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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Fünftes Buch.
ehmahligen Sinne; und weil ichs nachdem wol hundertmahl gelesen/ habe ichs von Wort
zu Wort behalten/ daß ichs mündlich erzählen kan.

Dem Durchleuchtigsten Fürsten und Herrn/ etc wünschet der von Gott erleuchtete Herkules
Gottes Barmherzigkeit/ zur heilbringenden Erkäntniß des Christlichen Glaubens. Ich ehmahls
unseliger ewig-verdammeter Fürst Herkules/ jezo angenehmes Kind Gottes/ wiewol vor der Welt
verachteter leibeigener Knecht Oedemeier/ habe/ GOtt Lob! GOtt Lob! dereins funden/ was mein
Herz von Jugend auff zum höchsten gewünschet; die Erkäntniß des einigen wahren Gottes/ und das
erquikliche Seelenliecht/ welches meinen blinden Verstand erleuchtet/ und mir den schmalen Weg
nach dem Himmel gezeiget hat. O Glük! O Seligkeit! O du angenehmes Rom! O du süsse Knecht-
schafft! die mich zum freyen Himmels Fürsten gemacht/ und aus dem Rachen des Teuffels und des
hellischen Feuers loßgerissen hat. Verzethet mir/ Durchleuchtigster Fürst/ daß ich verstossener Knecht
diese meine hohe Vergnügung vor eurem annoch unverständigem Herzen ausschütte. O JEsus/ wie
erquiklich bistu! O Welt/ wie verführisch bistu! O Sünde/ wie gräulich bistu! O Verdamniß/ wie er-
schreklich bistu! Das verführische lerne ich Gott Lob meiden; das gräuliche/ so ich neben euch vor die-
sem geliebet/ hassen; des erschreklichen bin ich gar loß worden/ durch die Erkäntniß des allerkräfftigst-
süssen Nahmen JEsus. Die Liebe dieses Nahmens/ hat alle Ehrenpracht und Herligkeit der Welt/ zu
meinen Füssen geworffen; dann ich sehe und empfinde/ daß ausser diesem JEsus/ solches alles ein
Dunst und Rauch/ ja eine Rennebahn ist zur hellischen Verdamniß; daher dann mit meinem JEsus
ich viel lieber ein leibeigener Knecht/ als ohn ihn ein Käyser des ganzen Erdbodems seyn wil. Zwar
ich währe annoch herzlich gerne des Groß Fürsten aus Teutschland lieber Sohn; des Böhmischen
Fürsten vertraueter Bruder/ wann sie meinen JEsus leiden/ und mich deswegen nicht hassen wolten/
daß ich das teuflische Geschmeiß aller Teutschen und anderer falschen Götzen verfluche/ und dagegen
den einigen Gott/ welchen sie nicht kennen/ anbehte und ehre; aber können sie mir solches nicht gön-
nen/ so verleugne und hasse ich Vater und Mutter/ Bruder und Schwester/ auch meinen Ladisla/ und
begebe mich meines väterlichen Erbes in Ewigkeit/ ob gleich meine leibliche Augen ihre Trähnen täg-
lich vergiessen/ daß ich sie meiden muß. Dieses einzige zuwissen verlanget mich herzlich/ ob Ladisla den
jeztbeschriebenen Herkules leiden und lieben/ und die alte Vertrauligkeit mit ihm weiter bauen; ja
ob er nicht allein einen Christen umb sich leiden/ sondern dessen geträuem Raht zur Seligkeit auch fol-
gen könne/ damit ich ihn als einen/ O weh/ O weh! ewig verdamten nicht beweinen müsse. Nichts su-
chen meine Trähnen so hefftig/ als bey Gott zuwirken/ daß der teure Fürst Ladisla/ der weltliche Tu-
gend/ daran er wol tuht/ so hoch liebet/ auch das himlische Liecht ergreiffen/ und den Christlichen Glau-
ben annehmen möge/ welches dann wünschet und flehet desselben ehmaliger geträuer Welt-Bruder/
anjetzo inbrünstiger Vorbitter zu Gott/ Odemeier der Leibeigene.

