Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hayn, Johann: Liebliches Seelen-Gespräch. Lissa, 1649.

Bild:
<< vorherige Seite

Christliche Abdanckung.
eine Helffte Jhm auß dem Leibe herauß gerissen/ die
ander aber bluttig darinnen hangen geblieben. Unse-
rem schmertz-betrübten Herr Wittwer wird wenig an-
ders zu Muthe seyn/ sintemal Er auch verlohren die
Helffte seines Hertzens/ sein eigen Fleisch/ seine getreweGen. 2. v. 18.
23.

Gehülffin/ die Crone seines Hauptes/ den Schatz der
edler ist denn keine köstliche Perle/ seine Augen-Lust/ dieProv. 12. v. 4.
c.
31.

Zierde seines Hauses/ den Zaun seiner Gütter; Er be-
weinet auch seine liebste Dorotheam hertzlich/ wie dort A-Ezech. 24.
v.
16.

braham seine Saram/ Jacob seine Rahel/ der KäyserSyr. 26. v. 21.
Antonius Pius seine Faustinam. Nicht weniger ist
hertzlich betrübet die gegenwertige Fraw Mutter/ sinte-Matris.
mal Sie Jhr liebstes Pfand/ welches Sie unter Jhrem
Hertzen getragen/ verlohren; Quid dulcius enim ho-
minum generi a natura datum est, quam sui cuiq;
liberi?
saget Cicero. Die Natur hat einem Men-Cic. in Orat.
post redit. ad
Quirit.

schen nichts liebers gegeben als die Kinder. Sie hat ver-
lohren die Gabe des HErren/ Jhre Frewde und Won-
ne. Sie hat der jenigen Augen zugedruckt gesehen/ vonPsal. 127. v. 3.
welcher Sie mit frewden offters angesehen worden/ und
welche Sie niemals genung anschawen können/ ja von
welcher Sie gehoffet/ das dermaleines Jhre müde Au-
gen solten zugedrucket werden; Sie hat die Jenige leb-
loß sehen heben und tragen/ auff welche Sie gemeynet
Jhr grawes Alter zustützen: Sie hat die jenige müssen
sehen in das Grab legen/ welche Sie offt in Jhren Ar-
men getragen und gehalten: Sie hat die jenigemüssen se-
hen mit Erde bedecken/ welche würdig gewesen were/ daß

Sie
J ij

Chriſtliche Abdanckung.
eine Helffte Jhm auß dem Leibe herauß geriſſen/ die
ander aber bluttig darinnen hangen geblieben. Unſe-
rem ſchmertz-betruͤbten Herr Wittwer wird wenig an-
ders zu Muthe ſeyn/ ſintemal Er auch verlohren die
Helffte ſeines Hertzens/ ſein eigen Fleiſch/ ſeine getreweGen. 2. v. 18.
23.

Gehuͤlffin/ die Crone ſeines Hauptes/ den Schatz der
edler iſt denn keine koͤſtliche Perle/ ſeine Augen-Luſt/ dieProv. 12. v. 4.
c.
31.

Zierde ſeines Hauſes/ den Zaun ſeiner Guͤtter; Er be-
weinet auch ſeine liebſte Dorotheam hertzlich/ wie dort A-Ezech. 24.
v.
16.

braham ſeine Saram/ Jacob ſeine Rahel/ der KaͤyſerSyr. 26. v. 21.
Antonius Pius ſeine Fauſtinam. Nicht weniger iſt
hertzlich betruͤbet die gegenwertige Fraw Mutter/ ſinte-Matris.
mal Sie Jhr liebſtes Pfand/ welches Sie unter Jhrem
Hertzen getragen/ verlohren; Quid dulcius enim ho-
minum generi à natura datum eſt, quam ſui cuiq́;
liberi?
ſaget Cicero. Die Natur hat einem Men-Cic. in Orat.
poſt redit. ad
Quirit.

ſchen nichts liebers gegeben als die Kinder. Sie hat ver-
lohren die Gabe des HErren/ Jhre Frewde und Won-
ne. Sie hat der jenigen Augen zugedruckt geſehen/ vonPſal. 127. v. 3.
welcher Sie mit frewden offters angeſehen worden/ und
welche Sie niemals genung anſchawen koͤnnen/ ja von
welcher Sie gehoffet/ das dermaleines Jhre muͤde Au-
gen ſolten zugedrucket werden; Sie hat die Jenige leb-
loß ſehen heben und tragen/ auff welche Sie gemeynet
Jhr grawes Alter zuſtuͤtzen: Sie hat die jenige muͤſſen
ſehen in das Grab legen/ welche Sie offt in Jhren Ar-
men getragen und gehalten: Sie hat die jenigemuͤſſen ſe-
hen mit Erde bedecken/ welche wuͤrdig geweſen were/ daß

