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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.

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führen, uns nicht ungestraft unsere Handelsschiffe rauben. So würden gewiß
die nicht so sehr beträchtlichen Kosten der Miethe und sonstigen Ausrüstung dieser
kleinen Schiffe dnrch ihren vielseitigen Nutzen bald reichlich gedeckt. Haben wir
aber Frieden, so geben wir sie ihren früheren Eigenthümern wieder zurück, auf
daß sie dann von Neuem ihre friedlichen Fahrten beginnen und unseren Handel
kräftigen können.

Aber nicht allein mit dieser so improvisirten Flotte sür den nothwendigsten
und dringendsten Bedarf muß sich Deutschland begnügen, wir müssen auch, kehrt
Ruhe und Ordnung erst nur einigermaßen zurück, allen Ernstes dahin streben,
uns mehrere größere Schiffe anzuschaffen, die auch zu ferneren Expeditionen taug¬
lich sind. Die deutsche Flagge ist zuerst in diesen Tagen von einem Handelsschiff
in einen andern Welttheil getragen, wir müssen nun auch dafür sorge", daß sie
von dem Maste eines stattlichen Kriegsschiffes sich bald entfaltet und dadurch allein
erst sich Achruug und Ehre erwirbt. Nicht mehr wie früher darf das Schicksal
unserer friedlichen Kauffartheischiffe in fernen Meeren ganz von der Laune oder
Gnade des kleinsten Fürsten dort abhängig sein, eine schützende Macht muß ihnen
zur Seite steheu, etwa ihnen angethane Unbill sogleich nachdrücklichst ahnden zu
können. Dazu bedürfen wir eines Geschwaders stattlicher Kriegsschiffe, und das
vereinigte Deutschland ist reich genug, sich solche zu erbauen, da es nur seines
einheimischen Materials dazu bedarf, und auch nicht an tapfern Söhnen zu arm,
sie hinlänglich zu bemannen. Es wäre eine lächerliche Illusion von uns, nur de>,
Gedanken hegen zu wollen, schon in den nächsten Dezennien eine Flotte schaffen
zu wollen, die es im ernsten offenen Seetreffen mit der englische" oder nur ameri¬
kanischen aufnehmen könnte. So etwas ist selbst bei dem besten Willen nicht so
leicht gethan, und viele Jahre und eines Vereins der glücklichsten Umstände be¬
dürfte es, wenn ganz Deutschland nur eine Flotte herstellen wollte, die ein Viertel
der Stärke und Tüchtigkeit der englischen erreichen sollte. Solchen Gedanken müssen
wir gleich von vornherein aufgeben und bedenken, daß Großbrittanien mehr als
zwei Jahrhunderte und Milliarden über Milliarden Gelder bedürfte, um seine
Flotte zu dem zu erheben, was sie jetzt ist, die Beherrscherin aller Meere. Einen
Seekrieg mit England wird daher Deutschland nie aushalten können und es dürste
auch jemals schwerlich zu einem solchen kommen. Aber 8 -- 10 tüchtige Kriegs¬
schiffe, 4--6 leichte Fregatten und 12 -- 16 kleinere Korvetten, Briggs, Kutter
u. s. w. vermögen wir uns zu bauen und in See zu halten, und diese reichen
auch vollkommen für den beabsichtigten Zweck aus. Nicht mehr vermag dann
Dänemark oder etwa Rußland unsere Kauffahrer ungestraft wegzunehmen, nicht
mehr ein Pascha von Aegypten oder irgend eine südamerikanische Republik, un¬
serer Flagge durch willkürliche Behandlung alle mögliche Schmach anzuthun, wie
es jetzt geschieht, ohne daß wir etwas anderes demselben entgegensetzen können,
als demüthige Bitten und klägliche Entschuldigungen.


führen, uns nicht ungestraft unsere Handelsschiffe rauben. So würden gewiß
die nicht so sehr beträchtlichen Kosten der Miethe und sonstigen Ausrüstung dieser
kleinen Schiffe dnrch ihren vielseitigen Nutzen bald reichlich gedeckt. Haben wir
aber Frieden, so geben wir sie ihren früheren Eigenthümern wieder zurück, auf
daß sie dann von Neuem ihre friedlichen Fahrten beginnen und unseren Handel
kräftigen können.

Aber nicht allein mit dieser so improvisirten Flotte sür den nothwendigsten
und dringendsten Bedarf muß sich Deutschland begnügen, wir müssen auch, kehrt
Ruhe und Ordnung erst nur einigermaßen zurück, allen Ernstes dahin streben,
uns mehrere größere Schiffe anzuschaffen, die auch zu ferneren Expeditionen taug¬
lich sind. Die deutsche Flagge ist zuerst in diesen Tagen von einem Handelsschiff
in einen andern Welttheil getragen, wir müssen nun auch dafür sorge», daß sie
von dem Maste eines stattlichen Kriegsschiffes sich bald entfaltet und dadurch allein
erst sich Achruug und Ehre erwirbt. Nicht mehr wie früher darf das Schicksal
unserer friedlichen Kauffartheischiffe in fernen Meeren ganz von der Laune oder
Gnade des kleinsten Fürsten dort abhängig sein, eine schützende Macht muß ihnen
zur Seite steheu, etwa ihnen angethane Unbill sogleich nachdrücklichst ahnden zu
können. Dazu bedürfen wir eines Geschwaders stattlicher Kriegsschiffe, und das
vereinigte Deutschland ist reich genug, sich solche zu erbauen, da es nur seines
einheimischen Materials dazu bedarf, und auch nicht an tapfern Söhnen zu arm,
sie hinlänglich zu bemannen. Es wäre eine lächerliche Illusion von uns, nur de>,
Gedanken hegen zu wollen, schon in den nächsten Dezennien eine Flotte schaffen
zu wollen, die es im ernsten offenen Seetreffen mit der englische» oder nur ameri¬
kanischen aufnehmen könnte. So etwas ist selbst bei dem besten Willen nicht so
leicht gethan, und viele Jahre und eines Vereins der glücklichsten Umstände be¬
dürfte es, wenn ganz Deutschland nur eine Flotte herstellen wollte, die ein Viertel
der Stärke und Tüchtigkeit der englischen erreichen sollte. Solchen Gedanken müssen
wir gleich von vornherein aufgeben und bedenken, daß Großbrittanien mehr als
zwei Jahrhunderte und Milliarden über Milliarden Gelder bedürfte, um seine
Flotte zu dem zu erheben, was sie jetzt ist, die Beherrscherin aller Meere. Einen
Seekrieg mit England wird daher Deutschland nie aushalten können und es dürste
auch jemals schwerlich zu einem solchen kommen. Aber 8 — 10 tüchtige Kriegs¬
schiffe, 4—6 leichte Fregatten und 12 — 16 kleinere Korvetten, Briggs, Kutter
u. s. w. vermögen wir uns zu bauen und in See zu halten, und diese reichen
auch vollkommen für den beabsichtigten Zweck aus. Nicht mehr vermag dann
Dänemark oder etwa Rußland unsere Kauffahrer ungestraft wegzunehmen, nicht
mehr ein Pascha von Aegypten oder irgend eine südamerikanische Republik, un¬
serer Flagge durch willkürliche Behandlung alle mögliche Schmach anzuthun, wie
es jetzt geschieht, ohne daß wir etwas anderes demselben entgegensetzen können,
als demüthige Bitten und klägliche Entschuldigungen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205/225>, abgerufen am 17.06.2024.