verkörperung und Personification der Volksmacht. Indem man sich diese Volksmacht in ihrer höch- sten Würde und ihrer gröszten Gewalt denkt, spricht man von Souveränetät. Der Name der Souveränetät ist zuerst in Frankreich auf- gekommen und der Begriff der Souveränetät wurde zuerst von der französischen Wissenschaft ausgebildet. Bodin hat den- selben zum Grundbegriff des Statsrechts erhoben. Seither hat das Wort und der Begriff einen sehr groszen Einflusz ge- übt auf die ganze neuere Entwicklung der modernen Stats- Verfassung und der gesammten neueren Politik. Im Mittelalter wurde der Ausdruck „Souveraineté“ (su- prema potestas) noch in einem weiteren Sinne gebraucht. Jede Behörde, welche in oberster Instanz den Entscheid gab, so dasz eine Berufung an eine höhere Autorität nicht mög- lich war, hiesz eine „souveräne“ Behörde. Die obersten Bluntschli, allgemeine Statslehre. 36

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. [561]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/579>, abgerufen am 26.04.2024.