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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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wann, aber vergebens, die Sache der Griechen, vertrat Frankreichs
Interessen in der spanischen Angelegenheit, und kehrte bald zurück,
um an Montmorency's Stelle dem Departement der auswärtigen An¬
gelegenheiten vorzustehen. Dies ist der glänzendste Zeitpunkt seiner
politischen Laufbahn.

Kaum waren acht Monate nach der Einnahme von Cadiz ver¬
flossen, als der'Mann, dem die Restauration das Bischen Ruhm
verdankte, welchen sie besaß, plötzlich wie ein Bedienter, der seinem
König die Uhr vom Kamin gestohlen, davongejagt wurdet). Villvle
war auf ihn eisersüchtig, Ludwig XVIIl. liebte ihn nicht; er weigerte
sich, die Conversion der Renten zu unterstützen, die er nicht billigte;
er wollte die siebenjährige Erneuerung der Deputirtenkammer, nur
mit einer Veränderung deS wahlfähigen Alters; er war populär,
Villole war es nicht; die Könige Europas schickten ihm ihre Orden,
Villele bekam keine; er war zäh und stolz wie ein Bretagner, Villvle
geschmeidig und listig wie ein Gascogner. Er wurde unhöflich
entlassen.

Die Beleidigung war groß; die Rache kam ihr gleich. -- Corio-
lan ging zu dem Volskern über, Chateaubriand bewaffnete sich mit
seiner Feder und stellte sein Zelt in dem Journal des Debats auf.
Der Chef der realistischen Phalanx von 1818 kannte besser als je¬
der Andere die Schwächen seiner alten Waffenbrüder.

Vergebens rief Villvle alle Hilfsmittel seines gewandten Geistes
zur Unterstützung, vergebens klammerte er sich mit der Wuth der Ver¬
zweiflung an sein Portefeuille, nach einem dreijährigen heftigen
Kampfe war er von seinem furchtbaren Gegner von seiner Höhe
herabgestürzt.

Chateaubriand hatte nicht alle Folgen deS Kampfes vorher¬
gesehen. Als er Krieg mit^ einem Minister der Restauration
führte, bekämpfte er die Person und nicht die Sache. Die feurige
Jugend aber, welche seinen Schritten folgte, vermischte die Person
und die Sache im gemeinsamen Haß. DaS Ministerium Martignac
war eine Pause des Friedens, welche Chateaubriand zu einer Reis":



*) Eigene Worte Chateaubriand's.

wann, aber vergebens, die Sache der Griechen, vertrat Frankreichs
Interessen in der spanischen Angelegenheit, und kehrte bald zurück,
um an Montmorency's Stelle dem Departement der auswärtigen An¬
gelegenheiten vorzustehen. Dies ist der glänzendste Zeitpunkt seiner
politischen Laufbahn.

Kaum waren acht Monate nach der Einnahme von Cadiz ver¬
flossen, als der'Mann, dem die Restauration das Bischen Ruhm
verdankte, welchen sie besaß, plötzlich wie ein Bedienter, der seinem
König die Uhr vom Kamin gestohlen, davongejagt wurdet). Villvle
war auf ihn eisersüchtig, Ludwig XVIIl. liebte ihn nicht; er weigerte
sich, die Conversion der Renten zu unterstützen, die er nicht billigte;
er wollte die siebenjährige Erneuerung der Deputirtenkammer, nur
mit einer Veränderung deS wahlfähigen Alters; er war populär,
Villole war es nicht; die Könige Europas schickten ihm ihre Orden,
Villele bekam keine; er war zäh und stolz wie ein Bretagner, Villvle
geschmeidig und listig wie ein Gascogner. Er wurde unhöflich
entlassen.

Die Beleidigung war groß; die Rache kam ihr gleich. — Corio-
lan ging zu dem Volskern über, Chateaubriand bewaffnete sich mit
seiner Feder und stellte sein Zelt in dem Journal des Debats auf.
Der Chef der realistischen Phalanx von 1818 kannte besser als je¬
der Andere die Schwächen seiner alten Waffenbrüder.

Vergebens rief Villvle alle Hilfsmittel seines gewandten Geistes
zur Unterstützung, vergebens klammerte er sich mit der Wuth der Ver¬
zweiflung an sein Portefeuille, nach einem dreijährigen heftigen
Kampfe war er von seinem furchtbaren Gegner von seiner Höhe
herabgestürzt.

Chateaubriand hatte nicht alle Folgen deS Kampfes vorher¬
gesehen. Als er Krieg mit^ einem Minister der Restauration
führte, bekämpfte er die Person und nicht die Sache. Die feurige
Jugend aber, welche seinen Schritten folgte, vermischte die Person
und die Sache im gemeinsamen Haß. DaS Ministerium Martignac
war eine Pause des Friedens, welche Chateaubriand zu einer Reis«:



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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/66>, abgerufen am 17.06.2024.