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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.

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unserm vulkanischen Boden aufschießt, nur Weniges andeuten. Man müßte eigens eine
Revue zur Beobachtung der dritten französischen Revolution gründen. Die Idee wäre
so übel nicht, das Unternehmen gäbe eine Vorarbeit für künftige Historiker und einen
nutzreichen Revolutionsspicgel für die gesammte Zcitgenofscnschaft.

Wir sind also bei der Eröffnung der Assemblee nationale, am 4. Mai. Die
Wahlen für dieselbe find an vielen Orten, Dank den Bemühungen von Lcdrn-Rollin's
Kommissären, ziemlich stürmisch ausgefallen, in Rouen z. B., wo die Stimmkugeln von
schwerem scchspfündigem Kaliber und die Urnen Kanonenläufe waren; trotz der Barri¬
kaden, die von den Ouvriers zwei Tage lang vertheidigt wurden, setzte dort die ge¬
mäßigte Partei ihre Sache durch; darüber Zetergeschrei im Lager der Ultras. Die
Bourgeoisie, heißt es, habe das wehrlose Volk muthwillig niedergemetzelt und Blanqui,
der den garstigen Flecken ans seiner Ehre und seinen gefährlichen Einfluß im Club
behalten hat, erläßt grcllrothe Maucranschläge und Adressen an das "verrathene Volk".
In Limoges, Elboeuf:c. siegte die Blouse über die Nedingotc, ebenfalls durch Pulses
mit Schießpulver und blankem Eisen; diesen unregelmäßigen Wahlmodus findet die
hiesige Sobricr - Blauqui - Barbes'sche Clique ganz in der Ordnung. Der letztere
(Barbks) hat sich übrigens auf eclatante Weise von einem abscheulichen Verdacht ge¬
reinigt. Eine giftige Blindschleiche hatte ausgesprengt, daß Barbvs, als er wegen
seiner republikanischen Verschwörung in den dreißiger Jahren zum Tode verurtheilt ge¬
wesen, fleißig aus dem nmnuel "Zu ckrvtien gebetet nud dadurch Gunst und Gnade in
den Augen der Prinzessin Clementine gefunden habe. Abscheulich! Doch mit der vollen
Entrüstung und dem ganzen Stolz einer edlen Seele erhebt sich Barbvs gegen diese
Verleumdung und schildert ausführlich, wie er seine vermeintlich letzten Stunden zuge¬
bracht; daß er das Glück gehabt, in der Zelle Alibeaud's gefangen zu sitzen, was sei¬
nen Geist in die erhabenste Philosophen- und Märtyrerstimmung versetzte; daß er end¬
lich, wie der Henker vor der Thüre schien, weder den dreieinigen Gott noch die Heiligen,
sondern die vier Evangelisten: Se. Just, Robespierre, Conthon und Ba-
bocuf angerufen und sich dadurch wunderbar gestärkt gefühlt habe... Die Majorität
aller Classen lächelt mitleidig über dergleichen neurousscauisch sein sollende Bekenntnisse
und wir wollen hoffen, die kleine Terroristcnpartei wird zuletzt gezwungen sein, sich vom
politischen Gebiet auf das der Speculation und des Mysticismus zu flüchten. Barbes,
Blanqui, Sobricr und Genossen würden sich als jakobinische Mucker, als Derwische
einer neuen religiösen Seele besser aufnehmen wie als gewöhnliche Straßendemagogen.

