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Allgemeine Zeitung. Nr. 46. Augsburg, 15. Februar 1840.

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legte sie dieselben auch in das an ihren Gatten adressirte Paket. Auffallend auch ist es, daß sie diese Kuchen nicht für ihren Mann allein, sondern auch für ihre Schwester bestimmte, die sie aufs zärtlichste liebte. Laffarge erholte sich von seinem Anfall wieder, es gelang ihm, vermittelst der Garantie seiner Frau 25,000 Fr. zu entlehnen, und am 3 Jan. kam er nach Glandier zurück, wohin er von jenem Anlehen 15,000 Fr. mitbrachte, die wenige Tage darauf entwendet wurden, ohne daß man mehr eine Spur davon fand. Die Gesundheit Laffarge's war schwankend, doch konnte er seinem Geschäft wieder obliegen. Bald aber zeigten sich neue Symptome, das Erbrechen kehrte wieder. Eines Tags wurde ihm ein Trank gereicht, den er wegen seines scharfen Geruchs zurückstieß; ein Verdacht kam ihm plötzlich in die Seele und bald zeigte es sich, daß dieser Trank eine Dosis Arsenik enthielt, die hingereicht hätte, zwanzig Personen zu vergiften. Von den Aerzten hatte keiner zuvor an Vergiftung gedacht, Einer der Gläubiger Laffarge's, den der Zustand seines Schuldners erschreckte, verlangte damals Bürgschaft für eine Summe von 28,000 Fr., und ohne Zaudern gab Madame Laffarge ihre persönliche Unterschrift. Am 15 Jan. starb Hr. Laffarge. Im Augenblick, als die Gerichtspersonen erschienen, um den Zustand der Leiche zu untersuchen, fand es sich, daß durch einen unerklärlichen Zufall am Sterbebett ein neuer Rock hing, den Laffarge seit langer Zeit nicht mehr getragen hatte, und in dessen Tasche sich, als sey er mit Fleiß sorgfältig aufbewahrt, der Brief vom Monat August vorfand, in welchem Madame Laffarge ihrem Mann ihre frühere Liebe und ihren Entschluß zu fliehen gestand. Die zur Oeffnung der Leiche berufenen Aerzte suchten vergeblich im Körper die Spuren des Gifts; nach langen, unnützen Versuchen erklärten sie, das Gift sey so geschickt beigebracht worden, daß keine Möglichkeit vorhanden, dessen Spuren in den angegriffenen Organen wieder zu finden. Und doch ist erwiesen, daß in alle dem Kranken gereichten Getränke Gift in Masse geworfen war! ... Hier, wie in allen übrigen Umständen dieses seltsamen Rechtsfalles herrscht Geheimniß. Inmitten all' derer, welche diese schreckliche Geschichte beschäftigt, der Freunde, wie der Feinde, die vertheidigen oder anklagen, zeigt sich Madame Laffarge allein voll Ruhe und Vertrauen. Ihre Freunde haben sie nicht verlassen, und ein junges Mädchen, das sie vor allen liebte, hat sich als besondere Gunst erbeten, ihre Gefangenschaft theilen und bei ihr im Kerker von Tulle bleiben zu dürfen."

