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Rollenhagen, Gabriel: Vier Bücher Wunderbarlicher biß daher vnerhörter/ vnd vngleublicher Jndianischer reysen. Magdeburg, 1603.

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werde/ so ziehe er mit dem Athem seiner Nasen/ die Schlan-
gen aus jhren löchern heraus/ etc. Et hoc ego verum es-
se non puto.
Jch halte nicht/ das es wahr sey.

Wir haben aber allhie wilde vnd zahme Hirsch die fül-
le. Dieselben essen Graß wie ein Ochse/ vnd nemen sich
vmb kein Fleisch an. Vnd wenn man jhnen gleich halb tod-
te Schlangen fürwirfft/ wie zu Hoff vielfeltig geschicht/
wegen dieser Fabel/ achten sie derselben nicht. Vnd wie
wolten sie die mit jhrem Athem in die Nasen bringen? Wo
ist der raum darzu? Worin halten sie die Threnen/ das sie
nicht ins Wasser fallen? Wie trinckt er wenn er dauon
stirbt? Es haben aber diese Scribenten sich ehrlich verwa-
ret/ das sie dazu setzen/ Es geschehe nicht allenthalben/ son-
dern allem in den Morgen endern. Etwa zu Nirgendheim.

Wozu bedürff aber Dauids Psalm dieser Lügen? Jsts
nicht gnug/ das der Hirsch/ wenn er den Wolffen oder Hun-
den mit grosser noth aus den Zehnen entlaufft/ so ein hertz-
lich verlangen vnd geschrey nach einen frischen Trunck Was-
ser hat/ als Dauid nach Göttlichem Beystand/ errettung/
vnd schutz/ da er von seinen Feinden allenthalben verfolget/
geengstet/ vnd von einem orth zum andern vmbgetrieben ward.
Es mus aber Gottes Wort/ mit Lügen erklert vnd bewert wer-
den/ sonst gilts nicht.

Eben eine solche Phantasey ists/ das auch Plinius vnd an-
dere schreiben. Wenn eine gifftige Spinne einen Hirsch ge-
stochen hat/ oder der Saw der Kopff wehe thuet/ so lauffen sie
ins Wasser vnd essen Krebs/ vnd werden also bald errettet-Wo
mit fangen sie aber die Krebs? Vieleicht hengen sie den Schwantz
ins Wasser/ das die Krebs daran beissen/ vnd also heraus zu
Lande getragen werden. Wie der Wolff die Fisch fenget im
Reinicken Fuchs. Es sind in der Marck fast in allen Wassern
Krebs. Auch darneben Hirsch vnd Sewe vollauff. Das a-
ber jhr einer solte Krebsen gehen/ ist nie erfahren. Wenn die

Krebs
G g iij

werde/ ſo ziehe er mit dem Athem ſeiner Naſen/ die Schlan-
gen aus jhren loͤchern heraus/ etc. Et hoc ego verum eſ-
ſe non puto.
Jch halte nicht/ das es wahr ſey.

Wir haben aber allhie wilde vnd zahme Hirſch die fuͤl-
le. Dieſelben eſſen Graß wie ein Ochſe/ vnd nemen ſich
vmb kein Fleiſch an. Vnd wenn man jhnen gleich halb tod-
te Schlangen fuͤrwirfft/ wie zu Hoff vielfeltig geſchicht/
wegen dieſer Fabel/ achten ſie derſelben nicht. Vnd wie
wolten ſie die mit jhrem Athem in die Naſen bringen? Wo
iſt der raum darzu? Worin halten ſie die Threnen/ das ſie
nicht ins Waſſer fallen? Wie trinckt er wenn er dauon
ſtirbt? Es haben aber dieſe Scribenten ſich ehrlich verwa-
ret/ das ſie dazu ſetzen/ Es geſchehe nicht allenthalben/ ſon-
dern allem in den Morgen endern. Etwa zu Nirgendheim.

