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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.

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Seit der vorigen Woche haben sich mehrere Bedenken gehoben, die wir über
die Stellung der neuerrichteten Centralgewalt auszusprechen uns veranlaßt sahen.
Erzherzog Johann hat feierlich erklärt, veranlaßt durch sehr bestimmte Andeu¬
tungen in der Rede des Präsidenten v. Gagern, er werde sich der Reichsver-
weserschaft ausschließlich widmen und seine Stellung bei dem östreichischen Reichs¬
tage niederlegen. Eine solche Erklärung zerstreut die letzten Schatten, welche sich
noch über die allgemeine freudige Anerkennung des Reichsverwesers ausbreiteten.
Wir haben nun nicht mehr zu befürchten, zum Nebeulaud eines mitteleuropäischen
Kaiserreichs herabgesetzt zu werden und der Wiener Particularismus wird seine
Freude über die vermeintliche Zusicherung des Erzherzogs, die getreuen Stunde
des deutschen Reichs nach Wien zu verlegen, wohl fahren lassen müssen. Es ist
beiläufig mit diesem ParticulciriSmus eine eigene Sache. Wenn es ins Ideelle
geht, so gibt man ihn leicht auf und es genügt kaum Weltbürger zu sein: selbst
die Welt erscheint als eine zu enge Umgrenzung für das Herz des allumfassenden
Kosmopoliten. In materiellen Fragen wird die Entscheidung schwerer. Herr
Berg er ist einer der wenigen Oestreicher, welche sich der "äußersten Linken" an¬
geschlossen haben, Mser Partei, "w
Grenzen aller Staaten UreiM" will; wo es aber^M^Geld^geht, "dq, .soll,.die
Grenze"um 'keinen Zoll Zeichen und wäre sie nicht stärker als ein Seidenfaden.
Als das G^dau^fnHrverbvt der östreichischen Regierung, das den gerechten Un¬
willen von ganz Deutschland auf sich gezogen hat, in Frankfurt zur Sprache kam,
fand sich Herr Berger und neben ihm die Herren Schilling und Giskra, gleich¬
falls Deputirte der Linken, veranlaßt, den östreichischen Particularismus lebhast
in Schutz zu nehmen, -- ein schlimmes Omen für die nahe bevorstehenden Ver¬
handlungen über die Einigung der deutschen Zoll- und Handelsverhältnisse. Es
ist erfreulich, daß sich die Nationalversammlung in ihrer Erklärung über das Un¬
gerechte und Unpätriotische jener Maßregel nicht hat stören lassen.

Nur wird leider in solchen Fällen, wo es auf ein männliches Auftreten an-
"mint, die Nationalversammlung in der Regel eben so diplomatisch zart, als sie
Wst dein Wehen ihres Geistes freien Spielraum läßt. Was heißt das, dem
ialservvu Oestreich zu erklären, jeues Ausfuhrverbot sei "undeutsch" u. dergl.?
Reichsherweser müßte aufgefordert werden, sofort dem Kaiser von Oestreich
anzuzeigen, d<es matt jene Maßregel selbst unter kriegführenden Nationen scheue,
! . s ^ befreundeten Staaten, ja, wie es jetzt sein soll, bei Theilen Eines
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Seit der vorigen Woche haben sich mehrere Bedenken gehoben, die wir über
die Stellung der neuerrichteten Centralgewalt auszusprechen uns veranlaßt sahen.
Erzherzog Johann hat feierlich erklärt, veranlaßt durch sehr bestimmte Andeu¬
tungen in der Rede des Präsidenten v. Gagern, er werde sich der Reichsver-
weserschaft ausschließlich widmen und seine Stellung bei dem östreichischen Reichs¬
tage niederlegen. Eine solche Erklärung zerstreut die letzten Schatten, welche sich
noch über die allgemeine freudige Anerkennung des Reichsverwesers ausbreiteten.
Wir haben nun nicht mehr zu befürchten, zum Nebeulaud eines mitteleuropäischen
Kaiserreichs herabgesetzt zu werden und der Wiener Particularismus wird seine
Freude über die vermeintliche Zusicherung des Erzherzogs, die getreuen Stunde
des deutschen Reichs nach Wien zu verlegen, wohl fahren lassen müssen. Es ist
beiläufig mit diesem ParticulciriSmus eine eigene Sache. Wenn es ins Ideelle
geht, so gibt man ihn leicht auf und es genügt kaum Weltbürger zu sein: selbst
die Welt erscheint als eine zu enge Umgrenzung für das Herz des allumfassenden
Kosmopoliten. In materiellen Fragen wird die Entscheidung schwerer. Herr
Berg er ist einer der wenigen Oestreicher, welche sich der „äußersten Linken" an¬
geschlossen haben, Mser Partei, „w
Grenzen aller Staaten UreiM» will; wo es aber^M^Geld^geht, „dq, .soll,.die
Grenze"um 'keinen Zoll Zeichen und wäre sie nicht stärker als ein Seidenfaden.
Als das G^dau^fnHrverbvt der östreichischen Regierung, das den gerechten Un¬
willen von ganz Deutschland auf sich gezogen hat, in Frankfurt zur Sprache kam,
fand sich Herr Berger und neben ihm die Herren Schilling und Giskra, gleich¬
falls Deputirte der Linken, veranlaßt, den östreichischen Particularismus lebhast
in Schutz zu nehmen, — ein schlimmes Omen für die nahe bevorstehenden Ver¬
handlungen über die Einigung der deutschen Zoll- und Handelsverhältnisse. Es
ist erfreulich, daß sich die Nationalversammlung in ihrer Erklärung über das Un¬
gerechte und Unpätriotische jener Maßregel nicht hat stören lassen.

