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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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nutzt worden sind. Die erste ist vom Jahr 1701, eine Annonce, des Lincolns
Jnn Theaters in der "englischen Post". Aber schon wenige Jahre nachher
folgen die größern Häuser diesem Beispiel, und die,Blätter enthalten nun
regelmäßige Verzeichnisse sämmtlicher Aufführungen., Im Jahr -1709 erschien
der berühmte "Plauderer" (wtlor), welchem der "Zuschauer" und "Wächter"
(Kuaiclian) schnell folgten. Die erste Ausgabe des Plauderers enthielt An¬
zeigen, wie eine gewöhnliche Zeitung, welche die Moden des Tages und die
Thorheiten der Aristokratie außerordentlich deutlich wiederspiegeln. Hier zeigt
sich besonders die Manie für Lotterien. Alle Arten von Gegenständen wurden
so veräußert. "Eine Sechs-Pence-Lotterie von Spitzen", "Hundert Pfund für
eine halbe Krone", "Ein Penny Einsatz für eine große Pastete", "Drei Pence-.
Lotterien von Häusern", werden angekündigt, Kutschen, Handschuhe, Brillen,
Chocolade, ungarisches Wasser, indische Waaren, Fächer auf diese Weise los¬
geschlagen. Dies Fieber, das zehn Jahr später den berühmten Südseeschwin¬
del erzeugte, wurzelte in der Restaurationszeit, erreichte seine Blüte unter
Anna und zeitigte seine Früchte unter Georg l.

Im Anfange des achtzehnten Jahrhunderts kam das Boren auf. Bis zur
Zeit Georg I. scheint die "edle Kunst der Selbstyertheidigung" in der geschick¬
ten Handhabung der Klinge bestanden zusahen. Folgende Anzeige (von 170-1)
ist charakteristisch für den" Geist der Zeit. "Eine Kunstprobe (trM ok sKM)
ausgeführt in seiner Majestät Bärengarten, am nächsten Donnerstag, zwischen
folgenden Meistern: Edmund Button, Meister der edlen Wissenschaft der Ver¬
theidigung, der kürzlich Herrn Hasgit und den Kämpfer des Westens nieder¬
gehauen hat, und vier andre außerdem, und James Harris aus Her-
fordshire, Meister der edlen Wissenschaft der Vertheidigung, der um 98 Preise
gefochten hat und niemals überwunden worden ist, mit den gewöhnlichen Waffen,
präcise zwei Uhr Nachmittags." Aber die Barbarei der Zeit, in der ein Klopf¬
fechter sich rühmte, sechs Menschen niedergehauen zu haben, warb womöglich
noch durch die der folgenden übertroffen, die die Faust an die Stelle der Klinge
setzte und Weiber statt Männer in den Kreis treten sah. Sonderbarerweise
fanden grade die frühesten Borpartien, von denen Nachrichten eristiren, zwischen
Kämpfern statt, die dem schönen Geschlecht angehörten. In einer Zeitung von
-1722 steht folgende Herausforderung. "Da ich, Elisabeth Wilkinson von Cler-
kenwell, mit Harras Hysield Streit gehabt habe und Genugthuung verlange,
lade ich sie ein, mich aus der Bühne zu treffen, um mit mir um drei Guineen
zu boren: jede Frau soll eine halbe Kron in der Hand halten, und die erste,
die das Geld fallen läßt, verloren haben." Dies war ein geistreiches Mittel,
um das Kratzen §u verhindern. Die Herausgeforderte antwortete wie folgt:
Ich, Harras Hyfield von Newgate Market, habe von der Entschlossenheit von
Elisabeth Wilkinson gehört, und werde, wenn Gott will, nicht verfehlen,


nutzt worden sind. Die erste ist vom Jahr 1701, eine Annonce, des Lincolns
Jnn Theaters in der „englischen Post". Aber schon wenige Jahre nachher
folgen die größern Häuser diesem Beispiel, und die,Blätter enthalten nun
regelmäßige Verzeichnisse sämmtlicher Aufführungen., Im Jahr -1709 erschien
der berühmte „Plauderer" (wtlor), welchem der „Zuschauer" und „Wächter"
(Kuaiclian) schnell folgten. Die erste Ausgabe des Plauderers enthielt An¬
zeigen, wie eine gewöhnliche Zeitung, welche die Moden des Tages und die
Thorheiten der Aristokratie außerordentlich deutlich wiederspiegeln. Hier zeigt
sich besonders die Manie für Lotterien. Alle Arten von Gegenständen wurden
so veräußert. „Eine Sechs-Pence-Lotterie von Spitzen", „Hundert Pfund für
eine halbe Krone", „Ein Penny Einsatz für eine große Pastete", „Drei Pence-.
Lotterien von Häusern", werden angekündigt, Kutschen, Handschuhe, Brillen,
Chocolade, ungarisches Wasser, indische Waaren, Fächer auf diese Weise los¬
geschlagen. Dies Fieber, das zehn Jahr später den berühmten Südseeschwin¬
del erzeugte, wurzelte in der Restaurationszeit, erreichte seine Blüte unter
Anna und zeitigte seine Früchte unter Georg l.

Im Anfange des achtzehnten Jahrhunderts kam das Boren auf. Bis zur
Zeit Georg I. scheint die „edle Kunst der Selbstyertheidigung" in der geschick¬
ten Handhabung der Klinge bestanden zusahen. Folgende Anzeige (von 170-1)
ist charakteristisch für den» Geist der Zeit. „Eine Kunstprobe (trM ok sKM)
ausgeführt in seiner Majestät Bärengarten, am nächsten Donnerstag, zwischen
folgenden Meistern: Edmund Button, Meister der edlen Wissenschaft der Ver¬
theidigung, der kürzlich Herrn Hasgit und den Kämpfer des Westens nieder¬
gehauen hat, und vier andre außerdem, und James Harris aus Her-
fordshire, Meister der edlen Wissenschaft der Vertheidigung, der um 98 Preise
gefochten hat und niemals überwunden worden ist, mit den gewöhnlichen Waffen,
präcise zwei Uhr Nachmittags." Aber die Barbarei der Zeit, in der ein Klopf¬
fechter sich rühmte, sechs Menschen niedergehauen zu haben, warb womöglich
noch durch die der folgenden übertroffen, die die Faust an die Stelle der Klinge
setzte und Weiber statt Männer in den Kreis treten sah. Sonderbarerweise
fanden grade die frühesten Borpartien, von denen Nachrichten eristiren, zwischen
Kämpfern statt, die dem schönen Geschlecht angehörten. In einer Zeitung von
-1722 steht folgende Herausforderung. „Da ich, Elisabeth Wilkinson von Cler-
kenwell, mit Harras Hysield Streit gehabt habe und Genugthuung verlange,
lade ich sie ein, mich aus der Bühne zu treffen, um mit mir um drei Guineen
zu boren: jede Frau soll eine halbe Kron in der Hand halten, und die erste,
die das Geld fallen läßt, verloren haben." Dies war ein geistreiches Mittel,
um das Kratzen §u verhindern. Die Herausgeforderte antwortete wie folgt:
Ich, Harras Hyfield von Newgate Market, habe von der Entschlossenheit von
Elisabeth Wilkinson gehört, und werde, wenn Gott will, nicht verfehlen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/136>, abgerufen am 15.06.2024.