Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

glauben aber nicht, daß die Sklaven in Missouri deshalb schlechter daran sind,
als in den Staaten, wo ausführliche Black Codes eingeführt sind, denn die
Geroalt des Herrn über seine Sklaven ist nach der Natur der Sklaverei, wie
sie in der Union besteht, doch uncontrolirbar, schon des allgemein geltenden
Rechtssatzes wegen, daß kein Sklave gegen einen Weißen Zeugniß ablegen
kann. Der sklavenhaltende Missourier ist im ganzen nicht geneigt, seine Sklaven
schlecht zu behandeln. Die elende Lage des letzteren ist die unvermeidliche Folge
seiner rechtlichen -- oder vielmehr rechtlosen -- Stellung als eines bloßen
Eigenthumsgegenstandes. Diese gestattet ihm keine anerkannte Ehe, kein Recht
auf seine Kinder; sie verbietet ihm, sich ohne besondere Erlaubniß auch nur auf
kurze Zeit von dem Hause, der Farm oder der Pflanzung seines Gebieters zu
entfernen und unterwirft ihn der Laune jedes, auch des unbarmherzigsten Herrn,
der ihn jeden Tag von allen seinen Freunden und Bekannten trennen und
weiter nach dem Süden verkaufen kaun; sie macht ihm alle höhere geistige Aus¬
bildung fast unmöglich, befugt ihn nicht einmal, Sondereigenthum zu erwerben,
um sich etwa damit einst die Freiheit erkaufen zu können, und läßt ihn eben¬
sowenig sicher, einen guten Herrn zu behalten, wenn er einen solchen hat, denn
in Fällen gerichtlicher Erecntion oder bei Erbtheilungen wird, er, wie alles
übrige Eigenthum, dem öffentlichen Verkauf unterworfen. Dieser Zustand,
welcher aus dem Wesen der Sklaverei folgt, laßt sich nur durch Aufhebung
des ganzen Instituts oder durch eine Aenderung des ganzen Charakters der¬
selben verbessern, nicht aber durch einzelne gesetzliche Modificationen und poli¬
zeiliche Vorschriften. -- Nach den bestehenden Gesehen ist dem Sklaven das
Verlassen des Hauses oder der Farm seines Herrn ohne Paß, der Besitz von
Waffen irgendeiner Art, sowie der Ankauf oder Verkauf von Branntwein bei
einer Strafe von 20 bis 39 Peitschenhieben untersagt; ferner hat jeder Auf¬
lauf, jede Versammlung (von mehr als fünf Personen), jede aufrührerische Rede
und jede "unverschämte oder beleidigende Sprache gegen weiße Personen" eine
willkürlich vom Friedensrichter festzusetzende körperliche Züchtigung zur Folge,
und jeder Weiße hat das Recht, Sklaven wegen der obigen Vergehen anzu¬
halten und vor den Friedensrichter zu führen. Gestattet ein weißer Herr
fremden Sklaven, ohne specielle Erlaubniß ihres eignen Herrn, länger als
vier Stunden auf seiner Pflanzung oder auf seinem Grundbesitz zu bleiben, so
muß er dem Herrn des fremden Sklaven l> Dollars Strafe bezahlen, und ge¬
stattet irgendein Herr oder ein Plantagenaufseher, daß fünf Sklaven, welche
nicht seiue eignen sind, versammelt sind (es sei denn beim Gottesdienst), gleich¬
viel ob sie Erlaubniß von ihren resp. Herrn haben oder nicht, so hat er, außer
einer Geldstrafe von fünf Dollars, für jeden so betroffenen Sklaven noch einen
Dollar mehr an den Denuncianten zu zahlen. Nimmt eine weiße Person mit
an einer solchen Versammlung theil, so hat diese dem Denuncianten zehn Dollars


Grenzboten. I. . 1Z

glauben aber nicht, daß die Sklaven in Missouri deshalb schlechter daran sind,
als in den Staaten, wo ausführliche Black Codes eingeführt sind, denn die