Das Resultat der Wahlen ist für die gemäßigte Partei höchst günstig ausgefallen;
vielleicht günstiger als den wirklich Gemäßigten lieb und heilsam ist; denn auch die
sogenannten Gemäßigten hier zu Lande Pflegen kein Maß zu kennen. Ihrem lauten
Triumph antwortet schon das Wuthgeschrei aus dem entgegengesetzten Lager und die
verschiedenen socialistischen, communistischen, hierarchischen und moderantistischen Fac-
tionen dürsten sich bald zu zwei großen feindlichen Armeen concentriren. "Die Einen,"
sagte ein lachender Misanthrop öffentlich, "werden von uns Feinde der Ordnung gescholten
und wir Andern, sagen jene, sind nicht die besten Freunde der Freiheit. Ich fürchte,
wir haben Recht und sie anch..." Bezeichnend ist. daß im Ganzen, außer Albert,
nur vier Arbeiter gewählt werden und zwar gerade solche, die Louis Blanc's
Theorien unbarmherzig zu kritisiren gewagt hatten. Ein Omen, über das man sich
nur freuen kann. Weniger erfreulich ist, daß gegen dreihundert mundfertige Advoka"
ten, untern denen gewiß über die Hälfte Rabulisten sind, in die Versammlung kommen.
Der Süden Frankreichs hat größtenteils lcgitimistisch, d. h. nltramontan gewählt, was
eine unangenehme Verstärkung der gemäßigten Seite geben kann. Wer sich darüber
wundert, muß Frankreich nicht kennen. Merkwürdiger Weise aber wundern sich selbst
Solche über diese nothwendige Folge des allgemeinen Stimmrechts, die seit Jahren in
der Agitation um das sM--lxe miiversvl mit der ultramontanen Partei gemeinsame


unserm vulkanischen Boden aufschießt, nur Weniges andeuten. Man müßte eigens eine
Revue zur Beobachtung der dritten französischen Revolution gründen. Die Idee wäre
so übel nicht, das Unternehmen gäbe eine Vorarbeit für künftige Historiker und einen
nutzreichen Revolutionsspicgel für die gesammte Zcitgenofscnschaft.

Wir sind also bei der Eröffnung der Assemblee nationale, am 4. Mai. Die
Wahlen für dieselbe find an vielen Orten, Dank den Bemühungen von Lcdrn-Rollin's
Kommissären, ziemlich stürmisch ausgefallen, in Rouen z. B., wo die Stimmkugeln von
schwerem scchspfündigem Kaliber und die Urnen Kanonenläufe waren; trotz der Barri¬
kaden, die von den Ouvriers zwei Tage lang vertheidigt wurden, setzte dort die ge¬
mäßigte Partei ihre Sache durch; darüber Zetergeschrei im Lager der Ultras. Die
Bourgeoisie, heißt es, habe das wehrlose Volk muthwillig niedergemetzelt und Blanqui,
der den garstigen Flecken ans seiner Ehre und seinen gefährlichen Einfluß im Club
behalten hat, erläßt grcllrothe Maucranschläge und Adressen an das „verrathene Volk".
In Limoges, Elboeuf:c. siegte die Blouse über die Nedingotc, ebenfalls durch Pulses
mit Schießpulver und blankem Eisen; diesen unregelmäßigen Wahlmodus findet die
hiesige Sobricr - Blauqui - Barbes'sche Clique ganz in der Ordnung. Der letztere
(Barbks) hat sich übrigens auf eclatante Weise von einem abscheulichen Verdacht ge¬
reinigt. Eine giftige Blindschleiche hatte ausgesprengt, daß Barbvs, als er wegen
seiner republikanischen Verschwörung in den dreißiger Jahren zum Tode verurtheilt ge¬
wesen, fleißig aus dem nmnuel «Zu ckrvtien gebetet nud dadurch Gunst und Gnade in
den Augen der Prinzessin Clementine gefunden habe. Abscheulich! Doch mit der vollen
Entrüstung und dem ganzen Stolz einer edlen Seele erhebt sich Barbvs gegen diese
Verleumdung und schildert ausführlich, wie er seine vermeintlich letzten Stunden zuge¬
bracht; daß er das Glück gehabt, in der Zelle Alibeaud's gefangen zu sitzen, was sei¬
nen Geist in die erhabenste Philosophen- und Märtyrerstimmung versetzte; daß er end¬
lich, wie der Henker vor der Thüre schien, weder den dreieinigen Gott noch die Heiligen,
sondern die vier Evangelisten: Se. Just, Robespierre, Conthon und Ba-
bocuf angerufen und sich dadurch wunderbar gestärkt gefühlt habe... Die Majorität
aller Classen lächelt mitleidig über dergleichen neurousscauisch sein sollende Bekenntnisse
und wir wollen hoffen, die kleine Terroristcnpartei wird zuletzt gezwungen sein, sich vom
politischen Gebiet auf das der Speculation und des Mysticismus zu flüchten. Barbes,
Blanqui, Sobricr und Genossen würden sich als jakobinische Mucker, als Derwische
einer neuen religiösen Seele besser aufnehmen wie als gewöhnliche Straßendemagogen.

