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Allgemeine Zeitung. Nr. 16. Augsburg, 16. Januar 1840.

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für nöthig. Wirklich kehrte die Jury schon nach halbstündiger Berathung in den Saal zurück, und fällte gegen John Frost das Verdict: "Schuldig, aber der königlichen Gnade zu empfehlen." Oberrichter Tindal: "Wir werden eure Empfehlung an die geeignete Stelle gelangen lassen." Der Gefangene ward abgeführt.

Der Umstand, daß Sir Frederik Pollock, Unterhausmitglied für Huntingdon, in seinen politischen Ansichten Tory ist, gibt dem Standard zu folgender Bemerkung Anlaß: "Der Vortrag, mit welchem Sir Frederik Frosts Vertheidigung eröffnete, war ein Muster ächt juristischer Beredsamkeit, gelehrt, erschöpfend, im Ausdruck besonnen und gemäßigt. Eine annäherndere Verwirklichung der Idee der Gerechtigkeit mit allen ihren gewinnenden und majestätischen Attributen läßt sich überhaupt nicht denken, als sie in diesen Processualhandlungen in Monmouth vor uns steht. Da kann man die Segnungen einer solchen Rechtspflege mit dem tumultuarischen Mordverfahren jenes Spottbildes der Gerechtigkeit in Revolutionstribunalen vergleichen lernen; dieser Unterschied allein vergütet das vorgebliche Opfer, das der Mensch im Staate dadurch bringt, daß er sich der Herrschaft der Ordnung und Ruhe unterwirft. Man bemerke wohl, welche Rechtsbeistände seit zwanzig Jahren in England von allen eines Staatsverbrechens Angeklagten gewählt wurden; denn diese Wahlen beweisen, welche Classe von Politikern selbst unsere heftigsten Revolutionäre als die vertrauenswerthesten betrachten. Auf den Hustings werden diese Leute den radicalen Candidaten unterstützen, wenn sie einen haben können, oder in dessen Ermangelung den Whig; kommt aber der Augenblick, der eines Menschen innerste Ueberzeugungen auf die Probe stellt, sieht einer sein Leben oder seine persönliche Freiheit gefährdet, dann nimmt er gewiß seine Zuflucht zu dem Conservativen, als dem Mann, in dessen Talente, Redlichkeit und Eifer er das unbedingteste Vertrauen setzen kann. Watson und seine Complicen in dem Aufruhr von Spafields nahmen zu Vertheidigern ihres Lebens Sir Charles Wetherall und Sergeant Copley (Lord Lyndhurst), und das Resultat beurkundete die Klugheit ihrer Wahl. Ebenso sehen wir jetzt Sir Robert Peels vormaligen Attorney-General (Sir F. Pollock) und das conservative Mitglied für Ipswich aus dem ganzen Advocatenstande von den Chartisten in Monmouth zu ihren Vertheidigern gewählt. Dieses Zusammentreffen kann nicht zufällig seyn: entweder die Conservativen gelten für die geschicktesten Mitglieder des englischen Barreau, oder sie gelten für die redlichsten und verlässigsten."

(Liverpool Standard.) Wie man sich erinnern wird, hatte eine Deputation der bei dem Handel nach dem la Plata-Strom betheiligten brittischen Kaufleute und Rheder, unter Vortritt des Parlamentsmitglieds Hrn. Creßwell, am 7 Dec. eine Unterredung mit Lord Palmerston über die durch eine französische Blokade verursachte, nun fast zweijährige Unterbrechung des Handels mit Buenos-Ayres. Lord Palmerston versprach, die Sache vor die Gesetzesbeamten der Krone zu bringen, nach deren Gutachten die Regierung bei allen solchen Vorkommnissen, wie eine Blokade, zu handeln habe. Jetzt hat die Deputation von Sr. Lordschaft einen definitiven Bescheid d. d. 21 Dec. erhalten. Er habe, sagt er darin, unterm 9 Dec. das Gutachten der treffenden Kronbeamten erholt. Da nach dem allgemeinen Völkerrecht Schiffe mit Ladung einen blokirten Hafen nur dann verlassen dürften, wenn die Ladung schon vor dem Beginn der Blokade an Bord geschafft worden, so sey, nach Sr. Lordschaft Ansicht, die brittische Regierung nicht befugt, die von dem Handelsstand erbetene Remonstration an die französische Regierung zu richten, indem eine solche Remonstration künftig einmal in Kriegszeit eine ungünstige Präcedenz gegen Großbritannien darbieten könnte.