Die gestrigen Kammerverhandlungen über die Motion Gauguier und die Entscheidung dieser Frage geben den Parteien viel zu denken, und haben jene, die der Meinung sind, die französische Nation dürfte nun demnächst vollends einschlafen, in einige Unruhe versetzt. Die Motion Gauguier hatte nichts mehr und nichts weniger zum Gegenstand als die Reform des herrschenden Systems; gleichwohl ward diese Motion nur mit 24 Stimmen verworfen. 198 stimmten gegen 174, und unter jenen 198 waren 160 Angestellte, um deren politische Existenz als Deputirte es sich handelte, und die doch nicht wohl für ihre eigene politische Grablegung stimmen konnten. Dieß sieht eben nicht aus, als ob dem herrschenden System das ewige Leben schon verbürgt wäre. Bekanntlich trug Hr. Gauguier darauf an, man solle den in der Kammer sitzenden Staatsdienern während der Zeit der Sitzung ihre Besoldungen abziehen, um sie mit den übrigen Deputirten, die unentgeltliche Dienste leisten, gleich zu stellen. Die Tendenz dieses Antrags geht dahin, den Staatsdienern die Repräsentantenstellen zu entleiden, oder ihnen die Bekleidung derselben unmöglich zu machen, und der Hofpartei - dem Gouvernement personnel - die Clientel zu entziehen. Anscheinend gerecht, befriedigt der Antrag, wie er gestellt ist, keine Partei. Ja wenn das Gouvernement entschlossen ist, durch Bestechung zu regieren, so würde die Annahme dieser Motion weiter nichts zur Folge haben, als daß den in der Kammer befindlichen Beamten ihr Verlust am Gehalt auf eine andere Weise um so reichlicher ersetzt würde. Viel praktischer wäre es gewesen, hätte Hr. Gauguier darauf angetragen, daß allen Deputirten eine Remuneration verwilligt, daß den Staatsdienern davon ihre Gehalte in Abzug gebracht, und daß sie zu außerordentlichen Beförderungen im Staatsdienste während der Bekleidung ihres Deputirtenamtes unfähig gemacht würden. Darauf zielt auch zum Theil die Ansicht des Hrn. Tocqueville hin, der verlangt, die Deputirten sollten nur diejenigen Beförderungen annehmen dürfen, wozu sie in Kraft der Anciennetät berechtigt seyen. Alle bei Gelegenheit dieser Discussion gehaltenen Reden tragen übrigens den Stempel der Unklarheit und des Mangels an Aufrichtigkeit an sich. Dieß kommt daher, weil es doch nicht parlamentarisch gewesen wäre, den 168 in der Kammer sitzenden Staatsdienern zu sagen, daß sie von der Gewalt durch Dienstbeförderungen bereits bestochen worden, oder daß sie in dieser Absicht sich hätten wählen lassen, oder daß sie für ihre jetzigen Abstimmungen durch künftige Dienstbeförderungen würden bezahlt werden. Dergleichen ließ sich den HH. Collegen nicht mit runden Worten sagen, sie zeigten sich schon empfindlich genug, wenn man ihnen diese bittere Wahrheit auf feine Weise zu verstehen gab. Offenbar fängt die Kammer an, dem Gewicht ihrer eigenen Nullität zu erliegen, und sich nach einem ihrer Bestimmung und Würde entsprechenderen Zustand zu sehnen. Dieses Gefühl offenbarte sich so stark, daß der Justizminister, Hr. Teste, sogar mit Auflösung drohen mußte, im Fall der Motion Gauguier Folge gegeben würde, und daß selbst der wetterwendische Dupin gestand, daß etwas geschehen müsse.

Italien.

Der heutige Jahrestag der Krönung des gegenwärtigen Papstes wurde durch einen feierlichen Gottesdienst in allen Kirchen der Stadt, so wie in der Sixtinischen Capelle (Schloßcapelle des Papstes) gefeiert. Nach Beendigung desselben nahm der heilige Vater die Glückwünsche der Cardinäle und Prälaten, so wie der hohen Staatsbeamten und des Militärs entgegen. Auch dieses Jahr wurden die Gratulationen des diplomatischen Corps, aus mehrern Rücksichten, abgesagt. Die Paläste der Großen und alle öffentlichen Gebäude waren gestern als am Vorabend erleuchtet, was heute Abend wiederholt wird. Eine ansehnliche Summe ist heute von dem Almosenier des Papstes an die Stadtarmen vertheilt worden. - Gestern Vormittag reiste der Herzog von Bordeaux mit seinen Begleitern, dem Herzog de Levis, dem Grafen de Montbel und dem Grafen de Locmaria nach Florenz ab. Sämmtliche sich hier aufhaltende französische Legitimisten hatten sich schon früh in seiner Wohnung eingefunden. Die ältern gaben in Equipagen dem Herzog das Geleite bis an das Weichbild der Stadt, während die jüngern, nahe an vierzig, bis zur ersten Poststation zu Pferde seinen Wagen begleiteten. Der Herzog de Levis wird von Florenz aus nach Frankreich gehen, wohin ihn Familienangelegenheiten rufen. Den Grafen v. Ferronays, welcher sich mit seiner Familie in Neapel befindet, bezeichnet man als den Nachfolger des verstorbenen Herzogs v. Blacas, für den kleinen Hof in Görtz.

