Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.Der ältste Burgermeister sprach allzuhand: "Gut Gesell du bist uns unbekannt, "Worüber solln wir dir gläuben?" "Des solt ihr edlen Herren thun, "Bei meinem treuen Eide. "Ihr sollet mich setzn auf das Vorkastel, "Bis das ihr eure Feinde seht "Wohl zu derselben Stunde, "Und spüret ihr einigen Wankel an mir, "So senket mich zu Grunde." Die Herrn von Hamburg zogen aus, Sie gingen zu Segel mit der Fluth, Wol nach dem neuen Werke, Vor Nebel konnten sie nicht sehn, So finster waren die Schwerken. Die Schwerken brachen durch, Die Wolken wurden klar, Sie segelten fort und kamen dar, Grossen Preis wollten sie erwerben, Störtebecher und Gödte Michael musten darinnen sterben. Sie hatten einen Hölck mit Wein genommen, Darmit waren sie auf die Weser gekommen, Dem Kaufmann dar zu leide, Sie wollten darmit in Flandern, Sie musten dar noch scheiden. Hört auf Geselle, trinket nun nicht mehr, Dort laufen drey Schiffe in jener See, Der aͤltſte Burgermeiſter ſprach allzuhand: „Gut Geſell du biſt uns unbekannt, „Woruͤber ſolln wir dir glaͤuben?“ „Des ſolt ihr edlen Herren thun, „Bei meinem treuen Eide. „Ihr ſollet mich ſetzn auf das Vorkaſtel, „Bis das ihr eure Feinde ſeht „Wohl zu derſelben Stunde, „Und ſpuͤret ihr einigen Wankel an mir, „So ſenket mich zu Grunde.“ Die Herrn von Hamburg zogen aus, Sie gingen zu Segel mit der Fluth, Wol nach dem neuen Werke, Vor Nebel konnten ſie nicht ſehn, So finſter waren die Schwerken. Die Schwerken brachen durch, Die Wolken wurden klar, Sie ſegelten fort und kamen dar, Groſſen Preis wollten ſie erwerben, Stoͤrtebecher und Goͤdte Michael muſten darinnen ſterben. Sie hatten einen Hoͤlck mit Wein genommen, Darmit waren ſie auf die Weſer gekommen, Dem Kaufmann dar zu leide, Sie wollten darmit in Flandern, Sie muſten dar noch ſcheiden. Hoͤrt auf Geſelle, trinket nun nicht mehr, Dort laufen drey Schiffe in jener See, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0181" n="169"/> <lg n="8"> <l>Der aͤltſte Burgermeiſter ſprach allzuhand:</l><lb/> <l>„Gut Geſell du biſt uns unbekannt,</l><lb/> <l>„Woruͤber ſolln wir dir glaͤuben?“</l><lb/> <l>„Des ſolt ihr edlen Herren thun,</l><lb/> <l>„Bei meinem treuen Eide.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>„Ihr ſollet mich ſetzn auf das Vorkaſtel,</l><lb/> <l>„Bis das ihr eure Feinde ſeht</l><lb/> <l>„Wohl zu derſelben Stunde,</l><lb/> <l>„Und ſpuͤret ihr einigen Wankel an mir,</l><lb/> <l>„So ſenket mich zu Grunde.“</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Die Herrn von Hamburg zogen aus,</l><lb/> <l>Sie gingen zu Segel mit der Fluth,</l><lb/> <l>Wol nach dem neuen Werke,</l><lb/> <l>Vor Nebel konnten ſie nicht ſehn,</l><lb/> <l>So finſter waren die Schwerken.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Die Schwerken brachen durch,</l><lb/> <l>Die Wolken wurden klar,</l><lb/> <l>Sie ſegelten fort und kamen dar,</l><lb/> <l>Groſſen Preis wollten ſie erwerben,</l><lb/> <l>Stoͤrtebecher und Goͤdte Michael muſten darinnen</l><lb/> <l>ſterben.</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>Sie hatten einen Hoͤlck mit Wein genommen,</l><lb/> <l>Darmit waren ſie auf die Weſer gekommen,</l><lb/> <l>Dem Kaufmann dar zu leide,</l><lb/> <l>Sie wollten darmit in Flandern,</l><lb/> <l>Sie muſten dar noch ſcheiden.</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>Hoͤrt auf Geſelle, trinket nun nicht mehr,</l><lb/> <l>Dort laufen drey Schiffe in jener See,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [169/0181]
Der aͤltſte Burgermeiſter ſprach allzuhand:
„Gut Geſell du biſt uns unbekannt,
„Woruͤber ſolln wir dir glaͤuben?“
„Des ſolt ihr edlen Herren thun,
„Bei meinem treuen Eide.
„Ihr ſollet mich ſetzn auf das Vorkaſtel,
„Bis das ihr eure Feinde ſeht
„Wohl zu derſelben Stunde,
„Und ſpuͤret ihr einigen Wankel an mir,
„So ſenket mich zu Grunde.“
Die Herrn von Hamburg zogen aus,
Sie gingen zu Segel mit der Fluth,
Wol nach dem neuen Werke,
Vor Nebel konnten ſie nicht ſehn,
So finſter waren die Schwerken.
Die Schwerken brachen durch,
Die Wolken wurden klar,
Sie ſegelten fort und kamen dar,
Groſſen Preis wollten ſie erwerben,
Stoͤrtebecher und Goͤdte Michael muſten darinnen
ſterben.
Sie hatten einen Hoͤlck mit Wein genommen,
Darmit waren ſie auf die Weſer gekommen,
Dem Kaufmann dar zu leide,
Sie wollten darmit in Flandern,
Sie muſten dar noch ſcheiden.
Hoͤrt auf Geſelle, trinket nun nicht mehr,
Dort laufen drey Schiffe in jener See,
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Zitationshilfe: | Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/181>, abgerufen am 14.06.2024. |