Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nicolai, Philipp: Frewden Spiegel deß ewigen Lebens. Frankfurt (Main), 1599.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Ander Theil deß Frewden Spiegels.
Das geschaffene Ebenbildt Gottes/ in dem
Menschen vor dem Fall/ war eine Tugent/
welche auch heisset die Liebe.

JSt nun Gott die Liebe selbst/ vnnd nichts denn
eytel Liebe/ wie die Schrifft zeuget/ so kan man bald
hierauß abnemmen/ was das Ebenbilde Gottes in dem
Menschen vor dem Fall muß gewesen seyn: Nemlich es war
ein edle hohe Qualitas, oder ein solch edle Tugend/ welche mit
einem Wörtlein heisset die Liebe. Das mercke wol. Gott
(sage ich) ist die wesentliche Liebe: Ergo, So war das Eben-
bild Gottes in Adam vor dem Fall/ fürnemlich nichts an-
ders/ denn eine erschaffene Gegen Liebe/ daß der Mensch
Wie die Liebe
ist die fürnemb-
sie vnter allen
Eygenschafften
Gottes/ also ist
auch im Gesetz
die Liebe das
Haupt Man-
dat.
brante von feuwriger/ reiner Liebe/ erstlich gegen Gott/ vnnd
darnach gegen seinen Nehesten: Vnnd gleich wie Gott in sei-
nem geoffenbahrten Wort mit einem Namen wirdt genannt
die Liebe/ vnter welchem Namen alle andere Eygenschafften
Gottes/ als seine ewige Weißheit/ Krafft/ Gerechtigkeit/
Barmhertzigkeit/ etc. mit begrieffen werden: Also heisset das
Ebenbild Gottes (wie es im Gesetz geoffenbahret ist) mit ei-
nem Wörtlein die Liebe: vnnd diese Liebe ist das Principal
Mandat/ oder Haupt Gebott/ welches alle andere Tugend
(als/ Gott recht erkennen/ Gott loben/ vollkommen gerecht
vnd heylig seyn/ ohne Sünde leben vnnd dergleichen) mit fas-
set/ vnnd gleich als vmb circkelt/ daß sie alle in die Liebe/ oder
Das menschli-
che Wesen selbst
ist auch dem
Göttlichen We
sen etlicher
Massen nicht
vnähulich.
vnter die Liebe gehören.

Zu dem schaffet Gott/ daß auch das menschlich Wesen
an jhm selbst/ dem Göttlichen Wesen nicht vnähnlich war/
wie solches vnter den Alt Vättern/ Hilarius/ Augustinus
sampt andern Scribenten/ vnd zu vnsern Zeiten Melanch-
thon auff mancherley Weise erklärt haben. Sie führen etliche
Gleichnuß eyn/ der eine sonst/ der ander auff andere Wege

vnd
Der Ander Theil deß Frewden Spiegels.
Das geſchaffene Ebenbildt Gottes/ in dem
Menſchen vor dem Fall/ war eine Tugent/
welche auch heiſſet die Liebe.

JSt nun Gott die Liebe ſelbſt/ vnnd nichts denn
eytel Liebe/ wie die Schrifft zeuget/ ſo kan man bald
hierauß abnemmen/ was das Ebenbilde Gottes in dem
Menſchen vor dem Fall muß geweſen ſeyn: Nemlich es war
ein edle hohe Qualitas, oder ein ſolch edle Tugend/ welche mit
einem Wörtlein heiſſet die Liebe. Das mercke wol. Gott
(ſage ich) iſt die weſentliche Liebe: Ergo, So war das Eben-
bild Gottes in Adam vor dem Fall/ fürnemlich nichts an-
ders/ denn eine erſchaffene Gegen Liebe/ daß der Menſch
Wie die Liebe
iſt die fürnemb-
ſie vnter allen
Eygenſchafften
Gottes/ alſo iſt
auch im Geſetz
die Liebe das
Haupt Man-
dat.
brante von feuwriger/ reiner Liebe/ erſtlich gegen Gott/ vnnd
darnach gegen ſeinen Neheſten: Vnnd gleich wie Gott in ſei-
nem geoffenbahrten Wort mit einem Namen wirdt genañt
die Liebe/ vnter welchem Namen alle andere Eygenſchafften
Gottes/ als ſeine ewige Weißheit/ Krafft/ Gerechtigkeit/
Barmhertzigkeit/ ꝛc. mit begrieffen werden: Alſo heiſſet das
Ebenbild Gottes (wie es im Geſetz geoffenbahret iſt) mit ei-
nem Wörtlein die Liebe: vnnd dieſe Liebe iſt das Principal
Mandat/ oder Haupt Gebott/ welches alle andere Tugend
(als/ Gott recht erkennen/ Gott loben/ vollkommen gerecht
vnd heylig ſeyn/ ohne Sünde leben vnnd dergleichen) mit faſ-
ſet/ vnnd gleich als vmb circkelt/ daß ſie alle in die Liebe/ oder
Das menſchli-
che Weſen ſelbſt
iſt auch dem
Göttlichen We
ſen etlicher
Maſſen nicht
vnähulich.
vnter die Liebe gehören.