Schweiz.

Während an unsern Ufern die Bäume ausschlagen und Blätter treiben, folgt in dem nahen

legte sie dieselben auch in das an ihren Gatten adressirte Paket. Auffallend auch ist es, daß sie diese Kuchen nicht für ihren Mann allein, sondern auch für ihre Schwester bestimmte, die sie aufs zärtlichste liebte. Laffarge erholte sich von seinem Anfall wieder, es gelang ihm, vermittelst der Garantie seiner Frau 25,000 Fr. zu entlehnen, und am 3 Jan. kam er nach Glandier zurück, wohin er von jenem Anlehen 15,000 Fr. mitbrachte, die wenige Tage darauf entwendet wurden, ohne daß man mehr eine Spur davon fand. Die Gesundheit Laffarge's war schwankend, doch konnte er seinem Geschäft wieder obliegen. Bald aber zeigten sich neue Symptome, das Erbrechen kehrte wieder. Eines Tags wurde ihm ein Trank gereicht, den er wegen seines scharfen Geruchs zurückstieß; ein Verdacht kam ihm plötzlich in die Seele und bald zeigte es sich, daß dieser Trank eine Dosis Arsenik enthielt, die hingereicht hätte, zwanzig Personen zu vergiften. Von den Aerzten hatte keiner zuvor an Vergiftung gedacht, Einer der Gläubiger Laffarge's, den der Zustand seines Schuldners erschreckte, verlangte damals Bürgschaft für eine Summe von 28,000 Fr., und ohne Zaudern gab Madame Laffarge ihre persönliche Unterschrift. Am 15 Jan. starb Hr. Laffarge. Im Augenblick, als die Gerichtspersonen erschienen, um den Zustand der Leiche zu untersuchen, fand es sich, daß durch einen unerklärlichen Zufall am Sterbebett ein neuer Rock hing, den Laffarge seit langer Zeit nicht mehr getragen hatte, und in dessen Tasche sich, als sey er mit Fleiß sorgfältig aufbewahrt, der Brief vom Monat August vorfand, in welchem Madame Laffarge ihrem Mann ihre frühere Liebe und ihren Entschluß zu fliehen gestand. Die zur Oeffnung der Leiche berufenen Aerzte suchten vergeblich im Körper die Spuren des Gifts; nach langen, unnützen Versuchen erklärten sie, das Gift sey so geschickt beigebracht worden, daß keine Möglichkeit vorhanden, dessen Spuren in den angegriffenen Organen wieder zu finden. Und doch ist erwiesen, daß in alle dem Kranken gereichten Getränke Gift in Masse geworfen war! ... Hier, wie in allen übrigen Umständen dieses seltsamen Rechtsfalles herrscht Geheimniß. Inmitten all' derer, welche diese schreckliche Geschichte beschäftigt, der Freunde, wie der Feinde, die vertheidigen oder anklagen, zeigt sich Madame Laffarge allein voll Ruhe und Vertrauen. Ihre Freunde haben sie nicht verlassen, und ein junges Mädchen, das sie vor allen liebte, hat sich als besondere Gunst erbeten, ihre Gefangenschaft theilen und bei ihr im Kerker von Tulle bleiben zu dürfen.“

