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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Drittes Buch.
ich muß des Jünglings lachen/ daß er gerne viel reden wil/ und so wenig Worte weiß; doch
sihet man aus alle seinem tuhn und vornehmen/ daß er nicht/ wie er vorgibt/ nur vom Adel/
sondern von Fürst- oder wol gar Königlichem Geblüte seyn muß/ und tähte sehr wol/ daß
ers von sich sagte/ dann hiedurch würde er ohn zweifel unsern Fürsten bewägen/ daß er ihn
seinen Eltern wieder zuschickete. Fr. Roxane hatte ihre Dienerinnen/ deren sechse waren/
neben dem armen Mägdlein herzu treten lassen/ und sagte sie zu Herkuliskus; Holdseliger
Jüngling/ wollet ihr diesen meinen Leuten etwas/ so stehen sie allhier zu euren Diensten.
Batis stund nicht ferne davon/ und sahe mit betrübten Augen an/ wie seine Gelder solten
ausgeteilet werden/ doch verdroß ihn der Schimpff mehr/ daß er ohn Versuch hatte ver-
spielen müssen/ als der Schade selbst. Herkuliskus hätte ihm das Geld alles gerne wieder-
gegeben/ wann er ihn nicht so schimpflich mit Worten angezapffet/ aber jezt muste ers an-
sehen/ daß er jeder Dienerin/ und dem armen Mägdlein 100 Kronen zuzählete/ doch end-
lich sagte: Wann ich wüste/ daß Batis mir danken wolte/ gäbe ich ihm 100 Kronen zurük.
Dieser nicht faul/ gedachte/ es währe ein guter Nohtpfennig/ und antwortete: Würden mir
100 Kronen geschenket/ ich nähme sie mit gebührlichem Danke an; worauff er noch mit
zur Teilung ging. Es wahr diese Zahlung kaum geendet/ da höreten sie ein Geruffe: Ret-
tet euer Leben/ rettet euer Leben! worüber sie alle erschraken/ und nach dem innern Gebäu
zulieffen/ ohn Herkuliskus ließ sich nichts anfechten/ sondern nam alsbald seine Pfeil und
Bogen zur Hand/ und sahe darauff ein erschrekliches Tigertihr daher auff ihn zuspringen/
und mit offenem Rachen sein zubegehren/ dessen er fleissig wahr nam/ und nach dem er sei-
nen Vortel ersahe/ ihm einen Pfeil in den Rachen schoß/ bald noch einen ins Auge/ dz es über
und über purzelte; fassete nachgehends Mazeus Seitengewehr (welches an der Wand hing)
ging hinzu/ und erstach es damit vollends. Die übrigen hatten sich unterdessen in Gewahr-
sam begeben/ und beklagten den ädlen Jüngling/ welchen sie schon vor tod und zerrissen hiel-
ten/ gleich da er zu ihnen mit dem blutigen Säbel hinein trat/ und mit hellfeurigen Augen
sie ansahe; Worüber Mazeus sich entsetzend/ zu ihm sagte: Göttlicher Jüngling/ wie habt
ihr des grimmigen Tihrs euch erwehren mögen? Gnädiger Herr/ antwortete er/ Eure Gn.
