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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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ben wird, der Rose. Schon Cleopatra zahlte für die zum Bestreuen des Fu߬
boden bei einer Mahlzeit nöthigen Nosen ein Talent, und bei den Römern wurde
unter den Kaisern ein verschwenderischer Luxus mit Nosen getrieben, und man
verstand schon die Kunst, die Blüthe zu verfrüheu und zu verspäten. Wir aber
verdanken die Vervollkommnung unsrer jetzigen Rosen vorzüglich den französischen
Gärtnern. Der größte Fortschritt in der Rosenzucht war die Befruchtung unsrer
prächtigsten Landrosen mit den immerblühenden indischen und Bourbonrosen, woraus
die i'oges 1r^öl-la<Z8 i-QMvntaMvs der Franzosen, jene den ganzen Sommer blü¬
henden herrlichen Landrosen entstanden sind. -- Neben der-Königin der Blumen
existiren, noch unberührt von der Mode, einige andere Lieblinge des Volkes, zum
Theil ganz unscheinbare Pflanzen, sie schmücken vorzugsweise die kleinen Fenster
der Unbemittelten. Solche treue bescheidene Hausfreunde sind die Balsamine, das
Basilicum, das sogenannte Muscat- und Nosengeranium, Reseda, Levcoyen,
Goldlack, die Catta, Oleander, Myrrhen u. a. in.

Die Wiege der Blumenzucht ist Holland. Als Handel treibende Nation hatten
die Holländer frühzeitig Gelegenheit, sich fremde Pflanzenschätze anzueignen, und
bald verbreitete sich die Blumenliebhaberei über die ganzen Niederlande. Dem
ruhigen, leidenschaftlosen Holländer zwischen Teichen und Canälen gefällt es mehr,
in gemüthlichem Behagen sitzend seine Blumen zu betrachten, als auf schnellem
Rosse zu jagen oder das Wild durch Feld und Wald zu verfolgen. Er und die
Blumen passen vortrefflich zusammen, beide verlangen Frieden, Ruhe, Reinlich¬
keit, Gleichmäßigkeit der Temperatur, Fleiß und Ausdauer. Die Blumenliebha¬
berei wirkte bei den Niederländern vielfach auch auf die anderen Künste und Hand¬
werke. > Ich glaube nicht zu irren, wenn ich die große Vollkommenheit der nie¬
derländischen Spitzen in Bezug aus künstliche Blumenmuster und die bunten Kunst¬
gewebe der Flamländer von der allgemeinen Blumenliebhaberei herleite, denn,
was man stets um sich hat, äußert seinen Einfluß überall. Noch ausfallender
tritt dieser Umstand in den Werken der niederländischen Maler hervor, indem im
-16. und -17. Jahrhundert das originelle Genre der Blumenmalerei zu größter
Virtuosität ausgebildet wurde, und wo seit Johann Breughel, dem Blumenbreughel,
die Namen Seghers, van der Spetl, der beiden de Heem, Abraham Mignon,'
Maria von Osterwhck, Jakob Walscapele und die berühmtesten : Rachel Ruysch und
Johann von Huysum u. s. w. glänzen. Aber der Holländer ist auch vor Allem
Kaufmann, und so wurde der Blumenhandel bald der Gegenstand großer Ge¬
schäfte und seltsamer Speculationen, die in der Geschichte anderer Völker kaum
ihres Gleichen finden.

Die erste Blume, welche in Holland allgemein in die Mode kam, war die
Tulpe. Sie wurde schon -13S9 aus dem Orient eingeführt, und nach fünfzig¬
jähriger Cultur besaß man eine beträchtliche Anzahl Sorten, welche von den
Blumisten meist nach berühmten Personen benannt wurden. Eine ähnliche Farben-


ben wird, der Rose. Schon Cleopatra zahlte für die zum Bestreuen des Fu߬
boden bei einer Mahlzeit nöthigen Nosen ein Talent, und bei den Römern wurde
unter den Kaisern ein verschwenderischer Luxus mit Nosen getrieben, und man
verstand schon die Kunst, die Blüthe zu verfrüheu und zu verspäten. Wir aber
verdanken die Vervollkommnung unsrer jetzigen Rosen vorzüglich den französischen
Gärtnern. Der größte Fortschritt in der Rosenzucht war die Befruchtung unsrer
prächtigsten Landrosen mit den immerblühenden indischen und Bourbonrosen, woraus
die i'oges 1r^öl-la<Z8 i-QMvntaMvs der Franzosen, jene den ganzen Sommer blü¬
henden herrlichen Landrosen entstanden sind. — Neben der-Königin der Blumen
existiren, noch unberührt von der Mode, einige andere Lieblinge des Volkes, zum
Theil ganz unscheinbare Pflanzen, sie schmücken vorzugsweise die kleinen Fenster
der Unbemittelten. Solche treue bescheidene Hausfreunde sind die Balsamine, das
Basilicum, das sogenannte Muscat- und Nosengeranium, Reseda, Levcoyen,
Goldlack, die Catta, Oleander, Myrrhen u. a. in.

