Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

haben die Bücher mit Beschlag belegt, Steenbocken darf nie wieder ins Haus, ich nicht mehr zu ihr, ich soll den Kindern keine Stunde mehr geben, "damit sie nicht eben so verdreht werden wie ich"; es fehlt nur noch, daß sie mich einsperrten! Allein freilich soll ich wirklich nicht ausgehen, sie trauen mir nicht quer über den Weg. Mama meinte, am besten wäre es, das Mädchen abzuschaffen, dann bekäme ich wohl andere Gedanken in den Kopf! Es ist aber noch in der Schwebe.

Lieber Axel, zu einer Sache aber haben sie mich nicht gebracht; Deine Briefe hab ich nicht hergegeben! Ich habe sie vor ihren Augen ins Küchenfeuer geworfen, Alle zusammen! Der Gedanke, sie von ihnen lesen zu lassen, war mir unerträglich. Nun glauben sie natürlich erst recht, es hätte etwas besonderes darin gestanden; aber laß sie! Das Traurigste ist nur, daß Du mir nicht mehr schreiben darfst, ich weiß wenigstens keinen Ausweg, um die Briefe heimlich zu bekommen. Auch ich kann Dir höchst selten nur schreiben; diesen Brief, den ich bei Mondschein kritzele, muß ich vielleicht tagelang in der Tasche herumtragen, ehe ich Gelegenheit finde, ihn abzuschicken!

Steenbocken dauert mich so sehr! Wenn Du ihr doch ein bißchen Geld schicken könntest, um sie zu entschädigen. Für Kohlen, weißt Du, die hat sie sonst immer von uns bekommen.

haben die Bücher mit Beschlag belegt, Steenbocken darf nie wieder ins Haus, ich nicht mehr zu ihr, ich soll den Kindern keine Stunde mehr geben, „damit sie nicht eben so verdreht werden wie ich“; es fehlt nur noch, daß sie mich einsperrten! Allein freilich soll ich wirklich nicht ausgehen, sie trauen mir nicht quer über den Weg. Mama meinte, am besten wäre es, das Mädchen abzuschaffen, dann bekäme ich wohl andere Gedanken in den Kopf! Es ist aber noch in der Schwebe.

Lieber Axel, zu einer Sache aber haben sie mich nicht gebracht; Deine Briefe hab ich nicht hergegeben! Ich habe sie vor ihren Augen ins Küchenfeuer geworfen, Alle zusammen! Der Gedanke, sie von ihnen lesen zu lassen, war mir unerträglich. Nun glauben sie natürlich erst recht, es hätte etwas besonderes darin gestanden; aber laß sie! Das Traurigste ist nur, daß Du mir nicht mehr schreiben darfst, ich weiß wenigstens keinen Ausweg, um die Briefe heimlich zu bekommen. Auch ich kann Dir höchst selten nur schreiben; diesen Brief, den ich bei Mondschein kritzele, muß ich vielleicht tagelang in der Tasche herumtragen, ehe ich Gelegenheit finde, ihn abzuschicken!

Steenbocken dauert mich so sehr! Wenn Du ihr doch ein bißchen Geld schicken könntest, um sie zu entschädigen. Für Kohlen, weißt Du, die hat sie sonst immer von uns bekommen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="letter" n="2">
          <p><pb facs="#f0353" n="345"/>
haben die Bücher mit Beschlag belegt, Steenbocken darf nie wieder ins Haus, ich nicht mehr zu ihr, ich soll den Kindern keine Stunde mehr geben, &#x201E;damit sie nicht eben so verdreht werden wie ich&#x201C;; es fehlt nur noch, daß sie mich einsperrten! Allein freilich soll ich wirklich nicht ausgehen, sie trauen mir nicht quer über den Weg. Mama meinte, am besten wäre es, das Mädchen abzuschaffen, dann bekäme ich wohl andere Gedanken in den Kopf! Es ist aber noch in der Schwebe.</p>
          <p>Lieber Axel, zu einer Sache aber haben sie mich nicht gebracht; Deine Briefe hab ich nicht hergegeben! Ich habe sie vor ihren Augen ins Küchenfeuer geworfen, Alle zusammen! Der Gedanke, sie von ihnen lesen zu lassen, war mir unerträglich. Nun glauben sie natürlich erst recht, es hätte etwas besonderes darin gestanden; aber laß sie! Das Traurigste ist nur, daß Du mir nicht mehr schreiben darfst, ich weiß wenigstens keinen Ausweg, um die Briefe heimlich zu bekommen. Auch ich kann Dir höchst selten nur schreiben; diesen Brief, den ich bei Mondschein kritzele, muß ich vielleicht tagelang in der Tasche herumtragen, ehe ich Gelegenheit finde, ihn abzuschicken!</p>
          <p>Steenbocken dauert mich so sehr! Wenn Du ihr doch ein bißchen Geld schicken könntest, um sie zu entschädigen. Für Kohlen, weißt Du, die hat sie sonst immer von uns bekommen.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[345/0353] haben die Bücher mit Beschlag belegt, Steenbocken darf nie wieder ins Haus, ich nicht mehr zu ihr, ich soll den Kindern keine Stunde mehr geben, „damit sie nicht eben so verdreht werden wie ich“; es fehlt nur noch, daß sie mich einsperrten! Allein freilich soll ich wirklich nicht ausgehen, sie trauen mir nicht quer über den Weg. Mama meinte, am besten wäre es, das Mädchen abzuschaffen, dann bekäme ich wohl andere Gedanken in den Kopf! Es ist aber noch in der Schwebe. Lieber Axel, zu einer Sache aber haben sie mich nicht gebracht; Deine Briefe hab ich nicht hergegeben! Ich habe sie vor ihren Augen ins Küchenfeuer geworfen, Alle zusammen! Der Gedanke, sie von ihnen lesen zu lassen, war mir unerträglich. Nun glauben sie natürlich erst recht, es hätte etwas besonderes darin gestanden; aber laß sie! Das Traurigste ist nur, daß Du mir nicht mehr schreiben darfst, ich weiß wenigstens keinen Ausweg, um die Briefe heimlich zu bekommen. Auch ich kann Dir höchst selten nur schreiben; diesen Brief, den ich bei Mondschein kritzele, muß ich vielleicht tagelang in der Tasche herumtragen, ehe ich Gelegenheit finde, ihn abzuschicken! Steenbocken dauert mich so sehr! Wenn Du ihr doch ein bißchen Geld schicken könntest, um sie zu entschädigen. Für Kohlen, weißt Du, die hat sie sonst immer von uns bekommen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/353
Zitationshilfe: Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/353>, abgerufen am 26.04.2024.