Die gestrigen Kammerverhandlungen über die Motion Gauguier und die Entscheidung dieser Frage geben den Parteien viel zu denken, und haben jene, die der Meinung sind, die französische Nation dürfte nun demnächst vollends einschlafen, in einige Unruhe versetzt. Die Motion Gauguier hatte nichts mehr und nichts weniger zum Gegenstand als die Reform des herrschenden Systems; gleichwohl ward diese Motion nur mit 24 Stimmen verworfen. 198 stimmten gegen 174, und unter jenen 198 waren 160 Angestellte, um deren politische Existenz als Deputirte es sich handelte, und die doch nicht wohl für ihre eigene politische Grablegung stimmen konnten. Dieß sieht eben nicht aus, als ob dem herrschenden System das ewige Leben schon verbürgt wäre. Bekanntlich trug Hr. Gauguier darauf an, man solle den in der Kammer sitzenden Staatsdienern während der Zeit der Sitzung ihre Besoldungen abziehen, um sie mit den übrigen Deputirten, die unentgeltliche Dienste leisten, gleich zu stellen. Die Tendenz dieses Antrags geht dahin, den Staatsdienern die Repräsentantenstellen zu entleiden, oder ihnen die Bekleidung derselben unmöglich zu machen, und der Hofpartei – dem Gouvernement personnel – die Clientel zu entziehen. Anscheinend gerecht, befriedigt der Antrag, wie er gestellt ist, keine Partei. Ja wenn das Gouvernement entschlossen ist, durch Bestechung zu regieren, so würde die Annahme dieser Motion weiter nichts zur Folge haben, als daß den in der Kammer befindlichen Beamten ihr Verlust am Gehalt auf eine andere Weise um so reichlicher ersetzt würde. Viel praktischer wäre es gewesen, hätte Hr. Gauguier darauf angetragen, daß allen Deputirten eine Remuneration verwilligt, daß den Staatsdienern davon ihre Gehalte in Abzug gebracht, und daß sie zu außerordentlichen Beförderungen im Staatsdienste während der Bekleidung ihres Deputirtenamtes unfähig gemacht würden. Darauf zielt auch zum Theil die Ansicht des Hrn. Tocqueville hin, der verlangt, die Deputirten sollten nur diejenigen Beförderungen annehmen dürfen, wozu sie in Kraft der Anciennetät berechtigt seyen. Alle bei Gelegenheit dieser Discussion gehaltenen Reden tragen übrigens den Stempel der Unklarheit und des Mangels an Aufrichtigkeit an sich. Dieß kommt daher, weil es doch nicht parlamentarisch gewesen wäre, den 168 in der Kammer sitzenden Staatsdienern zu sagen, daß sie von der Gewalt durch Dienstbeförderungen bereits bestochen worden, oder daß sie in dieser Absicht sich hätten wählen lassen, oder daß sie für ihre jetzigen Abstimmungen durch künftige Dienstbeförderungen würden bezahlt werden. Dergleichen ließ sich den HH. Collegen nicht mit runden Worten sagen, sie zeigten sich schon empfindlich genug, wenn man ihnen diese bittere Wahrheit auf feine Weise zu verstehen gab. Offenbar fängt die Kammer an, dem Gewicht ihrer eigenen Nullität zu erliegen, und sich nach einem ihrer Bestimmung und Würde entsprechenderen Zustand zu sehnen. Dieses Gefühl offenbarte sich so stark, daß der Justizminister, Hr. Teste, sogar mit Auflösung drohen mußte, im Fall der Motion Gauguier Folge gegeben würde, und daß selbst der wetterwendische Dupin gestand, daß etwas geschehen müsse.

Italien.

Der heutige Jahrestag der Krönung des gegenwärtigen Papstes wurde durch einen feierlichen Gottesdienst in allen Kirchen der Stadt, so wie in der Sixtinischen Capelle (Schloßcapelle des Papstes) gefeiert. Nach Beendigung desselben nahm der heilige Vater die Glückwünsche der Cardinäle und Prälaten, so wie der hohen Staatsbeamten und des Militärs entgegen. Auch dieses Jahr wurden die Gratulationen des diplomatischen Corps, aus mehrern Rücksichten, abgesagt. Die Paläste der Großen und alle öffentlichen Gebäude waren gestern als am Vorabend erleuchtet, was heute Abend wiederholt wird. Eine ansehnliche Summe ist heute von dem Almosenier des Papstes an die Stadtarmen vertheilt worden. – Gestern Vormittag reiste der Herzog von Bordeaux mit seinen Begleitern, dem Herzog de Levis, dem Grafen de Montbel und dem Grafen de Locmaria nach Florenz ab. Sämmtliche sich hier aufhaltende französische Legitimisten hatten sich schon früh in seiner Wohnung eingefunden. Die ältern gaben in Equipagen dem Herzog das Geleite bis an das Weichbild der Stadt, während die jüngern, nahe an vierzig, bis zur ersten Poststation zu Pferde seinen Wagen begleiteten. Der Herzog de Levis wird von Florenz aus nach Frankreich gehen, wohin ihn Familienangelegenheiten rufen. Den Grafen v. Ferronays, welcher sich mit seiner Familie in Neapel befindet, bezeichnet man als den Nachfolger des verstorbenen Herzogs v. Blacas, für den kleinen Hof in Görtz.