In einem Briefe aus London, welchen norddeutsche Blätter mittheilen, finden wir folgende Betrachtungen, deren Grund oder Ungrund sich entscheiden wird, wenn aus den Londoner Conferenzen ein bestimmteres Resultat hervortritt: "Die Verschiedenheit der Ansichten von Frankreich und England in Bezug auf den Orient war anfangs nicht so groß, daß man einen vollständigen Bruch zwischen beiden hätte erwarten sollen; eine dritte Macht, Oesterreich, stand überdieß vermittelnd zwischen beiden. Wurde nicht vermittelt, oder war die Vermittelung erfolglos? Rußland machte England Eröffnungen, während deren Verfolg Oesterreich müßig war, und der leitende Staatsmann von Oesterreich lebte bloß den Freuden der schönen Natur. Zu eben jener Zeit war die Ansicht der französischen Blätter, und namentlich der Courrier francais sprach es ausdrücklich aus, daß Oesterreich sich auf das freundschaftlichste gegen Frankreich zeige, und ein hoher Staatsmann erklärt habe, daß, so lange Oesterreich und Frankreich in genauem Verständnisse wären, ein Einverständniß zwischen Rußland und England über die orientalischen Angelegenheiten unmöglich wäre. Die Allianz zwischen Rußland und England ist realisirt worden. Frankreich hat Oesterreich keinen Anlaß auf irgend und in irgend einem Punkte nur zu Eifersucht gegeben, und Oesterreich ist nun in vollkommenem Einverständnisse mit England sowohl als Rußland. Supponiren wir nun wieder, Oesterreich habe absichtlich Frankreich in falsche Hoffnungen gewiegt, und im Geheimen die entstehende Eifersucht zwischen beiden nach Kräften genährt und vergrößert, um die Verbindung zwischen England und Frankreich zu brechen, und England alsdann herüberzuziehen in eine absolute Allianz mit Rußland. Welche neue Triumphe wären nicht dieß wieder für die österreichische Diplomatie! Welche mächtige Resultate! Die ganze auswärtige Politik Englands, wie sie der große Staatsmann Canning geschaffen, mit einem einzigen Schlage vernichtet, und England, welches noch vor wenigen Monaten der entschiedene Feind Rußlands war und kaum einen gefährlichen Krieg in Mittelasien beendigt hat, worein es durch russischen Einfluß verwickelt worden, jetzt der Freund und Bundesgenosse desselben Rußlands! Dieß sind allerdings mächtige Ereignisse, und groß muß der Verstand seyn, welcher sie herbeigeführt hat."

Frankreich.

Die Debatten der Deputirtenkammer am 10 Jan. faßt der Temps auf folgende Weise zusammen: "Zuerst richtete Hr. Chambolle eine Interpellation an Hrn. Passy. Der Finanzminister hatte den Tag zuvor die Oppositionspresse in zwei Parteien getheilt: die eine, welche die Unterstützung vermisse und sich für diesen Verlust durch Angriffe gegen die Minister räche, die andere, welche die Unterstützung nachsuche und sie durch Drohung zu erhalten meine. Hr. Chambolle forderte Hrn. Passy auf, sich deutlicher darüber zu erklären, und seine vage und beleidigende Anklage nicht über allen unabhängigen Journalen schweben zu lassen. Hr. Passy glaubte, darüber Stillschweigen beobachten zu müssen. Hr. Duvergier de Hauranne zeigte in einer umständlichen Rede, daß die alten Parteien nicht mehr existiren, sondern täglich mehr in Fractionen zerfallen. Er ist der Ansicht, daß man neuerdings sich mit Bildung einer neuen Majorität durch Aufsammlung der zerstreuten Bruchstücke beschäftigen müsse. Er schlägt einige halb liberale, halb conservative Ideen vor, die als gemeinschaftliches Programm für die verschiedenen Fractionen dieser

für nöthig. Wirklich kehrte die Jury schon nach halbstündiger Berathung in den Saal zurück, und fällte gegen John Frost das Verdict: „Schuldig, aber der königlichen Gnade zu empfehlen.“ Oberrichter Tindal: „Wir werden eure Empfehlung an die geeignete Stelle gelangen lassen.“ Der Gefangene ward abgeführt.