Die Wiege der Blumenzucht ist Holland. Als Handel treibende Nation hatten
die Holländer frühzeitig Gelegenheit, sich fremde Pflanzenschätze anzueignen, und
bald verbreitete sich die Blumenliebhaberei über die ganzen Niederlande. Dem
ruhigen, leidenschaftlosen Holländer zwischen Teichen und Canälen gefällt es mehr,
in gemüthlichem Behagen sitzend seine Blumen zu betrachten, als auf schnellem
Rosse zu jagen oder das Wild durch Feld und Wald zu verfolgen. Er und die
Blumen passen vortrefflich zusammen, beide verlangen Frieden, Ruhe, Reinlich¬
keit, Gleichmäßigkeit der Temperatur, Fleiß und Ausdauer. Die Blumenliebha¬
berei wirkte bei den Niederländern vielfach auch auf die anderen Künste und Hand¬
werke. > Ich glaube nicht zu irren, wenn ich die große Vollkommenheit der nie¬
derländischen Spitzen in Bezug aus künstliche Blumenmuster und die bunten Kunst¬
gewebe der Flamländer von der allgemeinen Blumenliebhaberei herleite, denn,
was man stets um sich hat, äußert seinen Einfluß überall. Noch ausfallender
tritt dieser Umstand in den Werken der niederländischen Maler hervor, indem im
-16. und -17. Jahrhundert das originelle Genre der Blumenmalerei zu größter
Virtuosität ausgebildet wurde, und wo seit Johann Breughel, dem Blumenbreughel,
die Namen Seghers, van der Spetl, der beiden de Heem, Abraham Mignon,'
Maria von Osterwhck, Jakob Walscapele und die berühmtesten : Rachel Ruysch und
Johann von Huysum u. s. w. glänzen. Aber der Holländer ist auch vor Allem
Kaufmann, und so wurde der Blumenhandel bald der Gegenstand großer Ge¬
schäfte und seltsamer Speculationen, die in der Geschichte anderer Völker kaum
ihres Gleichen finden.

Die erste Blume, welche in Holland allgemein in die Mode kam, war die
Tulpe. Sie wurde schon -13S9 aus dem Orient eingeführt, und nach fünfzig¬
jähriger Cultur besaß man eine beträchtliche Anzahl Sorten, welche von den
Blumisten meist nach berühmten Personen benannt wurden. Eine ähnliche Farben-


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[0472] ben wird, der Rose. Schon Cleopatra zahlte für die zum Bestreuen des Fu߬ boden bei einer Mahlzeit nöthigen Nosen ein Talent, und bei den Römern wurde unter den Kaisern ein verschwenderischer Luxus mit Nosen getrieben, und man verstand schon die Kunst, die Blüthe zu verfrüheu und zu verspäten. Wir aber verdanken die Vervollkommnung unsrer jetzigen Rosen vorzüglich den französischen Gärtnern. Der größte Fortschritt in der Rosenzucht war die Befruchtung unsrer prächtigsten Landrosen mit den immerblühenden indischen und Bourbonrosen, woraus die i'oges 1r^öl-la<Z8 i-QMvntaMvs der Franzosen, jene den ganzen Sommer blü¬ henden herrlichen Landrosen entstanden sind. — Neben der-Königin der Blumen existiren, noch unberührt von der Mode, einige andere Lieblinge des Volkes, zum Theil ganz unscheinbare Pflanzen, sie schmücken vorzugsweise die kleinen Fenster der Unbemittelten. Solche treue bescheidene Hausfreunde sind die Balsamine, das Basilicum, das sogenannte Muscat- und Nosengeranium, Reseda, Levcoyen, Goldlack, die Catta, Oleander, Myrrhen u. a. in. Die Wiege der Blumenzucht ist Holland. Als Handel treibende Nation hatten die Holländer frühzeitig Gelegenheit, sich fremde Pflanzenschätze anzueignen, und bald verbreitete sich die Blumenliebhaberei über die ganzen Niederlande. Dem ruhigen, leidenschaftlosen Holländer zwischen Teichen und Canälen gefällt es mehr, in gemüthlichem Behagen sitzend seine Blumen zu betrachten, als auf schnellem Rosse zu jagen oder das Wild durch Feld und Wald zu verfolgen. Er und die Blumen passen vortrefflich zusammen, beide verlangen Frieden, Ruhe, Reinlich¬ keit, Gleichmäßigkeit der Temperatur, Fleiß und Ausdauer. Die Blumenliebha¬ berei wirkte bei den Niederländern vielfach auch auf die anderen Künste und Hand¬ werke. > Ich glaube nicht zu irren, wenn ich die große Vollkommenheit der nie¬ derländischen Spitzen in Bezug aus künstliche Blumenmuster und die bunten Kunst¬ gewebe der Flamländer von der allgemeinen Blumenliebhaberei herleite, denn, was man stets um sich hat, äußert seinen Einfluß überall. Noch ausfallender tritt dieser Umstand in den Werken der niederländischen Maler hervor, indem im -16. und -17. Jahrhundert das originelle Genre der Blumenmalerei zu größter Virtuosität ausgebildet wurde, und wo seit Johann Breughel, dem Blumenbreughel, die Namen Seghers, van der Spetl, der beiden de Heem, Abraham Mignon,' Maria von Osterwhck, Jakob Walscapele und die berühmtesten : Rachel Ruysch und Johann von Huysum u. s. w. glänzen. Aber der Holländer ist auch vor Allem Kaufmann, und so wurde der Blumenhandel bald der Gegenstand großer Ge¬ schäfte und seltsamer Speculationen, die in der Geschichte anderer Völker kaum ihres Gleichen finden. Die erste Blume, welche in Holland allgemein in die Mode kam, war die Tulpe. Sie wurde schon -13S9 aus dem Orient eingeführt, und nach fünfzig¬ jähriger Cultur besaß man eine beträchtliche Anzahl Sorten, welche von den Blumisten meist nach berühmten Personen benannt wurden. Eine ähnliche Farben-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/472>, abgerufen am 23.05.2024.