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Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

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Nach dem Brande wollte dieser Daniel Fischer wieder aufbauen; zwar wieder einen Stall und Scheune; weil er zwei Hufen Acker hatte. Allein, es wurde ihm von der Regierung inhibieret: keine Scheune zu bauen.

So sagte er: "Was soll mir's, wann ich keine Scheune bauen soll? Ich will es lieber verkaufen." - Anfangs hatte ich keine Lust dazu. Allein meine Frau sahe wieder und sagte: diese vortreffliche Gelegenheit zum Hause käme mein Tage nicht wieder. - Ich überlegte die Sache. Befand: daß Weiberrat nicht allezeit zu verwerfen. Traf demnach einen Handel überhaupt, wie alles stund und lag, vor siebenhundert und drei und zwanzig Thaler baar Geld, vor Platz, Röhr-Wasser, Garten und eine darangehende Darre. War anno 1704.

Es fehleten mir zu dieser summa noch hundert Thaler. Besann mich, daß der seelige Herr Kammer-Rath Dreißig auf Caunitzens Hochzeit, da ich sie mit Tranchieren wohl accomodieret, mir teuer versprachen: wann ich was benötiget, mir zu helfen. Ging deshalb zu ihm und sprach ihn drum an. - Allein er fragete: worauf ich's haben wollte? - "Ach, nein, sagte er, ihm auf keinen Wechsel, wann er Pfand hat." - Ich erinnerte ihn seines Versprechens. - Aber er sagte: hätte das lange vergessen, - wenn ich Pfand hätte! - Ich sagte: ich hätt wohl noch einige alte Pinkeltöpfe; wenn er die haben wollte? - "Geht, geht!" sagte er. - Also ist auf der Leute Versprechen sich nicht zu verlassen.

Ich ging zu Herrn Alexander Drachstädten. Der guckte oben zum Gatter herunter und fragete: was ich wollte? - Ich sagte: "Geld, hundert Thaler!" - "Je, sagte er, wer will ihm was lehnen? Ist ja nichts sein; sondern seiner Frau. Die bringe er her!" - So schlimm war ich blamieret von der Frau und ihren Leuten! Ich brachte die Frau mit. - Aber er sagte: itzt habe er kein Geld.

Nach dem Brande wollte dieser Daniel Fischer wieder aufbauen; zwar wieder einen Stall und Scheune; weil er zwei Hufen Acker hatte. Allein, es wurde ihm von der Regierung inhibieret: keine Scheune zu bauen.

So sagte er: „Was soll mir’s, wann ich keine Scheune bauen soll? Ich will es lieber verkaufen.“ – Anfangs hatte ich keine Lust dazu. Allein meine Frau sahe wieder und sagte: diese vortreffliche Gelegenheit zum Hause käme mein Tage nicht wieder. – Ich überlegte die Sache. Befand: daß Weiberrat nicht allezeit zu verwerfen. Traf demnach einen Handel überhaupt, wie alles stund und lag, vor siebenhundert und drei und zwanzig Thaler baar Geld, vor Platz, Röhr-Wasser, Garten und eine darangehende Darre. War anno 1704.

Es fehleten mir zu dieser summa noch hundert Thaler. Besann mich, daß der seelige Herr Kammer-Rath Dreißig auf Caunitzens Hochzeit, da ich sie mit Tranchieren wohl accomodieret, mir teuer versprachen: wann ich was benötiget, mir zu helfen. Ging deshalb zu ihm und sprach ihn drum an. – Allein er fragete: worauf ich’s haben wollte? – „Ach, nein, sagte er, ihm auf keinen Wechsel, wann er Pfand hat.“ – Ich erinnerte ihn seines Versprechens. – Aber er sagte: hätte das lange vergessen, – wenn ich Pfand hätte! – Ich sagte: ich hätt wohl noch einige alte Pinkeltöpfe; wenn er die haben wollte? – „Geht, geht!“ sagte er. – Also ist auf der Leute Versprechen sich nicht zu verlassen.

Ich ging zu Herrn Alexander Drachstädten. Der guckte oben zum Gatter herunter und fragete: was ich wollte? – Ich sagte: „Geld, hundert Thaler!“ – „Je, sagte er, wer will ihm was lehnen? Ist ja nichts sein; sondern seiner Frau. Die bringe er her!“ – So schlimm war ich blamieret von der Frau und ihren Leuten! Ich brachte die Frau mit. – Aber er sagte: itzt habe er kein Geld.

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[0245] Nach dem Brande wollte dieser Daniel Fischer wieder aufbauen; zwar wieder einen Stall und Scheune; weil er zwei Hufen Acker hatte. Allein, es wurde ihm von der Regierung inhibieret: keine Scheune zu bauen. So sagte er: „Was soll mir’s, wann ich keine Scheune bauen soll? Ich will es lieber verkaufen.“ – Anfangs hatte ich keine Lust dazu. Allein meine Frau sahe wieder und sagte: diese vortreffliche Gelegenheit zum Hause käme mein Tage nicht wieder. – Ich überlegte die Sache. Befand: daß Weiberrat nicht allezeit zu verwerfen. Traf demnach einen Handel überhaupt, wie alles stund und lag, vor siebenhundert und drei und zwanzig Thaler baar Geld, vor Platz, Röhr-Wasser, Garten und eine darangehende Darre. War anno 1704. Es fehleten mir zu dieser summa noch hundert Thaler. Besann mich, daß der seelige Herr Kammer-Rath Dreißig auf Caunitzens Hochzeit, da ich sie mit Tranchieren wohl accomodieret, mir teuer versprachen: wann ich was benötiget, mir zu helfen. Ging deshalb zu ihm und sprach ihn drum an. – Allein er fragete: worauf ich’s haben wollte? – „Ach, nein, sagte er, ihm auf keinen Wechsel, wann er Pfand hat.“ – Ich erinnerte ihn seines Versprechens. – Aber er sagte: hätte das lange vergessen, – wenn ich Pfand hätte! – Ich sagte: ich hätt wohl noch einige alte Pinkeltöpfe; wenn er die haben wollte? – „Geht, geht!“ sagte er. – Also ist auf der Leute Versprechen sich nicht zu verlassen. Ich ging zu Herrn Alexander Drachstädten. Der guckte oben zum Gatter herunter und fragete: was ich wollte? – Ich sagte: „Geld, hundert Thaler!“ – „Je, sagte er, wer will ihm was lehnen? Ist ja nichts sein; sondern seiner Frau. Die bringe er her!“ – So schlimm war ich blamieret von der Frau und ihren Leuten! Ich brachte die Frau mit. – Aber er sagte: itzt habe er kein Geld.

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Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/245>, abgerufen am 26.04.2024.