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Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763.

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begegnet war. Jnzwischen ihr Ohr-
ring und andere Merkmaale sagten
ihr bald die Wahrheit; und aus dem
Schlafe ihres Mannes konnte sie ur-
theilen, daß er wenigstens die Nacht
eben so gut hingebracht. Sie glaub-
te, daß ihm der Schlaf nöthig wä-
re: sie stand auf, rief ihre Frauen,
um sich anziehen zu lassen, und sag-
te ihnen, daß sie die ganze Nacht ge-
schlafen, ohne aufzuwachen. Denn
ie weniger man zu lügen gewohnt ist,
desto besser ist es, sich auf eine Lü-
ge zu schicken, die man vorher wohl
ausgedacht. Wie Chimene sie
aufsetzte, sagte sie zu ihr: Jch glau-
be, meine Frau, daß ihr einen von
euren Ohrringen verlohren habt.
Nein, sagte sie, er fiel gestern auf
die Erde, und ich habe ihn dem Va-
lerio
gegeben, um ihn euch wieder
zuzustellen. Chimene gieng also-
bald hin, ihm zu sagen, den Ohr-
ring zu bringen, den ihre Frau ihm
in Verwahrung gegeben. Valerio,
der wohl verstand, was die Donne
Marie
ihm zu verstehen geben woll-

te,
C 4

begegnet war. Jnzwiſchen ihr Ohr-
ring und andere Merkmaale ſagten
ihr bald die Wahrheit; und aus dem
Schlafe ihres Mannes konnte ſie ur-
theilen, daß er wenigſtens die Nacht
eben ſo gut hingebracht. Sie glaub-
te, daß ihm der Schlaf noͤthig waͤ-
re: ſie ſtand auf, rief ihre Frauen,
um ſich anziehen zu laſſen, und ſag-
te ihnen, daß ſie die ganze Nacht ge-
ſchlafen, ohne aufzuwachen. Denn
ie weniger man zu luͤgen gewohnt iſt,
deſto beſſer iſt es, ſich auf eine Luͤ-
ge zu ſchicken, die man vorher wohl
ausgedacht. Wie Chimene ſie
aufſetzte, ſagte ſie zu ihr: Jch glau-
be, meine Frau, daß ihr einen von
euren Ohrringen verlohren habt.
Nein, ſagte ſie, er fiel geſtern auf
die Erde, und ich habe ihn dem Va-
lerio
gegeben, um ihn euch wieder
zuzuſtellen. Chimene gieng alſo-
bald hin, ihm zu ſagen, den Ohr-
ring zu bringen, den ihre Frau ihm
in Verwahrung gegeben. Valerio,
der wohl verſtand, was die Donne
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[39/0041] begegnet war. Jnzwiſchen ihr Ohr- ring und andere Merkmaale ſagten ihr bald die Wahrheit; und aus dem Schlafe ihres Mannes konnte ſie ur- theilen, daß er wenigſtens die Nacht eben ſo gut hingebracht. Sie glaub- te, daß ihm der Schlaf noͤthig waͤ- re: ſie ſtand auf, rief ihre Frauen, um ſich anziehen zu laſſen, und ſag- te ihnen, daß ſie die ganze Nacht ge- ſchlafen, ohne aufzuwachen. Denn ie weniger man zu luͤgen gewohnt iſt, deſto beſſer iſt es, ſich auf eine Luͤ- ge zu ſchicken, die man vorher wohl ausgedacht. Wie Chimene ſie aufſetzte, ſagte ſie zu ihr: Jch glau- be, meine Frau, daß ihr einen von euren Ohrringen verlohren habt. Nein, ſagte ſie, er fiel geſtern auf die Erde, und ich habe ihn dem Va- lerio gegeben, um ihn euch wieder zuzuſtellen. Chimene gieng alſo- bald hin, ihm zu ſagen, den Ohr- ring zu bringen, den ihre Frau ihm in Verwahrung gegeben. Valerio, der wohl verſtand, was die Donne Marie ihm zu verſtehen geben woll- te, C 4

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Zitationshilfe: Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/d_untreue_1763/41>, abgerufen am 27.04.2024.