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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.

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dieser eine eigene Feierlichkeit bereitet. In der Vorstadt Gumpendorf, in welchem Be¬
zirke sich sehr viele Fabrikarbeiter, Wäscherinnen und tgi. befinden, sammelte sich unge¬
achtet des Belagerungszustandes eine Menge von 4 bis 500 Menschen, und veranstal¬
tete einen großartigen Leichenzug für Hans Jörgel. Eine Figur wurde ausgestopft,
und stattlich herausgeputzt auf ein Brett gelegt; über 30 Personen, mit allerhand
Trauerzeicheu versehen, trugen das Brett auf den Achseln, und die Uebrigen folgten in
langem Zuge mit trauernden Geberden. Man zog in einen Hofraum und stellte den
Popanz neben -- eine Senkgrube; hier wurden Leichenreden gehalten, die -- kerniger
als Schakcspcar'sche Reden, -- kaum wiederzugeben sind. Hätte sie Hr. Weis gehört,
so würde er gewiß neuerdings eine Klage bei der Stadtcommandantur einreichen, daß
man ihn einen schlechten Kerl, einen Schurken, einen Ehrabschneider, einen Denunzian¬
ten heiße. Die Scene dauerte lange, und die Anwesenden heulten, bis man endlich
den Popanz bei Händen und Füßen ergriff und mit Schwung -- in die Mistgrube
warf; jeder beeilte sich, einen Stein oder was sonst in die Hand kam, nachzuschleudcrn.
Hieraus ging das Volk ruhig und friedlich auseinander, die anwesenden Sicherheits-
wachcn, welche das Vorhaben nicht hinderten, rapportirten an die Behörden, und bald
hernach erschienen Patrouillen, die wie gewöhnlich mit pfiffigem Lächeln angegafft wur¬
den. --

Schnell ein anderes Bild.

Die Geistlichkeit ist nicht sonderlich zufrieden mit dem neuen Staude der Dinge.
Ihre Anstrengungen, festen Fuß am Sitze der Regierung selbst zu sassen, was bei der
Jugend des Kaisers und dessen Lust zum Soldatenthum etwas schwierig ist, dauern
ununterbrochen fort. Das Fastenmandat des Erzbischofs, im Amtsblatt der politischen
Zeitung publicirt, hat seine Wirkung verfehlt; an demselben Tage als es erschien, und
das Fernehalten von allen Ergötzlichkeiten dringend ans Herz legte, wurde die Oper:
der Prophet, zum Erstenmale gegeben, und die ganze kaiserliche Familie ergötzte sich dar¬
an. Der Cardinal Fürst Schwarzenberg, Bruder des Premierministers, läßt alle Mi¬
nen springen, um den erzbischöflichen Sitz in Prag zu erlangen; die Bestätigung Der
Wahl durch das Ministerium und den Kaiser würde gewiß erfolgen, aber die Wahl
selbst ist mehr als zweifelhaft, da die nationale und liberale Gesinnung Böhmens und
sogar eines großen Theils der kathol. bösen. Geistlichkeit dem aristokratisch-reactionären
Prälaten, dem Günstling der Jesuiten in Salzburg und Tirol feind ist. Das Au¬
genmerk der geistlichen Würdenträger ist, nebst Wiedergewinnung des Einflusses ans die
Regiernngskreise, aus Bearbeitung und polizeiliche Ueberwachung des Volkes gerichtet.
In der Fastenzeit entwickeln die Priester ihre volle Thätigkeit, und einer derselben gab
diese Woche Anlaß zu großem Scandal. Der bekannte Veit hat wieder die Kanzel
bestiegen, und haranguirt seine Zuhörer gegen den Teufel der Demokratie. Der sonst
gefeierte Redner merkte jedoch bald, daß das Publikum verstockt sei, und nicht wie sonst
reuig in Thränen zerfließe; er ließ sich zur Steigerung seiner Ausfälle gegen politische
Gesinnungen verleiten, und erregte Unwillen und Erbitterung. Dieser Tage kam es
dahin, daß er ausgezischt und ausgcpfiffen wurde, und zwar in der Kirche selbst. Das
Aergerniß führte die Wache herbei, und man griff zwei Männer aus der Meuge her¬
aus, die auf die Polizei gebracht wurden.

Ein kleiner panischer Schrecken bemächtigte sich der Börse, als die Pariser Noti-
rungen nach dem Ausfall der Wahlen bekannt wurden; die Course sanken um 3 bis
4 Prozent; das Gold stieg um 1 bis 2 Prozent. Im Finanzministerium aber halten
sie Berathungen, wie der Silberagiotage entgegengewirkt werden könne. Einer der
Beamten, und zwar aler der höhern, hatte die gute Idee, den Verkauf von Gold und
Silber ganz und gar zu verbieten, und nur die einstimmige Gegenansicht, daß augen¬
blicklich die Course auf 40 und 50 Prozent steigen würden, hielt jenen ab, seinen
Vorschlag höhern Ortes zu unterbreiten. Der Minister selbst fährt fort, das in Ham-


