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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.

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lüften wohnen so wackere Matrosen, wie selbst Britannien sie nicht besser auf der
Plante seiner stolzesten Fregatte ausweisen kann. Eichen und Tannen aber wachsen
in unseren Forsten so kernig und schlank, daß der sachverständige Holländer und
Engländer deutsches Schiffsbauholz vor Allem gern kauft, Eisen und Kupfer um¬
schließen unsere Berge in Menge und deutsche Leinewand ist weit und breit bei
allen Völkern der Erde bekannt. Aber unser Holz verkaufen wir Fremden, damit
diese Schiffe daraus bauen, unseren Handel zu schmälern, unsere Flagge zu demü¬
thigen; unsere Bergleute lassen wir auswandern, weil wir ihnen daheim keine
Arbeit geben mögen und unsere Leinweber verhungern vor unseren Augen im er¬
zwungenen Müßiggang. Keines Pfennigs Werth brauchte Deutschland dem Aus¬
lande zu zollen und es könnte sich die größten und besten Kriegsschiffe banen und
manchem müßigen Arbeiter so einen Verdienst schaffen, der für des ganzen Vater¬
landes Heil reiche Zinsen tragen würde. Auch an intellectuellen Fähigkeiten für
den höheren Seedienst hätten wir in Deutschland keinen Mangel und mehr noch
als sie jetzt vorhanden sind, würden sie für die Zukunft sich finden, wenn wir
sie mir brauchten und uns für ihre Heranbildung einige Mühe gäben. Sind
doch uns allein sieben Mecklenburger bekannt, die in der holländischen, französi¬
schen und russischen Kriegsmarine sehr geachtete Offizierposten bekleiden, und als
der Czar von Rußland vor einigen Jahren sich den fähigsten und dabei zu¬
verlässigsten höheren Offizier seiner Flotte auswählte, um auf den Wersten von
Neu-Uork den Bau des riesigen Kriegsdampfschiffes "Kamschatka" zu leiten, so
war dies ein Mecklenburger, eben so wie der treue Begleiter des Prinzen von
Joinville auf allen seinen Meeresfahrtcn aus diesem kleinen Lande gebürtig ist.
Gewiß alle diese hätten lieber ihre Dienste dem eigenen Vaterlande geweiht, hätte
dasselbe ihnen nur Gelegenheit gegeben, ihre Neigung für den Seedienst zu be¬
friedigen, ja Manche würden noch gern wieder mit vielen Ersahrungen bereichert
zu uns zurücktreten, böte eine deutsche Kriegsflotte ihnen passende Gelegenheit
dazu. Wie manchen wackern Kapitän zählt nicht auch unsere zahlreiche Kausfahrer-
flotte, der bei einiger vermehrter theoretischer Kenntniß dem Kommando eines
Kriegsschiffes keine Schande machen würde. Wer also da sagt, wir hätten kein
Material uns Schiffe zu bauen, leine Mannschaft zu ihrer Bemannung, keine
Führer zu ihrer Leitung, der kennt entweder unsere deutschen Seeküsten nicht, oder
schnöde Selbstsucht oder ängstliche Philisterei spricht aus seinen Worten.

Daß wir jetzt, wo wir im augenblicklichen Krieg mit Dänemark befangen
sind, wo ein anderer Krieg mit Rußland uns vielleicht nahe bevorsteht, nicht mehr
Zeit habe" uns eigene Kriegsschiffe für den dringendsten Schutz zu bauen, ist ge¬
wiß. Da ist es jetzt zu spät, wir hätten früher dabei anfangen müssen, und müssen
jetzt nothgedrungen warten, bis ein günstigerer Augenblick wieder dafür eintritt.
Aber zu spät ist es noch nicht, uns gleich eine andere Hilfe, die genügen wird
und genügen muß, sobald wir das Ding nur recht anfassen, zu schaffen, und jeder


