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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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den Nutzen einer Partei, sondern stets nur das Wohl des Vaterlandes im Auge.
So steht er denn im hohen Greisenalter da als hochgeachteter Schiedsrichter über
allen Parteien, als bewährtester Rathgeber seines Fürsten, und steigt, von allen
Parteien ohne Ausnahme als der Nationalheld beweint, reich an wohlverdienten
Ehren in die Gruft. Werfen wir einen Blick auf das Leben des großen Mannes,
um in seiner Geschichte die Elemente seiner Kraft und seiner Größe zu suchen.

Der Herzog von Wellington gehört einer jener aus England eingewanderten
irischen protestantischen Familien an, die im steten Kampfe gegen die celtische
Nationalität und den Katholicismus das schroffe Torythum einsogen, das, ur¬
sprünglich auf treue Hingebung für den Freiheitbringer Oranier und die Grund¬
sätze der Reformation begründet, im Laufe der Zeit sich zu dem blinden Fanatismus
der Orangistenlogen ausbildete, und in finsterer Bigoterie das englische Torythum
weit hinter sich gelassen hat. 1728 erbte Richard Colley von Castle Carbery in
der Grafschaft Kildare, dessen Vorfahren im 16. Jahrhundert aus Nutlandshire
eingewandert waren, die Güter und den Namen seines Vetters Garret Wesley
ans Dangan Castle, ebenfalls englischer Abkunft. Dieser Richard Colley Wesley,
der später Baron Mornington wurde, hinterließ einen Sohn, dessen Gattin Anna
Hill, eine Tochter des Viscount Dungannon, ihm unter neun Kindern Arthur
Wellesley, (wie sich die Familie jetzt schrieb), den spätern Herzog von Wellington gebar.

Arthur Wellesley ist in einem Jahre mil seinem großen Gegner Napoleon
geboren, im Jahre 1769, aber man weiß weder Tag noch Ort seiner Geburt
mit Bestimmtheit: für erstem wird meistens der 30. April oder der 1. Mai an¬
gegeben, hinsichtlich des letztern schwanken die Angaben zwischen Dangan Castle,
dem Familiensitz, und Dublin. Der Vater, Lord Mornington, war ein fein¬
gebildeter Mann, von einigem Rufe als Musiker und Componist; der Mutter, die
schon 1781 Wittwe ward, werden ausgezeichnete Gaben des Geistes und des
Charakters nachgerühmt, welche der Erziehung ihrer Söhne eine höchst wohl¬
thätige Richtung gegeben haben, denn sie hat England außer dem Herzog von
Wellington noch zwei bedeutende Männer gegeben: ihren ältesten Sohn, den
Marquis von Wellesley, später Generalstatthalter von Ostindien und Vicekönig
von Irland, und den Diplomaten Lord Cooley. Arthur empfing seinen ersten
Unterricht in Eaton, wo so viele berühmte Namen der englischen Aristokratie ihre
erste Bildung empfangen haben, scheint aber keine besonders brillante Fähigkeiten
an den Tag gelegt zu haben, weshalb man ihn dem Militairstand widmete, und
nach Frankreich auf die Militairschule nach Angers schickte. Nach sechsjährigem
Verweilen in Frankreick) bekam er 1787 ein Fähndrichspatent im 73. Infanterie¬
regiment/ Die freigebige Unterstützung seines Bruders half ihn rasch über die
unteren Stellen hinweg -- bekanntlich werden die Officierstellen in England ge¬
kauft -- und nachdem er abwechselnd sowol in der Infanterie wie in der
Kavallerie gedient, wurde er 1793 Major im 33. Infanterieregiment, bei welchem


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den Nutzen einer Partei, sondern stets nur das Wohl des Vaterlandes im Auge.
So steht er denn im hohen Greisenalter da als hochgeachteter Schiedsrichter über
allen Parteien, als bewährtester Rathgeber seines Fürsten, und steigt, von allen
Parteien ohne Ausnahme als der Nationalheld beweint, reich an wohlverdienten
Ehren in die Gruft. Werfen wir einen Blick auf das Leben des großen Mannes,
um in seiner Geschichte die Elemente seiner Kraft und seiner Größe zu suchen.

Der Herzog von Wellington gehört einer jener aus England eingewanderten
irischen protestantischen Familien an, die im steten Kampfe gegen die celtische
Nationalität und den Katholicismus das schroffe Torythum einsogen, das, ur¬
sprünglich auf treue Hingebung für den Freiheitbringer Oranier und die Grund¬
sätze der Reformation begründet, im Laufe der Zeit sich zu dem blinden Fanatismus
der Orangistenlogen ausbildete, und in finsterer Bigoterie das englische Torythum
weit hinter sich gelassen hat. 1728 erbte Richard Colley von Castle Carbery in
der Grafschaft Kildare, dessen Vorfahren im 16. Jahrhundert aus Nutlandshire
eingewandert waren, die Güter und den Namen seines Vetters Garret Wesley
ans Dangan Castle, ebenfalls englischer Abkunft. Dieser Richard Colley Wesley,
der später Baron Mornington wurde, hinterließ einen Sohn, dessen Gattin Anna
Hill, eine Tochter des Viscount Dungannon, ihm unter neun Kindern Arthur
Wellesley, (wie sich die Familie jetzt schrieb), den spätern Herzog von Wellington gebar.