Der Umstand, daß Sir Frederik Pollock, Unterhausmitglied für Huntingdon, in seinen politischen Ansichten Tory ist, gibt dem Standard zu folgender Bemerkung Anlaß: „Der Vortrag, mit welchem Sir Frederik Frosts Vertheidigung eröffnete, war ein Muster ächt juristischer Beredsamkeit, gelehrt, erschöpfend, im Ausdruck besonnen und gemäßigt. Eine annäherndere Verwirklichung der Idee der Gerechtigkeit mit allen ihren gewinnenden und majestätischen Attributen läßt sich überhaupt nicht denken, als sie in diesen Processualhandlungen in Monmouth vor uns steht. Da kann man die Segnungen einer solchen Rechtspflege mit dem tumultuarischen Mordverfahren jenes Spottbildes der Gerechtigkeit in Revolutionstribunalen vergleichen lernen; dieser Unterschied allein vergütet das vorgebliche Opfer, das der Mensch im Staate dadurch bringt, daß er sich der Herrschaft der Ordnung und Ruhe unterwirft. Man bemerke wohl, welche Rechtsbeistände seit zwanzig Jahren in England von allen eines Staatsverbrechens Angeklagten gewählt wurden; denn diese Wahlen beweisen, welche Classe von Politikern selbst unsere heftigsten Revolutionäre als die vertrauenswerthesten betrachten. Auf den Hustings werden diese Leute den radicalen Candidaten unterstützen, wenn sie einen haben können, oder in dessen Ermangelung den Whig; kommt aber der Augenblick, der eines Menschen innerste Ueberzeugungen auf die Probe stellt, sieht einer sein Leben oder seine persönliche Freiheit gefährdet, dann nimmt er gewiß seine Zuflucht zu dem Conservativen, als dem Mann, in dessen Talente, Redlichkeit und Eifer er das unbedingteste Vertrauen setzen kann. Watson und seine Complicen in dem Aufruhr von Spafields nahmen zu Vertheidigern ihres Lebens Sir Charles Wetherall und Sergeant Copley (Lord Lyndhurst), und das Resultat beurkundete die Klugheit ihrer Wahl. Ebenso sehen wir jetzt Sir Robert Peels vormaligen Attorney-General (Sir F. Pollock) und das conservative Mitglied für Ipswich aus dem ganzen Advocatenstande von den Chartisten in Monmouth zu ihren Vertheidigern gewählt. Dieses Zusammentreffen kann nicht zufällig seyn: entweder die Conservativen gelten für die geschicktesten Mitglieder des englischen Barreau, oder sie gelten für die redlichsten und verlässigsten.“

(Liverpool Standard.) Wie man sich erinnern wird, hatte eine Deputation der bei dem Handel nach dem la Plata-Strom betheiligten brittischen Kaufleute und Rheder, unter Vortritt des Parlamentsmitglieds Hrn. Creßwell, am 7 Dec. eine Unterredung mit Lord Palmerston über die durch eine französische Blokade verursachte, nun fast zweijährige Unterbrechung des Handels mit Buenos-Ayres. Lord Palmerston versprach, die Sache vor die Gesetzesbeamten der Krone zu bringen, nach deren Gutachten die Regierung bei allen solchen Vorkommnissen, wie eine Blokade, zu handeln habe. Jetzt hat die Deputation von Sr. Lordschaft einen definitiven Bescheid d. d. 21 Dec. erhalten. Er habe, sagt er darin, unterm 9 Dec. das Gutachten der treffenden Kronbeamten erholt. Da nach dem allgemeinen Völkerrecht Schiffe mit Ladung einen blokirten Hafen nur dann verlassen dürften, wenn die Ladung schon vor dem Beginn der Blokade an Bord geschafft worden, so sey, nach Sr. Lordschaft Ansicht, die brittische Regierung nicht befugt, die von dem Handelsstand erbetene Remonstration an die französische Regierung zu richten, indem eine solche Remonstration künftig einmal in Kriegszeit eine ungünstige Präcedenz gegen Großbritannien darbieten könnte.

