Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

bald Menschen, das geht alles bunt ineinander über und man kommt zu keiner
klaren Anschauung. Aber als übermüthiges phantastisches Spiel hat das Ge¬
dicht einen großen Werth und man wird von den träumerisch verworrenen
Bildern angezogen, auch wenn man sie nicht'festzuhalten vermag. -- Zu An¬
fang kommt der große Geist auf die Erde nieder, bricht von einem rothen Felsen
ein Stück ab, woraus er einen Pfeifenkopf formt, nimmt dazu ein Schilfrohr
und fängt an zu rauchen; der Rauch steigt allmälig immer höher, bis er an
den Himmel anstößt und von da ab langsam über die Berge und Wälder hin¬
abrollt. Die Stämme vernehmen den Ruf ihres Herrn , sie erscheinen vor
seinen Augen, werfen ihren Kriegsschmuck ab und rauchen die Friedenspfeife.
Er ermahnt sie zur Einigkeit und verspricht ihnen einen Retter zu schicken und
nun fängt jenes Gemenge von Göttern und Winden an, das uns an die
Herennacht in Atta Troll erinnert, wo die Eisbären mit den Gespenstern einen
Tanz ausführen. Von den Kämpfen des Gottes Hiawatha in den verschiede¬
nen Gebieten der Natur wollen wir schweigen und nur auf den Kampf mit
dem König der Fische hindeuten, den Stör, der den Gott mit sammt dem
Kahne, auf welchem dieser sitzt, verschlingt.


In die sanfte Höhlung nieder
Tauchte Häuptlings Hiawatha,
Wie ein Stamm am schwarzen User '
Niederschießt in wilde Strömung;
Fühlt vom Dunkel sich umgeben,
Tappt umher erschreckt und staunend,
Bis er in dem tiefen Dunkel
Einen mächtgen Herzschlag fühlte.
Und in seinem Zorne schlug er
Mit der Faust das Herz des Fisches,
Fühlt' der Fische macht'gen König
Durch die Fiebern all erbeben,
Hört' das Wasser um ihn gurgeln,
Wie er wälzend es durchtaumelt,
Matt und schwach und krank am Herzen. -- ---
Wieder schnappt' der Stör im Wasser .
Und erbebte, ward dann ruhig,
Trieb ans Land und knirscht' an Kieseln.
Hiawatha hört' ihn lauschend
An des Flusses Ufer knirschen,
Fühlt' ihn aus den Kieseln stranden,
Wußte, daß der Fische König
Todt dort lag am Flußgestade.
Und er hört' darauf ein Schwirren
Wie von vielvereinten Flügeln,

bald Menschen, das geht alles bunt ineinander über und man kommt zu keiner
klaren Anschauung. Aber als übermüthiges phantastisches Spiel hat das Ge¬
dicht einen großen Werth und man wird von den träumerisch verworrenen
Bildern angezogen, auch wenn man sie nicht'festzuhalten vermag. — Zu An¬
fang kommt der große Geist auf die Erde nieder, bricht von einem rothen Felsen
ein Stück ab, woraus er einen Pfeifenkopf formt, nimmt dazu ein Schilfrohr
und fängt an zu rauchen; der Rauch steigt allmälig immer höher, bis er an
den Himmel anstößt und von da ab langsam über die Berge und Wälder hin¬
abrollt. Die Stämme vernehmen den Ruf ihres Herrn , sie erscheinen vor
seinen Augen, werfen ihren Kriegsschmuck ab und rauchen die Friedenspfeife.
Er ermahnt sie zur Einigkeit und verspricht ihnen einen Retter zu schicken und
nun fängt jenes Gemenge von Göttern und Winden an, das uns an die
Herennacht in Atta Troll erinnert, wo die Eisbären mit den Gespenstern einen
Tanz ausführen. Von den Kämpfen des Gottes Hiawatha in den verschiede¬
nen Gebieten der Natur wollen wir schweigen und nur auf den Kampf mit
dem König der Fische hindeuten, den Stör, der den Gott mit sammt dem
Kahne, auf welchem dieser sitzt, verschlingt.