Geroalt des Herrn über seine Sklaven ist nach der Natur der Sklaverei, wie
sie in der Union besteht, doch uncontrolirbar, schon des allgemein geltenden
Rechtssatzes wegen, daß kein Sklave gegen einen Weißen Zeugniß ablegen
kann. Der sklavenhaltende Missourier ist im ganzen nicht geneigt, seine Sklaven
schlecht zu behandeln. Die elende Lage des letzteren ist die unvermeidliche Folge
seiner rechtlichen — oder vielmehr rechtlosen — Stellung als eines bloßen
Eigenthumsgegenstandes. Diese gestattet ihm keine anerkannte Ehe, kein Recht
auf seine Kinder; sie verbietet ihm, sich ohne besondere Erlaubniß auch nur auf
kurze Zeit von dem Hause, der Farm oder der Pflanzung seines Gebieters zu
entfernen und unterwirft ihn der Laune jedes, auch des unbarmherzigsten Herrn,
der ihn jeden Tag von allen seinen Freunden und Bekannten trennen und
weiter nach dem Süden verkaufen kaun; sie macht ihm alle höhere geistige Aus¬
bildung fast unmöglich, befugt ihn nicht einmal, Sondereigenthum zu erwerben,
um sich etwa damit einst die Freiheit erkaufen zu können, und läßt ihn eben¬
sowenig sicher, einen guten Herrn zu behalten, wenn er einen solchen hat, denn
in Fällen gerichtlicher Erecntion oder bei Erbtheilungen wird, er, wie alles
übrige Eigenthum, dem öffentlichen Verkauf unterworfen. Dieser Zustand,
welcher aus dem Wesen der Sklaverei folgt, laßt sich nur durch Aufhebung
des ganzen Instituts oder durch eine Aenderung des ganzen Charakters der¬
selben verbessern, nicht aber durch einzelne gesetzliche Modificationen und poli¬
zeiliche Vorschriften. — Nach den bestehenden Gesehen ist dem Sklaven das
Verlassen des Hauses oder der Farm seines Herrn ohne Paß, der Besitz von
Waffen irgendeiner Art, sowie der Ankauf oder Verkauf von Branntwein bei
einer Strafe von 20 bis 39 Peitschenhieben untersagt; ferner hat jeder Auf¬
lauf, jede Versammlung (von mehr als fünf Personen), jede aufrührerische Rede
und jede „unverschämte oder beleidigende Sprache gegen weiße Personen" eine
willkürlich vom Friedensrichter festzusetzende körperliche Züchtigung zur Folge,
und jeder Weiße hat das Recht, Sklaven wegen der obigen Vergehen anzu¬
halten und vor den Friedensrichter zu führen. Gestattet ein weißer Herr
fremden Sklaven, ohne specielle Erlaubniß ihres eignen Herrn, länger als
vier Stunden auf seiner Pflanzung oder auf seinem Grundbesitz zu bleiben, so
muß er dem Herrn des fremden Sklaven l> Dollars Strafe bezahlen, und ge¬
stattet irgendein Herr oder ein Plantagenaufseher, daß fünf Sklaven, welche
nicht seiue eignen sind, versammelt sind (es sei denn beim Gottesdienst), gleich¬
viel ob sie Erlaubniß von ihren resp. Herrn haben oder nicht, so hat er, außer
einer Geldstrafe von fünf Dollars, für jeden so betroffenen Sklaven noch einen
Dollar mehr an den Denuncianten zu zahlen. Nimmt eine weiße Person mit
an einer solchen Versammlung theil, so hat diese dem Denuncianten zehn Dollars


Grenzboten. I. . 1Z
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0105" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98957"/>
          <p xml:id="ID_329" prev="#ID_328" next="#ID_330"> glauben aber nicht, daß die Sklaven in Missouri deshalb schlechter daran sind,<lb/>