In einem Briefe aus London, welchen norddeutsche Blätter mittheilen, finden wir folgende Betrachtungen, deren Grund oder Ungrund sich entscheiden wird, wenn aus den Londoner Conferenzen ein bestimmteres Resultat hervortritt: „Die Verschiedenheit der Ansichten von Frankreich und England in Bezug auf den Orient war anfangs nicht so groß, daß man einen vollständigen Bruch zwischen beiden hätte erwarten sollen; eine dritte Macht, Oesterreich, stand überdieß vermittelnd zwischen beiden. Wurde nicht vermittelt, oder war die Vermittelung erfolglos? Rußland machte England Eröffnungen, während deren Verfolg Oesterreich müßig war, und der leitende Staatsmann von Oesterreich lebte bloß den Freuden der schönen Natur. Zu eben jener Zeit war die Ansicht der französischen Blätter, und namentlich der Courrier français sprach es ausdrücklich aus, daß Oesterreich sich auf das freundschaftlichste gegen Frankreich zeige, und ein hoher Staatsmann erklärt habe, daß, so lange Oesterreich und Frankreich in genauem Verständnisse wären, ein Einverständniß zwischen Rußland und England über die orientalischen Angelegenheiten unmöglich wäre. Die Allianz zwischen Rußland und England ist realisirt worden. Frankreich hat Oesterreich keinen Anlaß auf irgend und in irgend einem Punkte nur zu Eifersucht gegeben, und Oesterreich ist nun in vollkommenem Einverständnisse mit England sowohl als Rußland. Supponiren wir nun wieder, Oesterreich habe absichtlich Frankreich in falsche Hoffnungen gewiegt, und im Geheimen die entstehende Eifersucht zwischen beiden nach Kräften genährt und vergrößert, um die Verbindung zwischen England und Frankreich zu brechen, und England alsdann herüberzuziehen in eine absolute Allianz mit Rußland. Welche neue Triumphe wären nicht dieß wieder für die österreichische Diplomatie! Welche mächtige Resultate! Die ganze auswärtige Politik Englands, wie sie der große Staatsmann Canning geschaffen, mit einem einzigen Schlage vernichtet, und England, welches noch vor wenigen Monaten der entschiedene Feind Rußlands war und kaum einen gefährlichen Krieg in Mittelasien beendigt hat, worein es durch russischen Einfluß verwickelt worden, jetzt der Freund und Bundesgenosse desselben Rußlands! Dieß sind allerdings mächtige Ereignisse, und groß muß der Verstand seyn, welcher sie herbeigeführt hat.“

Frankreich.

Die Debatten der Deputirtenkammer am 10 Jan. faßt der Temps auf folgende Weise zusammen: „Zuerst richtete Hr. Chambolle eine Interpellation an Hrn. Passy. Der Finanzminister hatte den Tag zuvor die Oppositionspresse in zwei Parteien getheilt: die eine, welche die Unterstützung vermisse und sich für diesen Verlust durch Angriffe gegen die Minister räche, die andere, welche die Unterstützung nachsuche und sie durch Drohung zu erhalten meine. Hr. Chambolle forderte Hrn. Passy auf, sich deutlicher darüber zu erklären, und seine vage und beleidigende Anklage nicht über allen unabhängigen Journalen schweben zu lassen. Hr. Passy glaubte, darüber Stillschweigen beobachten zu müssen. Hr. Duvergier de Hauranne zeigte in einer umständlichen Rede, daß die alten Parteien nicht mehr existiren, sondern täglich mehr in Fractionen zerfallen. Er ist der Ansicht, daß man neuerdings sich mit Bildung einer neuen Majorität durch Aufsammlung der zerstreuten Bruchstücke beschäftigen müsse. Er schlägt einige halb liberale, halb conservative Ideen vor, die als gemeinschaftliches Programm für die verschiedenen Fractionen dieser