In die sanfte Höhlung nieder
Tauchte Häuptlings Hiawatha,
Wie ein Stamm am schwarzen User '
Niederschießt in wilde Strömung;
Fühlt vom Dunkel sich umgeben,
Tappt umher erschreckt und staunend,
Bis er in dem tiefen Dunkel
Einen mächtgen Herzschlag fühlte.
Und in seinem Zorne schlug er
Mit der Faust das Herz des Fisches,
Fühlt' der Fische macht'gen König
Durch die Fiebern all erbeben,
Hört' das Wasser um ihn gurgeln,
Wie er wälzend es durchtaumelt,
Matt und schwach und krank am Herzen. — -—
Wieder schnappt' der Stör im Wasser .
Und erbebte, ward dann ruhig,
Trieb ans Land und knirscht' an Kieseln.
Hiawatha hört' ihn lauschend
An des Flusses Ufer knirschen,
Fühlt' ihn aus den Kieseln stranden,
Wußte, daß der Fische König
Todt dort lag am Flußgestade.
Und er hört' darauf ein Schwirren
Wie von vielvereinten Flügeln,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0144" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/101671"/>
          <p xml:id="ID_349" prev="#ID_348"> bald Menschen, das geht alles bunt ineinander über und man kommt zu keiner<lb/>
klaren Anschauung. Aber als übermüthiges phantastisches Spiel hat das Ge¬<lb/>
dicht einen großen Werth und man wird von den träumerisch verworrenen<lb/>
Bildern angezogen, auch wenn man sie nicht'festzuhalten vermag. &#x2014; Zu An¬<lb/>
fang kommt der große Geist auf die Erde nieder, bricht von einem rothen Felsen<lb/>
ein Stück ab, woraus er einen Pfeifenkopf formt, nimmt dazu ein Schilfrohr<lb/>
und fängt an zu rauchen; der Rauch steigt allmälig immer höher, bis er an<lb/>
den Himmel anstößt und von da ab langsam über die Berge und Wälder hin¬<lb/>
abrollt. Die Stämme vernehmen den Ruf ihres Herrn , sie erscheinen vor<lb/>
seinen Augen, werfen ihren Kriegsschmuck ab und rauchen die Friedenspfeife.<lb/>
Er ermahnt sie zur Einigkeit und verspricht ihnen einen Retter zu schicken und<lb/>
nun fängt jenes Gemenge von Göttern und Winden an, das uns an die<lb/>
Herennacht in Atta Troll erinnert, wo die Eisbären mit den Gespenstern einen<lb/>
Tanz ausführen. Von den Kämpfen des Gottes Hiawatha in den verschiede¬<lb/>
nen Gebieten der Natur wollen wir schweigen und nur auf den Kampf mit<lb/>
dem König der Fische hindeuten, den Stör, der den Gott mit sammt dem<lb/>
Kahne, auf welchem dieser sitzt, verschlingt.</p><lb/>
          <quote>
            <lg xml:id="POEMID_3" type="poem">
              <l> In die sanfte Höhlung nieder<lb/>
Tauchte Häuptlings Hiawatha,<lb/>
Wie ein Stamm am schwarzen User '<lb/>
Niederschießt in wilde Strömung;<lb/>
Fühlt vom Dunkel sich umgeben,<lb/>
Tappt umher erschreckt und staunend,<lb/>
Bis er in dem tiefen Dunkel<lb/>
Einen mächtgen Herzschlag fühlte.<lb/>
Und in seinem Zorne schlug er<lb/>
Mit der Faust das Herz des Fisches,<lb/>
Fühlt' der Fische macht'gen König<lb/>
Durch die Fiebern all erbeben,<lb/>
Hört' das Wasser um ihn gurgeln,<lb/>
Wie er wälzend es durchtaumelt,<lb/>
Matt und schwach und krank am Herzen. &#x2014; -&#x2014;</l>
              <l> Wieder schnappt' der Stör im Wasser .<lb/>
Und erbebte, ward dann ruhig,<lb/>
Trieb ans Land und knirscht' an Kieseln.<lb/>
Hiawatha hört' ihn lauschend<lb/>
An des Flusses Ufer knirschen,<lb/>
Fühlt' ihn aus den Kieseln stranden,<lb/>
Wußte, daß der Fische König<lb/>
Todt dort lag am Flußgestade.<lb/>
Und er hört' darauf ein Schwirren<lb/>
Wie von vielvereinten Flügeln,</l>
            </lg>
          </quote><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0144] bald Menschen, das geht alles bunt ineinander über und man kommt zu keiner klaren Anschauung. Aber als übermüthiges phantastisches Spiel hat das Ge¬ dicht einen großen Werth und man wird von den träumerisch verworrenen Bildern angezogen, auch wenn man sie nicht'festzuhalten vermag. — Zu An¬ fang kommt der große Geist auf die Erde nieder, bricht von einem rothen Felsen ein Stück ab, woraus er einen Pfeifenkopf formt, nimmt dazu ein Schilfrohr und fängt an zu rauchen; der Rauch steigt allmälig immer höher, bis er an den Himmel anstößt und von da ab langsam über die Berge und Wälder hin¬ abrollt. Die Stämme vernehmen den Ruf ihres Herrn , sie erscheinen vor seinen Augen, werfen ihren Kriegsschmuck ab und rauchen die Friedenspfeife. Er ermahnt sie zur Einigkeit und verspricht ihnen einen Retter zu schicken und nun fängt jenes Gemenge von Göttern und Winden an, das uns an die Herennacht in Atta Troll erinnert, wo die Eisbären mit den Gespenstern einen Tanz ausführen. Von den Kämpfen des Gottes Hiawatha in den verschiede¬ nen Gebieten der Natur wollen wir schweigen und nur auf den Kampf mit dem König der Fische hindeuten, den Stör, der den Gott mit sammt dem Kahne, auf welchem dieser sitzt, verschlingt. In die sanfte Höhlung nieder Tauchte Häuptlings Hiawatha, Wie ein Stamm am schwarzen User ' Niederschießt in wilde Strömung; Fühlt vom Dunkel sich umgeben, Tappt umher erschreckt und staunend, Bis er in dem tiefen Dunkel Einen mächtgen Herzschlag fühlte. Und in seinem Zorne schlug er Mit der Faust das Herz des Fisches, Fühlt' der Fische macht'gen König Durch die Fiebern all erbeben, Hört' das Wasser um ihn gurgeln, Wie er wälzend es durchtaumelt, Matt und schwach und krank am Herzen. — -— Wieder schnappt' der Stör im Wasser . Und erbebte, ward dann ruhig, Trieb ans Land und knirscht' an Kieseln. Hiawatha hört' ihn lauschend An des Flusses Ufer knirschen, Fühlt' ihn aus den Kieseln stranden, Wußte, daß der Fische König Todt dort lag am Flußgestade. Und er hört' darauf ein Schwirren Wie von vielvereinten Flügeln,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/144
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/144>, abgerufen am 16.06.2024.