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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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dem neuen Princip der Gewalt geltend zu machen, indem sie den Bürgerkrieg
anfingen. In dem gegenwärtigen Augenblick wenden sie alle Mittel und allen
Einfluß, den sie in den Regierungen der Union und der Einzelstaaten gewonnen,
dahin an, um ihrei; Willen durchzusetzen. Der Präsident war von Anfang bis
zu Ende der Verschworene und Mitschuldige in dem elenden Complot. Noch
ehe er in Washington zur Installation eintraf, war Atchison durch seine Freunde
angewiesen worden, in Missouri zu erklären, daß Bendorf, ihres Gegners
Freunde, von den Amtsstellen ausgeschlossen würden und daß die Freunde At-
chisons ausschließlich alle Plätze einnehmen sollten. Es war dies eine Anerkennung
von dem Haupt der Negierung, daß der Einfluß der Nullificationspartei von
Missouri gesichert wäre, während ihr Führer bestrebt war, die Repeal des
Missouricompromisses der Nebraskabill anzuhängen. Als die letztere Bill
passtrt war, wurden die Ernennungen der Beamten in Kansas mit der Wei¬
sung gemacht, Atchison in seiner Thätigkeit in dem Territorium zu unterstützen.
Er blieb daselbst, indem er den Vorsitz im Senat aufgab und eröffnete seine
Umtriebe durch Drohungen gegen freie Einwanderer, durch Lynchgerichte, durch
Einschüchterungen jeder Art, und als diese mißlangen, durch Behinderung der
Occupation des Landes. Er wies die Ansprüche der Ansiedler mit den Waffen
zurück, verjagte die Abstimmenden von den Stimmorten und confiscirte die
Wahlurnen; ließ hierauf zusammengelaufenes Gesinde! aus Missouri wählen
und führte unter den Auspicien einer Faustrechtslegiölatur ein Usurpationssystem
durch, wonach nur solche Beamten des Territoriums gewählt wurden, welche
dem Volkswillen Hohn sprachen. Um den Weg zu dieser Tyrannei offen zu
halten, wurde Reeber, welcher seine Adhäsion vor seiner Ernennung zum
Gouverneur erklärt hatte, aber eine solche Willkür nicht sanctiomren wollte, be¬
seitigt, indem der Präsident von Anfang an diese Pläne nicht nur gewährte,
sondern sie Schritt für Schritt unterstützte. Jetzt, nachdem Atchison sein Werk
durchgeführt hat, kommt er in den Congreß und sagt, er habe Gewalt anwen¬
den müssen, um die Ruhe im Lande aufrecht zu halten. Nicht genug, er
bringt eine Botschaft ein, in welcher er offen zugesteht, daß Usurpation statt¬
gefunden hat und in welcher er die durch dieselbe geschaffene Legislation der
Missouribanbiten als. ein Fall accompli anzuerkennen auffordert. Der Prä¬
sident aber hat die Stirn, dem Congreß die Unterstützung Atchisons zuzu-
muthen, indem er die Bewilligung seines Gehaltes empfiehlt und einen Rei¬
nigungseid vorschlägt, welcher im Widerspruch mit der Constitution jeden Wähler
seines Stimmrechts beraubt/ Diese Zumuthung ist insofern von großer Be¬
deutung, eilf sie eine Insinuation an den Süden ist, wie der Präsident sich zu
der Entwicklung der Dinge zu stellen gedenkt. Er wird die bewaffnete Macht
der Union nicht anwenden, um Atchison in der Fortsetzung seines Werkes zu
stören, sondern ihn im Gegentheil durch die erstere nöthigenfalls in Schutz


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dem neuen Princip der Gewalt geltend zu machen, indem sie den Bürgerkrieg
anfingen. In dem gegenwärtigen Augenblick wenden sie alle Mittel und allen
Einfluß, den sie in den Regierungen der Union und der Einzelstaaten gewonnen,
dahin an, um ihrei; Willen durchzusetzen. Der Präsident war von Anfang bis
zu Ende der Verschworene und Mitschuldige in dem elenden Complot. Noch
ehe er in Washington zur Installation eintraf, war Atchison durch seine Freunde
angewiesen worden, in Missouri zu erklären, daß Bendorf, ihres Gegners
Freunde, von den Amtsstellen ausgeschlossen würden und daß die Freunde At-
chisons ausschließlich alle Plätze einnehmen sollten. Es war dies eine Anerkennung
von dem Haupt der Negierung, daß der Einfluß der Nullificationspartei von
Missouri gesichert wäre, während ihr Führer bestrebt war, die Repeal des
Missouricompromisses der Nebraskabill anzuhängen. Als die letztere Bill
passtrt war, wurden die Ernennungen der Beamten in Kansas mit der Wei¬
sung gemacht, Atchison in seiner Thätigkeit in dem Territorium zu unterstützen.
Er blieb daselbst, indem er den Vorsitz im Senat aufgab und eröffnete seine
Umtriebe durch Drohungen gegen freie Einwanderer, durch Lynchgerichte, durch
Einschüchterungen jeder Art, und als diese mißlangen, durch Behinderung der
Occupation des Landes. Er wies die Ansprüche der Ansiedler mit den Waffen
zurück, verjagte die Abstimmenden von den Stimmorten und confiscirte die
Wahlurnen; ließ hierauf zusammengelaufenes Gesinde! aus Missouri wählen
und führte unter den Auspicien einer Faustrechtslegiölatur ein Usurpationssystem
durch, wonach nur solche Beamten des Territoriums gewählt wurden, welche
dem Volkswillen Hohn sprachen. Um den Weg zu dieser Tyrannei offen zu
halten, wurde Reeber, welcher seine Adhäsion vor seiner Ernennung zum
Gouverneur erklärt hatte, aber eine solche Willkür nicht sanctiomren wollte, be¬
seitigt, indem der Präsident von Anfang an diese Pläne nicht nur gewährte,
sondern sie Schritt für Schritt unterstützte. Jetzt, nachdem Atchison sein Werk
durchgeführt hat, kommt er in den Congreß und sagt, er habe Gewalt anwen¬
den müssen, um die Ruhe im Lande aufrecht zu halten. Nicht genug, er
bringt eine Botschaft ein, in welcher er offen zugesteht, daß Usurpation statt¬
gefunden hat und in welcher er die durch dieselbe geschaffene Legislation der
Missouribanbiten als. ein Fall accompli anzuerkennen auffordert. Der Prä¬
sident aber hat die Stirn, dem Congreß die Unterstützung Atchisons zuzu-
muthen, indem er die Bewilligung seines Gehaltes empfiehlt und einen Rei¬
nigungseid vorschlägt, welcher im Widerspruch mit der Constitution jeden Wähler
seines Stimmrechts beraubt/ Diese Zumuthung ist insofern von großer Be¬
deutung, eilf sie eine Insinuation an den Süden ist, wie der Präsident sich zu
der Entwicklung der Dinge zu stellen gedenkt. Er wird die bewaffnete Macht
der Union nicht anwenden, um Atchison in der Fortsetzung seines Werkes zu
stören, sondern ihn im Gegentheil durch die erstere nöthigenfalls in Schutz