Nur wird leider in solchen Fällen, wo es auf ein männliches Auftreten an-
»mint, die Nationalversammlung in der Regel eben so diplomatisch zart, als sie
Wst dein Wehen ihres Geistes freien Spielraum läßt. Was heißt das, dem
ialservvu Oestreich zu erklären, jeues Ausfuhrverbot sei „undeutsch" u. dergl.?
Reichsherweser müßte aufgefordert werden, sofort dem Kaiser von Oestreich
anzuzeigen, d<es matt jene Maßregel selbst unter kriegführenden Nationen scheue,
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[0133] Vom Rei eh. it. Seit der vorigen Woche haben sich mehrere Bedenken gehoben, die wir über die Stellung der neuerrichteten Centralgewalt auszusprechen uns veranlaßt sahen. Erzherzog Johann hat feierlich erklärt, veranlaßt durch sehr bestimmte Andeu¬ tungen in der Rede des Präsidenten v. Gagern, er werde sich der Reichsver- weserschaft ausschließlich widmen und seine Stellung bei dem östreichischen Reichs¬ tage niederlegen. Eine solche Erklärung zerstreut die letzten Schatten, welche sich noch über die allgemeine freudige Anerkennung des Reichsverwesers ausbreiteten. Wir haben nun nicht mehr zu befürchten, zum Nebeulaud eines mitteleuropäischen Kaiserreichs herabgesetzt zu werden und der Wiener Particularismus wird seine Freude über die vermeintliche Zusicherung des Erzherzogs, die getreuen Stunde des deutschen Reichs nach Wien zu verlegen, wohl fahren lassen müssen. Es ist beiläufig mit diesem ParticulciriSmus eine eigene Sache. Wenn es ins Ideelle geht, so gibt man ihn leicht auf und es genügt kaum Weltbürger zu sein: selbst die Welt erscheint als eine zu enge Umgrenzung für das Herz des allumfassenden Kosmopoliten. In materiellen Fragen wird die Entscheidung schwerer. Herr Berg er ist einer der wenigen Oestreicher, welche sich der „äußersten Linken" an¬ geschlossen haben, Mser Partei, „w Grenzen aller Staaten UreiM» will; wo es aber^M^Geld^geht, „dq, .soll,.die Grenze"um 'keinen Zoll Zeichen und wäre sie nicht stärker als ein Seidenfaden. Als das G^dau^fnHrverbvt der östreichischen Regierung, das den gerechten Un¬ willen von ganz Deutschland auf sich gezogen hat, in Frankfurt zur Sprache kam, fand sich Herr Berger und neben ihm die Herren Schilling und Giskra, gleich¬ falls Deputirte der Linken, veranlaßt, den östreichischen Particularismus lebhast in Schutz zu nehmen, — ein schlimmes Omen für die nahe bevorstehenden Ver¬ handlungen über die Einigung der deutschen Zoll- und Handelsverhältnisse. Es ist erfreulich, daß sich die Nationalversammlung in ihrer Erklärung über das Un¬ gerechte und Unpätriotische jener Maßregel nicht hat stören lassen. Nur wird leider in solchen Fällen, wo es auf ein männliches Auftreten an- »mint, die Nationalversammlung in der Regel eben so diplomatisch zart, als sie Wst dein Wehen ihres Geistes freien Spielraum läßt. Was heißt das, dem ialservvu Oestreich zu erklären, jeues Ausfuhrverbot sei „undeutsch" u. dergl.? Reichsherweser müßte aufgefordert werden, sofort dem Kaiser von Oestreich anzuzeigen, d<es matt jene Maßregel selbst unter kriegführenden Nationen scheue, ! . s ^ befreundeten Staaten, ja, wie es jetzt sein soll, bei Theilen Eines i sreiizvolen. >„. ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/133>, abgerufen am 16.06.2024.