Schweiz.

Während an unsern Ufern die Bäume ausschlagen und Blätter treiben, folgt in dem nahen

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legte sie dieselben auch in das an ihren Gatten adressirte Paket. Auffallend auch ist es, daß sie diese Kuchen nicht für ihren Mann allein, sondern auch für ihre Schwester bestimmte, die sie aufs zärtlichste liebte. Laffarge erholte sich von seinem Anfall wieder, es gelang ihm, vermittelst der Garantie seiner Frau 25,000 Fr. zu entlehnen, und am 3 Jan. kam er nach Glandier zurück, wohin er von jenem Anlehen 15,000 Fr. mitbrachte, die wenige Tage darauf entwendet wurden, ohne daß man mehr eine Spur davon fand. Die Gesundheit Laffarge's war schwankend, doch konnte er seinem Geschäft wieder obliegen. Bald aber zeigten sich neue Symptome, das Erbrechen kehrte wieder. Eines Tags wurde ihm ein Trank gereicht, den er wegen seines scharfen Geruchs zurückstieß; ein Verdacht kam ihm plötzlich in die Seele und bald zeigte es sich, daß dieser Trank eine Dosis Arsenik enthielt, die hingereicht hätte, zwanzig Personen zu vergiften. Von den Aerzten hatte keiner zuvor an Vergiftung gedacht, Einer der Gläubiger Laffarge's, den der Zustand seines Schuldners erschreckte, verlangte damals Bürgschaft für eine Summe von 28,000 Fr., und ohne Zaudern gab Madame Laffarge ihre persönliche Unterschrift. Am 15 Jan. starb Hr. Laffarge. Im Augenblick, als die Gerichtspersonen erschienen, um den Zustand der Leiche zu untersuchen, fand es sich, daß durch einen unerklärlichen Zufall am Sterbebett ein neuer Rock hing, den Laffarge seit langer Zeit nicht mehr getragen hatte, und in dessen Tasche sich, als sey er mit Fleiß sorgfältig aufbewahrt, der Brief vom Monat August vorfand, in welchem Madame Laffarge ihrem Mann ihre frühere Liebe und ihren Entschluß zu fliehen gestand. Die zur Oeffnung der Leiche berufenen Aerzte suchten vergeblich im Körper die Spuren des Gifts; nach langen, unnützen Versuchen erklärten sie, das Gift sey so geschickt beigebracht worden, daß keine Möglichkeit vorhanden, dessen Spuren in den angegriffenen Organen wieder zu finden. Und doch ist erwiesen, daß in alle dem Kranken gereichten Getränke Gift in Masse geworfen war! ... Hier, wie in allen übrigen Umständen dieses seltsamen Rechtsfalles herrscht Geheimniß. Inmitten all' derer, welche diese schreckliche Geschichte beschäftigt, der Freunde, wie der Feinde, die vertheidigen oder anklagen, zeigt sich Madame Laffarge allein voll Ruhe und Vertrauen. Ihre Freunde haben sie nicht verlassen, und ein junges Mädchen, das sie vor allen liebte, hat sich als besondere Gunst erbeten, ihre Gefangenschaft theilen und bei ihr im Kerker von Tulle bleiben zu dürfen.&#x201C;</p>
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[0364/0004] legte sie dieselben auch in das an ihren Gatten adressirte Paket. Auffallend auch ist es, daß sie diese Kuchen nicht für ihren Mann allein, sondern auch für ihre Schwester bestimmte, die sie aufs zärtlichste liebte. Laffarge erholte sich von seinem Anfall wieder, es gelang ihm, vermittelst der Garantie seiner Frau 25,000 Fr. zu entlehnen, und am 3 Jan. kam er nach Glandier zurück, wohin er von jenem Anlehen 15,000 Fr. mitbrachte, die wenige Tage darauf entwendet wurden, ohne daß man mehr eine Spur davon fand. Die Gesundheit Laffarge's war schwankend, doch konnte er seinem Geschäft wieder obliegen. Bald aber zeigten sich neue Symptome, das