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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.

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eigenes deutsches Marinecorps gebildet werden. Gewiß in dem Bundescontingent
von Oldenburg, Hannover, den Hansestädten, Mecklenburg und Preußen fänden
sich 5---K000 Mann Artilleristen und sonstige Soldaten nebst den dazu nöthigen
Offizieren, die so viel an die See gewöhnt sind, daß sie in gar kurzer Zeit für
den Dienst auf den Schiffen vollkommen tauglich wären. Wenn auch eigentliche
Matrosen jetzt selten mehr unter den Truppen dieser Staaten gefunden werden,
da nach der vor einigen Jahren in den meisten derselben erlassenen Bestimmung
jeder Matrose, der eine Reihe von Jahren auf einheimischen Schiffen dient, vom
Militärdienst befreit ist, so gibt es doch fortwährend eine Menge ehemalige Fischer,
Küstenfahrer, Schiffszimmerleute, kurz an die See gewöhnte Leute in denselben.
Sehr häufig hat man diese, da es meist starke, gewandte und ziemlich intelligente
Burschen sind, zur Artillerie genommen, und so ließe sich wohl die nöthige Zahl
für diesen Schiffsdienst zusammenfinden. Auch Oestreich wird an seinen illyrischen
Küsten bald die genügende Zahl tüchtiger Seeleute auftreiben können, um seine
geretteten Schiffe so zu bemannen, daß es alle nationalen Italiener, die nicht
freiwillig auf denselben fortdienen wollen, gänzlich entbehren kann. Dieses Sol¬
daten- und Artilleristencorps müßte an der Nord- und Ostseeküste vertheilt, unter
einem besondern, vom Bunde ernannten Führer stehen, und sein Hauptzweck, die
Bewachung unserer Küsten so wohl in den etwaigen Strandbatterien als auch
durch Dienst auf den erwähnten kleinen Fahrzeugen sein. Erforderten es etwaige
dringende Umstände, so wäre ihre Verwendung im Landdienst immer noch zulässig,
und sie würden auch dort ein vortreffliches Elitencorps bilden. Verwendete doch
z. B. Napoleon seine Seesoldaten nach Bedarf anch zum Landdienst und die so¬
genannte "Mariniersgarde" zeichnete sich namentlich bei Leipzig und mehreren
anderen Gelegenheiten rühmlichst aus.

Wir glauben entschieden, daß eine Flottille solcher kleiner, gut bewaffneter
Fahrzeuge bei einem Küstenkriege von dem größten Nutzen sein, und es nicht allein
mit der dänischen, sondern auch russischen, ja wohl gar französischen Flotte auf¬
nehmen könnte. Besonders ein Landen feindlicher Truppen an unseren Küsten
vermöchte sie vollkommen zu hindern, denn größtentheils sind diese so flach, daß
große Linienschiffe oder Fregatten doch nicht nahe an sie herankommen, und Trup^
pen nur mit Böten aussetzen können. .Es kommt bei solcher Küstenvertheidigung
nicht immer auf die Größe der Schiffe an, ihre Leichtigkeit und gute Führung
vermag es oft, erstere zu ersetzen. Die kleinen englischen Schiffe zerstreuten die
spanische Armada, die schwedische Scheerenflotte schlug wiederholt in mehreren
Seetreffen des vorigen Jahrhunderts die große russische Flotte. Und so werden
auch Deutschlands Schiffe Deutschlands Feinde von unseren Küsten abzuhalten
vermögen. Auch als Kaper feindlicher Handelsschiffe vermöchten solche kleine be¬
waffnete Kriegsschiffe vielfachen Nutzen zu gewähren und hätten wir jetzt nur ei¬
nige Dutzende derselben, Dänemark könnte keine so stolze Sprache uns gegenüber


eigenes deutsches Marinecorps gebildet werden. Gewiß in dem Bundescontingent
von Oldenburg, Hannover, den Hansestädten, Mecklenburg und Preußen fänden
sich 5—-K000 Mann Artilleristen und sonstige Soldaten nebst den dazu nöthigen
Offizieren, die so viel an die See gewöhnt sind, daß sie in gar kurzer Zeit für
den Dienst auf den Schiffen vollkommen tauglich wären. Wenn auch eigentliche
Matrosen jetzt selten mehr unter den Truppen dieser Staaten gefunden werden,
da nach der vor einigen Jahren in den meisten derselben erlassenen Bestimmung
jeder Matrose, der eine Reihe von Jahren auf einheimischen Schiffen dient, vom
Militärdienst befreit ist, so gibt es doch fortwährend eine Menge ehemalige Fischer,
Küstenfahrer, Schiffszimmerleute, kurz an die See gewöhnte Leute in denselben.
Sehr häufig hat man diese, da es meist starke, gewandte und ziemlich intelligente
Burschen sind, zur Artillerie genommen, und so ließe sich wohl die nöthige Zahl
für diesen Schiffsdienst zusammenfinden. Auch Oestreich wird an seinen illyrischen
Küsten bald die genügende Zahl tüchtiger Seeleute auftreiben können, um seine
geretteten Schiffe so zu bemannen, daß es alle nationalen Italiener, die nicht
freiwillig auf denselben fortdienen wollen, gänzlich entbehren kann. Dieses Sol¬
daten- und Artilleristencorps müßte an der Nord- und Ostseeküste vertheilt, unter
einem besondern, vom Bunde ernannten Führer stehen, und sein Hauptzweck, die
Bewachung unserer Küsten so wohl in den etwaigen Strandbatterien als auch
durch Dienst auf den erwähnten kleinen Fahrzeugen sein. Erforderten es etwaige
dringende Umstände, so wäre ihre Verwendung im Landdienst immer noch zulässig,
und sie würden auch dort ein vortreffliches Elitencorps bilden. Verwendete doch
z. B. Napoleon seine Seesoldaten nach Bedarf anch zum Landdienst und die so¬
genannte „Mariniersgarde" zeichnete sich namentlich bei Leipzig und mehreren
anderen Gelegenheiten rühmlichst aus.

