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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. II. Num. I. Von händeln/ so in Sachsen der Religion halben
Des IV. Theils
Andere SECTION,
Jn sich haltend allerhand Documenta und schrifften/
zu erläuterung der Kirchen- und Ketzer-geschichte/

Von Anno 1500. biß 1600. oder des 16. seculi.
[Spaltenumbruch]
NUM. I.

HIstorica relatio de Johanne Fride-
rico Electore, Mauritio & Au-
gusto, Ducibus Saxoniae, Luthe-
ro & Philippo.

Oder eine alte merckwürdige erzeh-
lung derer händel/ so in Sachsen der
Religion halben unter denen Chur-
fürsten Joh. Friedrichen/
Mauritio
und Augusto ergangen.

Man findet im II. theil bey der historie des
Interims/ derer Crypto-Calviniste und derglei-
chen/ ein Manuscript sehr offt angeführet unter
dem titul: Relatio historica de Joh. Frideri-
co & Mauritio,
oder auch Ratzenbergers Rela-
tio MSta,
u. s. w. (wovon doch hier zuletzt Jac.
Thomasii observation
zu besehen ist/ ob Ra-
tzenberger der rechte Autor sey.) Damit nun
selbige allegata desto mehr glauben finden mö-
gen/ kan an diesem orte gar füglich das gantze
seriptum treulich für augen geleget werden/ zu-
mal es viel bedenckliche dinge in sich hält/ welche
den geschichten selbiger zeiten noch mehr licht ge-
ben/ und von Herrn Seckendorffen offt gebrau-
chet und angezogen ist. Dahero auch anderer
ursachen wegen schade wäre/ wenn es nicht
manchem in nöthigen dingen zur nachricht in
öffentlichem druck gemein werden solte. Die
schrift lautet aus dem Manuscripto von wort zu
wort also/ und zwar nach der damaligen schreib-
art:

Nachdem Hertzog Johann Friederich der äl-
tere/ Churfürst zu Sachsen/ nach absterbe seiner
Herrn vettern die lehre des Evangelii mit allem
fleiß in seinen landen thät befördern/ welche der
Pabst mit seinen verwandten gerne hätte getil-
get/ blieb alle ungnade beyde der geistlichen und
weltlichen Potentaten/ und fast des gantzen
Röm. Reichs/ fürnehmlich auff Johann Frie-
derichen. Denn wo er der Churfürst zu Sach-
sen als ein beschützer des Luthers wäre unterge-
legt/ so könte man alsdenn des Luthers lehre so
viel desto ehe tilgen und ausrotten/ unter den
Geistlichen Praelaten in Teutschland war der
allerfürnehmste Cardinal Albrecht Ertz-Bi-
schoff zu Maintz/ Primas Germaniae, in höchstem
ansehen/ hatte darzu neben seinem bruder dem
Churfürst zu Brandenburg/ Marggraff Jo-
achim/ und Hertzog Georgen zu Sachsen/ und
Hertzog Heinrichen von Braunschweig/ als
seinem nähesten nachbar/ die beste gelegenheit
Hertzog Johann Friederichen auf allen seiten zu
umringen und zu überfallen/ darzu denn Hertzog
Heinrich von Braunschweig zum Feld-herrn
und Kriegs-Fürsten constituiret und erwehlet
war. Und ob wol Hertzog Georgs von Sach-
sen bruder/ Herr Heinrich/ zu Freyberg sich auch
[Spaltenumbruch] zu der Confession des Evangelii begeben/ so hiel-
te ihm doch Hertzog George seine antheil landes
vor/ daß er ihm davon nichts wolte folgen las-
sen/ als einem ketzer/ wolte auch lange nicht zu-
lassen/ daß er möchte ehlich werden/ biß Hertzog
Johann Churfürst/ Hertzog Friederichen vater/
mit mühe bey Hertzog Georgen erlangt und er-
hielt/ daß sich Hertzog Heinrich mit einer Hertzo-
gin von Meckelnburg vermählen und die Berg-
stadt Freyberg und das amt Wolckenstein an
statt seines antheils einnehmen und besitzen
möchte.