mit ihrer Geselschafft treten nur kühnlich hervor/ dann dieses scheußliche Tihr wird fort-
hin niemand schaden tuhn noch Schrecken einjagen/ nach dem seine Wuht einmahl gänz-
lich gedämpffet ist. Sie gingen ingesamt mit ihm hin und sahen es in seinem Blute ligen/
wusten nicht/ was sie vor Wunder sagen und gedenken solten; Dann währe Herkuliskus
nicht so bald fertig gewest/ würde ihre Flucht viel zu spat/ und allerdinge vergebens gewe-
sen seyn; massen das ergrimmete abgehungerte Tihr aus seinem Kefich losgebrochen war/
weil der darzu bestimmete Knecht sein vergessen/ und drey Tage lang ohn Speise gelassen
hatte. Mazeus erkennete diese Rettung vor eine sonderliche Schickung der Götter/ und
sagte zu Herkuliskus: Nun weiß ich nicht/ ob ich Menschen oder Götter in meiner Gesel-
schafft habe/ und gewißlich/ da euch die Götter nicht gezeuget/ müsset ihr zum wenigsten ih-
res Geblütes seyn. Ach mein Herr/ antwortete er auff Griechisch; solten Götter wol zeu-
gen? Ja solten sie wol schwache Menschen zeugen/ und sie nachgehends dem Glük überge-
ben/ daß sie von boßhafften Räubern weggeführet würden? Doch auf gewisse art/ sind wir
Menschen alle Göttliches Geschlechts/ indem sie uns eine vernünfftige unsterbliche Seele

einge-
A a a a ij

Drittes Buch.
ich muß des Juͤnglings lachen/ daß er gerne viel reden wil/ und ſo wenig Worte weiß; doch
ſihet man aus alle ſeinem tuhn und vornehmen/ daß er nicht/ wie er vorgibt/ nur vom Adel/
ſondern von Fuͤrſt- oder wol gar Koͤniglichem Gebluͤte ſeyn muß/ und taͤhte ſehr wol/ daß
ers von ſich ſagte/ dann hiedurch wuͤrde er ohn zweifel unſern Fuͤrſten bewaͤgen/ daß er ihn
ſeinen Eltern wieder zuſchickete. Fr. Roxane hatte ihre Dienerinnen/ deren ſechſe waren/
neben dem armen Maͤgdlein herzu treten laſſen/ und ſagte ſie zu Herkuliſkus; Holdſeliger
Juͤngling/ wollet ihr dieſen meinen Leuten etwas/ ſo ſtehen ſie allhier zu euren Dienſten.
Batis ſtund nicht ferne davon/ und ſahe mit betruͤbten Augen an/ wie ſeine Gelder ſolten
ausgeteilet werden/ doch verdroß ihn der Schimpff mehr/ daß er ohn Verſuch hatte ver-
ſpielen muͤſſen/ als der Schade ſelbſt. Herkuliſkus haͤtte ihm das Geld alles gerne wieder-
gegeben/ wann er ihn nicht ſo ſchimpflich mit Worten angezapffet/ aber jezt muſte ers an-
ſehen/ daß er jeder Dienerin/ und dem armen Maͤgdlein 100 Kronen zuzaͤhlete/ doch end-
lich ſagte: Wañ ich wuͤſte/ daß Batis mir danken wolte/ gaͤbe ich ihm 100 Kronen zuruͤk.
Dieſer nicht faul/ gedachte/ es waͤhre ein guter Nohtpfennig/ uñ antwortete: Wuͤrden mir
100 Kronen geſchenket/ ich naͤhme ſie mit gebuͤhrlichem Danke an; worauff er noch mit
zur Teilung ging. Es wahr dieſe Zahlung kaum geendet/ da hoͤreten ſie ein Geruffe: Ret-
tet euer Leben/ rettet euer Leben! woruͤber ſie alle erſchraken/ und nach dem innern Gebaͤu
zulieffen/ ohn Herkuliſkus ließ ſich nichts anfechten/ ſondern nam alsbald ſeine Pfeil und
Bogen zur Hand/ und ſahe darauff ein erſchrekliches Tigertihr daher auff ihn zuſpringen/
und mit offenem Rachen ſein zubegehren/ deſſen er fleiſſig wahr nam/ und nach dem er ſei-
nen Vortel erſahe/ ihm einen Pfeil in den Rachen ſchoß/ bald noch einẽ ins Auge/ dz es uͤber
uñ uͤber purzelte; faſſete nachgehends Mazeus Seitengewehr (welches an der Wand hing)
ging hinzu/ und erſtach es damit vollends. Die uͤbrigen hatten ſich unterdeſſen in Gewahꝛ-
ſam begeben/ und beklagten den aͤdlen Juͤngling/ welchen ſie ſchon vor tod und zerꝛiſſen hiel-
ten/ gleich da er zu ihnen mit dem blutigen Saͤbel hinein trat/ und mit hellfeurigen Augen
ſie anſahe; Woruͤber Mazeus ſich entſetzend/ zu ihm ſagte: Goͤttlicher Juͤngling/ wie habt
ihr des grimmigen Tihrs euch erwehren moͤgen? Gnaͤdiger Herꝛ/ antwortete er/ Eure Gn.
