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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

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"Sagen Sie," brach endlich Staunitz das
eingetretene Schweigen, und wendete sich an
Blauenstein, "sagen Sie, lieber Baron, Sie konn¬
ten wohl aus meinem Briefe gar nicht klug wer¬
den, da er Ihnen in der That sehr zweideutig
klingen mußte. Aber ich hatte eine sehr weise
Absicht, einmal, um Sie ein ganz klein wenig
zu quälen, aber dann besonders, um Sie recht
zu überraschen, wenn sich Ihr Irrthum auf eine
freundliche Weise aufgelös't!"

"Diesen Zweck haben Sie vollkommen erreicht,"
sagte Blauenstein, und reichte der bräutlichen
Tina an Staunitz weg seine Hand, so daß der
letztere meinte, dergleichen Contrebande können
nicht mehr statuirt werden, "und wenn ich der¬
maleinst meine Jugendgeschichte niederschreiben
sollte, so nenne ich diesen Abschnitt meines Lebens
auf jeden Fall Liebe und Irrthum, oder Irr¬
thum und Liebe, was wohl auf Eins heraus¬
kommen wird!"

"Bravo!" rief Emil, und hob sein Kelchglas
hoch empor. "Dieser Einfall ist vortrefflich, und
verdient einen tumultuarischen Kelchklang. Daher

„Sagen Sie,“ brach endlich Staunitz das
eingetretene Schweigen, und wendete ſich an
Blauenſtein, „ſagen Sie, lieber Baron, Sie konn¬
ten wohl aus meinem Briefe gar nicht klug wer¬
den, da er Ihnen in der That ſehr zweideutig
klingen mußte. Aber ich hatte eine ſehr weiſe
Abſicht, einmal, um Sie ein ganz klein wenig
zu quaͤlen, aber dann beſonders, um Sie recht
zu uͤberraſchen, wenn ſich Ihr Irrthum auf eine
freundliche Weiſe aufgeloͤſ't!“

„Dieſen Zweck haben Sie vollkommen erreicht,“
ſagte Blauenſtein, und reichte der braͤutlichen
Tina an Staunitz weg ſeine Hand, ſo daß der
letztere meinte, dergleichen Contrebande koͤnnen
nicht mehr ſtatuirt werden, „und wenn ich der¬
maleinſt meine Jugendgeſchichte niederſchreiben
ſollte, ſo nenne ich dieſen Abſchnitt meines Lebens
auf jeden Fall Liebe und Irrthum, oder Irr¬
thum und Liebe, was wohl auf Eins heraus¬
kommen wird!“

„Bravo!“ rief Emil, und hob ſein Kelchglas
hoch empor. „Dieſer Einfall iſt vortrefflich, und
verdient einen tumultuariſchen Kelchklang. Daher

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[190/0196] „Sagen Sie,“ brach endlich Staunitz das eingetretene Schweigen, und wendete ſich an Blauenſtein, „ſagen Sie, lieber Baron, Sie konn¬ ten wohl aus meinem Briefe gar nicht klug wer¬ den, da er Ihnen in der That ſehr zweideutig klingen mußte. Aber ich hatte eine ſehr weiſe Abſicht, einmal, um Sie ein ganz klein wenig zu quaͤlen, aber dann beſonders, um Sie recht zu uͤberraſchen, wenn ſich Ihr Irrthum auf eine freundliche Weiſe aufgeloͤſ't!“ „Dieſen Zweck haben Sie vollkommen erreicht,“ ſagte Blauenſtein, und reichte der braͤutlichen Tina an Staunitz weg ſeine Hand, ſo daß der letztere meinte, dergleichen Contrebande koͤnnen nicht mehr ſtatuirt werden, „und wenn ich der¬ maleinſt meine Jugendgeſchichte niederſchreiben ſollte, ſo nenne ich dieſen Abſchnitt meines Lebens auf jeden Fall Liebe und Irrthum, oder Irr¬ thum und Liebe, was wohl auf Eins heraus¬ kommen wird!“ „Bravo!“ rief Emil, und hob ſein Kelchglas hoch empor. „Dieſer Einfall iſt vortrefflich, und verdient einen tumultuariſchen Kelchklang. Daher

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Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/196>, abgerufen am 26.04.2024.