Erbrechen kehrte wieder. Eines Tags wurde ihm ein Trank gereicht, den er wegen seines scharfen Geruchs zurückstieß; ein Verdacht kam ihm plötzlich in die Seele und bald zeigte es sich, daß dieser Trank eine Dosis Arsenik enthielt, die hingereicht hätte, zwanzig Personen zu vergiften. Von den Aerzten hatte keiner zuvor an Vergiftung gedacht, Einer der Gläubiger Laffarge's, den der Zustand seines Schuldners erschreckte, verlangte damals Bürgschaft für eine Summe von 28,000 Fr., und ohne Zaudern gab Madame Laffarge ihre persönliche Unterschrift. Am 15 Jan. starb Hr. Laffarge. Im Augenblick, als die Gerichtspersonen erschienen, um den Zustand der Leiche zu untersuchen, fand es sich, daß durch einen unerklärlichen Zufall am Sterbebett ein neuer Rock hing, den Laffarge seit langer Zeit nicht mehr getragen hatte, und in dessen Tasche sich, als sey er mit Fleiß sorgfältig aufbewahrt, der Brief vom Monat August vorfand, in welchem Madame Laffarge ihrem Mann ihre frühere Liebe und ihren Entschluß zu fliehen gestand. Die zur Oeffnung der Leiche berufenen Aerzte suchten vergeblich im Körper die Spuren des Gifts; nach langen, unnützen Versuchen erklärten sie, das Gift sey so geschickt beigebracht worden, daß keine Möglichkeit vorhanden, dessen Spuren in den angegriffenen Organen wieder zu finden. Und doch ist erwiesen, daß in alle dem Kranken gereichten Getränke Gift in Masse geworfen war! ... Hier, wie in allen übrigen Umständen dieses seltsamen Rechtsfalles herrscht Geheimniß. Inmitten all' derer, welche diese schreckliche Geschichte beschäftigt, der Freunde, wie der Feinde, die vertheidigen oder anklagen, zeigt sich Madame Laffarge allein voll Ruhe und Vertrauen. Ihre Freunde haben sie nicht verlassen, und ein junges Mädchen, das sie vor allen liebte, hat sich als besondere Gunst erbeten, ihre Gefangenschaft theilen und bei ihr im Kerker von Tulle bleiben zu dürfen.“ _ Paris, 8 Febr. Die gestrigen Kammerverhandlungen über die Motion Gauguier und die Entscheidung dieser Frage geben den Parteien viel zu denken, und haben jene, die der Meinung sind, die französische Nation dürfte nun demnächst vollends einschlafen, in einige Unruhe versetzt. Die Motion Gauguier hatte nichts mehr und nichts weniger zum Gegenstand als die Reform des herrschenden Systems; gleichwohl ward diese Motion nur mit 24 Stimmen verworfen. 198 stimmten gegen 174, und unter jenen 198 waren 160 Angestellte, um deren politische Existenz als Deputirte es sich handelte, und die doch nicht wohl für ihre eigene politische Grablegung stimmen konnten. Dieß sieht eben nicht aus, als ob dem herrschenden System das ewige Leben schon verbürgt wäre. Bekanntlich trug Hr. Gauguier darauf an, man solle den in der Kammer sitzenden Staatsdienern während der Zeit der Sitzung ihre Besoldungen abziehen, um sie mit den übrigen Deputirten, die unentgeltliche Dienste leisten, gleich zu stellen. Die Tendenz dieses Antrags geht dahin, den Staatsdienern die Repräsentantenstellen zu entleiden, oder ihnen die Bekleidung derselben unmöglich zu machen, und der Hofpartei – dem Gouvernement personnel – die Clientel zu entziehen. Anscheinend gerecht, befriedigt der Antrag, wie er gestellt ist, keine Partei. Ja wenn das Gouvernement entschlossen ist, durch Bestechung zu regieren, so würde die Annahme dieser Motion weiter nichts zur Folge haben, als daß den in der Kammer befindlichen Beamten ihr Verlust am Gehalt auf eine