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Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627.

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Beutelschneider/ oder
Bläset hierauff das Liecht auß vnd entschläffet:
Nimmet jm vor er wolle doch deß morgens darnach
fragen/ wer der jenige seye/ welchen er also habe re-
den hören. Was träget sich aber ferner zu? Deß
nachts vmb ein Vhr wird dem jungen Herrn De-
stampes/ welcher in der andern Kammer lage/ übel/
er bekommet ein Bauchweh welches jm so hart zu-
setzet/ daß er auffstehen vnd von der Magd ein Licht
muß fordern: Vnd als die Magd jm das Licht in
die Kammer bringet/ nimmet er sein Mantel hengt
jn vmb/ vnd gehet also vorüber bey dem Bett seines
Bruders/ welcher darüber erwachet vnd in eine
neue Furcht gerähtet. Dann es düncket jn/ er habe
nicht allein seinen Bruder deutlich hören reden/
sondern er habe jn auch in das Angesicht hinein ge-
sehen. Der ander aber fehret als in seinem wege fort.
Als er aber widerumb in seine Kammer wil gehen/
ist er so vorwitzig/ daß er dem jenigen/ so in dem Bett
bey welchen er muste vorübergehen/ lage/ gar an die
Nasen leuchtete: Welcher sich bald vnder die Deck
widerumb versteckete: Dann es wahre jm angst vnd
bang/ daß jhm alle Glieder an seinem Leibe zitterten.

Der junge Destampes/ welchen dauchte/ er het-
te auch seinen vermeinten todten Bruder in sol-
chem Bett gesehen/ wird darüber so bestürtzet/ daß
er vor grosser Furcht das Liecht lest auß den Hän-
den fallen/ laufft darvon/ vnnd wird jhm so angst
vnd bang/ daß er auch für grosser Furcht nicht kan
reden/ dann es hatte jhm die Furcht alle seine Glid-
massen/ ja Marck vnd Bein durchdrungen: Er
hat eben die Gedancken von seinem Bruder/ die er

herge-

Beutelſchneider/ oder
Blaͤſet hierauff das Liecht auß vnd entſchlaͤffet:
Nim̃et jm vor er wolle doch deß morgens darnach
fragen/ wer der jenige ſeye/ welchen er alſo habe re-
den hoͤren. Was traͤget ſich aber ferner zu? Deß
nachts vmb ein Vhꝛ wird dem jungen Herꝛn De-
ſtampes/ welcher in der andeꝛn Kammer lage/ uͤbel/
er bekommet ein Bauchweh welches jm ſo hart zu-
ſetzet/ daß er auffſtehen vnd von der Magd ein Licht
muß fordern: Vnd als die Magd jm das Licht in
die Kammer bringet/ nim̃et er ſein Mantel hengt
jn vmb/ vnd gehet alſo voruͤber bey dem Bett ſeines
Bruders/ welcher daruͤber erwachet vnd in eine
neue Furcht geraͤhtet. Dann es duͤncket jn/ er habe
nicht allein ſeinen Bruder deutlich hoͤren reden/
ſondeꝛn er habe jn auch in das Angeſicht hinein ge-
ſehen. Der ander aber fehꝛet als in ſeinem wege foꝛt.
Als er aber widerumb in ſeine Kammer wil gehen/
iſt er ſo vorwitzig/ daß er dem jenigẽ/ ſo in dem Bett
bey welchen er muſte voruͤbergehen/ lage/ gar an die
Naſen leuchtete: Welcher ſich bald vnder die Deck
widerumb verſteckete: Dañ es wahre jm angſt vnd
bang/ daß jhm alle Glieder an ſeinem Leibe zitterten.

Der junge Deſtampes/ welchen dauchte/ er het-
te auch ſeinen vermeinten todten Bruder in ſol-
chem Bett geſehen/ wird daruͤber ſo beſtuͤrtzet/ daß
er vor groſſer Furcht das Liecht leſt auß den Haͤn-
den fallen/ laufft darvon/ vnnd wird jhm ſo angſt
vnd bang/ daß er auch fuͤr groſſer Furcht nicht kan
reden/ dann es hatte jhm die Furcht alle ſeine Glid-
maſſen/ ja Marck vnd Bein durchdrungen: Er
hat eben die Gedancken von ſeinem Bruder/ die er

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[108/0118] Beutelſchneider/ oder Blaͤſet hierauff das Liecht auß vnd entſchlaͤffet: Nim̃et jm vor er wolle doch deß morgens darnach fragen/ wer der jenige ſeye/ welchen er alſo habe re- den hoͤren. Was traͤget ſich aber ferner zu? Deß nachts vmb ein Vhꝛ wird dem jungen Herꝛn De- ſtampes/ welcher in der andeꝛn Kammer lage/ uͤbel/ er bekommet ein Bauchweh welches jm ſo hart zu- ſetzet/ daß er auffſtehen vnd von der Magd ein Licht muß fordern: Vnd als die Magd jm das Licht in die Kammer bringet/ nim̃et er ſein Mantel hengt jn vmb/ vnd gehet alſo voruͤber bey dem Bett ſeines Bruders/ welcher daruͤber erwachet vnd in eine neue Furcht geraͤhtet. Dann es duͤncket jn/ er habe nicht allein ſeinen Bruder deutlich hoͤren reden/ ſondeꝛn er habe jn auch in das Angeſicht hinein ge- ſehen. Der ander aber fehꝛet als in ſeinem wege foꝛt. Als er aber widerumb in ſeine Kammer wil gehen/ iſt er ſo vorwitzig/ daß er dem jenigẽ/ ſo in dem Bett bey welchen er muſte voruͤbergehen/ lage/ gar an die Naſen leuchtete: Welcher ſich bald vnder die Deck widerumb verſteckete: Dañ es wahre jm angſt vnd bang/ daß jhm alle Glieder an ſeinem Leibe zitterten. Der junge Deſtampes/ welchen dauchte/ er het- te auch ſeinen vermeinten todten Bruder in ſol- chem Bett geſehen/ wird daruͤber ſo beſtuͤrtzet/ daß er vor groſſer Furcht das Liecht leſt auß den Haͤn- den fallen/ laufft darvon/ vnnd wird jhm ſo angſt vnd bang/ daß er auch fuͤr groſſer Furcht nicht kan reden/ dann es hatte jhm die Furcht alle ſeine Glid- maſſen/ ja Marck vnd Bein durchdrungen: Er hat eben die Gedancken von ſeinem Bruder/ die er herge-

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Zitationshilfe: Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider02_1627/118>, abgerufen am 28.04.2024.