lüften wohnen so wackere Matrosen, wie selbst Britannien sie nicht besser auf der
Plante seiner stolzesten Fregatte ausweisen kann. Eichen und Tannen aber wachsen
in unseren Forsten so kernig und schlank, daß der sachverständige Holländer und
Engländer deutsches Schiffsbauholz vor Allem gern kauft, Eisen und Kupfer um¬
schließen unsere Berge in Menge und deutsche Leinewand ist weit und breit bei
allen Völkern der Erde bekannt. Aber unser Holz verkaufen wir Fremden, damit
diese Schiffe daraus bauen, unseren Handel zu schmälern, unsere Flagge zu demü¬
thigen; unsere Bergleute lassen wir auswandern, weil wir ihnen daheim keine
Arbeit geben mögen und unsere Leinweber verhungern vor unseren Augen im er¬
zwungenen Müßiggang. Keines Pfennigs Werth brauchte Deutschland dem Aus¬
lande zu zollen und es könnte sich die größten und besten Kriegsschiffe banen und
manchem müßigen Arbeiter so einen Verdienst schaffen, der für des ganzen Vater¬
landes Heil reiche Zinsen tragen würde. Auch an intellectuellen Fähigkeiten für
den höheren Seedienst hätten wir in Deutschland keinen Mangel und mehr noch
als sie jetzt vorhanden sind, würden sie für die Zukunft sich finden, wenn wir
sie mir brauchten und uns für ihre Heranbildung einige Mühe gäben. Sind
doch uns allein sieben Mecklenburger bekannt, die in der holländischen, französi¬
schen und russischen Kriegsmarine sehr geachtete Offizierposten bekleiden, und als
der Czar von Rußland vor einigen Jahren sich den fähigsten und dabei zu¬
verlässigsten höheren Offizier seiner Flotte auswählte, um auf den Wersten von
Neu-Uork den Bau des riesigen Kriegsdampfschiffes „Kamschatka" zu leiten, so
war dies ein Mecklenburger, eben so wie der treue Begleiter des Prinzen von
Joinville auf allen seinen Meeresfahrtcn aus diesem kleinen Lande gebürtig ist.
Gewiß alle diese hätten lieber ihre Dienste dem eigenen Vaterlande geweiht, hätte
dasselbe ihnen nur Gelegenheit gegeben, ihre Neigung für den Seedienst zu be¬
friedigen, ja Manche würden noch gern wieder mit vielen Ersahrungen bereichert
zu uns zurücktreten, böte eine deutsche Kriegsflotte ihnen passende Gelegenheit
dazu. Wie manchen wackern Kapitän zählt nicht auch unsere zahlreiche Kausfahrer-
flotte, der bei einiger vermehrter theoretischer Kenntniß dem Kommando eines
Kriegsschiffes keine Schande machen würde. Wer also da sagt, wir hätten kein
Material uns Schiffe zu bauen, leine Mannschaft zu ihrer Bemannung, keine
Führer zu ihrer Leitung, der kennt entweder unsere deutschen Seeküsten nicht, oder
schnöde Selbstsucht oder ängstliche Philisterei spricht aus seinen Worten.

Daß wir jetzt, wo wir im augenblicklichen Krieg mit Dänemark befangen
sind, wo ein anderer Krieg mit Rußland uns vielleicht nahe bevorsteht, nicht mehr
Zeit habe» uns eigene Kriegsschiffe für den dringendsten Schutz zu bauen, ist ge¬
wiß. Da ist es jetzt zu spät, wir hätten früher dabei anfangen müssen, und müssen
jetzt nothgedrungen warten, bis ein günstigerer Augenblick wieder dafür eintritt.
Aber zu spät ist es noch nicht, uns gleich eine andere Hilfe, die genügen wird
und genügen muß, sobald wir das Ding nur recht anfassen, zu schaffen, und jeder


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205/222>, abgerufen am 17.06.2024.