als in den Staaten, wo ausführliche Black Codes eingeführt sind, denn die<lb/>
Geroalt des Herrn über seine Sklaven ist nach der Natur der Sklaverei, wie<lb/>
sie in der Union besteht, doch uncontrolirbar, schon des allgemein geltenden<lb/>
Rechtssatzes wegen, daß kein Sklave gegen einen Weißen Zeugniß ablegen<lb/>
kann. Der sklavenhaltende Missourier ist im ganzen nicht geneigt, seine Sklaven<lb/>
schlecht zu behandeln. Die elende Lage des letzteren ist die unvermeidliche Folge<lb/>
seiner rechtlichen &#x2014; oder vielmehr rechtlosen &#x2014; Stellung als eines bloßen<lb/>
Eigenthumsgegenstandes. Diese gestattet ihm keine anerkannte Ehe, kein Recht<lb/>
auf seine Kinder; sie verbietet ihm, sich ohne besondere Erlaubniß auch nur auf<lb/>
kurze Zeit von dem Hause, der Farm oder der Pflanzung seines Gebieters zu<lb/>
entfernen und unterwirft ihn der Laune jedes, auch des unbarmherzigsten Herrn,<lb/>
der ihn jeden Tag von allen seinen Freunden und Bekannten trennen und<lb/>
weiter nach dem Süden verkaufen kaun; sie macht ihm alle höhere geistige Aus¬<lb/>
bildung fast unmöglich, befugt ihn nicht einmal, Sondereigenthum zu erwerben,<lb/>
um sich etwa damit einst die Freiheit erkaufen zu können, und läßt ihn eben¬<lb/>
sowenig sicher, einen guten Herrn zu behalten, wenn er einen solchen hat, denn<lb/>
in Fällen gerichtlicher Erecntion oder bei Erbtheilungen wird, er, wie alles<lb/>
übrige Eigenthum, dem öffentlichen Verkauf unterworfen. Dieser Zustand,<lb/>
welcher aus dem Wesen der Sklaverei folgt, laßt sich nur durch Aufhebung<lb/>
des ganzen Instituts oder durch eine Aenderung des ganzen Charakters der¬<lb/>
selben verbessern, nicht aber durch einzelne gesetzliche Modificationen und poli¬<lb/>
zeiliche Vorschriften. &#x2014; Nach den bestehenden Gesehen ist dem Sklaven das<lb/>
Verlassen des Hauses oder der Farm seines Herrn ohne Paß, der Besitz von<lb/>
Waffen irgendeiner Art, sowie der Ankauf oder Verkauf von Branntwein bei<lb/>
einer Strafe von 20 bis 39 Peitschenhieben untersagt; ferner hat jeder Auf¬<lb/>
lauf, jede Versammlung (von mehr als fünf Personen), jede aufrührerische Rede<lb/>
und jede &#x201E;unverschämte oder beleidigende Sprache gegen weiße Personen" eine<lb/>
willkürlich vom Friedensrichter festzusetzende körperliche Züchtigung zur Folge,<lb/>
und jeder Weiße hat das Recht, Sklaven wegen der obigen Vergehen anzu¬<lb/>
halten und vor den Friedensrichter zu führen. Gestattet ein weißer Herr<lb/>
fremden Sklaven, ohne specielle Erlaubniß ihres eignen Herrn, länger als<lb/>
vier Stunden auf seiner Pflanzung oder auf seinem Grundbesitz zu bleiben, so<lb/>
muß er dem Herrn des fremden Sklaven l&gt; Dollars Strafe bezahlen, und ge¬<lb/>
stattet irgendein Herr oder ein Plantagenaufseher, daß fünf Sklaven, welche<lb/>
nicht seiue eignen sind, versammelt sind (es sei denn beim Gottesdienst), gleich¬<lb/>
viel ob sie Erlaubniß von ihren resp. Herrn haben oder nicht, so hat er, außer<lb/>
einer Geldstrafe von fünf Dollars, für jeden so betroffenen Sklaven noch einen<lb/>
Dollar mehr an den Denuncianten zu zahlen. Nimmt eine weiße Person mit<lb/>
