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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

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und bewundert wie ihr Geist bis zur spätesten Epoche
sein Gepräge nicht verloren. Ihr letzter Brief war ganz
erfüllt von dem Guten was sich zwischen Euch gefun-
den, und daß ihre späten Jahre wie sie selbst schreibt
von deiner Jugend so grün umwachsen seien; auch in
diesem Sinn also, wie in allem andern was dein le-
bendiges Herz mir schon gewährt hat, bin ich Dir Dank
schuldig.

Wilhelm Humboldt hat uns viel von Dir erzählt.
Viel das heißt oft. Er fing immer wieder von deiner
kleinen Person zu reden an, ohne das er so was recht
eigentliches hätte zu sagen gehabt, woraus wir denn
auf ein eignes Interesse schließen konnten. Neulich war
ein schlanker Architekt von Kassel hier, auf den Du auch
magst Eindruck gemacht haben.

Dergleichen Sünden magst Du denn mancherlei auf
Dir haben, deswegen Du verurtheilt bist Gichtbrüchige
und Lahme zu warten und zu pflegen.

Ich hoffe jedoch das soll nur eine vorübergehende
Büßung werden, damit Du Dich des Lebens desto besser
und lebhafter mit den Gesunden freuen mögest.

Bring nun mit deiner reichen Liebe alles wieder in's
Geleis einer mir so lieb gewordenen Gewohnheit, lasse
die Zeit nicht wieder in solchen Lücken verstreichen lasse

von

und bewundert wie ihr Geiſt bis zur ſpäteſten Epoche
ſein Gepräge nicht verloren. Ihr letzter Brief war ganz
erfüllt von dem Guten was ſich zwiſchen Euch gefun-
den, und daß ihre ſpäten Jahre wie ſie ſelbſt ſchreibt
von deiner Jugend ſo grün umwachſen ſeien; auch in
dieſem Sinn alſo, wie in allem andern was dein le-
bendiges Herz mir ſchon gewährt hat, bin ich Dir Dank
ſchuldig.

Wilhelm Humboldt hat uns viel von Dir erzählt.
Viel das heißt oft. Er fing immer wieder von deiner
kleinen Perſon zu reden an, ohne das er ſo was recht
eigentliches hätte zu ſagen gehabt, woraus wir denn
auf ein eignes Intereſſe ſchließen konnten. Neulich war
ein ſchlanker Architekt von Kaſſel hier, auf den Du auch
magſt Eindruck gemacht haben.

Dergleichen Sünden magſt Du denn mancherlei auf
Dir haben, deswegen Du verurtheilt biſt Gichtbrüchige
und Lahme zu warten und zu pflegen.

Ich hoffe jedoch das ſoll nur eine vorübergehende
Büßung werden, damit Du Dich des Lebens deſto beſſer
und lebhafter mit den Geſunden freuen mögeſt.

Bring nun mit deiner reichen Liebe alles wieder in's
Geleis einer mir ſo lieb gewordenen Gewohnheit, laſſe
die Zeit nicht wieder in ſolchen Lücken verſtreichen laſſe

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[24/0034] und bewundert wie ihr Geiſt bis zur ſpäteſten Epoche ſein Gepräge nicht verloren. Ihr letzter Brief war ganz erfüllt von dem Guten was ſich zwiſchen Euch gefun- den, und daß ihre ſpäten Jahre wie ſie ſelbſt ſchreibt von deiner Jugend ſo grün umwachſen ſeien; auch in dieſem Sinn alſo, wie in allem andern was dein le- bendiges Herz mir ſchon gewährt hat, bin ich Dir Dank ſchuldig. Wilhelm Humboldt hat uns viel von Dir erzählt. Viel das heißt oft. Er fing immer wieder von deiner kleinen Perſon zu reden an, ohne das er ſo was recht eigentliches hätte zu ſagen gehabt, woraus wir denn auf ein eignes Intereſſe ſchließen konnten. Neulich war ein ſchlanker Architekt von Kaſſel hier, auf den Du auch magſt Eindruck gemacht haben. Dergleichen Sünden magſt Du denn mancherlei auf Dir haben, deswegen Du verurtheilt biſt Gichtbrüchige und Lahme zu warten und zu pflegen. Ich hoffe jedoch das ſoll nur eine vorübergehende Büßung werden, damit Du Dich des Lebens deſto beſſer und lebhafter mit den Geſunden freuen mögeſt. Bring nun mit deiner reichen Liebe alles wieder in's Geleis einer mir ſo lieb gewordenen Gewohnheit, laſſe die Zeit nicht wieder in ſolchen Lücken verſtreichen laſſe von

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/34>, abgerufen am 26.04.2024.