Wir glauben entschieden, daß eine Flottille solcher kleiner, gut bewaffneter
Fahrzeuge bei einem Küstenkriege von dem größten Nutzen sein, und es nicht allein
mit der dänischen, sondern auch russischen, ja wohl gar französischen Flotte auf¬
nehmen könnte. Besonders ein Landen feindlicher Truppen an unseren Küsten
vermöchte sie vollkommen zu hindern, denn größtentheils sind diese so flach, daß
große Linienschiffe oder Fregatten doch nicht nahe an sie herankommen, und Trup^
pen nur mit Böten aussetzen können. .Es kommt bei solcher Küstenvertheidigung
nicht immer auf die Größe der Schiffe an, ihre Leichtigkeit und gute Führung
vermag es oft, erstere zu ersetzen. Die kleinen englischen Schiffe zerstreuten die
spanische Armada, die schwedische Scheerenflotte schlug wiederholt in mehreren
Seetreffen des vorigen Jahrhunderts die große russische Flotte. Und so werden
auch Deutschlands Schiffe Deutschlands Feinde von unseren Küsten abzuhalten
vermögen. Auch als Kaper feindlicher Handelsschiffe vermöchten solche kleine be¬
waffnete Kriegsschiffe vielfachen Nutzen zu gewähren und hätten wir jetzt nur ei¬
nige Dutzende derselben, Dänemark könnte keine so stolze Sprache uns gegenüber


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[0224] eigenes deutsches Marinecorps gebildet werden. Gewiß in dem Bundescontingent von Oldenburg, Hannover, den Hansestädten, Mecklenburg und Preußen fänden sich 5—-K000 Mann Artilleristen und sonstige Soldaten nebst den dazu nöthigen Offizieren, die so viel an die See gewöhnt sind, daß sie in gar kurzer Zeit für den Dienst auf den Schiffen vollkommen tauglich wären. Wenn auch eigentliche Matrosen jetzt selten mehr unter den Truppen dieser Staaten gefunden werden, da nach der vor einigen Jahren in den meisten derselben erlassenen Bestimmung jeder Matrose, der eine Reihe von Jahren auf einheimischen Schiffen dient, vom Militärdienst befreit ist, so gibt es doch fortwährend eine Menge ehemalige Fischer, Küstenfahrer, Schiffszimmerleute, kurz an die See gewöhnte Leute in denselben. Sehr häufig hat man diese, da es meist starke, gewandte und ziemlich intelligente Burschen sind, zur Artillerie genommen, und so ließe sich wohl die nöthige Zahl für diesen Schiffsdienst zusammenfinden. Auch Oestreich wird an seinen illyrischen Küsten bald die genügende Zahl tüchtiger Seeleute auftreiben können, um seine geretteten Schiffe so zu bemannen, daß es alle nationalen Italiener, die nicht freiwillig auf denselben fortdienen wollen, gänzlich entbehren kann. Dieses Sol¬ daten- und Artilleristencorps müßte an der Nord- und Ostseeküste vertheilt, unter einem besondern, vom Bunde ernannten Führer stehen, und sein Hauptzweck, die Bewachung unserer Küsten so wohl in den etwaigen Strandbatterien als auch durch Dienst auf den erwähnten kleinen Fahrzeugen sein. Erforderten es etwaige dringende Umstände, so wäre ihre Verwendung im Landdienst immer noch zulässig, und sie würden auch dort ein vortreffliches Elitencorps bilden. Verwendete doch z. B. Napoleon seine Seesoldaten nach Bedarf anch zum Landdienst und die so¬ genannte „Mariniersgarde" zeichnete sich namentlich bei Leipzig und mehreren anderen Gelegenheiten rühmlichst aus. Wir glauben entschieden, daß eine Flottille solcher kleiner, gut bewaffneter Fahrzeuge bei einem Küstenkriege von dem größten Nutzen sein, und es nicht allein mit der dänischen, sondern auch russischen, ja wohl gar französischen Flotte auf¬ nehmen könnte. Besonders ein Landen feindlicher Truppen an unseren Küsten vermöchte sie vollkommen zu hindern, denn größtentheils sind diese so flach, daß große Linienschiffe oder Fregatten doch nicht nahe an sie herankommen, und Trup^ pen nur mit Böten aussetzen können. .Es kommt bei solcher Küstenvertheidigung nicht immer auf die Größe der Schiffe an, ihre Leichtigkeit und gute Führung vermag es oft, erstere zu ersetzen. Die kleinen englischen Schiffe zerstreuten die spanische Armada, die schwedische Scheerenflotte schlug wiederholt in mehreren Seetreffen des vorigen Jahrhunderts die große russische Flotte. Und so werden auch Deutschlands Schiffe Deutschlands Feinde von unseren Küsten abzuhalten vermögen. Auch als Kaper feindlicher Handelsschiffe vermöchten solche kleine be¬ waffnete Kriegsschiffe vielfachen Nutzen zu gewähren und hätten wir jetzt nur ei¬ nige Dutzende derselben, Dänemark könnte keine so stolze Sprache uns gegenüber

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205/224>, abgerufen am 17.06.2024.