Nach verlesung muste ich selbst Ekhard fragen/ ob er auch der warhaffte Herkules
währe/ und wann ers währe/ ob er dann seinen Verstand und Wiz noch hätte. O ja/ ant-
wortete er; freillch ist ers/ aber nicht der vorige; so hat auch seine angebohrne Leutseligkeit
nich abe/ sondern treflich zugenommen/ aber seine Reden sind nur von himlischen Dingen/
die seinem vorgeben nach er zu Rom gelernet/ und dadurch in die allerhöchste Glükselig-
keit versetzet sey; wann er hierauff zu reden komt/ stehet er/ als ob sein Geist verzücket wer-
de; die Augen wissen nicht/ wie sie des Herzen Freude gnug wollen zuerkennen geben/ und
trieffen ihm mit lauter Freuden-Trähnen. Einen fremden Nahmen/ JEsus/ führet er
viel im Munde/ und wann er ihn nennet/ bewäget sich sein innerstes. Er beuget die Knie/
er falzet die Hände/ er schläget die Augen auff gen Himmel/ und meinete ich in der War-
heit nicht anders/ als daß ich einen Engel vor mir stehen sähe. Es muß ja eine sonderliche
Kraft in diesem Nahmen seyn; dann wann er ihn nennete/ klang er mir in den Ohren so

lieblich

Fuͤnftes Buch.
ehmahligen Sinne; uñ weil ichs nachdem wol hundertmahl geleſen/ habe ichs von Wort
zu Wort behalten/ daß ichs muͤndlich erzaͤhlen kan.

Dem Durchleuchtigſten Fuͤrſten und Herrn/ etc wuͤnſchet der von Gott erleuchtete Herkules
Gottes Barmherzigkeit/ zur heilbringenden Erkaͤntniß des Chriſtlichen Glaubens. Ich ehmahls
unſeliger ewig-verdammeter Fuͤrſt Herkules/ jezo angenehmes Kind Gottes/ wiewol vor der Welt
verachteter leibeigener Knecht Oedemeier/ habe/ GOtt Lob! GOtt Lob! dereins funden/ was mein
Herz von Jugend auff zum hoͤchſten gewuͤnſchet; die Erkaͤntniß des einigen wahren Gottes/ und das
erquikliche Seelenliecht/ welches meinen blinden Verſtand erleuchtet/ und mir den ſchmalen Weg
nach dem Himmel gezeiget hat. O Gluͤk! O Seligkeit! O du angenehmes Rom! O du ſuͤſſe Knecht-
ſchafft! die mich zum freyen Himmels Fuͤrſten gemacht/ und aus dem Rachen des Teuffels und des
helliſchen Feuers loßgeriſſen hat. Verzethet mir/ Durchleuchtigſter Fuͤrſt/ daß ich verſtoſſener Knecht
dieſe meine hohe Vergnuͤgung vor eurem annoch unverſtaͤndigem Herzen ausſchuͤtte. O JEſus/ wie
erquiklich biſtu! O Welt/ wie verfuͤhriſch biſtu! O Suͤnde/ wie graͤulich biſtu! O Verdamniß/ wie er-
ſchreklich biſtu! Das verfuͤhriſche lerne ich Gott Lob meiden; das graͤuliche/ ſo ich neben euch vor die-
ſem geliebet/ haſſen; des erſchreklichen bin ich gar loß worden/ durch die Erkaͤntniß des allerkraͤfftigſt-
ſuͤſſen Nahmen JEſus. Die Liebe dieſes Nahmens/ hat alle Ehrenpracht und Herligkeit der Welt/ zu
meinen Fuͤſſen geworffen; dann ich ſehe und empfinde/ daß auſſer dieſem JEſus/ ſolches alles ein
Dunſt und Rauch/ ja eine Rennebahn iſt zur helliſchen Verdamniß; daher dann mit meinem JEſus
ich viel lieber ein leibeigener Knecht/ als ohn ihn ein Kaͤyſer des ganzen Erdbodems ſeyn wil. Zwar
ich waͤhre annoch herzlich gerne des Groß Fuͤrſten aus Teutſchland lieber Sohn; des Boͤhmiſchen
Fuͤrſten vertraueter Bruder/ wann ſie meinen JEſus leiden/ und mich deswegen nicht haſſen wolten/
daß ich das teufliſche Geſchmeiß aller Teutſchen und anderer falſchen Goͤtzen verfluche/ und dagegen
den einigen Gott/ welchen ſie nicht kennen/ anbehte und ehre; aber koͤnnen ſie mir ſolches nicht goͤn-
nen/ ſo verleugne und haſſe ich Vater und Mutter/ Bruder und Schweſter/ auch meinen Ladiſla/ und
begebe mich meines vaͤterlichen Erbes in Ewigkeit/ ob gleich meine leibliche Augen ihre Traͤhnen taͤg-
lich vergieſſen/ daß ich ſie meiden muß. Dieſes einzige zuwiſſen veꝛlanget mich herzlich/ ob Ladiſla den
jeztbeſchriebenen Herkules leiden und lieben/ und die alte Vertrauligkeit mit ihm weiter bauen; ja
ob er nicht allein einen Chriſten umb ſich leiden/ ſondern deſſen getraͤuem Raht zur Seligkeit auch fol-
gen koͤnne/ damit ich ihn als einen/ O weh/ O weh! ewig verdamten nicht beweinen muͤſſe. Nichts ſu-
chen meine Traͤhnen ſo hefftig/ als bey Gott zuwirken/ daß der teure Fuͤrſt Ladiſla/ der weltliche Tu-
gend/ daran er wol tuht/ ſo hoch liebet/ auch das himliſche Liecht ergreiffen/ und den Chriſtlichen Glau-
ben annehmen moͤge/ welches dann wuͤnſchet und flehet deſſelben ehmaliger getraͤuer Welt-Bruder/
anjetzo inbruͤnſtiger Vorbitter zu Gott/ Odemeier der Leibeigene.

