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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Drittes Buch.
Liebden ich verlassen/ und den Weg zur Rettung (wie ich hoffe) der geraubeten fortgesetzet habe; weil
aber die äusserste Noht und Gefahr/ welche der Höfligkeit Satzungen zu überschreiten offt gezwun-
gen wird/ mich meiner Schuldigkeit entrissen/ und nach dem Meer hingeführet haben/ hoffe ich gänz-
lich/ es werden Eure Liebden mir diesen Fehler biß dahin schenken/ daß ich durch meines GOttes Lei-
tung mich wieder einstellen/ und umb Verzeihung gebührlich anhalten werde/ da meiner Frl. Schwe-
ster Frl. Valisken Vorbitte ich mich kühnlich gebrauchen werde/ welche dann/ vermöge unser Vertrau-
ligkeit/ mir solche nicht abschlagen wird/ erwarte nur mit höchstem Verlangen/ was dieselbe wird wir-
ken können. Inzwischen befehle ich alle meine Freunde und Freundinnen dem Schuz des Allmächtigen
wahren Gottes/ mit Bitte/ meine hochgeliebete Fr. Mutter/ die Fr. Stathalterin/ wie auch Fr. Ur-
sulen/ Frl. Helenen/ und Jungfer Libussen herz- und dienstlich zugrüssen/ und verbleibe Zeit meines
Lebens meiner Fr. und Frl. Schwester dienstschuldiger Knecht Herkules.

Ich rechne mirs vor eine grosse Ehre/ sagte das Fräulein nach verlesung/ daß der trefli-
che Held diesen Brieff an mich zugleich hat richten wollen/ und bitte sehr/ ein solches in-
gehe im zuhalten/ damit nicht Frl. Helena daher neue Ursach bekomme/ ihren ganz närri-
schen Eifer wieder auffzublasen/ dessen ich doch an meiner Seiten von Herzen lache/ wün-
sche nur von ganzer Seele/ daß er sein ihm ohn zweiffel schon verlobetes Fräulein ehist ge-
sund und ihrer Ehren unverlezt antreffen/ und zu uns herüber bringen möge/ biß dahin ich
nicht willens bin von hinnen zuscheiden/ damit in dero Kundschafft durch euren Vor-
schub ich angenommen werde. Sie antwortete: Ich werde auch mit meinem Willen euch
nicht von mir lassen/ darumb gedenket ja auff kein wegzihen; was ich aber wegen Herrn
Herkules seiner Liebe zu diesem Königl. Fräulein urteilen sol/ weiß ich durch aus nicht;
zwar allem Ansehen nach kan es nicht wol anders seyn/ wann ich seine Ohmacht und ge-
führete Klagen/ ja wann ich seine schleunige Nachfolge betrachte. Hingegen versichert
mich mein Ladisla/ daß ihm von nichts bewust sey/ ja er hält es vor ungläublich/ weil sie in
so langer Zeit einander weder gesehen/ noch durch Schreiben gegrüsset haben. Aber saget
mir mein Schwesterchen/ welcher Meinung doch gebet ihr Beyfal? Beyfal? sagte das
Fräulein; lieber leset nur sein Schreiben mit etwas Nachdenken/ und betrachtet zugleich
mit seine schon angeführete Ohmacht und Klage/ als dann werdet ihr durch eures Gemahls
Einwürffe euch wenig irren lassen; dann kunten sie ihre Liebe nicht ja so heimlich halten
vor ihm/ als euer Bruder und sein Ursulchen vor euch? oder werden sie ihre vertrauete
Schreiben in dieser Heimligkeit geschrieben/ eurem Gemahl erst zulesen eingeschikt haben?