Arthur Wellesley ist in einem Jahre mil seinem großen Gegner Napoleon
geboren, im Jahre 1769, aber man weiß weder Tag noch Ort seiner Geburt
mit Bestimmtheit: für erstem wird meistens der 30. April oder der 1. Mai an¬
gegeben, hinsichtlich des letztern schwanken die Angaben zwischen Dangan Castle,
dem Familiensitz, und Dublin. Der Vater, Lord Mornington, war ein fein¬
gebildeter Mann, von einigem Rufe als Musiker und Componist; der Mutter, die
schon 1781 Wittwe ward, werden ausgezeichnete Gaben des Geistes und des
Charakters nachgerühmt, welche der Erziehung ihrer Söhne eine höchst wohl¬
thätige Richtung gegeben haben, denn sie hat England außer dem Herzog von
Wellington noch zwei bedeutende Männer gegeben: ihren ältesten Sohn, den
Marquis von Wellesley, später Generalstatthalter von Ostindien und Vicekönig
von Irland, und den Diplomaten Lord Cooley. Arthur empfing seinen ersten
Unterricht in Eaton, wo so viele berühmte Namen der englischen Aristokratie ihre
erste Bildung empfangen haben, scheint aber keine besonders brillante Fähigkeiten
an den Tag gelegt zu haben, weshalb man ihn dem Militairstand widmete, und
nach Frankreich auf die Militairschule nach Angers schickte. Nach sechsjährigem
Verweilen in Frankreick) bekam er 1787 ein Fähndrichspatent im 73. Infanterie¬
regiment/ Die freigebige Unterstützung seines Bruders half ihn rasch über die
unteren Stellen hinweg — bekanntlich werden die Officierstellen in England ge¬
kauft — und nachdem er abwechselnd sowol in der Infanterie wie in der
Kavallerie gedient, wurde er 1793 Major im 33. Infanterieregiment, bei welchem


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[0149] den Nutzen einer Partei, sondern stets nur das Wohl des Vaterlandes im Auge. So steht er denn im hohen Greisenalter da als hochgeachteter Schiedsrichter über allen Parteien, als bewährtester Rathgeber seines Fürsten, und steigt, von allen Parteien ohne Ausnahme als der Nationalheld beweint, reich an wohlverdienten Ehren in die Gruft. Werfen wir einen Blick auf das Leben des großen Mannes, um in seiner Geschichte die Elemente seiner Kraft und seiner Größe zu suchen. Der Herzog von Wellington gehört einer jener aus England eingewanderten irischen protestantischen Familien an, die im steten Kampfe gegen die celtische Nationalität und den Katholicismus das schroffe Torythum einsogen, das, ur¬ sprünglich auf treue Hingebung für den Freiheitbringer Oranier und die Grund¬ sätze der Reformation begründet, im Laufe der Zeit sich zu dem blinden Fanatismus der Orangistenlogen ausbildete, und in finsterer Bigoterie das englische Torythum weit hinter sich gelassen hat. 1728 erbte Richard Colley von Castle Carbery in der Grafschaft Kildare, dessen Vorfahren im 16. Jahrhundert aus Nutlandshire eingewandert waren, die Güter und den Namen seines Vetters Garret Wesley ans Dangan Castle, ebenfalls englischer Abkunft. Dieser Richard Colley Wesley, der später Baron Mornington wurde, hinterließ einen Sohn, dessen Gattin Anna Hill, eine Tochter des Viscount Dungannon, ihm unter neun Kindern Arthur Wellesley, (wie sich die Familie jetzt schrieb), den spätern Herzog von Wellington gebar. Arthur Wellesley ist in einem Jahre mil seinem großen Gegner Napoleon geboren, im Jahre 1769, aber man weiß weder Tag noch Ort seiner Geburt mit Bestimmtheit: für erstem wird meistens der 30. April oder der 1. Mai an¬ gegeben, hinsichtlich des letztern schwanken die Angaben zwischen Dangan Castle, dem Familiensitz, und Dublin. Der Vater, Lord Mornington, war ein fein¬ gebildeter Mann, von einigem Rufe als Musiker und Componist; der Mutter, die schon 1781 Wittwe ward, werden ausgezeichnete Gaben des Geistes und des Charakters nachgerühmt, welche der Erziehung ihrer Söhne eine höchst wohl¬ thätige Richtung gegeben haben, denn sie hat England außer dem Herzog von Wellington noch zwei bedeutende Männer gegeben: ihren ältesten Sohn, den Marquis von Wellesley, später Generalstatthalter von Ostindien und Vicekönig von Irland, und den Diplomaten Lord Cooley. Arthur empfing seinen ersten Unterricht in Eaton, wo so viele berühmte Namen der englischen Aristokratie ihre erste Bildung empfangen haben, scheint aber keine besonders brillante Fähigkeiten an den Tag gelegt zu haben, weshalb man ihn dem Militairstand widmete, und nach Frankreich auf die Militairschule nach Angers schickte. Nach sechsjährigem Verweilen in Frankreick) bekam er 1787 ein Fähndrichspatent im 73. Infanterie¬ regiment/ Die freigebige Unterstützung seines Bruders half ihn rasch über die unteren Stellen hinweg — bekanntlich werden die Officierstellen in England ge¬ kauft — und nachdem er abwechselnd sowol in der Infanterie wie in der Kavallerie gedient, wurde er 1793 Major im 33. Infanterieregiment, bei welchem 18*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/149>, abgerufen am 15.06.2024.