Nach verleſung muſte ich ſelbſt Ekhard fragen/ ob er auch der warhaffte Herkules
waͤhre/ und wann ers waͤhre/ ob er dann ſeinen Verſtand und Wiz noch haͤtte. O ja/ ant-
wortete er; freillch iſt ers/ aber nicht der vorige; ſo hat auch ſeine angebohrne Leutſeligkeit
nich abe/ ſondern treflich zugenommen/ aber ſeine Reden ſind nur von himliſchen Dingen/
die ſeinem vorgeben nach er zu Rom gelernet/ und dadurch in die allerhoͤchſte Gluͤkſelig-
keit verſetzet ſey; wann er hierauff zu reden komt/ ſtehet er/ als ob ſein Geiſt verzuͤcket wer-
de; die Augen wiſſen nicht/ wie ſie des Herzen Freude gnug wollen zuerkennen geben/ und
trieffen ihm mit lauter Freuden-Traͤhnen. Einen fremden Nahmen/ JEſus/ fuͤhret er
viel im Munde/ und wann er ihn nennet/ bewaͤget ſich ſein innerſtes. Er beuget die Knie/
er falzet die Haͤnde/ er ſchlaͤget die Augen auff gen Himmel/ und meinete ich in der War-
heit nicht anders/ als daß ich einen Engel vor mir ſtehen ſaͤhe. Es muß ja eine ſonderliche
Kraft in dieſem Nahmen ſeyn; dann wañ er ihn nennete/ klang er mir in den Ohren ſo