Da nun derselbe Hertzog Heinrich von
Sachsen mit seinem gemahl erben bekam/ als
Herrn Moritzen und Augustum, und gleichwol
das amt Freyberg dazumal nicht so vermöglich
war/ daß H. Heinrich mit seinem gemahl ei-
nem jeglichen erben seinen Fürstenstand hät-
te halten können; denn er ließ sich am ordinari
einkommen sättigen/ und man wuste dazumal
noch von keiner steuer oder schatzung: Da nahm
H. Johann Friederich aus brüderlicher freund-
schafft den ältesten sohn Hertzog Heinrichs/
Herrn Moritzen/ an seinen hoff/ und unterhielt
ihn mit grossen unkosten/ als einen Hertzogen
von Sachsen/ gar stattlich/ als wäre er sein eige-
ner leiblieher sohn. Und obwol Herr George
auch erben hatte/ so war doch der ältere sohn
Herr Hans dem trunck allzusehr zugethan/ daß
er keinen tag nüchtern bliebe/ hatte auch mit sei-
nem gemahl keine erben; so war der andere sohn/
H. Friederich/ so gar unmündig und kindisch/
daß er zu keinem regiment taugete; damit aber
gleichwol H. Heinrich von seinem land nichts
möchte zukommen/ und damit er gar davon ex-
cludir
et würde/ gab Hertzog George seinem un-
mündigen sohne ein Fräulein von Manns-
feld
zur ehe/ in hofnung aus demselben heyrath
von seiner linien einen erben zum lande zu erwe-
cken/ auff daß seinem Lutherischen bruder Herrn
Heinrichen gar nichts zufiele. Aber wie Hertzog
Hans zum regiment wegen des trunckes un-
tüchtig/ darzu mit tode abging/ als war auch sein
bruder H. Friederich zum ehestand untüchtig/
und sturben beyde H. Georgen söhne vor ih-
rem vater ab. Als nun wegen| solchen tödtli-
chen abgan ges H. Georg sehr traurig ward/
vermeinte er doch seinem bruder H. Heinri-
chen den anfall der landschaft zu verwenden/ und
handelte mit höchstem ernst und gar stattlich
dahin/ daßer sein land/ welches nunmehr von
rechts wegen auff seinen bruder Hertzog Heinri-
chen von Sachsen erben muste/ dem König Fer-
dinando
zuwenden/ und der cron Böheimb ein-
leiben wolt; wie denn derselben handlungen
noch etliche urkunden zu Leipzig/ doch gar ver-
borgen/ verhalten werden.

Als nun solches mit höchstem fleiß und ernst

gehan-
Th. IV. Sect. II. Num. I. Von haͤndeln/ ſo in Sachſen der Religion halben
Des IV. Theils
Andere SECTION,
Jn ſich haltend allerhand Documenta und ſchrifften/
zu erlaͤuterung der Kirchen- und Ketzer-geſchichte/

Von Anno 1500. biß 1600. oder des 16. ſeculi.
[Spaltenumbruch]
NUM. I.

HIſtorica relatio de Johanne Fride-
rico Electore, Mauritio & Au-
guſto, Ducibus Saxoniæ, Luthe-
ro & Philippo.

Oder eine alte merckwuͤrdige erzeh-
lung derer haͤndel/ ſo in Sachſen der
Religion halben unter denen Chur-
fuͤrſten Joh. Friedrichen/
Mauritio
und Auguſto ergangen.

Man findet im II. theil bey der hiſtorie des
Interims/ derer Crypto-Calviniſtē und derglei-
chen/ ein Manuſcript ſehr offt angefuͤhret unter
dem titul: Relatio hiſtorica de Joh. Frideri-
co & Mauritio,
oder auch Ratzenbergers Rela-
tio MSta,
u. ſ. w. (wovon doch hier zuletzt Jac.
Thomaſii obſervation
zu beſehen iſt/ ob Ra-
tzenberger der rechte Autor ſey.) Damit nun
ſelbige allegata deſto mehr glauben finden moͤ-
gen/ kan an dieſem orte gar fuͤglich das gantze
ſeriptum treulich fuͤr augen geleget werden/ zu-
mal es viel bedenckliche dinge in ſich haͤlt/ welche
den geſchichten ſelbiger zeiten noch mehr licht ge-
ben/ und von Herꝛn Seckendorffen offt gebrau-
chet und angezogen iſt. Dahero auch anderer
urſachen wegen ſchade waͤre/ wenn es nicht
manchem in noͤthigen dingen zur nachricht in
oͤffentlichem druck gemein werden ſolte. Die
ſchrift lautet aus dem Manuſcripto von wort zu
wort alſo/ und zwar nach der damaligen ſchreib-
art:

