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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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Beschreibung

Jhr könnet hieraus schliessen/ daß uns weder Ad-
vocat
noch Procurator nöthig sey/ weil nemlich die
Gericht-Sachen gar geschwind zu Ende kommen/ und
vielleicht mit besserem Recht als in andern Örtern zu
geschehen pfleget/ allein dieses ist auch nicht zu leugnen/
daß sie lange nicht von solcher Wichtigkeit seynd/ daß
man eines Advocaten Raht hiezu nöthig hätte; ange-
sehen sie insgemein sehr leichte/ imgleichen Kläger so-
wol als Beklagter sehr einfältig seynd/ so daß eine Sa-
che mit geringer Mühe kan beygeleget werden. Nun
will ich euch selbst urtheilen lassen/ ob dergleichen Ge-
richts-Forme gut oder verwerfflich sey.

Die Geld- oder andere Straffen belangend/ so
mercket/ daß man den Mord auf zweyerley Art abstraf-
fe/ entweder dem Mörder das Leben abzusprechen/
oder denselben zu Erlegung einer gewissen Summa
Geldes zu verdammen. Drittens wird auch noch ein
Unterscheid gemacht zwischen Landes-Einwohnern/
freye Leute und Sclaven.

Das Leben wird dem Mörder selten genommen/
wenn er gute reiche Freunde hat/ so die erkandte Geld-
Straffe erlegen können. Dafern es aber geschiehet/
daß ein Landes Einwohner/ zu sagen frey gebohrner
Mensch im Lande Axim von jemand entleibet würde/
und daß man dem Thäter das Leben nicht absprechen
will/ wird ihm allein die von Alters her gegen solch ein
Verbrechen beliebete Geld-Straffe von 500. Thalern
zu erkandt, wiewol es selten geschiehet daß er die gantze
Summa bezahlet/ sondern gemeiniglich einen guten
Theil zurück behält/ nachdem der Verstorbene viel
vor nehme Freunde hat/ denn diese können nach ihrem
Belieben die Straffe lindern; worinnen sich ein ge-

wisser
Beſchreibung

Jhr koͤnnet hieraus ſchlieſſen/ daß uns weder Ad-
vocat
noch Procurator noͤthig ſey/ weil nemlich die
Gericht-Sachen gar geſchwind zu Ende kommen/ und
vielleicht mit beſſerem Recht als in andern Oͤrtern zu
geſchehen pfleget/ allein dieſes iſt auch nicht zu leugnen/
daß ſie lange nicht von ſolcher Wichtigkeit ſeynd/ daß
man eines Advocaten Raht hiezu noͤthig haͤtte; ange-
ſehen ſie insgemein ſehr leichte/ imgleichen Klaͤger ſo-
wol als Beklagter ſehr einfaͤltig ſeynd/ ſo daß eine Sa-
che mit geringer Muͤhe kan beygeleget werden. Nun
will ich euch ſelbſt urtheilen laſſen/ ob dergleichen Ge-
richts-Forme gut oder verwerfflich ſey.

Die Geld- oder andere Straffen belangend/ ſo
mercket/ daß man den Mord auf zweyerley Art abſtraf-
fe/ entweder dem Moͤrder das Leben abzuſprechen/
oder denſelben zu Erlegung einer gewiſſen Summa
Geldes zu verdammen. Drittens wird auch noch ein
Unterſcheid gemacht zwiſchen Landes-Einwohnern/
freye Leute und Sclaven.

Das Leben wird dem Moͤrder ſelten genommen/
wenn er gute reiche Freunde hat/ ſo die erkandte Geld-
Straffe erlegen koͤnnen. Dafern es aber geſchiehet/
daß ein Landes Einwohner/ zu ſagen frey gebohrner
Menſch im Lande Axim von jemand entleibet wuͤrde/
und daß man dem Thaͤter das Leben nicht abſprechen
will/ wird ihm allein die von Alters her gegen ſolch ein
Verbrechen beliebete Geld-Straffe von 500. Thalern
zu erkandt, wiewol es ſelten geſchiehet daß er die gantze
Summa bezahlet/ ſondern gemeiniglich einen guten
Theil zuruͤck behaͤlt/ nachdem der Verſtorbene viel
vor nehme Freunde hat/ denn dieſe koͤnnen nach ihrem
Belieben die Straffe lindern; worinnen ſich ein ge-

wiſſer
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[204/0248] Beſchreibung Jhr koͤnnet hieraus ſchlieſſen/ daß uns weder Ad- vocat noch Procurator noͤthig ſey/ weil nemlich die Gericht-Sachen gar geſchwind zu Ende kommen/ und vielleicht mit beſſerem Recht als in andern Oͤrtern zu geſchehen pfleget/ allein dieſes iſt auch nicht zu leugnen/ daß ſie lange nicht von ſolcher Wichtigkeit ſeynd/ daß man eines Advocaten Raht hiezu noͤthig haͤtte; ange- ſehen ſie insgemein ſehr leichte/ imgleichen Klaͤger ſo- wol als Beklagter ſehr einfaͤltig ſeynd/ ſo daß eine Sa- che mit geringer Muͤhe kan beygeleget werden. Nun will ich euch ſelbſt urtheilen laſſen/ ob dergleichen Ge- richts-Forme gut oder verwerfflich ſey. Die Geld- oder andere Straffen belangend/ ſo mercket/ daß man den Mord auf zweyerley Art abſtraf- fe/ entweder dem Moͤrder das Leben abzuſprechen/ oder denſelben zu Erlegung einer gewiſſen Summa Geldes zu verdammen. Drittens wird auch noch ein Unterſcheid gemacht zwiſchen Landes-Einwohnern/ freye Leute und Sclaven. Das Leben wird dem Moͤrder ſelten genommen/ wenn er gute reiche Freunde hat/ ſo die erkandte Geld- Straffe erlegen koͤnnen. Dafern es aber geſchiehet/ daß ein Landes Einwohner/ zu ſagen frey gebohrner Menſch im Lande Axim von jemand entleibet wuͤrde/ und daß man dem Thaͤter das Leben nicht abſprechen will/ wird ihm allein die von Alters her gegen ſolch ein Verbrechen beliebete Geld-Straffe von 500. Thalern zu erkandt, wiewol es ſelten geſchiehet daß er die gantze Summa bezahlet/ ſondern gemeiniglich einen guten Theil zuruͤck behaͤlt/ nachdem der Verſtorbene viel vor nehme Freunde hat/ denn dieſe koͤnnen nach ihrem Belieben die Straffe lindern; worinnen ſich ein ge- wiſſer

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/248>, abgerufen am 27.04.2024.