Das Resultat der Wahlen ist für die gemäßigte Partei höchst günstig ausgefallen;
vielleicht günstiger als den wirklich Gemäßigten lieb und heilsam ist; denn auch die
sogenannten Gemäßigten hier zu Lande Pflegen kein Maß zu kennen. Ihrem lauten
Triumph antwortet schon das Wuthgeschrei aus dem entgegengesetzten Lager und die
verschiedenen socialistischen, communistischen, hierarchischen und moderantistischen Fac-
tionen dürsten sich bald zu zwei großen feindlichen Armeen concentriren. „Die Einen,"
sagte ein lachender Misanthrop öffentlich, „werden von uns Feinde der Ordnung gescholten
und wir Andern, sagen jene, sind nicht die besten Freunde der Freiheit. Ich fürchte,
wir haben Recht und sie anch..." Bezeichnend ist. daß im Ganzen, außer Albert,
nur vier Arbeiter gewählt werden und zwar gerade solche, die Louis Blanc's
Theorien unbarmherzig zu kritisiren gewagt hatten. Ein Omen, über das man sich
nur freuen kann. Weniger erfreulich ist, daß gegen dreihundert mundfertige Advoka»
ten, untern denen gewiß über die Hälfte Rabulisten sind, in die Versammlung kommen.
Der Süden Frankreichs hat größtenteils lcgitimistisch, d. h. nltramontan gewählt, was
eine unangenehme Verstärkung der gemäßigten Seite geben kann. Wer sich darüber
wundert, muß Frankreich nicht kennen. Merkwürdiger Weise aber wundern sich selbst
Solche über diese nothwendige Folge des allgemeinen Stimmrechts, die seit Jahren in
der Agitation um das sM--lxe miiversvl mit der ultramontanen Partei gemeinsame


