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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.

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von Kind ans in streng monarchischen Sinn erzogen worden und glauben Däne¬
mark vielen Dank schuldig zu sein. Der Handel dahin hat uns reich gemacht,
die Lasten seiner Regierung drückten unseren Wohlstand nicht und dieser hat sich
in den letztvergangenen fünfzehn Jahren zu einer früher nie gekannten Höhe em¬
porgeschwungen. Warum also sollten wir unsere alten Zustände leichtsinnig ver¬
tauschen gegen neue, in Aussicht gestellte, für deren Werth und Ersprießlichkeit
uns nicht die mindeste Bürgschaft geboten ist? Nein, wir wollen ferner bleiben,
wie und was wir gewesen sind, dänische Unterthanen, welche mit ihrer Regierung
zufrieden waren. Aber glauben Sie nur nicht, daß wir Dänen sein oder werden
wollten.....- nein wir sind und bleiben Schleswiger, stolz auf unser Land und un¬
sere alten Vorrechte und wollen lieber sammt und sonders zu Grunde gehn, als
den verd -- Juten zugetheilt werden!" So spricht der kleine Bürger in Nord-
schleswig, welcher natürlich nur sein materielles Interesse im Auge hat und die
Segnungen eines langen Friedens unbedenklich der seitherigen Staatsverwaltung
zuschreibt.

Obgleich die Ausgleichung in weite Ferne hinausgerückt scheint, so ist es doch
nicht anders möglich, als daß sie binnen kurzer Frist erfolgen muß. Ein Monat
ist in unserer explodirenden Zeit mehr als ehedem ein Dezennium und es ist ge¬
fährlich , lange auf einem Boden zu verweile", uach welchem von allen Weltgegen-
den gefüllte Miuengänge laufen. Man weiß, daß die Friedensunterhandlungen
Deutschlands resp. Schleswig-Holsteins mit Dänemark fortwährend im Gange
sind. Da aber unseres lieben Vaterlandes Politik bisher weiter nichts gewesen
ist, als ein wesenloser Schemen, so mußte-natürlich die hochwichtige Angelegen¬
heit in die Hände einer Großmacht niedergelegt werden. England übernahm die
Vermittlung. Die Sympathien zwischen Briten und Dänen sind zwar von jeher
nicht besonders groß gewesen, man gedenke uur des in Dänemark noch nicht ver¬
gessenen Bombardements von Kopenhagen und seiner Folgen, aber sei es, um
altes Unrecht gut zu machen, sei es aus Eifersucht gegen das erwachte Deutsch¬
land, welches durch deu Anschluß der Herzogthümer die besten Häfen der Welt
erhalten würde, die englische Presse stellte sich ganz') auf Seite der Dänen und
fiel mit einer beispiellosen Wuth über deren Feinde her. Es war in der That
ergötzlich, die Ausfälle der Times gegen die braven Bundestruppen, gegen die
Freischaaren: diese "Horden von Briganden" zu lesen, ihre Schlachtberichte mit
den Bulletins der Feldherren zu vergleichen. Die englische Presse gab deutlich
Wunsch und Meinung der englischen Politik hinsichtlich der nordischen Frage zu
erkennen. Der arglose Deutsche achtete aber nicht darauf. Gleich bei dem Be¬
ginne der Friedenspräliminarien gab er willig alle errungenen, mächtigen Vortheile



*) Dach nicht ganz. Unter andern Blättern hat vailz? Kiep" sich öfters für die deutsche
S D. R e d. ache ausgesprochen.

von Kind ans in streng monarchischen Sinn erzogen worden und glauben Däne¬
mark vielen Dank schuldig zu sein. Der Handel dahin hat uns reich gemacht,
die Lasten seiner Regierung drückten unseren Wohlstand nicht und dieser hat sich
in den letztvergangenen fünfzehn Jahren zu einer früher nie gekannten Höhe em¬
porgeschwungen. Warum also sollten wir unsere alten Zustände leichtsinnig ver¬
tauschen gegen neue, in Aussicht gestellte, für deren Werth und Ersprießlichkeit
uns nicht die mindeste Bürgschaft geboten ist? Nein, wir wollen ferner bleiben,
wie und was wir gewesen sind, dänische Unterthanen, welche mit ihrer Regierung
zufrieden waren. Aber glauben Sie nur nicht, daß wir Dänen sein oder werden
wollten.....- nein wir sind und bleiben Schleswiger, stolz auf unser Land und un¬
sere alten Vorrechte und wollen lieber sammt und sonders zu Grunde gehn, als
den verd — Juten zugetheilt werden!" So spricht der kleine Bürger in Nord-
schleswig, welcher natürlich nur sein materielles Interesse im Auge hat und die
Segnungen eines langen Friedens unbedenklich der seitherigen Staatsverwaltung
zuschreibt.

Obgleich die Ausgleichung in weite Ferne hinausgerückt scheint, so ist es doch
nicht anders möglich, als daß sie binnen kurzer Frist erfolgen muß. Ein Monat
ist in unserer explodirenden Zeit mehr als ehedem ein Dezennium und es ist ge¬
fährlich , lange auf einem Boden zu verweile», uach welchem von allen Weltgegen-
den gefüllte Miuengänge laufen. Man weiß, daß die Friedensunterhandlungen
Deutschlands resp. Schleswig-Holsteins mit Dänemark fortwährend im Gange
sind. Da aber unseres lieben Vaterlandes Politik bisher weiter nichts gewesen
ist, als ein wesenloser Schemen, so mußte-natürlich die hochwichtige Angelegen¬
heit in die Hände einer Großmacht niedergelegt werden. England übernahm die
Vermittlung. Die Sympathien zwischen Briten und Dänen sind zwar von jeher
nicht besonders groß gewesen, man gedenke uur des in Dänemark noch nicht ver¬
gessenen Bombardements von Kopenhagen und seiner Folgen, aber sei es, um
altes Unrecht gut zu machen, sei es aus Eifersucht gegen das erwachte Deutsch¬
land, welches durch deu Anschluß der Herzogthümer die besten Häfen der Welt
erhalten würde, die englische Presse stellte sich ganz') auf Seite der Dänen und
fiel mit einer beispiellosen Wuth über deren Feinde her. Es war in der That
ergötzlich, die Ausfälle der Times gegen die braven Bundestruppen, gegen die
Freischaaren: diese „Horden von Briganden" zu lesen, ihre Schlachtberichte mit
den Bulletins der Feldherren zu vergleichen. Die englische Presse gab deutlich
Wunsch und Meinung der englischen Politik hinsichtlich der nordischen Frage zu
erkennen. Der arglose Deutsche achtete aber nicht darauf. Gleich bei dem Be¬
ginne der Friedenspräliminarien gab er willig alle errungenen, mächtigen Vortheile



*) Dach nicht ganz. Unter andern Blättern hat vailz? Kiep» sich öfters für die deutsche
S D. R e d. ache ausgesprochen.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205/507>, abgerufen am 17.06.2024.