mit ihrer Geſelſchafft treten nur kuͤhnlich hervor/ dann dieſes ſcheußliche Tihr wird fort-
hin niemand ſchaden tuhn noch Schrecken einjagen/ nach dem ſeine Wuht einmahl gaͤnz-
lich gedaͤmpffet iſt. Sie gingen ingeſamt mit ihm hin und ſahen es in ſeinem Blute ligen/
wuſten nicht/ was ſie vor Wunder ſagen und gedenken ſolten; Dann waͤhre Herkuliſkus
nicht ſo bald fertig geweſt/ wuͤrde ihre Flucht viel zu ſpåt/ und allerdinge vergebens gewe-
ſen ſeyn; maſſen das ergrimmete abgehungerte Tihr aus ſeinem Kefich losgebrochẽ war/
weil der darzu beſtimmete Knecht ſein vergeſſen/ und drey Tage lang ohn Speiſe gelaſſen
hatte. Mazeus erkennete dieſe Rettung vor eine ſonderliche Schickung der Goͤtter/ und
ſagte zu Herkuliſkus: Nun weiß ich nicht/ ob ich Menſchen oder Goͤtter in meiner Geſel-
ſchafft habe/ und gewißlich/ da euch die Goͤtter nicht gezeuget/ muͤſſet ihr zum wenigſten ih-
res Gebluͤtes ſeyn. Ach mein Herr/ antwortete er auff Griechiſch; ſolten Goͤtter wol zeu-
gen? Ja ſolten ſie wol ſchwache Menſchen zeugen/ und ſie nachgehends dem Gluͤk uͤbeꝛge-
ben/ daß ſie von boßhafften Raͤubern weggefuͤhret wuͤrden? Doch auf gewiſſe art/ ſind wiꝛ
Menſchen alle Goͤttliches Geſchlechts/ indem ſie uns eine vernuͤnfftige unſterbliche Seele

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[555/0593] Drittes Buch. ich muß des Juͤnglings lachen/ daß er gerne viel reden wil/ und ſo wenig Worte weiß; doch ſihet man aus alle ſeinem tuhn und vornehmen/ daß er nicht/ wie er vorgibt/ nur vom Adel/ ſondern von Fuͤrſt- oder wol gar Koͤniglichem Gebluͤte ſeyn muß/ und taͤhte ſehr wol/ daß ers von ſich ſagte/ dann hiedurch wuͤrde er ohn zweifel unſern Fuͤrſten bewaͤgen/ daß er ihn ſeinen Eltern wieder zuſchickete. Fr. Roxane hatte ihre Dienerinnen/ deren ſechſe waren/ neben dem armen Maͤgdlein herzu treten laſſen/ und ſagte ſie zu Herkuliſkus; Holdſeliger Juͤngling/ wollet ihr dieſen meinen Leuten etwas/ ſo ſtehen ſie allhier zu euren Dienſten. Batis ſtund nicht ferne davon/ und ſahe mit betruͤbten Augen an/ wie ſeine Gelder ſolten ausgeteilet werden/ doch verdroß ihn der Schimpff mehr/ daß er ohn Verſuch hatte ver- ſpielen muͤſſen/ als der Schade ſelbſt. Herkuliſkus haͤtte ihm das Geld alles gerne wieder- gegeben/ wann er ihn nicht ſo ſchimpflich mit Worten angezapffet/ aber jezt muſte ers an- ſehen/ daß er jeder Dienerin/ und dem armen Maͤgdlein 100 Kronen zuzaͤhlete/ doch end- lich ſagte: Wañ ich wuͤſte/ daß Batis mir danken wolte/ gaͤbe ich ihm 100 Kronen zuruͤk. Dieſer nicht faul/ gedachte/ es waͤhre ein guter Nohtpfennig/ uñ antwortete: Wuͤrden mir 100 Kronen geſchenket/ ich naͤhme ſie mit gebuͤhrlichem Danke an; worauff er noch mit zur Teilung ging. Es wahr dieſe Zahlung kaum geendet/ da hoͤreten ſie ein Geruffe: Ret- tet euer Leben/ rettet euer Leben! woruͤber ſie alle erſchraken/ und nach dem innern Gebaͤu zulieffen/ ohn Herkuliſkus ließ ſich nichts anfechten/ ſondern nam alsbald ſeine Pfeil und Bogen zur Hand/ und ſahe darauff ein erſchrekliches Tigertihr daher auff ihn zuſpringen/ und mit offenem Rachen ſein zubegehren/ deſſen er fleiſſig wahr nam/ und nach dem er ſei- nen Vortel erſahe/ ihm einen Pfeil in den Rachen ſchoß/ bald noch einẽ ins Auge/ dz es uͤber uñ uͤber purzelte; faſſete nachgehends Mazeus Seitengewehr (welches an der Wand hing) ging hinzu/ und erſtach es damit vollends. Die uͤbrigen hatten ſich unterdeſſen in Gewahꝛ- ſam begeben/ und beklagten den aͤdlen Juͤngling/ welchen ſie ſchon vor tod und zerꝛiſſen hiel- ten/ gleich da er zu ihnen mit dem blutigen Saͤbel hinein trat/ und mit hellfeurigen Augen ſie anſahe; Woruͤber Mazeus ſich entſetzend/ zu ihm ſagte: Goͤttlicher Juͤngling/ wie habt ihr des grimmigen Tihrs euch erwehren moͤgen? Gnaͤdiger Herꝛ/ antwortete er/ Eure Gn. mit ihrer Geſelſchafft treten nur kuͤhnlich hervor/ dann dieſes ſcheußliche Tihr wird fort- hin niemand ſchaden tuhn noch Schrecken einjagen/ nach dem ſeine Wuht einmahl gaͤnz- lich gedaͤmpffet iſt. Sie gingen ingeſamt mit ihm hin und ſahen es in ſeinem Blute ligen/ wuſten nicht/ was ſie vor Wunder ſagen und gedenken ſolten; Dann waͤhre Herkuliſkus nicht ſo bald fertig geweſt/ wuͤrde ihre Flucht viel zu ſpåt/ und allerdinge vergebens gewe- ſen ſeyn; maſſen das ergrimmete abgehungerte Tihr aus ſeinem Kefich losgebrochẽ war/ weil der darzu beſtimmete Knecht ſein vergeſſen/ und drey Tage lang ohn Speiſe gelaſſen hatte. Mazeus erkennete dieſe Rettung vor eine ſonderliche Schickung der Goͤtter/ und ſagte zu Herkuliſkus: Nun weiß ich nicht/ ob ich Menſchen oder Goͤtter in meiner Geſel- ſchafft habe/ und gewißlich/ da euch die Goͤtter nicht gezeuget/ muͤſſet ihr zum wenigſten ih- res Gebluͤtes ſeyn. Ach mein Herr/ antwortete er auff Griechiſch; ſolten Goͤtter wol zeu- gen? Ja ſolten ſie wol ſchwache Menſchen zeugen/ und ſie nachgehends dem Gluͤk uͤbeꝛge- ben/ daß ſie von boßhafften Raͤubern weggefuͤhret wuͤrden? Doch auf gewiſſe art/ ſind wiꝛ Menſchen alle Goͤttliches Geſchlechts/ indem ſie uns eine vernuͤnfftige unſterbliche Seele einge- A a a a ij

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/593>, abgerufen am 17.06.2024.