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[0122/0002] für nöthig. Wirklich kehrte die Jury schon nach halbstündiger Berathung in den Saal zurück, und fällte gegen John Frost das Verdict: „Schuldig, aber der königlichen Gnade zu empfehlen.“ Oberrichter Tindal: „Wir werden eure Empfehlung an die geeignete Stelle gelangen lassen.“ Der Gefangene ward abgeführt. Der Umstand, daß Sir Frederik Pollock, Unterhausmitglied für Huntingdon, in seinen politischen Ansichten Tory ist, gibt dem Standard zu folgender Bemerkung Anlaß: „Der Vortrag, mit welchem Sir Frederik Frosts Vertheidigung eröffnete, war ein Muster ächt juristischer Beredsamkeit, gelehrt, erschöpfend, im Ausdruck besonnen und gemäßigt. Eine annäherndere Verwirklichung der Idee der Gerechtigkeit mit allen ihren gewinnenden und majestätischen Attributen läßt sich überhaupt nicht denken, als sie in diesen Processualhandlungen in Monmouth vor uns steht. Da kann man die Segnungen einer solchen Rechtspflege mit dem tumultuarischen Mordverfahren jenes Spottbildes der Gerechtigkeit in Revolutionstribunalen vergleichen lernen; dieser Unterschied allein vergütet das vorgebliche Opfer, das der Mensch im Staate dadurch bringt, daß er sich der Herrschaft der Ordnung und Ruhe unterwirft. Man bemerke wohl, welche Rechtsbeistände seit zwanzig Jahren in England von allen eines Staatsverbrechens Angeklagten gewählt wurden; denn diese Wahlen beweisen, welche Classe von Politikern selbst unsere heftigsten Revolutionäre als die vertrauenswerthesten betrachten. Auf den Hustings werden diese Leute den radicalen Candidaten unterstützen, wenn sie einen haben können, oder in dessen Ermangelung den Whig; kommt aber der Augenblick, der eines Menschen innerste Ueberzeugungen auf die Probe stellt, sieht einer sein Leben oder seine persönliche Freiheit gefährdet, dann nimmt er gewiß seine Zuflucht zu dem Conservativen, als dem Mann, in dessen Talente, Redlichkeit und Eifer er das unbedingteste Vertrauen setzen kann. Watson und seine Complicen in dem Aufruhr von Spafields nahmen zu Vertheidigern ihres Lebens Sir Charles Wetherall und Sergeant Copley (Lord Lyndhurst), und das Resultat beurkundete die Klugheit ihrer Wahl. Ebenso sehen wir jetzt Sir Robert Peels vormaligen Attorney-General (Sir F. Pollock) und das conservative Mitglied für Ipswich aus dem ganzen Advocatenstande von den Chartisten in Monmouth zu ihren Vertheidigern gewählt. Dieses Zusammentreffen kann nicht zufällig seyn: entweder die Conservativen gelten für die geschicktesten Mitglieder des englischen Barreau, oder sie gelten für die redlichsten und verlässigsten.“ (Liverpool Standard.) Wie man sich erinnern wird, hatte eine Deputation der bei dem Handel nach dem la Plata-Strom betheiligten brittischen Kaufleute und Rheder, unter Vortritt des Parlamentsmitglieds Hrn. Creßwell, am 7 Dec. eine Unterredung mit Lord Palmerston über die durch eine französische Blokade verursachte, nun fast zweijährige Unterbrechung des Handels mit Buenos-Ayres. Lord Palmerston versprach, die Sache vor die Gesetzesbeamten der Krone zu bringen, nach deren Gutachten die Regierung bei allen solchen Vorkommnissen, wie eine Blokade, zu handeln habe. Jetzt hat die Deputation von Sr. Lordschaft einen definitiven Bescheid d. d. 21 Dec. erhalten. Er habe, sagt er darin, unterm 9 Dec. das Gutachten der treffenden Kronbeamten erholt. Da nach dem allgemeinen Völkerrecht Schiffe mit Ladung einen blokirten Hafen nur dann verlassen dürften, wenn die Ladung schon vor dem Beginn der Blokade an Bord geschafft worden, so sey, nach Sr. Lordschaft Ansicht, die brittische Regierung nicht befugt, die von dem Handelsstand erbetene Remonstration an die französische Regierung zu