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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.

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Humoristische Caffenanweisungen.



Einem Hochlöblichen Magistrat der Residenzstadt Hannover zeige ich hierdurch
NMust an, daß derselbe jedenfalls eine von den zwei Tugenden des größten
Shakespearcschen Helden besitzt, witzig zu sein oder witzig zu machen. Und ich
danke ihm herzlich dafür. In dieser Zeit fanatischen Eifers, wo die politische
Weisheit des deutschen Volkes aufgeschossen ist, wie ein Niesenpilz nach einer
Gewitternacht, thut es unendlich wohl, Jemanden zu finden, der mit souverainer
Ruhe hernieder blickt aus das grimmige Gedränge unserer Tage, und ans die
Stirnrunzeln der aristokratischen und demagogischen Möpse, die sich wegen des
Leckerbissens, der Herrschaft über das Volk, gegenseitig anbellen. Ja meine Her¬
ren, in Hannover in Ihrer Mitte hat die fröhliche Laune das letzte Asyl gefun-
den, und wenn ich zufällig der erste bin, der dies öffentlich anerkennt, so nehmen
Sie doch die Versicherung, daß das deutsche Volk sich nnr deshalb scheinbar mit
Erzherzogen und Emeuten beschäftigt, um seine liebevolle Zärtlichkeit sür Sie, Hoch-
löbliche Herren, schamhaft zu verhüllen. Denn Ihnen gebührt der ewige Ruhm,
da humoristisch geworden zu sein, wo bis jetzt wenige Sterbliche gewagt haben,
anders als gemein zu empfinden; Sie haben der Satyre ein neues Reich erobert,
das Papiergeld. Auf den Fünfthalerscheinen, welche Sie mit Ihrem Namen ge¬
schmückt vor längerer Zeit aufzugeben die Gefälligkeit hatten, ballen z>vel geflü¬
gelte Genien am Bindfaden die gedruckte", verhängnißvollen Worte: zahlbar zu
jeder Zeit bei der Stadtcasse. Diesen Genien, welche gewissermaßen die
Schutzengel der Stadtcasse vorstellen, würde nach der Väter Brauch die vielver¬
sprechende Aeußerung in Form eines Zettels zum Munde herausgehangen haben,
wir danken Ihnen auch dafür, daß Sie dieselbe viel geschmackvoller und eben so
bedeutsam unter dem Gesäß der Kleine" angebracht haben. Während nun aber
die Schutzengel der Stadtcasse i" der angedeuteten Weise eine Garantie dafür
übernehmen, daß der Fünfthalerschein kein gewöhnlicher Wisch, sondern ein werth-
volles Kleinod sei, heben Sie zu gleicher Zeit die andere Hand malerisch in die
Höhe und kratzen sich im Kopfe. Ja, meine Herren, Sie k -- sich allerdings im
Kopfe und beim Zeus, recht nachdrücklich und absichtlich thun Sie das. -- Es ge-
^'te nicht nur Muth und Selbstgefühl, es gehörte auch geniale Erfindungskraft
gerade die Schalkhaftigkeit der nackten Engelchen zu so diplomatischer Alle-
tt"ne zu verwenden; wie wohlgenährt sehen sie aus, wie zierlich halten sie den
Bindfaden "ut rufen gleichsam dem Beschauer zu: hier sitzen nzir, nach ""ten ga-
rantrren wir, "ach oben k -- drücken wir unser Bedenken darüber durch die Pan¬
tomime wohlwollender Verlegenheit aus.


Humoristische Caffenanweisungen.



Einem Hochlöblichen Magistrat der Residenzstadt Hannover zeige ich hierdurch
NMust an, daß derselbe jedenfalls eine von den zwei Tugenden des größten
Shakespearcschen Helden besitzt, witzig zu sein oder witzig zu machen. Und ich
danke ihm herzlich dafür. In dieser Zeit fanatischen Eifers, wo die politische
Weisheit des deutschen Volkes aufgeschossen ist, wie ein Niesenpilz nach einer
Gewitternacht, thut es unendlich wohl, Jemanden zu finden, der mit souverainer
Ruhe hernieder blickt aus das grimmige Gedränge unserer Tage, und ans die
Stirnrunzeln der aristokratischen und demagogischen Möpse, die sich wegen des
Leckerbissens, der Herrschaft über das Volk, gegenseitig anbellen. Ja meine Her¬
ren, in Hannover in Ihrer Mitte hat die fröhliche Laune das letzte Asyl gefun-
den, und wenn ich zufällig der erste bin, der dies öffentlich anerkennt, so nehmen
Sie doch die Versicherung, daß das deutsche Volk sich nnr deshalb scheinbar mit
Erzherzogen und Emeuten beschäftigt, um seine liebevolle Zärtlichkeit sür Sie, Hoch-
löbliche Herren, schamhaft zu verhüllen. Denn Ihnen gebührt der ewige Ruhm,
da humoristisch geworden zu sein, wo bis jetzt wenige Sterbliche gewagt haben,
anders als gemein zu empfinden; Sie haben der Satyre ein neues Reich erobert,
das Papiergeld. Auf den Fünfthalerscheinen, welche Sie mit Ihrem Namen ge¬
schmückt vor längerer Zeit aufzugeben die Gefälligkeit hatten, ballen z>vel geflü¬
gelte Genien am Bindfaden die gedruckte», verhängnißvollen Worte: zahlbar zu
jeder Zeit bei der Stadtcasse. Diesen Genien, welche gewissermaßen die
Schutzengel der Stadtcasse vorstellen, würde nach der Väter Brauch die vielver¬
sprechende Aeußerung in Form eines Zettels zum Munde herausgehangen haben,
wir danken Ihnen auch dafür, daß Sie dieselbe viel geschmackvoller und eben so
bedeutsam unter dem Gesäß der Kleine» angebracht haben. Während nun aber
die Schutzengel der Stadtcasse i» der angedeuteten Weise eine Garantie dafür
übernehmen, daß der Fünfthalerschein kein gewöhnlicher Wisch, sondern ein werth-
volles Kleinod sei, heben Sie zu gleicher Zeit die andere Hand malerisch in die
Höhe und kratzen sich im Kopfe. Ja, meine Herren, Sie k — sich allerdings im
Kopfe und beim Zeus, recht nachdrücklich und absichtlich thun Sie das. — Es ge-
^'te nicht nur Muth und Selbstgefühl, es gehörte auch geniale Erfindungskraft
gerade die Schalkhaftigkeit der nackten Engelchen zu so diplomatischer Alle-
tt"ne zu verwenden; wie wohlgenährt sehen sie aus, wie zierlich halten sie den
Bindfaden „ut rufen gleichsam dem Beschauer zu: hier sitzen nzir, nach «"ten ga-
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tomime wohlwollender Verlegenheit aus.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/121>, abgerufen am 16.06.2024.