Was hälten sie aber vor Ursach gehabt/ ihre Liebe vor meinem Ladisla zuverbergen/ ant-
wortete Fr. Sophia/ als welcher nichts tadeln kan was seinem Herkules gefält? Tausen-
derley Ursachen/ sagte sie/ haben sich finden können; und warumb hat euer Bruder seine
Liebe vor euch so verborgen gehalten/ welcher eben wol eurer guten Einwilligung versichert
gnug wahr? Es hat mit der Liebe nicht eine solche beschaffenheit/ als mit andern Sachen;
alles offenbahret man guten vertraueten Freunden/ Glük und Unglük/ Freude und Leid;
aber die Liebe/ so lange sie wünschet heimlich zu seyn/ wil sie auch von dem besten Freunde
nicht erkennet seyn. Ich wil euch dieses lassen gehen/ sagte Fr. Sophia/ aber ich sehe nicht/
warumb ich aus seiner Ohmacht und Klage seine Liebe schliessen solte. O so einfältig/ Fr.
Schwester/ seid ihr nicht/ antwortete das Fräulein/ daß ihr solches nicht vor ein unfehl-
bares Zeichen seiner Liebe schätzen soltet. Da recht mein Schwesterchen/ da recht/ sagte

Fr. So-

Drittes Buch.
Liebden ich verlaſſen/ und den Weg zur Rettung (wie ich hoffe) der geraubeten fortgeſetzet habe; weil
aber die aͤuſſerſte Noht und Gefahr/ welche der Hoͤfligkeit Satzungen zu uͤberſchreiten offt gezwun-
gen wird/ mich meiner Schuldigkeit entriſſen/ und nach dem Meer hingefuͤhret haben/ hoffe ich gaͤnz-
lich/ es werden Eure Liebden mir dieſen Fehler biß dahin ſchenken/ daß ich durch meines GOttes Lei-
tung mich wieder einſtellen/ und umb Verzeihung gebuͤhrlich anhalten werde/ da meiner Frl. Schwe-
ſter Frl. Valiſken Vorbitte ich mich kuͤhnlich gebrauchen werde/ welche dañ/ vermoͤge unſer Vertrau-
ligkeit/ mir ſolche nicht abſchlagen wird/ erwarte nur mit hoͤchſtem Verlangen/ was dieſelbe wird wir-
ken koͤnnen. Inzwiſchen befehle ich alle meine Freunde und Freundinnen dem Schuz des Allmaͤchtigen
wahren Gottes/ mit Bitte/ meine hochgeliebete Fr. Mutter/ die Fr. Stathalterin/ wie auch Fr. Ur-
ſulen/ Frl. Helenen/ und Jungfer Libuſſen herz- und dienſtlich zugruͤſſen/ und verbleibe Zeit meines
Lebens meiner Fr. und Frl. Schweſter dienſtſchuldiger Knecht Herkules.

Ich rechne mirs vor eine groſſe Ehre/ ſagte das Fraͤulein nach verleſung/ daß der trefli-
che Held dieſen Brieff an mich zugleich hat richten wollen/ und bitte ſehr/ ein ſolches in-
gehe im zuhalten/ damit nicht Frl. Helena daher neue Urſach bekomme/ ihren ganz naͤrri-
ſchen Eifer wieder auffzublaſen/ deſſen ich doch an meiner Seiten von Herzen lache/ wuͤn-
ſche nur von ganzer Seele/ daß er ſein ihm ohn zweiffel ſchon verlobetes Fraͤulein ehiſt ge-
ſund und ihrer Ehren unverlezt antreffen/ und zu uns heruͤber bringen moͤge/ biß dahin ich
nicht willens bin von hinnen zuſcheiden/ damit in dero Kundſchafft durch euren Vor-
ſchub ich angenom̄en werde. Sie antwortete: Ich werde auch mit meinem Willen euch
nicht von mir laſſen/ darumb gedenket ja auff kein wegzihen; was ich aber wegen Herrn
Herkules ſeiner Liebe zu dieſem Koͤnigl. Fraͤulein urteilen ſol/ weiß ich durch aus nicht;
zwar allem Anſehen nach kan es nicht wol anders ſeyn/ wann ich ſeine Ohmacht und ge-
fuͤhrete Klagen/ ja wann ich ſeine ſchleunige Nachfolge betrachte. Hingegen verſichert
mich mein Ladiſla/ daß ihm von nichts bewuſt ſey/ ja er haͤlt es vor unglaͤublich/ weil ſie in
ſo langer Zeit einander weder geſehen/ noch durch Schreiben gegruͤſſet haben. Aber ſaget
mir mein Schweſterchen/ welcher Meinung doch gebet ihr Beyfal? Beyfal? ſagte das
Fraͤulein; lieber leſet nur ſein Schreiben mit etwas Nachdenken/ und betrachtet zugleich
mit ſeine ſchon angefuͤhrete Ohmacht uñ Klage/ als dañ werdet ihr durch eures Gemahls
Einwuͤrffe euch wenig irren laſſen; dann kunten ſie ihre Liebe nicht ja ſo heimlich halten
vor ihm/ als euer Bruder und ſein Urſulchen vor euch? oder werden ſie ihre vertrauete
Schreiben in dieſer Heimligkeit geſchrieben/ eurem Gemahl erſt zuleſen eingeſchikt habẽ?
