Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

führlichen Kunstwerke sich völlig verlieren
müsse.

Melina scherzte nicht ganz fein über Wil¬
helms pedantische Ideale dieser Art, über die
Anmaßung das Publikum zu bilden, statt
sich von ihm bilden zu lassen, und beyde ver¬
einigten sich mit großer Überzeugung, daß
man nur Geld einnehmen, reich werden oder
sich lustig machen solle und verbargen sich
kaum, daß sie nur jener Personen los zu
seyn wünschten, die ihren Plane im Wege
standen. Melina bedauerte, daß die schwäch¬
liche Gesundheit Aureliens ihr kein langes
Leben verspreche, dachte aber gerade das Ge¬
gentheil. Serlo schien zu beklagen, daß
Wilhelm nicht Sänger sey und gab dadurch
zu verstehen, daß er ihn für bald entbehrlich
halte. Melina trat mit einem ganzen Re¬
gister von Ersparnissen, die zu machen seyen,
hervor, und Serlo sah in ihm seinen ersten

führlichen Kunſtwerke ſich völlig verlieren
müſſe.

Melina ſcherzte nicht ganz fein über Wil¬
helms pedantiſche Ideale dieſer Art, über die
Anmaßung das Publikum zu bilden, ſtatt
ſich von ihm bilden zu laſſen, und beyde ver¬
einigten ſich mit großer Überzeugung, daß
man nur Geld einnehmen, reich werden oder
ſich luſtig machen ſolle und verbargen ſich
kaum, daß ſie nur jener Perſonen los zu
ſeyn wünſchten, die ihren Plane im Wege
ſtanden. Melina bedauerte, daß die ſchwäch¬
liche Geſundheit Aureliens ihr kein langes
Leben verſpreche, dachte aber gerade das Ge¬
gentheil. Serlo ſchien zu beklagen, daß
Wilhelm nicht Sänger ſey und gab dadurch
zu verſtehen, daß er ihn für bald entbehrlich
halte. Melina trat mit einem ganzen Re¬
giſter von Erſparniſſen, die zu machen ſeyen,
hervor, und Serlo ſah in ihm ſeinen erſten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0196" n="190"/>
führlichen Kun&#x017F;twerke &#x017F;ich völlig verlieren<lb/>&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
            <p>Melina &#x017F;cherzte nicht ganz fein über Wil¬<lb/>
helms pedanti&#x017F;che Ideale die&#x017F;er Art, über die<lb/>
Anmaßung das Publikum zu bilden, &#x017F;tatt<lb/>
&#x017F;ich von ihm bilden zu la&#x017F;&#x017F;en, und beyde ver¬<lb/>
einigten &#x017F;ich mit großer Überzeugung, daß<lb/>
man nur Geld einnehmen, reich werden oder<lb/>
&#x017F;ich lu&#x017F;tig machen &#x017F;olle und verbargen &#x017F;ich<lb/>
kaum, daß &#x017F;ie nur jener Per&#x017F;onen los zu<lb/>
&#x017F;eyn wün&#x017F;chten, die ihren Plane im Wege<lb/>
&#x017F;tanden. Melina bedauerte, daß die &#x017F;chwäch¬<lb/>
liche Ge&#x017F;undheit Aureliens ihr kein langes<lb/>
Leben ver&#x017F;preche, dachte aber gerade das Ge¬<lb/>
gentheil. Serlo &#x017F;chien zu beklagen, daß<lb/>
Wilhelm nicht Sänger &#x017F;ey und gab dadurch<lb/>
zu ver&#x017F;tehen, daß er ihn für bald entbehrlich<lb/>
halte. Melina trat mit einem ganzen Re¬<lb/>
gi&#x017F;ter von Er&#x017F;parni&#x017F;&#x017F;en, die zu machen &#x017F;eyen,<lb/>
hervor, und Serlo &#x017F;ah in ihm &#x017F;einen er&#x017F;ten<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190/0196] führlichen Kunſtwerke ſich völlig verlieren müſſe. Melina ſcherzte nicht ganz fein über Wil¬ helms pedantiſche Ideale dieſer Art, über die Anmaßung das Publikum zu bilden, ſtatt ſich von ihm bilden zu laſſen, und beyde ver¬ einigten ſich mit großer Überzeugung, daß man nur Geld einnehmen, reich werden oder ſich luſtig machen ſolle und verbargen ſich kaum, daß ſie nur jener Perſonen los zu ſeyn wünſchten, die ihren Plane im Wege ſtanden. Melina bedauerte, daß die ſchwäch¬ liche Geſundheit Aureliens ihr kein langes Leben verſpreche, dachte aber gerade das Ge¬ gentheil. Serlo ſchien zu beklagen, daß Wilhelm nicht Sänger ſey und gab dadurch zu verſtehen, daß er ihn für bald entbehrlich halte. Melina trat mit einem ganzen Re¬ giſter von Erſparniſſen, die zu machen ſeyen, hervor, und Serlo ſah in ihm ſeinen erſten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/196
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/196>, abgerufen am 29.04.2024.