richten, indem eine solche Remonstration künftig einmal in Kriegszeit eine ungünstige Präcedenz gegen Großbritannien darbieten könnte. In einem Briefe aus London, welchen norddeutsche Blätter mittheilen, finden wir folgende Betrachtungen, deren Grund oder Ungrund sich entscheiden wird, wenn aus den Londoner Conferenzen ein bestimmteres Resultat hervortritt: „Die Verschiedenheit der Ansichten von Frankreich und England in Bezug auf den Orient war anfangs nicht so groß, daß man einen vollständigen Bruch zwischen beiden hätte erwarten sollen; eine dritte Macht, Oesterreich, stand überdieß vermittelnd zwischen beiden. Wurde nicht vermittelt, oder war die Vermittelung erfolglos? Rußland machte England Eröffnungen, während deren Verfolg Oesterreich müßig war, und der leitende Staatsmann von Oesterreich lebte bloß den Freuden der schönen Natur. Zu eben jener Zeit war die Ansicht der französischen Blätter, und namentlich der Courrier français sprach es ausdrücklich aus, daß Oesterreich sich auf das freundschaftlichste gegen Frankreich zeige, und ein hoher Staatsmann erklärt habe, daß, so lange Oesterreich und Frankreich in genauem Verständnisse wären, ein Einverständniß zwischen Rußland und England über die orientalischen Angelegenheiten unmöglich wäre. Die Allianz zwischen Rußland und England ist realisirt worden. Frankreich hat Oesterreich keinen Anlaß auf irgend und in irgend einem Punkte nur zu Eifersucht gegeben, und Oesterreich ist nun in vollkommenem Einverständnisse mit England sowohl als Rußland. Supponiren wir nun wieder, Oesterreich habe absichtlich Frankreich in falsche Hoffnungen gewiegt, und im Geheimen die entstehende Eifersucht zwischen beiden nach Kräften genährt und vergrößert, um die Verbindung zwischen England und Frankreich zu brechen, und England alsdann herüberzuziehen in eine absolute Allianz mit Rußland. Welche neue Triumphe wären nicht dieß wieder für die österreichische Diplomatie! Welche mächtige Resultate! Die ganze auswärtige Politik Englands, wie sie der große Staatsmann Canning geschaffen, mit einem einzigen Schlage vernichtet, und England, welches noch vor wenigen Monaten der entschiedene Feind Rußlands war und kaum einen gefährlichen Krieg in Mittelasien beendigt hat, worein es durch russischen Einfluß verwickelt worden, jetzt der Freund und Bundesgenosse desselben Rußlands! Dieß sind allerdings mächtige Ereignisse, und groß muß der Verstand seyn, welcher sie herbeigeführt hat.“ Frankreich. Paris, 11 Jan. Die Debatten der Deputirtenkammer am 10 Jan. faßt der Temps auf folgende Weise zusammen: „Zuerst richtete Hr. Chambolle eine Interpellation an Hrn. Passy. Der Finanzminister hatte den Tag zuvor die Oppositionspresse in zwei Parteien getheilt: die eine, welche die Unterstützung vermisse und sich für diesen Verlust durch Angriffe gegen die Minister räche, die andere, welche die Unterstützung nachsuche und sie durch Drohung zu erhalten meine. Hr. Chambolle forderte Hrn. Passy auf, sich deutlicher darüber zu erklären, und seine vage und beleidigende Anklage nicht über allen unabhängigen Journalen schweben zu lassen. Hr. Passy glaubte, darüber Stillschweigen beobachten zu müssen. Hr. Duvergier de Hauranne zeigte in einer umständlichen Rede, daß die alten Parteien nicht mehr existiren, sondern täglich mehr in Fractionen zerfallen. Er ist der Ansicht, daß man neuerdings sich mit Bildung einer neuen Majorität durch Aufsammlung der zerstreuten Bruchstücke beschäftigen müsse. 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Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 16. Augsburg, 16. Januar 1840, S. 0122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_016_18400116/2>, abgerufen am 27.04.2024.