dieser eine eigene Feierlichkeit bereitet. In der Vorstadt Gumpendorf, in welchem Be¬
zirke sich sehr viele Fabrikarbeiter, Wäscherinnen und tgi. befinden, sammelte sich unge¬
achtet des Belagerungszustandes eine Menge von 4 bis 500 Menschen, und veranstal¬
tete einen großartigen Leichenzug für Hans Jörgel. Eine Figur wurde ausgestopft,
und stattlich herausgeputzt auf ein Brett gelegt; über 30 Personen, mit allerhand
Trauerzeicheu versehen, trugen das Brett auf den Achseln, und die Uebrigen folgten in
langem Zuge mit trauernden Geberden. Man zog in einen Hofraum und stellte den
Popanz neben — eine Senkgrube; hier wurden Leichenreden gehalten, die — kerniger
als Schakcspcar'sche Reden, — kaum wiederzugeben sind. Hätte sie Hr. Weis gehört,
so würde er gewiß neuerdings eine Klage bei der Stadtcommandantur einreichen, daß
man ihn einen schlechten Kerl, einen Schurken, einen Ehrabschneider, einen Denunzian¬
ten heiße. Die Scene dauerte lange, und die Anwesenden heulten, bis man endlich
den Popanz bei Händen und Füßen ergriff und mit Schwung — in die Mistgrube
warf; jeder beeilte sich, einen Stein oder was sonst in die Hand kam, nachzuschleudcrn.
Hieraus ging das Volk ruhig und friedlich auseinander, die anwesenden Sicherheits-
wachcn, welche das Vorhaben nicht hinderten, rapportirten an die Behörden, und bald
hernach erschienen Patrouillen, die wie gewöhnlich mit pfiffigem Lächeln angegafft wur¬
den. —

Schnell ein anderes Bild.

Die Geistlichkeit ist nicht sonderlich zufrieden mit dem neuen Staude der Dinge.
Ihre Anstrengungen, festen Fuß am Sitze der Regierung selbst zu sassen, was bei der
Jugend des Kaisers und dessen Lust zum Soldatenthum etwas schwierig ist, dauern
ununterbrochen fort. Das Fastenmandat des Erzbischofs, im Amtsblatt der politischen
Zeitung publicirt, hat seine Wirkung verfehlt; an demselben Tage als es erschien, und
das Fernehalten von allen Ergötzlichkeiten dringend ans Herz legte, wurde die Oper:
der Prophet, zum Erstenmale gegeben, und die ganze kaiserliche Familie ergötzte sich dar¬
an. Der Cardinal Fürst Schwarzenberg, Bruder des Premierministers, läßt alle Mi¬
nen springen, um den erzbischöflichen Sitz in Prag zu erlangen; die Bestätigung Der
Wahl durch das Ministerium und den Kaiser würde gewiß erfolgen, aber die Wahl
selbst ist mehr als zweifelhaft, da die nationale und liberale Gesinnung Böhmens und
sogar eines großen Theils der kathol. bösen. Geistlichkeit dem aristokratisch-reactionären
Prälaten, dem Günstling der Jesuiten in Salzburg und Tirol feind ist. Das Au¬
genmerk der geistlichen Würdenträger ist, nebst Wiedergewinnung des Einflusses ans die
Regiernngskreise, aus Bearbeitung und polizeiliche Ueberwachung des Volkes gerichtet.
In der Fastenzeit entwickeln die Priester ihre volle Thätigkeit, und einer derselben gab
diese Woche Anlaß zu großem Scandal. Der bekannte Veit hat wieder die Kanzel
bestiegen, und haranguirt seine Zuhörer gegen den Teufel der Demokratie. Der sonst
gefeierte Redner merkte jedoch bald, daß das Publikum verstockt sei, und nicht wie sonst
reuig in Thränen zerfließe; er ließ sich zur Steigerung seiner Ausfälle gegen politische
Gesinnungen verleiten, und erregte Unwillen und Erbitterung. Dieser Tage kam es
dahin, daß er ausgezischt und ausgcpfiffen wurde, und zwar in der Kirche selbst. Das
Aergerniß führte die Wache herbei, und man griff zwei Männer aus der Meuge her¬
aus, die auf die Polizei gebracht wurden.

Ein kleiner panischer Schrecken bemächtigte sich der Börse, als die Pariser Noti-
rungen nach dem Ausfall der Wahlen bekannt wurden; die Course sanken um 3 bis
4 Prozent; das Gold stieg um 1 bis 2 Prozent. Im Finanzministerium aber halten
sie Berathungen, wie der Silberagiotage entgegengewirkt werden könne. Einer der
Beamten, und zwar aler der höhern, hatte die gute Idee, den Verkauf von Gold und
Silber ganz und gar zu verbieten, und nur die einstimmige Gegenansicht, daß augen¬
blicklich die Course auf 40 und 50 Prozent steigen würden, hielt jenen ab, seinen
Vorschlag höhern Ortes zu unterbreiten. Der Minister selbst fährt fort, das in Ham-


