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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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officielle Verschönernngstalent der französischen Regierungsjournale kennt, von
vornherein fühlte, gab sich durch den Empfang in Paris kund. Die Geschicklich-
keit der Arrangeurs kam dem patriotischen Eifer der Anhänger der gegenwär¬
tigen Regime zu Hilfe. Der Kaiser kann mit den Aeußerlichkeiten des Triumphes,
der ihm bereitet worden, zufrieden sein, weder sein Ehrgeiz, noch sein ästhetisches
Gefühl brauchten an dem Empfange, den ihm seine Administration bereitete, Etwas
auszusetzen. Es wurden mehr Meuschen in Bewegung gesetzt, mehr Maschinerien,
Decorationen und Aufputz verwendet, als je für eiuen Monarchen. Das französische
Decorationsgcnie hat sich selbst übertreffen, um dem Moniteur seine stereotype
Begeisteruugssprache zu entlehnen. Alles, was mit der Regierung oder mit der Polizei
irgend Etwas zu schaffen, öder von ihnen zu befürchten oder zu erwarten hat, that
seinen Enthusiasmus durch mehr oder minder glänzende Schaustückcund schmeichelhafte
Inschriften, Triumphbogen und Hnldigungösahneu kund. Von den Theatern an¬
zufangen, bis zum Personale deö kleinsten Marktes, Alles nahm an dem Feste,
das dem Retter der Gesellschaft bereitet werden sollte, thätigen Antheil. Die
Armee und die Nationalgarde, sowol von Paris, als von den Umgegenden von
Paris, rückten in vollem Sonutagsschmucke aus, und was Paris, die Vorstädte
und die umliegenden Ortschaften an Korporationen besaß, war durch Deputa¬
tionen mit fliegenden Fahnen, durch weißgekleidete Jungfrauen mit Blumensträußen
und Blnmeukörbeu vertreten. Wir bemerkten sogar eine Kaiserkrone von Veilchen,
die ein junges Mädchen auf einem grünsammctnen Kissen trug, und konnten nicht
umhin, an. das Lied vom Jnugferukranz aus Weber's Freischütz zu denken. Die
Minister, die Generalität, die Muuicipalcommissaire, der Senat, der gesetzgebende
Körper, die Mngistratur, der Klerus und -- nun ja --und die Akademie schick-^
ten dem Kaiser der Franzosen ihre ergebensten goldgestickten Deputationen ent¬
gegen, und wie die>Patrie von heute Abend berichtet, es war uur Ein Schrei
auf allen Lippen, so wie nur Ein Wunsch in allen Herzen: Vtve I'smperenr!
vivs Napoleon III.! Die Dames ac la Kalte ließen sich zu Versen begeistern,
deren Pointe it kcwt, uno couronne a ton oeuvre sublime ist, wodurch dieses
vou der Revolutionszeit her in so merkwürdigem Andenken stehende Geschlecht
zugleich seinem eigenen Werke die Krone aufsetzte. Die edlen Frauen bewiesen
heute aufs Glänzendste, daß sie nicht lange Groll nachtragen können, und daß
sie Louis Napoleon sein Nichterscheinen ans dem Balle der Hallen großmüthig
verziehen. Die Thcaterdirectoren sämmtlicher Bonlevardtheater, die ^eaäemie
Impörmls as llwsiciuö und das IKeatrs Imperial cle l'opera, ooinique mit in-
begriffen, errichteten dem Kaiser, der seine Rolle so gut spielt, Triumphbögen
begreiflicher Bewunderung und pflichtschuldiger Huldigung. Ihre Balcous und
Fenster waren kaiserlich geschmückt, und die stattlich herausgeputzten Theater-
prinzessinnen warfen mit ihren kleinen Händchen dem kaiserlichen Prinzen Blumen¬
sträuße und Kußhändchen zu, während die reizenden Mündchen "vivs I'ömxöreur"


