den unterstützenden Stab entbehren, der meine wankenden Schritte gesichert hatte.
Nun will ich keinen Augenblick mehr verlieren, euch wieder zu grüssen, ihr ver- jüngten Gefilde die ich das letztemal noch mit tiefem Schnee bedeckt sah. Wie hat sich alles in euch, aus einem unabsehlichen Chaos in eine Scene des Wohllauts verän- dert! Tausend Empfindungen strömen von allen Seiten auf mich zu. O! ich will sie alle, mit allen Sinnen geniessen. Sie sol- len meine Seele erquicken, wie ein langege- hoffter Regen die lechzenden Felder er- quickt. Und in der That ist es, als ob ich alles um mich mit geschärfteren Sinnen, mit verfeinerten Gefühl empfände. Wie sanft erwärmt mich, o Sonne, dein allbelebender Stral! Jch fühl' ihn jede meiner schwellen- den Adern durchirren. Wie erfrischend umweht mich die geruchreiche Luft! Wie
den unterſtützenden Stab entbehren, der meine wankenden Schritte geſichert hatte.
Nun will ich keinen Augenblick mehr verlieren, euch wieder zu grüſsen, ihr ver- jüngten Gefilde die ich das letztemal noch mit tiefem Schnee bedeckt ſah. Wie hat ſich alles in euch, aus einem unabſehlichen Chaos in eine Scene des Wohllauts verän- dert! Tauſend Empfindungen ſtrömen von allen Seiten auf mich zu. O! ich will ſie alle, mit allen Sinnen genieſsen. Sie ſol- len meine Seele erquicken, wie ein langege- hoffter Regen die lechzenden Felder er- quickt. Und in der That iſt es, als ob ich alles um mich mit geſchärfteren Sinnen, mit verfeinerten Gefühl empfände. Wie ſanft erwärmt mich, o Sonne, dein allbelebender Stral! Jch fühl’ ihn jede meiner ſchwellen- den Adern durchirren. Wie erfriſchend umweht mich die geruchreiche Luft! Wie
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den unterſtützenden Stab entbehren, der
meine wankenden Schritte geſichert hatte.
Nun will ich keinen Augenblick mehr
verlieren, euch wieder zu grüſsen, ihr ver-
jüngten Gefilde die ich das letztemal noch
mit tiefem Schnee bedeckt ſah. Wie hat
ſich alles in euch, aus einem unabſehlichen
Chaos in eine Scene des Wohllauts verän-
dert! Tauſend Empfindungen ſtrömen von
allen Seiten auf mich zu. O! ich will ſie
alle, mit allen Sinnen genieſsen. Sie ſol-
len meine Seele erquicken, wie ein langege-
hoffter Regen die lechzenden Felder er-
quickt. Und in der That iſt es, als ob ich
alles um mich mit geſchärfteren Sinnen, mit
verfeinerten Gefühl empfände. Wie ſanft
erwärmt mich, o Sonne, dein allbelebender
Stral! Jch fühl’ ihn jede meiner ſchwellen-
den Adern durchirren. Wie erfriſchend
umweht mich die geruchreiche Luft! Wie
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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/156>, abgerufen am 26.04.2024.
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