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[0525] dieser eine eigene Feierlichkeit bereitet. In der Vorstadt Gumpendorf, in welchem Be¬ zirke sich sehr viele Fabrikarbeiter, Wäscherinnen und tgi. befinden, sammelte sich unge¬ achtet des Belagerungszustandes eine Menge von 4 bis 500 Menschen, und veranstal¬ tete einen großartigen Leichenzug für Hans Jörgel. Eine Figur wurde ausgestopft, und stattlich herausgeputzt auf ein Brett gelegt; über 30 Personen, mit allerhand Trauerzeicheu versehen, trugen das Brett auf den Achseln, und die Uebrigen folgten in langem Zuge mit trauernden Geberden. Man zog in einen Hofraum und stellte den Popanz neben — eine Senkgrube; hier wurden Leichenreden gehalten, die — kerniger als Schakcspcar'sche Reden, — kaum wiederzugeben sind. Hätte sie Hr. Weis gehört, so würde er gewiß neuerdings eine Klage bei der Stadtcommandantur einreichen, daß man ihn einen schlechten Kerl, einen Schurken, einen Ehrabschneider, einen Denunzian¬ ten heiße. Die Scene dauerte lange, und die Anwesenden heulten, bis man endlich den Popanz bei Händen und Füßen ergriff und mit Schwung — in die Mistgrube warf; jeder beeilte sich, einen Stein oder was sonst in die Hand kam, nachzuschleudcrn. Hieraus ging das Volk ruhig und friedlich auseinander, die anwesenden Sicherheits- wachcn, welche das Vorhaben nicht hinderten, rapportirten an die Behörden, und bald hernach erschienen Patrouillen, die wie gewöhnlich mit pfiffigem Lächeln angegafft wur¬ den. — Schnell ein anderes Bild. Die Geistlichkeit ist nicht sonderlich zufrieden mit dem neuen Staude der Dinge. Ihre Anstrengungen, festen Fuß am Sitze der Regierung selbst zu sassen, was bei der Jugend des Kaisers und dessen Lust zum Soldatenthum etwas schwierig ist, dauern ununterbrochen fort. Das Fastenmandat des Erzbischofs, im Amtsblatt der politischen Zeitung publicirt, hat seine Wirkung verfehlt; an demselben Tage als es erschien, und das Fernehalten von allen Ergötzlichkeiten dringend ans Herz legte, wurde die Oper: der Prophet, zum Erstenmale gegeben, und die ganze kaiserliche Familie ergötzte sich dar¬ an. Der Cardinal Fürst Schwarzenberg, Bruder des Premierministers, läßt alle Mi¬ nen springen, um den erzbischöflichen Sitz in Prag zu erlangen; die Bestätigung Der Wahl durch das Ministerium und den Kaiser würde gewiß erfolgen, aber die Wahl selbst ist mehr als zweifelhaft, da die nationale und liberale Gesinnung Böhmens und sogar eines großen Theils der kathol. bösen. Geistlichkeit dem aristokratisch-reactionären Prälaten, dem Günstling der Jesuiten in Salzburg und Tirol feind ist. Das Au¬ genmerk der geistlichen Würdenträger ist, nebst Wiedergewinnung des Einflusses ans die Regiernngskreise, aus Bearbeitung und polizeiliche Ueberwachung des Volkes gerichtet. In der Fastenzeit entwickeln die Priester ihre volle Thätigkeit, und einer derselben gab diese Woche Anlaß zu großem Scandal. Der bekannte Veit hat wieder die Kanzel bestiegen, und haranguirt seine Zuhörer gegen den Teufel der Demokratie. Der sonst gefeierte Redner merkte jedoch bald, daß das Publikum verstockt sei, und nicht wie sonst reuig in Thränen zerfließe; er ließ sich zur Steigerung seiner Ausfälle gegen politische Gesinnungen verleiten, und erregte Unwillen und Erbitterung. Dieser Tage kam es dahin, daß er ausgezischt und ausgcpfiffen wurde, und zwar in der Kirche selbst. Das Aergerniß führte die Wache herbei, und man griff zwei Männer aus der Meuge her¬ aus, die auf die Polizei gebracht wurden. Ein kleiner panischer Schrecken bemächtigte sich der Börse, als die Pariser Noti- rungen nach dem Ausfall der Wahlen bekannt wurden; die Course sanken um 3 bis 4 Prozent; das Gold stieg um 1 bis 2 Prozent. Im Finanzministerium aber halten sie Berathungen, wie der Silberagiotage entgegengewirkt werden könne. Einer der Beamten, und zwar aler der höhern, hatte die gute Idee, den Verkauf von Gold und Silber ganz und gar zu verbieten, und nur die einstimmige Gegenansicht, daß augen¬ blicklich die Course auf 40 und 50 Prozent steigen würden, hielt jenen ab, seinen Vorschlag höhern Ortes zu unterbreiten. Der Minister selbst fährt fort, das in Ham-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822/525>, abgerufen am 15.06.2024.