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Lutz, Wilhelm Friedrich: Ein Christliche Predig. Tübingen, 1585.

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Vorred.
himlische güter mit Christo besitzen? Sein sie doch
nicht gestorben/ weil sie mit Christo leben?

Es ist zwar nicht ohn/ das fleisch vnnd blut
sawr ankompt/ wann die aller liebste Freundt von
vns gerissen/ vnnd wir derselben holdseligen beywo-
nung hilff vnnd trost sollen beraubet sein/ aber wie
sollen oder können wir im thun/ weil es Gott also
gefallen dessen willens fortgang wir täglich bitten
vnd wünschen?

Nach dem aber d vngeferbten lieb art vnd eigen-
schafft ist/ das weil wir alle glider eines leibs/ vnnd
Paulus von allen Christen zun Römern am 12.
erfordert daß sie nicht allein mit den frölichen/
frölich: sonder auch mit den weinenden/ weinen
sollen: vnnd Syrach im beypflichtet/ daß man
den weinenden nicht soll on trost lassen/ sonder trau-

Joan. 11.ren mit den traurigen/ Christus auch selber mit La-
zari Schwestern/ ein mitleiden getragen vnnd sie
getröstet: will allen Christen gebüren/ das da ei-
nem seine geliebte auß den Augen hinweggeruckt/
sie mit demselben verlasnen ein Christliches mit-
leiden tragen/ vnnd das abgeforderte helffen kla-
gen. Dann ob wir wol mit vnsern trauren vnd mit-
leiden/ den empfangnen schaden/ in verlust der vnse-
rigen/ nicht können wenden: jedoch ist denen/ so solchs
hertzleid eingenommen/ tröstlich/ daß sie darauß er-
kennen/ das andere auch ein gute zuneigung zu jnen
tragen/ sich jres vnfals vnnd zugestanden vnglücks
nicht frewen: sonder da es in jrer macht/ solchs gern
wolten von jnen abwenden. Welchs dann gleich-
sam ein linderung deß schmertzen gebet/ vnd vns be-

duncket

Vorꝛed.
himliſche guͤter mit Chꝛiſto beſitzen? Sein ſie doch
nicht geſtorben/ weil ſie mit Chriſto leben?

Es iſt zwar nicht ohn/ das fleiſch vnnd blut
ſawr ankompt/ wann die aller liebſte Freundt von
vns geriſſen/ vnnd wir derſelben holdſeligen beywo-
nung hilff vnnd troſt ſollen beraubet ſein/ aber wie
ſollen oder koͤnnen wir im thun/ weil es Gott alſo
gefallen deſſen willens fortgang wir taͤglich bitten
vnd wünſchen?

Nach dem aber đ vngeferbten lieb art vñ eigen-
ſchafft iſt/ das weil wir alle glider eines leibs/ vnnd
Paulus von allen Chꝛiſten zun Roͤmern am 12.
erfordert daß ſie nicht allein mit den froͤlichen/
froͤlich: ſonder auch mit den weinenden/ weinen
ſollen: vnnd Syrach im beypflichtet/ daß man
den weinendẽ nicht ſoll on troſt laſſen/ ſonder trau-

Joan. 11.ren mit den traurigen/ Chꝛiſtus auch ſelber mit La-
zari Schweſtern/ ein mitleiden getragen vnnd ſie
getroͤſtet: will allen Chꝛiſten gebuͤren/ das da ei-
nem ſeine geliebte auß den Augen hinweggeruckt/
ſie mit demſelben verlaſnen ein Chꝛiſtliches mit-
leiden tragen/ vnnd das abgeforderte helffen kla-
gen. Dann ob wir wol mit vnſern trauren vñ mit-
leiden/ den empfangnen ſchaden/ in verluſt der vnſe-
rigen/ nicht koͤnnen wendẽ: jedoch iſt denen/ ſo ſolchs
hertzleid eingenommen/ troͤſtlich/ daß ſie darauß er-
kennen/ das andere auch ein gute zuneigung zu jnen
tragen/ ſich jres vnfals vnnd zugeſtanden vngluͤcks
nicht frewen: ſonder da es in jrer macht/ ſolchs gern
wolten von jnen abwenden. Welchs dann gleich-
ſam ein linderung deß ſchmertzen gebet/ vnd vns be-

duncket
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[4/0006] Vorꝛed. himliſche guͤter mit Chꝛiſto beſitzen? Sein ſie doch nicht geſtorben/ weil ſie mit Chriſto leben? Es iſt zwar nicht ohn/ das fleiſch vnnd blut ſawr ankompt/ wann die aller liebſte Freundt von vns geriſſen/ vnnd wir derſelben holdſeligen beywo- nung hilff vnnd troſt ſollen beraubet ſein/ aber wie ſollen oder koͤnnen wir im thun/ weil es Gott alſo gefallen deſſen willens fortgang wir taͤglich bitten vnd wünſchen? Nach dem aber đ vngeferbten lieb art vñ eigen- ſchafft iſt/ das weil wir alle glider eines leibs/ vnnd Paulus von allen Chꝛiſten zun Roͤmern am 12. erfordert daß ſie nicht allein mit den froͤlichen/ froͤlich: ſonder auch mit den weinenden/ weinen ſollen: vnnd Syrach im beypflichtet/ daß man den weinendẽ nicht ſoll on troſt laſſen/ ſonder trau- ren mit den traurigen/ Chꝛiſtus auch ſelber mit La- zari Schweſtern/ ein mitleiden getragen vnnd ſie getroͤſtet: will allen Chꝛiſten gebuͤren/ das da ei- nem ſeine geliebte auß den Augen hinweggeruckt/ ſie mit demſelben verlaſnen ein Chꝛiſtliches mit- leiden tragen/ vnnd das abgeforderte helffen kla- gen. Dann ob wir wol mit vnſern trauren vñ mit- leiden/ den empfangnen ſchaden/ in verluſt der vnſe- rigen/ nicht koͤnnen wendẽ: jedoch iſt denen/ ſo ſolchs hertzleid eingenommen/ troͤſtlich/ daß ſie darauß er- kennen/ das andere auch ein gute zuneigung zu jnen tragen/ ſich jres vnfals vnnd zugeſtanden vngluͤcks nicht frewen: ſonder da es in jrer macht/ ſolchs gern wolten von jnen abwenden. Welchs dann gleich- ſam ein linderung deß ſchmertzen gebet/ vnd vns be- duncket Joan. 11.

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Zitationshilfe: Lutz, Wilhelm Friedrich: Ein Christliche Predig. Tübingen, 1585, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/524151/6>, abgerufen am 29.04.2024.