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[192/0198] Fuͤnftes Buch. ehmahligen Sinne; uñ weil ichs nachdem wol hundertmahl geleſen/ habe ichs von Wort zu Wort behalten/ daß ichs muͤndlich erzaͤhlen kan. Dem Durchleuchtigſten Fuͤrſten und Herrn/ etc wuͤnſchet der von Gott erleuchtete Herkules Gottes Barmherzigkeit/ zur heilbringenden Erkaͤntniß des Chriſtlichen Glaubens. Ich ehmahls unſeliger ewig-verdammeter Fuͤrſt Herkules/ jezo angenehmes Kind Gottes/ wiewol vor der Welt verachteter leibeigener Knecht Oedemeier/ habe/ GOtt Lob! GOtt Lob! dereins funden/ was mein Herz von Jugend auff zum hoͤchſten gewuͤnſchet; die Erkaͤntniß des einigen wahren Gottes/ und das erquikliche Seelenliecht/ welches meinen blinden Verſtand erleuchtet/ und mir den ſchmalen Weg nach dem Himmel gezeiget hat. O Gluͤk! O Seligkeit! O du angenehmes Rom! O du ſuͤſſe Knecht- ſchafft! die mich zum freyen Himmels Fuͤrſten gemacht/ und aus dem Rachen des Teuffels und des helliſchen Feuers loßgeriſſen hat. Verzethet mir/ Durchleuchtigſter Fuͤrſt/ daß ich verſtoſſener Knecht dieſe meine hohe Vergnuͤgung vor eurem annoch unverſtaͤndigem Herzen ausſchuͤtte. O JEſus/ wie erquiklich biſtu! O Welt/ wie verfuͤhriſch biſtu! O Suͤnde/ wie graͤulich biſtu! O Verdamniß/ wie er- ſchreklich biſtu! Das verfuͤhriſche lerne ich Gott Lob meiden; das graͤuliche/ ſo ich neben euch vor die- ſem geliebet/ haſſen; des erſchreklichen bin ich gar loß worden/ durch die Erkaͤntniß des allerkraͤfftigſt- ſuͤſſen Nahmen JEſus. Die Liebe dieſes Nahmens/ hat alle Ehrenpracht und Herligkeit der Welt/ zu meinen Fuͤſſen geworffen; dann ich ſehe und empfinde/ daß auſſer dieſem JEſus/ ſolches alles ein Dunſt und Rauch/ ja eine Rennebahn iſt zur helliſchen Verdamniß; daher dann mit meinem JEſus ich viel lieber ein leibeigener Knecht/ als ohn ihn ein Kaͤyſer des ganzen Erdbodems ſeyn wil. Zwar ich waͤhre annoch herzlich gerne des Groß Fuͤrſten aus Teutſchland lieber Sohn; des Boͤhmiſchen Fuͤrſten vertraueter Bruder/ wann ſie meinen JEſus leiden/ und mich deswegen nicht haſſen wolten/ daß ich das teufliſche Geſchmeiß aller Teutſchen und anderer falſchen Goͤtzen verfluche/ und dagegen den einigen Gott/ welchen ſie nicht kennen/ anbehte und ehre; aber koͤnnen ſie mir ſolches nicht goͤn- nen/ ſo verleugne und haſſe ich Vater und Mutter/ Bruder und Schweſter/ auch meinen Ladiſla/ und begebe mich meines vaͤterlichen Erbes in Ewigkeit/ ob gleich meine leibliche Augen ihre Traͤhnen taͤg- lich vergieſſen/ daß ich ſie meiden muß. Dieſes einzige zuwiſſen veꝛlanget mich herzlich/ ob Ladiſla den jeztbeſchriebenen Herkules leiden und lieben/ und die alte Vertrauligkeit mit ihm weiter bauen; ja ob er nicht allein einen Chriſten umb ſich leiden/ ſondern deſſen getraͤuem Raht zur Seligkeit auch fol- gen koͤnne/ damit ich ihn als einen/ O weh/ O weh! ewig verdamten nicht beweinen muͤſſe. Nichts ſu- chen meine Traͤhnen ſo hefftig/ als bey Gott zuwirken/ daß der teure Fuͤrſt Ladiſla/ der weltliche Tu- gend/ daran er wol tuht/ ſo hoch liebet/ auch das himliſche Liecht ergreiffen/ und den Chriſtlichen Glau- ben annehmen moͤge/ welches dann wuͤnſchet und flehet deſſelben ehmaliger getraͤuer Welt-Bruder/ anjetzo inbruͤnſtiger Vorbitter zu Gott/ Odemeier der Leibeigene. Nach verleſung muſte ich ſelbſt Ekhard fragen/ ob er auch der warhaffte Herkules waͤhre/ und wann ers waͤhre/ ob er dann ſeinen Verſtand und Wiz noch haͤtte. O ja/ ant- wortete er; freillch iſt ers/ aber nicht der vorige; ſo hat auch ſeine angebohrne Leutſeligkeit nich abe/ ſondern treflich zugenommen/ aber ſeine Reden ſind nur von himliſchen Dingen/ die ſeinem vorgeben nach er zu Rom gelernet/ und dadurch in die allerhoͤchſte Gluͤkſelig- keit verſetzet ſey; wann er hierauff zu reden komt/ ſtehet er/ als ob ſein Geiſt verzuͤcket wer- de; die Augen wiſſen nicht/ wie ſie des Herzen Freude gnug wollen zuerkennen geben/ und trieffen ihm mit lauter Freuden-Traͤhnen. Einen fremden Nahmen/ JEſus/ fuͤhret er viel im Munde/ und wann er ihn nennet/ bewaͤget ſich ſein innerſtes. Er beuget die Knie/ er falzet die Haͤnde/ er ſchlaͤget die Augen auff gen Himmel/ und meinete ich in der War- heit nicht anders/ als daß ich einen Engel vor mir ſtehen ſaͤhe. Es muß ja eine ſonderliche Kraft in dieſem Nahmen ſeyn; dann wañ er ihn nennete/ klang er mir in den Ohren ſo lieblich

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/198>, abgerufen am 28.04.2024.