Sie
J ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsThanks" n="1">
        <p><pb facs="#f0067"/><fw place="top" type="header">Chri&#x017F;tliche Abdanckung.</fw><lb/>
eine Helffte Jhm auß dem Leibe herauß geri&#x017F;&#x017F;en/ die<lb/>
ander aber bluttig darinnen hangen geblieben. <hi rendition="#aq">U</hi>n&#x017F;e-<lb/>
rem &#x017F;chmertz-betru&#x0364;bten Herr Wittwer wird wenig an-<lb/>
ders zu Muthe &#x017F;eyn/ &#x017F;intemal Er auch verlohren die<lb/>
Helffte &#x017F;eines Hertzens/ &#x017F;ein eigen Flei&#x017F;ch/ &#x017F;eine getrewe<note place="right"><hi rendition="#aq">Gen. 2. v.</hi> 18.<lb/>
23.</note><lb/>
Gehu&#x0364;lffin/ die Crone &#x017F;eines Hauptes/ den Schatz der<lb/>
edler i&#x017F;t denn keine ko&#x0364;&#x017F;tliche Perle/ &#x017F;eine Augen-Lu&#x017F;t/ die<note place="right"><hi rendition="#aq">Prov. 12. v. 4.<lb/>
c.</hi> 31.</note><lb/>
Zierde &#x017F;eines Hau&#x017F;es/ den Zaun &#x017F;einer Gu&#x0364;tter; Er be-<lb/>
weinet auch &#x017F;eine lieb&#x017F;te Dorotheam hertzlich/ wie dort A-<note place="right"><hi rendition="#aq">Ezech. 24.<lb/>
v.</hi> 16.</note><lb/>
braham &#x017F;eine Saram/ Jacob &#x017F;eine Rahel/ der Ka&#x0364;y&#x017F;er<note place="right"><hi rendition="#aq">Syr. 26. v.</hi> 21.</note><lb/><hi rendition="#aq">Antonius Pius</hi> &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Fau&#x017F;tinam.</hi> Nicht weniger i&#x017F;t<lb/>
hertzlich betru&#x0364;bet die gegenwertige Fraw Mutter/ &#x017F;inte-<note place="right"><hi rendition="#aq">Matris.</hi></note><lb/>
mal Sie Jhr lieb&#x017F;tes Pfand/ welches Sie unter Jhrem<lb/>
Hertzen getragen/ verlohren; <hi rendition="#aq">Quid dulcius enim ho-<lb/>
minum generi à natura datum e&#x017F;t, quam &#x017F;ui cuiq&#x0301;;<lb/>
liberi?</hi> &#x017F;aget <hi rendition="#aq">Cicero.</hi> Die Natur hat einem Men-<note place="right"><hi rendition="#aq">Cic. in Orat.<lb/>
po&#x017F;t redit. ad<lb/>
Quirit.</hi></note><lb/>
&#x017F;chen nichts liebers gegeben als die Kinder. Sie hat ver-<lb/>
lohren die Gabe des HErren/ Jhre Frewde und Won-<lb/>
ne. Sie hat der jenigen Augen zugedruckt ge&#x017F;ehen/ von<note place="right"><hi rendition="#aq">P&#x017F;al. 127. v.</hi> 3.</note><lb/>
welcher Sie mit frewden offters ange&#x017F;ehen worden/ und<lb/>
welche Sie niemals genung an&#x017F;chawen ko&#x0364;nnen/ ja von<lb/>
welcher Sie gehoffet/ das dermaleines Jhre mu&#x0364;de Au-<lb/>
gen &#x017F;olten zugedrucket werden; Sie hat die Jenige leb-<lb/>
loß &#x017F;ehen heben und tragen/ auff welche Sie gemeynet<lb/>
Jhr grawes Alter zu&#x017F;tu&#x0364;tzen: Sie hat die jenige mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ehen in das Grab legen/ welche Sie offt in Jhren Ar-<lb/>
men getragen und gehalten: Sie hat die jenigemu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;e-<lb/>
hen mit Erde bedecken/ welche wu&#x0364;rdig gewe&#x017F;en were/ daß<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J ij</fw><fw place="bottom" type="catch">Sie</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0067] Chriſtliche Abdanckung. eine Helffte Jhm auß dem Leibe herauß geriſſen/ die ander aber bluttig darinnen hangen geblieben. Unſe- rem ſchmertz-betruͤbten Herr Wittwer wird wenig an- ders zu Muthe ſeyn/ ſintemal Er auch verlohren die Helffte ſeines Hertzens/ ſein eigen Fleiſch/ ſeine getrewe Gehuͤlffin/ die Crone ſeines Hauptes/ den Schatz der edler iſt denn keine koͤſtliche Perle/ ſeine Augen-Luſt/ die Zierde ſeines Hauſes/ den Zaun ſeiner Guͤtter; Er be- weinet auch ſeine liebſte Dorotheam hertzlich/ wie dort A- braham ſeine Saram/ Jacob ſeine Rahel/ der Kaͤyſer Antonius Pius ſeine Fauſtinam. Nicht weniger iſt hertzlich betruͤbet die gegenwertige Fraw Mutter/ ſinte- mal Sie Jhr liebſtes Pfand/ welches Sie unter Jhrem Hertzen getragen/ verlohren; Quid dulcius enim ho- minum generi à natura datum eſt, quam ſui cuiq́; liberi? ſaget Cicero. Die Natur hat einem Men- ſchen nichts liebers gegeben als die Kinder. Sie hat ver- lohren die Gabe des HErren/ Jhre Frewde und Won- ne. Sie hat der jenigen Augen zugedruckt geſehen/ von welcher Sie mit frewden offters angeſehen worden/ und welche Sie niemals genung anſchawen koͤnnen/ ja von welcher Sie gehoffet/ das dermaleines Jhre muͤde Au- gen ſolten zugedrucket werden; Sie hat die Jenige leb- loß ſehen heben und tragen/ auff welche Sie gemeynet Jhr grawes Alter zuſtuͤtzen: Sie hat die jenige muͤſſen ſehen in das Grab legen/ welche Sie offt in Jhren Ar- men getragen und gehalten: Sie hat die jenigemuͤſſen ſe- hen mit Erde bedecken/ welche wuͤrdig geweſen were/ daß Sie Gen. 2. v. 18. 23. Prov. 12. v. 4. c. 31. Ezech. 24. v. 16. Syr. 26. v. 21. Matris. Cic. in Orat. poſt redit. ad Quirit. Pſal. 127. v. 3. J ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/360994
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/360994/67
Zitationshilfe: Hayn, Johann: Liebliches Seelen-Gespräch. Lissa, 1649, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/360994/67>, abgerufen am 13.05.2024.