Nachdem Hertzog Johann Friederich der aͤl-
tere/ Churfuͤrſt zu Sachſen/ nach abſterbē ſeiner
Herꝛn vettern die lehre des Evangelii mit allem
fleiß in ſeinen landen thaͤt befoͤrdern/ welche der
Pabſt mit ſeinen verwandten gerne haͤtte getil-
get/ blieb alle ungnade beyde der geiſtlichen und
weltlichen Potentaten/ und faſt des gantzen
Roͤm. Reichs/ fuͤrnehmlich auff Johann Frie-
derichen. Denn wo er der Churfuͤrſt zu Sach-
ſen als ein beſchuͤtzer des Luthers waͤre unterge-
legt/ ſo koͤnte man alsdenn des Luthers lehre ſo
viel deſto ehe tilgen und ausrotten/ unter den
Geiſtlichen Prælaten in Teutſchland war der
allerfuͤrnehmſte Cardinal Albrecht Ertz-Bi-
ſchoff zu Maintz/ Primas Germaniæ, in hoͤchſtem
anſehen/ hatte darzu neben ſeinem bruder dem
Churfuͤrſt zu Brandenburg/ Marggraff Jo-
achim/ und Hertzog Georgen zu Sachſen/ und
Hertzog Heinrichen von Braunſchweig/ als
ſeinem naͤheſten nachbar/ die beſte gelegenheit
Hertzog Johann Friederichen auf allen ſeiten zu
umringen und zu uͤbeꝛfallen/ daꝛzu denn Hertzog
Heinrich von Braunſchweig zum Feld-herꝛn
und Kriegs-Fuͤrſten conſtituiret und erwehlet
war. Und ob wol Hertzog Georgs von Sach-
ſen bruder/ Herꝛ Heinrich/ zu Freyberg ſich auch
[Spaltenumbruch] zu der Confeſſion des Evangelii begeben/ ſo hiel-
te ihm doch Hertzog George ſeinē antheil landes
vor/ daß er ihm davon nichts wolte folgen laſ-
ſen/ als einem ketzer/ wolte auch lange nicht zu-
laſſen/ daß er moͤchte ehlich werden/ biß Hertzog
Johann Churfuͤrſt/ Hertzog Friederichen vater/
mit muͤhe bey Hertzog Georgen erlangt und er-
hielt/ daß ſich Hertzog Heinrich mit einer Hertzo-
gin von Meckelnburg vermaͤhlen und die Berg-
ſtadt Freyberg und das amt Wolckenſtein an
ſtatt ſeines antheils einnehmen und beſitzen
moͤchte.

Da nun derſelbe Hertzog Heinrich von
Sachſen mit ſeinem gemahl erben bekam/ als
Herꝛn Moritzen und Auguſtum, und gleichwol
das amt Freyberg dazumal nicht ſo vermoͤglich
war/ daß H. Heinrich mit ſeinem gemahl ei-
nem jeglichen erben ſeinen Fuͤrſtenſtand haͤt-
te halten koͤnnen; denn er ließ ſich am ordinari
einkommen ſaͤttigen/ und man wuſte dazumal
noch von keiner ſteuer oder ſchatzung: Da nahm
H. Johann Friederich aus bruͤderlicher freund-
ſchafft den aͤlteſten ſohn Hertzog Heinrichs/
Herꝛn Moritzen/ an ſeinen hoff/ und unterhielt
ihn mit groſſen unkoſten/ als einen Hertzogen
von Sachſen/ gar ſtattlich/ als waͤre er ſein eige-
ner leiblieher ſohn. Und obwol Herꝛ George
auch erben hatte/ ſo war doch der aͤltere ſohn
Herꝛ Hans dem trunck allzuſehr zugethan/ daß
er keinen tag nuͤchtern bliebe/ hatte auch mit ſei-
nem gemahl keine erben; ſo war der andere ſohn/
H. Friederich/ ſo gar unmuͤndig und kindiſch/
daß er zu keinem regiment taugete; damit aber
gleichwol H. Heinrich von ſeinem land nichts
moͤchte zukommen/ und damit er gar davon ex-
cludir
et wuͤrde/ gab Hertzog George ſeinem un-
muͤndigen ſohne ein Fraͤulein von Manns-
feld
zur ehe/ in hofnung aus demſelben heyrath
von ſeiner linien einen erben zum lande zu erwe-
cken/ auff daß ſeinem Lutheriſchen bruder Herꝛn
Heinrichen gar nichts zufiele. Aber wie Hertzog
Hans zum regiment wegen des trunckes un-
tuͤchtig/ daꝛzu mit tode abging/ als waꝛ auch ſein
bruder H. Friederich zum eheſtand untuͤchtig/
und ſturben beyde H. Georgen ſoͤhne vor ih-
rem vater ab. Als nun wegen| ſolchen toͤdtli-
chen abgan ges H. Georg ſehr traurig ward/
vermeinte er doch ſeinem bruder H. Heinri-
chen den anfall der landſchaft zu veꝛwenden/ und
handelte mit hoͤchſtem ernſt und gar ſtattlich
dahin/ daßer ſein land/ welches nunmehr von
rechts wegen auff ſeinen bruder Hertzog Heinri-
chen von Sachſen erben muſte/ dem Koͤnig Fer-
dinando
zuwenden/ und der cron Boͤheimb ein-
leiben wolt; wie denn derſelben handlungen
noch etliche urkunden zu Leipzig/ doch gar ver-
borgen/ verhalten werden.