Zu dem ſchaffet Gott/ daß auch das menſchlich Weſen
an jhm ſelbſt/ dem Göttlichen Weſen nicht vnähnlich war/
wie ſolches vnter den Alt Vättern/ Hilarius/ Auguſtinus
ſampt andern Scribenten/ vnd zu vnſern Zeiten Melanch-
thon auff mancheꝛley Weiſe erkläꝛt haben. Sie führen etliche
Gleichnuß eyn/ der eine ſonſt/ der ander auff andere Wege

vnd
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0194" n="176"/>
          <fw place="top" type="header">Der Ander Theil deß Frewden Spiegels.</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>Das ge&#x017F;chaffene Ebenbildt Gottes/ in dem<lb/>
Men&#x017F;chen vor dem Fall/ war eine Tugent/<lb/>
welche auch hei&#x017F;&#x017F;et die Liebe.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">J</hi>St nun Gott die Liebe &#x017F;elb&#x017F;t/ vnnd nichts denn<lb/>
eytel Liebe/ wie die Schrifft zeuget/ &#x017F;o kan man bald<lb/>
hierauß abnemmen/ was das Ebenbilde Gottes in dem<lb/>
Men&#x017F;chen vor dem Fall muß gewe&#x017F;en &#x017F;eyn: Nemlich es war<lb/>
ein edle hohe <hi rendition="#aq">Qualitas,</hi> oder ein &#x017F;olch edle Tugend/ welche mit<lb/>
einem Wörtlein hei&#x017F;&#x017F;et die Liebe. Das mercke wol. Gott<lb/>
(&#x017F;age ich) i&#x017F;t die we&#x017F;entliche Liebe: <hi rendition="#aq">Ergo,</hi> So war das Eben-<lb/>
bild Gottes in Adam vor dem Fall/ fürnemlich nichts an-<lb/>
ders/ denn eine er&#x017F;chaffene Gegen Liebe/ daß der Men&#x017F;ch<lb/><note place="left">Wie die Liebe<lb/>
i&#x017F;t die fürnemb-<lb/>
&#x017F;ie vnter allen<lb/>
Eygen&#x017F;chafften<lb/>
Gottes/ al&#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
auch im Ge&#x017F;etz<lb/>
die Liebe das<lb/>
Haupt Man-<lb/>
dat.</note>brante von feuwriger/ reiner Liebe/ er&#x017F;tlich gegen Gott/ vnnd<lb/>
darnach gegen &#x017F;einen Nehe&#x017F;ten: Vnnd gleich wie Gott in &#x017F;ei-<lb/>
nem geoffenbahrten Wort mit einem Namen wirdt genañt<lb/>
die Liebe/ vnter welchem Namen alle andere Eygen&#x017F;chafften<lb/>
Gottes/ als &#x017F;eine ewige Weißheit/ Krafft/ Gerechtigkeit/<lb/>
Barmhertzigkeit/ &#xA75B;c. mit begrieffen werden: Al&#x017F;o hei&#x017F;&#x017F;et das<lb/>
Ebenbild Gottes (wie es im Ge&#x017F;etz geoffenbahret i&#x017F;t) mit ei-<lb/>
nem Wörtlein die Liebe: vnnd die&#x017F;e Liebe i&#x017F;t das Principal<lb/>
Mandat/ oder Haupt Gebott/ welches alle andere Tugend<lb/>
(als/ Gott recht erkennen/ Gott loben/ vollkommen gerecht<lb/>
vnd heylig &#x017F;eyn/ ohne Sünde leben vnnd dergleichen) mit fa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;et/ vnnd gleich als vmb circkelt/ daß &#x017F;ie alle in die Liebe/ oder<lb/><note place="left">Das men&#x017F;chli-<lb/>
che We&#x017F;en &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
i&#x017F;t auch dem<lb/>
Göttlichen We<lb/>
&#x017F;en etlicher<lb/>
Ma&#x017F;&#x017F;en nicht<lb/>
vnähulich.</note>vnter die Liebe gehören.</p><lb/>