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[0249] unserm vulkanischen Boden aufschießt, nur Weniges andeuten. Man müßte eigens eine Revue zur Beobachtung der dritten französischen Revolution gründen. Die Idee wäre so übel nicht, das Unternehmen gäbe eine Vorarbeit für künftige Historiker und einen nutzreichen Revolutionsspicgel für die gesammte Zcitgenofscnschaft. Wir sind also bei der Eröffnung der Assemblee nationale, am 4. Mai. Die Wahlen für dieselbe find an vielen Orten, Dank den Bemühungen von Lcdrn-Rollin's Kommissären, ziemlich stürmisch ausgefallen, in Rouen z. B., wo die Stimmkugeln von schwerem scchspfündigem Kaliber und die Urnen Kanonenläufe waren; trotz der Barri¬ kaden, die von den Ouvriers zwei Tage lang vertheidigt wurden, setzte dort die ge¬ mäßigte Partei ihre Sache durch; darüber Zetergeschrei im Lager der Ultras. Die Bourgeoisie, heißt es, habe das wehrlose Volk muthwillig niedergemetzelt und Blanqui, der den garstigen Flecken ans seiner Ehre und seinen gefährlichen Einfluß im Club behalten hat, erläßt grcllrothe Maucranschläge und Adressen an das „verrathene Volk". In Limoges, Elboeuf:c. siegte die Blouse über die Nedingotc, ebenfalls durch Pulses mit Schießpulver und blankem Eisen; diesen unregelmäßigen Wahlmodus findet die hiesige Sobricr - Blauqui - Barbes'sche Clique ganz in der Ordnung. Der letztere (Barbks) hat sich übrigens auf eclatante Weise von einem abscheulichen Verdacht ge¬ reinigt. Eine giftige Blindschleiche hatte ausgesprengt, daß Barbvs, als er wegen seiner republikanischen Verschwörung in den dreißiger Jahren zum Tode verurtheilt ge¬ wesen, fleißig aus dem nmnuel «Zu ckrvtien gebetet nud dadurch Gunst und Gnade in den Augen der Prinzessin Clementine gefunden habe. Abscheulich! Doch mit der vollen Entrüstung und dem ganzen Stolz einer edlen Seele erhebt sich Barbvs gegen diese Verleumdung und schildert ausführlich, wie er seine vermeintlich letzten Stunden zuge¬ bracht; daß er das Glück gehabt, in der Zelle Alibeaud's gefangen zu sitzen, was sei¬ nen Geist in die erhabenste Philosophen- und Märtyrerstimmung versetzte; daß er end¬ lich, wie der Henker vor der Thüre schien, weder den dreieinigen Gott noch die Heiligen, sondern die vier Evangelisten: Se. Just, Robespierre, Conthon und Ba- bocuf angerufen und sich dadurch wunderbar gestärkt gefühlt habe... Die Majorität aller Classen lächelt mitleidig über dergleichen neurousscauisch sein sollende Bekenntnisse und wir wollen hoffen, die kleine Terroristcnpartei wird zuletzt gezwungen sein, sich vom politischen Gebiet auf das der Speculation und des Mysticismus zu flüchten. Barbes, Blanqui, Sobricr und Genossen würden sich als jakobinische Mucker, als Derwische einer neuen religiösen Seele besser aufnehmen wie als gewöhnliche Straßendemagogen. Das Resultat der Wahlen ist für die gemäßigte Partei höchst günstig ausgefallen; vielleicht günstiger als den wirklich Gemäßigten lieb und heilsam ist; denn auch die sogenannten Gemäßigten hier zu Lande Pflegen kein Maß zu kennen. Ihrem lauten Triumph antwortet schon das Wuthgeschrei aus dem entgegengesetzten Lager und die verschiedenen socialistischen, communistischen, hierarchischen und moderantistischen Fac- tionen dürsten sich bald zu zwei großen feindlichen Armeen concentriren. „Die Einen," sagte ein lachender Misanthrop öffentlich, „werden von uns Feinde der Ordnung gescholten und wir Andern, sagen jene, sind nicht die besten Freunde der Freiheit. Ich fürchte, wir haben Recht und sie anch..." Bezeichnend ist. daß im Ganzen, außer Albert, nur vier Arbeiter gewählt werden und zwar gerade solche, die Louis Blanc's Theorien unbarmherzig zu kritisiren gewagt hatten. Ein Omen, über das man sich nur freuen kann. Weniger erfreulich ist, daß gegen dreihundert mundfertige Advoka» ten, untern denen gewiß über die Hälfte Rabulisten sind, in die Versammlung kommen. Der Süden Frankreichs hat größtenteils lcgitimistisch, d. h. nltramontan gewählt, was eine unangenehme Verstärkung der gemäßigten Seite geben kann. Wer sich darüber wundert, muß Frankreich nicht kennen. Merkwürdiger Weise aber wundern sich selbst Solche über diese nothwendige Folge des allgemeinen Stimmrechts, die seit Jahren in der Agitation um das sM--lxe miiversvl mit der ultramontanen Partei gemeinsame

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205/249>, abgerufen am 17.06.2024.