an einer solchen Versammlung theil, so hat diese dem Denuncianten zehn Dollars</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten. I. . 1Z</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0105] glauben aber nicht, daß die Sklaven in Missouri deshalb schlechter daran sind, als in den Staaten, wo ausführliche Black Codes eingeführt sind, denn die Geroalt des Herrn über seine Sklaven ist nach der Natur der Sklaverei, wie sie in der Union besteht, doch uncontrolirbar, schon des allgemein geltenden Rechtssatzes wegen, daß kein Sklave gegen einen Weißen Zeugniß ablegen kann. Der sklavenhaltende Missourier ist im ganzen nicht geneigt, seine Sklaven schlecht zu behandeln. Die elende Lage des letzteren ist die unvermeidliche Folge seiner rechtlichen — oder vielmehr rechtlosen — Stellung als eines bloßen Eigenthumsgegenstandes. Diese gestattet ihm keine anerkannte Ehe, kein Recht auf seine Kinder; sie verbietet ihm, sich ohne besondere Erlaubniß auch nur auf kurze Zeit von dem Hause, der Farm oder der Pflanzung seines Gebieters zu entfernen und unterwirft ihn der Laune jedes, auch des unbarmherzigsten Herrn, der ihn jeden Tag von allen seinen Freunden und Bekannten trennen und weiter nach dem Süden verkaufen kaun; sie macht ihm alle höhere geistige Aus¬ bildung fast unmöglich, befugt ihn nicht einmal, Sondereigenthum zu erwerben, um sich etwa damit einst die Freiheit erkaufen zu können, und läßt ihn eben¬ sowenig sicher, einen guten Herrn zu behalten, wenn er einen solchen hat, denn in Fällen gerichtlicher Erecntion oder bei Erbtheilungen wird, er, wie alles übrige Eigenthum, dem öffentlichen Verkauf unterworfen. Dieser Zustand, welcher aus dem Wesen der Sklaverei folgt, laßt sich nur durch Aufhebung des ganzen Instituts oder durch eine Aenderung des ganzen Charakters der¬ selben verbessern, nicht aber durch einzelne gesetzliche Modificationen und poli¬ zeiliche Vorschriften. — Nach den bestehenden Gesehen ist dem Sklaven das Verlassen des Hauses oder der Farm seines Herrn ohne Paß, der Besitz von Waffen irgendeiner Art, sowie der Ankauf oder Verkauf von Branntwein bei einer Strafe von 20 bis 39 Peitschenhieben untersagt; ferner hat jeder Auf¬ lauf, jede Versammlung (von mehr als fünf Personen), jede aufrührerische Rede und jede „unverschämte oder beleidigende Sprache gegen weiße Personen" eine willkürlich vom Friedensrichter festzusetzende körperliche Züchtigung zur Folge, und jeder Weiße hat das Recht, Sklaven wegen der obigen Vergehen anzu¬ halten und vor den Friedensrichter zu führen. Gestattet ein weißer Herr fremden Sklaven, ohne specielle Erlaubniß ihres eignen Herrn, länger als vier Stunden auf seiner Pflanzung oder auf seinem Grundbesitz zu bleiben, so muß er dem Herrn des fremden Sklaven l> Dollars Strafe bezahlen, und ge¬ stattet irgendein Herr oder ein Plantagenaufseher, daß fünf Sklaven, welche nicht seiue eignen sind, versammelt sind (es sei denn beim Gottesdienst), gleich¬ viel ob sie Erlaubniß von ihren resp. Herrn haben oder nicht, so hat er, außer einer Geldstrafe von fünf Dollars, für jeden so betroffenen Sklaven noch einen Dollar mehr an den Denuncianten zu zahlen. Nimmt eine weiße Person mit an einer solchen Versammlung theil, so hat diese dem Denuncianten zehn Dollars Grenzboten. I. . 1Z

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851/105
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851/105>, abgerufen am 10.06.2024.