Als nun ſolches mit hoͤchſtem fleiß und ernſt

gehan-
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[82/0378] Th. IV. Sect. II. Num. I. Von haͤndeln/ ſo in Sachſen der Religion halben Des IV. Theils Andere SECTION, Jn ſich haltend allerhand Documenta und ſchrifften/ zu erlaͤuterung der Kirchen- und Ketzer-geſchichte/ Von Anno 1500. biß 1600. oder des 16. ſeculi. NUM. I. HIſtorica relatio de Johanne Fride- rico Electore, Mauritio & Au- guſto, Ducibus Saxoniæ, Luthe- ro & Philippo. Oder eine alte merckwuͤrdige erzeh- lung derer haͤndel/ ſo in Sachſen der Religion halben unter denen Chur- fuͤrſten Joh. Friedrichen/ Mauritio und Auguſto ergangen. Man findet im II. theil bey der hiſtorie des Interims/ derer Crypto-Calviniſtē und derglei- chen/ ein Manuſcript ſehr offt angefuͤhret unter dem titul: Relatio hiſtorica de Joh. Frideri- co & Mauritio, oder auch Ratzenbergers Rela- tio MSta, u. ſ. w. (wovon doch hier zuletzt Jac. Thomaſii obſervation zu beſehen iſt/ ob Ra- tzenberger der rechte Autor ſey.) Damit nun ſelbige allegata deſto mehr glauben finden moͤ- gen/ kan an dieſem orte gar fuͤglich das gantze ſeriptum treulich fuͤr augen geleget werden/ zu- mal es viel bedenckliche dinge in ſich haͤlt/ welche den geſchichten ſelbiger zeiten noch mehr licht ge- ben/ und von Herꝛn Seckendorffen offt gebrau- chet und angezogen iſt. Dahero auch anderer urſachen wegen ſchade waͤre/ wenn es nicht manchem in noͤthigen dingen zur nachricht in oͤffentlichem druck gemein werden ſolte. Die ſchrift lautet aus dem Manuſcripto von wort zu wort alſo/ und zwar nach der damaligen ſchreib- art: Nachdem Hertzog Johann Friederich der aͤl- tere/ Churfuͤrſt zu Sachſen/ nach abſterbē ſeiner Herꝛn vettern die lehre des Evangelii mit allem fleiß in ſeinen landen thaͤt befoͤrdern/ welche der Pabſt mit ſeinen verwandten gerne haͤtte getil- get/ blieb alle ungnade beyde der geiſtlichen und weltlichen Potentaten/ und faſt des gantzen Roͤm. Reichs/ fuͤrnehmlich auff Johann Frie- derichen. Denn wo er der Churfuͤrſt zu Sach- ſen als ein beſchuͤtzer des Luthers waͤre unterge- legt/ ſo koͤnte man alsdenn des Luthers lehre ſo viel deſto ehe tilgen und ausrotten/ unter den Geiſtlichen Prælaten in Teutſchland war der allerfuͤrnehmſte Cardinal Albrecht Ertz-Bi- ſchoff zu Maintz/ Primas Germaniæ, in hoͤchſtem anſehen/ hatte darzu neben ſeinem bruder dem Churfuͤrſt zu Brandenburg/ Marggraff Jo- achim/ und Hertzog Georgen zu Sachſen/ und Hertzog Heinrichen von Braunſchweig/ als ſeinem naͤheſten nachbar/ die beſte gelegenheit Hertzog Johann Friederichen auf allen ſeiten zu umringen und zu uͤbeꝛfallen/ daꝛzu denn Hertzog Heinrich von Braunſchweig zum Feld-herꝛn und Kriegs-Fuͤrſten conſtituiret und erwehlet war. Und ob wol Hertzog Georgs von Sach- ſen