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[0105] dem neuen Princip der Gewalt geltend zu machen, indem sie den Bürgerkrieg anfingen. In dem gegenwärtigen Augenblick wenden sie alle Mittel und allen Einfluß, den sie in den Regierungen der Union und der Einzelstaaten gewonnen, dahin an, um ihrei; Willen durchzusetzen. Der Präsident war von Anfang bis zu Ende der Verschworene und Mitschuldige in dem elenden Complot. Noch ehe er in Washington zur Installation eintraf, war Atchison durch seine Freunde angewiesen worden, in Missouri zu erklären, daß Bendorf, ihres Gegners Freunde, von den Amtsstellen ausgeschlossen würden und daß die Freunde At- chisons ausschließlich alle Plätze einnehmen sollten. Es war dies eine Anerkennung von dem Haupt der Negierung, daß der Einfluß der Nullificationspartei von Missouri gesichert wäre, während ihr Führer bestrebt war, die Repeal des Missouricompromisses der Nebraskabill anzuhängen. Als die letztere Bill passtrt war, wurden die Ernennungen der Beamten in Kansas mit der Wei¬ sung gemacht, Atchison in seiner Thätigkeit in dem Territorium zu unterstützen. Er blieb daselbst, indem er den Vorsitz im Senat aufgab und eröffnete seine Umtriebe durch Drohungen gegen freie Einwanderer, durch Lynchgerichte, durch Einschüchterungen jeder Art, und als diese mißlangen, durch Behinderung der Occupation des Landes. Er wies die Ansprüche der Ansiedler mit den Waffen zurück, verjagte die Abstimmenden von den Stimmorten und confiscirte die Wahlurnen; ließ hierauf zusammengelaufenes Gesinde! aus Missouri wählen und führte unter den Auspicien einer Faustrechtslegiölatur ein Usurpationssystem durch, wonach nur solche Beamten des Territoriums gewählt wurden, welche dem Volkswillen Hohn sprachen. Um den Weg zu dieser Tyrannei offen zu halten, wurde Reeber, welcher seine Adhäsion vor seiner Ernennung zum Gouverneur erklärt hatte, aber eine solche Willkür nicht sanctiomren wollte, be¬ seitigt, indem der Präsident von Anfang an diese Pläne nicht nur gewährte, sondern sie Schritt für Schritt unterstützte. Jetzt, nachdem Atchison sein Werk durchgeführt hat, kommt er in den Congreß und sagt, er habe Gewalt anwen¬ den müssen, um die Ruhe im Lande aufrecht zu halten. Nicht genug, er bringt eine Botschaft ein, in welcher er offen zugesteht, daß Usurpation statt¬ gefunden hat und in welcher er die durch dieselbe geschaffene Legislation der Missouribanbiten als. ein Fall accompli anzuerkennen auffordert. Der Prä¬ sident aber hat die Stirn, dem Congreß die Unterstützung Atchisons zuzu- muthen, indem er die Bewilligung seines Gehaltes empfiehlt und einen Rei¬ nigungseid vorschlägt, welcher im Widerspruch mit der Constitution jeden Wähler seines Stimmrechts beraubt/ Diese Zumuthung ist insofern von großer Be¬ deutung, eilf sie eine Insinuation an den Süden ist, wie der Präsident sich zu der Entwicklung der Dinge zu stellen gedenkt. Er wird die bewaffnete Macht der Union nicht anwenden, um Atchison in der Fortsetzung seines Werkes zu stören, sondern ihn im Gegentheil durch die erstere nöthigenfalls in Schutz Grenzboten. II. -I8Ü6. 13

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/105>, abgerufen am 15.06.2024.