officielle Verschönernngstalent der französischen Regierungsjournale kennt, von
vornherein fühlte, gab sich durch den Empfang in Paris kund. Die Geschicklich-
keit der Arrangeurs kam dem patriotischen Eifer der Anhänger der gegenwär¬
tigen Regime zu Hilfe. Der Kaiser kann mit den Aeußerlichkeiten des Triumphes,
der ihm bereitet worden, zufrieden sein, weder sein Ehrgeiz, noch sein ästhetisches
Gefühl brauchten an dem Empfange, den ihm seine Administration bereitete, Etwas
auszusetzen. Es wurden mehr Meuschen in Bewegung gesetzt, mehr Maschinerien,
Decorationen und Aufputz verwendet, als je für eiuen Monarchen. Das französische
Decorationsgcnie hat sich selbst übertreffen, um dem Moniteur seine stereotype
Begeisteruugssprache zu entlehnen. Alles, was mit der Regierung oder mit der Polizei
irgend Etwas zu schaffen, öder von ihnen zu befürchten oder zu erwarten hat, that
seinen Enthusiasmus durch mehr oder minder glänzende Schaustückcund schmeichelhafte
Inschriften, Triumphbogen und Hnldigungösahneu kund. Von den Theatern an¬
zufangen, bis zum Personale deö kleinsten Marktes, Alles nahm an dem Feste,
das dem Retter der Gesellschaft bereitet werden sollte, thätigen Antheil. Die
Armee und die Nationalgarde, sowol von Paris, als von den Umgegenden von
Paris, rückten in vollem Sonutagsschmucke aus, und was Paris, die Vorstädte
und die umliegenden Ortschaften an Korporationen besaß, war durch Deputa¬
tionen mit fliegenden Fahnen, durch weißgekleidete Jungfrauen mit Blumensträußen
und Blnmeukörbeu vertreten. Wir bemerkten sogar eine Kaiserkrone von Veilchen,
die ein junges Mädchen auf einem grünsammctnen Kissen trug, und konnten nicht
umhin, an. das Lied vom Jnugferukranz aus Weber's Freischütz zu denken. Die
Minister, die Generalität, die Muuicipalcommissaire, der Senat, der gesetzgebende
Körper, die Mngistratur, der Klerus und — nun ja —und die Akademie schick-^
ten dem Kaiser der Franzosen ihre ergebensten goldgestickten Deputationen ent¬
gegen, und wie die>Patrie von heute Abend berichtet, es war uur Ein Schrei
auf allen Lippen, so wie nur Ein Wunsch in allen Herzen: Vtve I'smperenr!
vivs Napoleon III.! Die Dames ac la Kalte ließen sich zu Versen begeistern,
deren Pointe it kcwt, uno couronne a ton oeuvre sublime ist, wodurch dieses
vou der Revolutionszeit her in so merkwürdigem Andenken stehende Geschlecht
zugleich seinem eigenen Werke die Krone aufsetzte. Die edlen Frauen bewiesen
heute aufs Glänzendste, daß sie nicht lange Groll nachtragen können, und daß
sie Louis Napoleon sein Nichterscheinen ans dem Balle der Hallen großmüthig
verziehen. Die Thcaterdirectoren sämmtlicher Bonlevardtheater, die ^eaäemie
Impörmls as llwsiciuö und das IKeatrs Imperial cle l'opera, ooinique mit in-
begriffen, errichteten dem Kaiser, der seine Rolle so gut spielt, Triumphbögen
begreiflicher Bewunderung und pflichtschuldiger Huldigung. Ihre Balcous und
Fenster waren kaiserlich geschmückt, und die stattlich herausgeputzten Theater-
prinzessinnen warfen mit ihren kleinen Händchen dem kaiserlichen Prinzen Blumen¬
sträuße und Kußhändchen zu, während die reizenden Mündchen „vivs I'ömxöreur"


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/192>, abgerufen am 16.06.2024.