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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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Ursprünge zu vindiciren. Endlich ruft die Ungeduld nach dem Schluß der De¬
batte. Der Präsident versichert, es seien noch mehrere Redner vorgemerkt.
"Vertagung" stößt der Schrecken ängstlich aus, "Schluß" die Verzweiflung.
"Erlauben Sie, daß ich Ihnen wenigstens die Namen der geehrten Herren nenne."
Man schweigt. "Herr Hopf" -- Schluß;' "Herr Neusser" -- Schluß, Schluß;
"Herr "r. Sepp" - Schluß, Schluß, Schluß, u. s. w. -- "Da der Wunsch
uach dem Schlüsse der Debatte' sich so allgemein ausspricht, werde ich darüber
abstimmen lassen." Es geschieht. "Der Schluß der Debatte ist beschlossen." --
Hierauf schreitet man zur Abstimmung über den Gegenstand der Verhandlung.
Das Ergebniß ist die Annahme des Ansschußantrags mit dem Lerchenfeld'schen
Amendement. "Meine Herren, die Sitzung ist geschlossen."

Mißmuthig, geärgert und dennoch aufathmend verläßt die Linke den Saal;
siegesbewußt und heiter schreiten die Triarier der Majorität von dannen. Herr
or. Sepp erzählt einem zufällig Begleitenden, wie außerordentlich wichtig seine
Rede gewesen sein würde. Herr v. Lerchenfeld empfängt beim Vorübergehen am
Mimstertische ganz besonders freundliche Grüße, und Herr Dr. Thieues, welcher
dort noch einige Worte mit einer der Excellenzen wechselt, erzählt ihm gewiß,
wie günstig sich dieselbe über ihn geäußert hat. --




Wochenschau.
Reisebilder. Bilder aus dem Norden von einer Reift nach dem
Nordcap im Jahre 1860 von Eduard Oskar Schmidt. Jena, Maule, 1861.
Hägringar. Reift durch Schweden. Lappland. Norwegen und Dänemark im
Jahre 1830. von Albrecht Päuerleins. Königsberg, Gebr. Bornträger, 1862.
Lebens- und Reisebilder aus Ost und West, von Theodor König.
Breslau, Max und Como., 1862.

Der Wandertrieb des Deutschen, der einige Jahre hindurch geschlummert hatte,
scheint gegenwärtig mit doppelter Stärke zurückgekehrt. Ein großer Theil der Bücher,
welche bestimmt sind, angenehm zu unterhalten, sind wieder Reisebilder, Schilderungen
gesellschaftlicher Zustände u. f. w., und es wird durch dieselben die sonstige Sterilität
der Literatur in unsren Buchhändlerkatalogcn einigermaßen verdeckt. Es läßt sich nicht
sagen, daß die meisten dieser neuen Rcisenovcllcn u. s. w. eine besonders gute Unter-
haltung wären. Ja in vielen Fällen ist die Publication solcher Skizzen eine Dreistigkeit
des Verfassers, welche nur durch das Bestreben der Buchhändler, etwas Neues zu bringen^ er¬
klärt wird. Bei dem Buche eines Touristen muß uns entweder das von Wichtigkeit sein,
was geschildert wird, oder der Mensch, welcher schildert. Es wird aber für jeden Reise-
beschreiber am vortheilhaftesten sein, nach dem ersten Ruhme zu streben. Etwas Neues
gut zu sehen, ist aber gar nicht leicht, es gehört dazu ausgezeichnete Begabung und solidere
Kenntnisse, als die meisten unsrer Touristen auf ihren Koffer zu schnallen wissen.


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Ursprünge zu vindiciren. Endlich ruft die Ungeduld nach dem Schluß der De¬
batte. Der Präsident versichert, es seien noch mehrere Redner vorgemerkt.
„Vertagung" stößt der Schrecken ängstlich aus, „Schluß" die Verzweiflung.
„Erlauben Sie, daß ich Ihnen wenigstens die Namen der geehrten Herren nenne."
Man schweigt. „Herr Hopf" — Schluß;' „Herr Neusser" — Schluß, Schluß;
„Herr »r. Sepp" - Schluß, Schluß, Schluß, u. s. w. — „Da der Wunsch
uach dem Schlüsse der Debatte' sich so allgemein ausspricht, werde ich darüber
abstimmen lassen." Es geschieht. „Der Schluß der Debatte ist beschlossen." —
Hierauf schreitet man zur Abstimmung über den Gegenstand der Verhandlung.
Das Ergebniß ist die Annahme des Ansschußantrags mit dem Lerchenfeld'schen
Amendement. „Meine Herren, die Sitzung ist geschlossen."

Mißmuthig, geärgert und dennoch aufathmend verläßt die Linke den Saal;
siegesbewußt und heiter schreiten die Triarier der Majorität von dannen. Herr
or. Sepp erzählt einem zufällig Begleitenden, wie außerordentlich wichtig seine
Rede gewesen sein würde. Herr v. Lerchenfeld empfängt beim Vorübergehen am
Mimstertische ganz besonders freundliche Grüße, und Herr Dr. Thieues, welcher
dort noch einige Worte mit einer der Excellenzen wechselt, erzählt ihm gewiß,
wie günstig sich dieselbe über ihn geäußert hat. —




Wochenschau.
Reisebilder. Bilder aus dem Norden von einer Reift nach dem
Nordcap im Jahre 1860 von Eduard Oskar Schmidt. Jena, Maule, 1861.
Hägringar. Reift durch Schweden. Lappland. Norwegen und Dänemark im
Jahre 1830. von Albrecht Päuerleins. Königsberg, Gebr. Bornträger, 1862.
Lebens- und Reisebilder aus Ost und West, von Theodor König.
Breslau, Max und Como., 1862.