bruder/ Herꝛ Heinrich/ zu Freyberg ſich auch zu der Confeſſion des Evangelii begeben/ ſo hiel- te ihm doch Hertzog George ſeinē antheil landes vor/ daß er ihm davon nichts wolte folgen laſ- ſen/ als einem ketzer/ wolte auch lange nicht zu- laſſen/ daß er moͤchte ehlich werden/ biß Hertzog Johann Churfuͤrſt/ Hertzog Friederichen vater/ mit muͤhe bey Hertzog Georgen erlangt und er- hielt/ daß ſich Hertzog Heinrich mit einer Hertzo- gin von Meckelnburg vermaͤhlen und die Berg- ſtadt Freyberg und das amt Wolckenſtein an ſtatt ſeines antheils einnehmen und beſitzen moͤchte. Da nun derſelbe Hertzog Heinrich von Sachſen mit ſeinem gemahl erben bekam/ als Herꝛn Moritzen und Auguſtum, und gleichwol das amt Freyberg dazumal nicht ſo vermoͤglich war/ daß H. Heinrich mit ſeinem gemahl ei- nem jeglichen erben ſeinen Fuͤrſtenſtand haͤt- te halten koͤnnen; denn er ließ ſich am ordinari einkommen ſaͤttigen/ und man wuſte dazumal noch von keiner ſteuer oder ſchatzung: Da nahm H. Johann Friederich aus bruͤderlicher freund- ſchafft den aͤlteſten ſohn Hertzog Heinrichs/ Herꝛn Moritzen/ an ſeinen hoff/ und unterhielt ihn mit groſſen unkoſten/ als einen Hertzogen von Sachſen/ gar ſtattlich/ als waͤre er ſein eige- ner leiblieher ſohn. Und obwol Herꝛ George auch erben hatte/ ſo war doch der aͤltere ſohn Herꝛ Hans dem trunck allzuſehr zugethan/ daß er keinen tag nuͤchtern bliebe/ hatte auch mit ſei- nem gemahl keine erben; ſo war der andere ſohn/ H. Friederich/ ſo gar unmuͤndig und kindiſch/ daß er zu keinem regiment taugete; damit aber gleichwol H. Heinrich von ſeinem land nichts moͤchte zukommen/ und damit er gar davon ex- cludiret wuͤrde/ gab Hertzog George ſeinem un- muͤndigen ſohne ein Fraͤulein von Manns- feld zur ehe/ in hofnung aus demſelben heyrath von ſeiner linien einen erben zum lande zu erwe- cken/ auff daß ſeinem Lutheriſchen bruder Herꝛn Heinrichen gar nichts zufiele. Aber wie Hertzog Hans zum regiment wegen des trunckes un- tuͤchtig/ daꝛzu mit tode abging/ als waꝛ auch ſein bruder H. Friederich zum eheſtand untuͤchtig/ und ſturben beyde H. Georgen ſoͤhne vor ih- rem vater ab. Als nun wegen| ſolchen toͤdtli- chen abgan ges H. Georg ſehr traurig ward/ vermeinte er doch ſeinem bruder H. Heinri- chen den anfall der landſchaft zu veꝛwenden/ und handelte mit hoͤchſtem ernſt und gar ſtattlich dahin/ daßer ſein land/ welches nunmehr von rechts wegen auff ſeinen bruder Hertzog Heinri- chen von Sachſen erben muſte/ dem Koͤnig Fer- dinando zuwenden/ und der cron Boͤheimb ein- leiben wolt; wie denn derſelben handlungen noch etliche urkunden zu Leipzig/ doch gar ver- borgen/ verhalten werden. Als nun ſolches mit hoͤchſtem fleiß und ernſt gehan-

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/378>, abgerufen am 30.04.2024.