Wozu beduͤrff aber Dauids Pſalm dieſer Luͤgen? Jſts
nicht gnug/ das der Hirſch/ wenn er den Wolffen oder Hun-
den mit groſſer noth aus den Zehnen entlaufft/ ſo ein hertz-
lich verlangen vnd geſchrey nach einen friſchen Trunck Waſ-
ſer hat/ als Dauid nach Goͤttlichem Beyſtand/ errettung/
vnd ſchutz/ da er von ſeinen Feinden allenthalben verfolget/
geengſtet/ vnd von einem orth zum andern vmbgetrieben ward.
Es mus aber Gottes Wort/ mit Luͤgen erklert vnd bewert wer-
den/ ſonſt gilts nicht.

Eben eine ſolche Phantaſey iſts/ das auch Plinius vnd an-
dere ſchreiben. Wenn eine gifftige Spinne einen Hirſch ge-
ſtochen hat/ oder der Saw der Kopff wehe thuet/ ſo lauffen ſie
ins Waſſer vnd eſſen Krebs/ vnd werden alſo bald errettet-Wo
mit fangē ſie aber die Krebs? Vieleicht hengē ſie den Schwantz
ins Waſſer/ das die Krebs daran beiſſen/ vnd alſo heraus zu
Lande getragen werden. Wie der Wolff die Fiſch fenget im
Reinicken Fuchs. Es ſind in der Marck faſt in allen Waſſern
Krebs. Auch darneben Hirſch vnd Sewe vollauff. Das a-
ber jhr einer ſolte Krebſen gehen/ iſt nie erfahren. Wenn die

Krebs
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[229/0239] werde/ ſo ziehe er mit dem Athem ſeiner Naſen/ die Schlan- gen aus jhren loͤchern heraus/ etc. Et hoc ego verum eſ- ſe non puto. Jch halte nicht/ das es wahr ſey. Wir haben aber allhie wilde vnd zahme Hirſch die fuͤl- le. Dieſelben eſſen Graß wie ein Ochſe/ vnd nemen ſich vmb kein Fleiſch an. Vnd wenn man jhnen gleich halb tod- te Schlangen fuͤrwirfft/ wie zu Hoff vielfeltig geſchicht/ wegen dieſer Fabel/ achten ſie derſelben nicht. Vnd wie wolten ſie die mit jhrem Athem in die Naſen bringen? Wo iſt der raum darzu? Worin halten ſie die Threnen/ das ſie nicht ins Waſſer fallen? Wie trinckt er wenn er dauon ſtirbt? Es haben aber dieſe Scribenten ſich ehrlich verwa- ret/ das ſie dazu ſetzen/ Es geſchehe nicht allenthalben/ ſon- dern allem in den Morgen endern. Etwa zu Nirgendheim. Wozu beduͤrff aber Dauids Pſalm dieſer Luͤgen? Jſts nicht gnug/ das der Hirſch/ wenn er den Wolffen oder Hun- den mit groſſer noth aus den Zehnen entlaufft/ ſo ein hertz- lich verlangen vnd geſchrey nach einen friſchen Trunck Waſ- ſer hat/ als Dauid nach Goͤttlichem Beyſtand/ errettung/ vnd ſchutz/ da er von ſeinen Feinden allenthalben verfolget/ geengſtet/ vnd von einem orth zum andern vmbgetrieben ward. Es mus aber Gottes Wort/ mit Luͤgen erklert vnd bewert wer- den/ ſonſt gilts nicht. Eben eine ſolche Phantaſey iſts/ das auch Plinius vnd an- dere ſchreiben. Wenn eine gifftige Spinne einen Hirſch ge- ſtochen hat/ oder der Saw der Kopff wehe thuet/ ſo lauffen ſie ins Waſſer vnd eſſen Krebs/ vnd werden alſo bald errettet-Wo mit fangē ſie aber die Krebs? Vieleicht hengē ſie den Schwantz ins Waſſer/ das die Krebs daran beiſſen/ vnd alſo heraus zu Lande getragen werden. Wie der Wolff die Fiſch fenget im Reinicken Fuchs. Es ſind in der Marck faſt in allen Waſſern Krebs. Auch darneben Hirſch vnd Sewe vollauff. Das a- ber jhr einer ſolte Krebſen gehen/ iſt nie erfahren. Wenn die Krebs G g iij

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Zitationshilfe: Rollenhagen, Gabriel: Vier Bücher Wunderbarlicher biß daher vnerhörter/ vnd vngleublicher Jndianischer reysen. Magdeburg, 1603, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rollenhagen_reysen_1603/239>, abgerufen am 26.04.2024.