Was haͤlten ſie aber vor Urſach gehabt/ ihre Liebe vor meinem Ladiſla zuverbergen/ ant-
wortete Fr. Sophia/ als welcher nichts tadeln kan was ſeinem Herkules gefaͤlt? Tauſen-
derley Urſachen/ ſagte ſie/ haben ſich finden koͤnnen; und warumb hat euer Bruder ſeine
Liebe vor euch ſo verborgen gehaltẽ/ welcher eben wol eurer guten Einwilligung verſicheꝛt
gnug wahr? Es hat mit der Liebe nicht eine ſolche beſchaffenheit/ als mit andern Sachen;
alles offenbahret man guten vertraueten Freunden/ Gluͤk und Ungluͤk/ Freude und Leid;
aber die Liebe/ ſo lange ſie wuͤnſchet heimlich zu ſeyn/ wil ſie auch von dem beſten Freunde
nicht erkennet ſeyn. Ich wil euch dieſes laſſen gehen/ ſagte Fr. Sophia/ aber ich ſehe nicht/
warumb ich aus ſeiner Ohmacht und Klage ſeine Liebe ſchlieſſen ſolte. O ſo einfaͤltig/ Fr.
Schweſter/ ſeid ihr nicht/ antwortete das Fraͤulein/ daß ihr ſolches nicht vor ein unfehl-
bares Zeichen ſeiner Liebe ſchaͤtzen ſoltet. Da recht mein Schweſterchen/ da recht/ ſagte

Fr. So-
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[503/0541] Drittes Buch. Liebden ich verlaſſen/ und den Weg zur Rettung (wie ich hoffe) der geraubeten fortgeſetzet habe; weil aber die aͤuſſerſte Noht und Gefahr/ welche der Hoͤfligkeit Satzungen zu uͤberſchreiten offt gezwun- gen wird/ mich meiner Schuldigkeit entriſſen/ und nach dem Meer hingefuͤhret haben/ hoffe ich gaͤnz- lich/ es werden Eure Liebden mir dieſen Fehler biß dahin ſchenken/ daß ich durch meines GOttes Lei- tung mich wieder einſtellen/ und umb Verzeihung gebuͤhrlich anhalten werde/ da meiner Frl. Schwe- ſter Frl. Valiſken Vorbitte ich mich kuͤhnlich gebrauchen werde/ welche dañ/ vermoͤge unſer Vertrau- ligkeit/ mir ſolche nicht abſchlagen wird/ erwarte nur mit hoͤchſtem Verlangen/ was dieſelbe wird wir- ken koͤnnen. Inzwiſchen befehle ich alle meine Freunde und Freundinnen dem Schuz des Allmaͤchtigen wahren Gottes/ mit Bitte/ meine hochgeliebete Fr. Mutter/ die Fr. Stathalterin/ wie auch Fr. Ur- ſulen/ Frl. Helenen/ und Jungfer Libuſſen herz- und dienſtlich zugruͤſſen/ und verbleibe Zeit meines Lebens meiner Fr. und Frl. Schweſter dienſtſchuldiger Knecht Herkules. Ich rechne mirs vor eine groſſe Ehre/ ſagte das Fraͤulein nach verleſung/ daß der trefli- che Held dieſen Brieff an mich zugleich hat richten wollen/ und bitte ſehr/ ein ſolches in- gehe im zuhalten/ damit nicht Frl. Helena daher neue Urſach bekomme/ ihren ganz naͤrri- ſchen Eifer wieder auffzublaſen/ deſſen ich doch an meiner Seiten von Herzen