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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862.

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tallen, oberd. talken, ungereimtes Zeug reden, närrisch, albern,
niederd. dwalsch, ist deutschen Stammes mit adjectivischer Endung
isch, vgl. Adelung, I, 1374; Schmeller, I, 364, wie das
schwäbische dilledapp, dilledalli, dirledapp bei Schmid,
a. a. O., S. 126. Der Furatsch, Fuhrmann der Rotwelschen
Grammatik scheint nicht einmal vom deutschen Fahr, Fuhr, herzu-
kommen, sondern geradezu eine Verstümmelung des französischen
fourage und zunächst wol auf Marketender- und Proviantwagen
bezogen worden zu sein.

Endlich zeichnet sich noch die der deutschen Sprache ursprüng-
lich fremde, aus dem romanischen ia, ie, entsprungene und von
daher in die hochdeutsche, sowie in die deutsche Gaunersprache
aufgenommene Endung ei, rei (niederd. ie, rie) durch ihr häu-
figes Vorkommen aus. Jm Hochdeutschen bildete sich die Form
ei besonders bei Wörtern mit den tonlosen Endungen er, el, en,
aus Gründen, welche Becker, I, 121 anführt, und dann bei Ver-
ben, welche die Endung eln oder ern haben. Wie im Hochdeut-
schen bezeichnet die Endung ei, wenn sie von Personennamen ge-
bildet wird, Verrichtung, Kunst, Handwerk, Wohnort, Werkstätte
der Person, bei Bildung von Sachnamen den collectiven Begriff,
z. B.: Nafkerei, Bolzerei, Hurerei, Bordell; Tammerei,
Schindergewerbe, Schinderhof; Schoderei, Büttelgewerbe, Büt-
telwohnung; Proscherei, Dieberei; Finkelei, Küche; Butterei,
Speise, Mahl u. s. w.

Die einfachen, mit hans endenden oder auch anfangenden
Wörter sind wahre Zusammensetzungen und werden bei der Wort-
composition erwähnt werden.



Vierundvierzigstes Kapitel.
b. Die Wortzusammensetzung.

Trotz der großen Menge Wörter, welche die deutsche Gauner-
sprache aus allen Ecken und Enden des heimatlichen Bodens mit

tallen, oberd. talken, ungereimtes Zeug reden, närriſch, albern,
niederd. dwalſch, iſt deutſchen Stammes mit adjectiviſcher Endung
iſch, vgl. Adelung, I, 1374; Schmeller, I, 364, wie das
ſchwäbiſche dilledapp, dilledalli, dirledapp bei Schmid,
a. a. O., S. 126. Der Furatſch, Fuhrmann der Rotwelſchen
Grammatik ſcheint nicht einmal vom deutſchen Fahr, Fuhr, herzu-
kommen, ſondern geradezu eine Verſtümmelung des franzöſiſchen
fourage und zunächſt wol auf Marketender- und Proviantwagen
bezogen worden zu ſein.

Endlich zeichnet ſich noch die der deutſchen Sprache urſprüng-
lich fremde, aus dem romaniſchen ia, ie, entſprungene und von
daher in die hochdeutſche, ſowie in die deutſche Gaunerſprache
aufgenommene Endung ei, rei (niederd. ie, rie) durch ihr häu-
figes Vorkommen aus. Jm Hochdeutſchen bildete ſich die Form
ei beſonders bei Wörtern mit den tonloſen Endungen er, el, en,
aus Gründen, welche Becker, I, 121 anführt, und dann bei Ver-
ben, welche die Endung eln oder ern haben. Wie im Hochdeut-
ſchen bezeichnet die Endung ei, wenn ſie von Perſonennamen ge-
bildet wird, Verrichtung, Kūnſt, Handwerk, Wohnort, Werkſtätte
der Perſon, bei Bildung von Sachnamen den collectiven Begriff,
z. B.: Nafkerei, Bolzerei, Hurerei, Bordell; Tammerei,
Schindergewerbe, Schinderhof; Schoderei, Büttelgewerbe, Büt-
telwohnung; Proſcherei, Dieberei; Finkelei, Küche; Butterei,
Speiſe, Mahl u. ſ. w.

Die einfachen, mit hans endenden oder auch anfangenden
Wörter ſind wahre Zuſammenſetzungen und werden bei der Wort-
compoſition erwähnt werden.



Vierundvierzigſtes Kapitel.
ב. Die Wortzuſammenſetzung.

Trotz der großen Menge Wörter, welche die deutſche Gauner-
ſprache aus allen Ecken und Enden des heimatlichen Bodens mit

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[285/0297] tallen, oberd. talken, ungereimtes Zeug reden, närriſch, albern, niederd. dwalſch, iſt deutſchen Stammes mit adjectiviſcher Endung iſch, vgl. Adelung, I, 1374; Schmeller, I, 364, wie das ſchwäbiſche dilledapp, dilledalli, dirledapp bei Schmid, a. a. O., S. 126. Der Furatſch, Fuhrmann der Rotwelſchen Grammatik ſcheint nicht einmal vom deutſchen Fahr, Fuhr, herzu- kommen, ſondern geradezu eine Verſtümmelung des franzöſiſchen fourage und zunächſt wol auf Marketender- und Proviantwagen bezogen worden zu ſein. Endlich zeichnet ſich noch die der deutſchen Sprache urſprüng- lich fremde, aus dem romaniſchen ia, ie, entſprungene und von daher in die hochdeutſche, ſowie in die deutſche Gaunerſprache aufgenommene Endung ei, rei (niederd. ie, rie) durch ihr häu- figes Vorkommen aus. Jm Hochdeutſchen bildete ſich die Form ei beſonders bei Wörtern mit den tonloſen Endungen er, el, en, aus Gründen, welche Becker, I, 121 anführt, und dann bei Ver- ben, welche die Endung eln oder ern haben. Wie im Hochdeut- ſchen bezeichnet die Endung ei, wenn ſie von Perſonennamen ge- bildet wird, Verrichtung, Kūnſt, Handwerk, Wohnort, Werkſtätte der Perſon, bei Bildung von Sachnamen den collectiven Begriff, z. B.: Nafkerei, Bolzerei, Hurerei, Bordell; Tammerei, Schindergewerbe, Schinderhof; Schoderei, Büttelgewerbe, Büt- telwohnung; Proſcherei, Dieberei; Finkelei, Küche; Butterei, Speiſe, Mahl u. ſ. w. Die einfachen, mit hans endenden oder auch anfangenden Wörter ſind wahre Zuſammenſetzungen und werden bei der Wort- compoſition erwähnt werden. Vierundvierzigſtes Kapitel. ב. Die Wortzuſammenſetzung. Trotz der großen Menge Wörter, welche die deutſche Gauner- ſprache aus allen Ecken und Enden des heimatlichen Bodens mit

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/297>, abgerufen am 29.04.2024.