andere Weise um so reichlicher ersetzt würde. Viel praktischer wäre es gewesen, hätte Hr. Gauguier darauf angetragen, daß allen Deputirten eine Remuneration verwilligt, daß den Staatsdienern davon ihre Gehalte in Abzug gebracht, und daß sie zu außerordentlichen Beförderungen im Staatsdienste während der Bekleidung ihres Deputirtenamtes unfähig gemacht würden. Darauf zielt auch zum Theil die Ansicht des Hrn. Tocqueville hin, der verlangt, die Deputirten sollten nur diejenigen Beförderungen annehmen dürfen, wozu sie in Kraft der Anciennetät berechtigt seyen. Alle bei Gelegenheit dieser Discussion gehaltenen Reden tragen übrigens den Stempel der Unklarheit und des Mangels an Aufrichtigkeit an sich. Dieß kommt daher, weil es doch nicht parlamentarisch gewesen wäre, den 168 in der Kammer sitzenden Staatsdienern zu sagen, daß sie von der Gewalt durch Dienstbeförderungen bereits bestochen worden, oder daß sie in dieser Absicht sich hätten wählen lassen, oder daß sie für ihre jetzigen Abstimmungen durch künftige Dienstbeförderungen würden bezahlt werden. Dergleichen ließ sich den HH. Collegen nicht mit runden Worten sagen, sie zeigten sich schon empfindlich genug, wenn man ihnen diese bittere Wahrheit auf feine Weise zu verstehen gab. Offenbar fängt die Kammer an, dem Gewicht ihrer eigenen Nullität zu erliegen, und sich nach einem ihrer Bestimmung und Würde entsprechenderen Zustand zu sehnen. Dieses Gefühl offenbarte sich so stark, daß der Justizminister, Hr. Teste, sogar mit Auflösung drohen mußte, im Fall der Motion Gauguier Folge gegeben würde, und daß selbst der wetterwendische Dupin gestand, daß etwas geschehen müsse. Italien. _ Rom, 6 Febr. Der heutige Jahrestag der Krönung des gegenwärtigen Papstes wurde durch einen feierlichen Gottesdienst in allen Kirchen der Stadt, so wie in der Sixtinischen Capelle (Schloßcapelle des Papstes) gefeiert. Nach Beendigung desselben nahm der heilige Vater die Glückwünsche der Cardinäle und Prälaten, so wie der hohen Staatsbeamten und des Militärs entgegen. Auch dieses Jahr wurden die Gratulationen des diplomatischen Corps, aus mehrern Rücksichten, abgesagt. Die Paläste der Großen und alle öffentlichen Gebäude waren gestern als am Vorabend erleuchtet, was heute Abend wiederholt wird. Eine ansehnliche Summe ist heute von dem Almosenier des Papstes an die Stadtarmen vertheilt worden. – Gestern Vormittag reiste der Herzog von Bordeaux mit seinen Begleitern, dem Herzog de Levis, dem Grafen de Montbel und dem Grafen de Locmaria nach Florenz ab. Sämmtliche sich hier aufhaltende französische Legitimisten hatten sich schon früh in seiner Wohnung eingefunden. Die ältern gaben in Equipagen dem Herzog das Geleite bis an das Weichbild der Stadt, während die jüngern, nahe an vierzig, bis zur ersten Poststation zu Pferde seinen Wagen begleiteten. Der Herzog de Levis wird von Florenz aus nach Frankreich gehen, wohin ihn Familienangelegenheiten rufen. Den Grafen v. Ferronays, welcher sich mit seiner Familie in Neapel befindet, bezeichnet man als den Nachfolger des verstorbenen Herzogs v. Blacas, für den kleinen Hof in Görtz. Schweiz. _ Vom Genfer See, 6 Febr. Während an unsern Ufern die Bäume ausschlagen und Blätter treiben, folgt in dem nahen

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 46. Augsburg, 15. Februar 1840, S. 0364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_046_18400215/4>, abgerufen am 29.04.2024.