lache/ wuͤn- ſche nur von ganzer Seele/ daß er ſein ihm ohn zweiffel ſchon verlobetes Fraͤulein ehiſt ge- ſund und ihrer Ehren unverlezt antreffen/ und zu uns heruͤber bringen moͤge/ biß dahin ich nicht willens bin von hinnen zuſcheiden/ damit in dero Kundſchafft durch euren Vor- ſchub ich angenom̄en werde. Sie antwortete: Ich werde auch mit meinem Willen euch nicht von mir laſſen/ darumb gedenket ja auff kein wegzihen; was ich aber wegen Herrn Herkules ſeiner Liebe zu dieſem Koͤnigl. Fraͤulein urteilen ſol/ weiß ich durch aus nicht; zwar allem Anſehen nach kan es nicht wol anders ſeyn/ wann ich ſeine Ohmacht und ge- fuͤhrete Klagen/ ja wann ich ſeine ſchleunige Nachfolge betrachte. Hingegen verſichert mich mein Ladiſla/ daß ihm von nichts bewuſt ſey/ ja er haͤlt es vor unglaͤublich/ weil ſie in ſo langer Zeit einander weder geſehen/ noch durch Schreiben gegruͤſſet haben. Aber ſaget mir mein Schweſterchen/ welcher Meinung doch gebet ihr Beyfal? Beyfal? ſagte das Fraͤulein; lieber leſet nur ſein Schreiben mit etwas Nachdenken/ und betrachtet zugleich mit ſeine ſchon angefuͤhrete Ohmacht uñ Klage/ als dañ werdet ihr durch eures Gemahls Einwuͤrffe euch wenig irren laſſen; dann kunten ſie ihre Liebe nicht ja ſo heimlich halten vor ihm/ als euer Bruder und ſein Urſulchen vor euch? oder werden ſie ihre vertrauete Schreiben in dieſer Heimligkeit geſchrieben/ eurem Gemahl erſt zuleſen eingeſchikt habẽ? Was haͤlten ſie aber vor Urſach gehabt/ ihre Liebe vor meinem Ladiſla zuverbergen/ ant- wortete Fr. Sophia/ als welcher nichts tadeln kan was ſeinem Herkules gefaͤlt? Tauſen- derley Urſachen/ ſagte ſie/ haben ſich finden koͤnnen; und warumb hat euer Bruder ſeine Liebe vor euch ſo verborgen gehaltẽ/ welcher eben wol eurer guten Einwilligung verſicheꝛt gnug wahr? Es hat mit der Liebe nicht eine ſolche beſchaffenheit/ als mit andern Sachen; alles offenbahret man guten vertraueten Freunden/ Gluͤk und Ungluͤk/ Freude und Leid; aber die Liebe/ ſo lange ſie wuͤnſchet heimlich zu ſeyn/ wil ſie auch von dem beſten Freunde nicht erkennet ſeyn. Ich wil euch dieſes laſſen gehen/ ſagte Fr. Sophia/ aber ich ſehe nicht/ warumb ich aus ſeiner Ohmacht und Klage ſeine Liebe ſchlieſſen ſolte. O ſo einfaͤltig/ Fr. Schweſter/ ſeid ihr nicht/ antwortete das Fraͤulein/ daß ihr ſolches nicht vor ein unfehl- bares Zeichen ſeiner Liebe ſchaͤtzen ſoltet. Da recht mein Schweſterchen/ da recht/ ſagte Fr. So-

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/541>, abgerufen am 17.06.2024.