            <p>Zu dem &#x017F;chaffet Gott/ daß auch das men&#x017F;chlich We&#x017F;en<lb/>
an jhm &#x017F;elb&#x017F;t/ dem Göttlichen We&#x017F;en nicht vnähnlich war/<lb/>
wie &#x017F;olches vnter den Alt Vättern/ Hilarius/ Augu&#x017F;tinus<lb/>
&#x017F;ampt andern Scribenten/ vnd zu vn&#x017F;ern Zeiten Melanch-<lb/>
thon auff manche&#xA75B;ley Wei&#x017F;e erklä&#xA75B;t haben. Sie führen etliche<lb/>
Gleichnuß eyn/ der eine &#x017F;on&#x017F;t/ der ander auff andere Wege<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">vnd</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[176/0194] Der Ander Theil deß Frewden Spiegels. Das geſchaffene Ebenbildt Gottes/ in dem Menſchen vor dem Fall/ war eine Tugent/ welche auch heiſſet die Liebe. JSt nun Gott die Liebe ſelbſt/ vnnd nichts denn eytel Liebe/ wie die Schrifft zeuget/ ſo kan man bald hierauß abnemmen/ was das Ebenbilde Gottes in dem Menſchen vor dem Fall muß geweſen ſeyn: Nemlich es war ein edle hohe Qualitas, oder ein ſolch edle Tugend/ welche mit einem Wörtlein heiſſet die Liebe. Das mercke wol. Gott (ſage ich) iſt die weſentliche Liebe: Ergo, So war das Eben- bild Gottes in Adam vor dem Fall/ fürnemlich nichts an- ders/ denn eine erſchaffene Gegen Liebe/ daß der Menſch brante von feuwriger/ reiner Liebe/ erſtlich gegen Gott/ vnnd darnach gegen ſeinen Neheſten: Vnnd gleich wie Gott in ſei- nem geoffenbahrten Wort mit einem Namen wirdt genañt die Liebe/ vnter welchem Namen alle andere Eygenſchafften Gottes/ als ſeine ewige Weißheit/ Krafft/ Gerechtigkeit/ Barmhertzigkeit/ ꝛc. mit begrieffen werden: Alſo heiſſet das Ebenbild Gottes (wie es im Geſetz geoffenbahret iſt) mit ei- nem Wörtlein die Liebe: vnnd dieſe Liebe iſt das Principal Mandat/ oder Haupt Gebott/ welches alle andere Tugend (als/ Gott recht erkennen/ Gott loben/ vollkommen gerecht vnd heylig ſeyn/ ohne Sünde leben vnnd dergleichen) mit faſ- ſet/ vnnd gleich als vmb circkelt/ daß ſie alle in die Liebe/ oder vnter die Liebe gehören. Wie die Liebe iſt die fürnemb- ſie vnter allen Eygenſchafften Gottes/ alſo iſt auch im Geſetz die Liebe das Haupt Man- dat. Das menſchli- che Weſen ſelbſt iſt auch dem Göttlichen We ſen etlicher Maſſen nicht vnähulich. Zu dem ſchaffet Gott/ daß auch das menſchlich Weſen an jhm ſelbſt/ dem Göttlichen Weſen nicht vnähnlich war/ wie ſolches vnter den Alt Vättern/ Hilarius/ Auguſtinus ſampt andern Scribenten/ vnd zu vnſern Zeiten Melanch- thon auff mancheꝛley Weiſe erkläꝛt haben. Sie führen etliche Gleichnuß eyn/ der eine ſonſt/ der ander auff andere Wege vnd

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_freuden_1599
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_freuden_1599/194
Zitationshilfe: Nicolai, Philipp: Frewden Spiegel deß ewigen Lebens. Frankfurt (Main), 1599, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_freuden_1599/194>, abgerufen am 13.05.2024.