Der Wandertrieb des Deutschen, der einige Jahre hindurch geschlummert hatte,
scheint gegenwärtig mit doppelter Stärke zurückgekehrt. Ein großer Theil der Bücher,
welche bestimmt sind, angenehm zu unterhalten, sind wieder Reisebilder, Schilderungen
gesellschaftlicher Zustände u. f. w., und es wird durch dieselben die sonstige Sterilität
der Literatur in unsren Buchhändlerkatalogcn einigermaßen verdeckt. Es läßt sich nicht
sagen, daß die meisten dieser neuen Rcisenovcllcn u. s. w. eine besonders gute Unter-
haltung wären. Ja in vielen Fällen ist die Publication solcher Skizzen eine Dreistigkeit
des Verfassers, welche nur durch das Bestreben der Buchhändler, etwas Neues zu bringen^ er¬
klärt wird. Bei dem Buche eines Touristen muß uns entweder das von Wichtigkeit sein,
was geschildert wird, oder der Mensch, welcher schildert. Es wird aber für jeden Reise-
beschreiber am vortheilhaftesten sein, nach dem ersten Ruhme zu streben. Etwas Neues
gut zu sehen, ist aber gar nicht leicht, es gehört dazu ausgezeichnete Begabung und solidere
Kenntnisse, als die meisten unsrer Touristen auf ihren Koffer zu schnallen wissen.


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[0519] Ursprünge zu vindiciren. Endlich ruft die Ungeduld nach dem Schluß der De¬ batte. Der Präsident versichert, es seien noch mehrere Redner vorgemerkt. „Vertagung" stößt der Schrecken ängstlich aus, „Schluß" die Verzweiflung. „Erlauben Sie, daß ich Ihnen wenigstens die Namen der geehrten Herren nenne." Man schweigt. „Herr Hopf" — Schluß;' „Herr Neusser" — Schluß, Schluß; „Herr »r. Sepp" - Schluß, Schluß, Schluß, u. s. w. — „Da der Wunsch uach dem Schlüsse der Debatte' sich so allgemein ausspricht, werde ich darüber abstimmen lassen." Es geschieht. „Der Schluß der Debatte ist beschlossen." — Hierauf schreitet man zur Abstimmung über den Gegenstand der Verhandlung. Das Ergebniß ist die Annahme des Ansschußantrags mit dem Lerchenfeld'schen Amendement. „Meine Herren, die Sitzung ist geschlossen." Mißmuthig, geärgert und dennoch aufathmend verläßt die Linke den Saal; siegesbewußt und heiter schreiten die Triarier der Majorität von dannen. Herr or. Sepp erzählt einem zufällig Begleitenden, wie außerordentlich wichtig seine Rede gewesen sein würde. Herr v. Lerchenfeld empfängt beim Vorübergehen am Mimstertische ganz besonders freundliche Grüße, und Herr Dr. Thieues, welcher dort noch einige Worte mit einer der Excellenzen wechselt, erzählt ihm gewiß, wie günstig sich dieselbe über ihn geäußert hat. — Wochenschau. Reisebilder. Bilder aus dem Norden von einer Reift nach dem Nordcap im Jahre 1860 von Eduard Oskar Schmidt. Jena, Maule, 1861. Hägringar. Reift durch Schweden. Lappland. Norwegen und Dänemark im Jahre 1830. von Albrecht Päuerleins. Königsberg, Gebr. Bornträger, 1862. Lebens- und Reisebilder aus Ost und West, von Theodor König. Breslau, Max und Como., 1862. Der Wandertrieb des Deutschen, der einige Jahre hindurch geschlummert hatte, scheint gegenwärtig mit doppelter Stärke zurückgekehrt. Ein großer Theil der Bücher, welche bestimmt sind, angenehm zu unterhalten, sind wieder Reisebilder, Schilderungen gesellschaftlicher Zustände u. f. w., und es wird durch dieselben die sonstige Sterilität der Literatur in unsren Buchhändlerkatalogcn einigermaßen verdeckt. Es läßt sich nicht sagen, daß die meisten dieser neuen Rcisenovcllcn u. s. w. eine besonders gute Unter- haltung wären. Ja in vielen Fällen ist die Publication solcher Skizzen eine Dreistigkeit des Verfassers, welche nur durch das Bestreben der Buchhändler, etwas Neues zu bringen^ er¬ klärt wird. Bei dem Buche eines Touristen muß uns entweder das von Wichtigkeit sein, was geschildert wird, oder der Mensch, welcher schildert. Es wird aber für jeden Reise- beschreiber am vortheilhaftesten sein, nach dem ersten Ruhme zu streben. Etwas Neues gut zu sehen, ist aber gar nicht leicht, es gehört dazu ausgezeichnete Begabung und solidere Kenntnisse, als die meisten unsrer Touristen auf ihren Koffer zu schnallen wissen. 63'

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/519>, abgerufen am 30.04.2024.