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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Sechzehntes Kapitel.

Die Tage waren schön und blieben es bis in
den Oktober hinein. Eine Folge davon war, daß
die halb zeltartige Veranda draußen zu ihrem Rechte
kam, so sehr, daß sich wenigstens die Vormittags¬
stunden regelmäßig darin abspielten. Gegen elf kam
dann wohl der Major, um sich zunächst nach dem
Befinden der gnädigen Frau zu erkundigen und mit
ihr ein wenig zu medisieren, was er wundervoll ver¬
stand, danach aber mit Innstetten einen Ausritt zu
verabreden, oft landeinwärts, die Kessine hinauf bis
an den Breitling, noch häufiger auf die Molen zu.
Effi, wenn die Herren fort waren, spielte mit dem
Kind oder durchblätterte die von Gieshübler nach
wie vor ihr zugeschickten Zeitungen und Journale,
schrieb auch wohl einen Brief an die Mama oder
sagte: "Roswitha, wir wollen mit Annie spazieren
fahren," und dann spannte sich Roswitha vor den
Korbwagen und fuhr, während Effi hinterherging, ein

Sechzehntes Kapitel.

Die Tage waren ſchön und blieben es bis in
den Oktober hinein. Eine Folge davon war, daß
die halb zeltartige Veranda draußen zu ihrem Rechte
kam, ſo ſehr, daß ſich wenigſtens die Vormittags¬
ſtunden regelmäßig darin abſpielten. Gegen elf kam
dann wohl der Major, um ſich zunächſt nach dem
Befinden der gnädigen Frau zu erkundigen und mit
ihr ein wenig zu mediſieren, was er wundervoll ver¬
ſtand, danach aber mit Innſtetten einen Ausritt zu
verabreden, oft landeinwärts, die Keſſine hinauf bis
an den Breitling, noch häufiger auf die Molen zu.
Effi, wenn die Herren fort waren, ſpielte mit dem
Kind oder durchblätterte die von Gieshübler nach
wie vor ihr zugeſchickten Zeitungen und Journale,
ſchrieb auch wohl einen Brief an die Mama oder
ſagte: „Roswitha, wir wollen mit Annie ſpazieren
fahren,“ und dann ſpannte ſich Roswitha vor den
Korbwagen und fuhr, während Effi hinterherging, ein

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[[218]/0227] Sechzehntes Kapitel. Die Tage waren ſchön und blieben es bis in den Oktober hinein. Eine Folge davon war, daß die halb zeltartige Veranda draußen zu ihrem Rechte kam, ſo ſehr, daß ſich wenigſtens die Vormittags¬ ſtunden regelmäßig darin abſpielten. Gegen elf kam dann wohl der Major, um ſich zunächſt nach dem Befinden der gnädigen Frau zu erkundigen und mit ihr ein wenig zu mediſieren, was er wundervoll ver¬ ſtand, danach aber mit Innſtetten einen Ausritt zu verabreden, oft landeinwärts, die Keſſine hinauf bis an den Breitling, noch häufiger auf die Molen zu. Effi, wenn die Herren fort waren, ſpielte mit dem Kind oder durchblätterte die von Gieshübler nach wie vor ihr zugeſchickten Zeitungen und Journale, ſchrieb auch wohl einen Brief an die Mama oder ſagte: „Roswitha, wir wollen mit Annie ſpazieren fahren,“ und dann ſpannte ſich Roswitha vor den Korbwagen und fuhr, während Effi hinterherging, ein

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. [218]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/227>, abgerufen am 26.04.2024.